Die lieben Kollegen Edith und Rainer Keuenhof haben ja schon mehr als ausführlich über Udo Lindenbergs Tourstart in Gelsenkirchen berichtet. Doch der gute Herr fährt zweigleisig momentan und bringt seine Show in Stadien und Hallenarenen auf die Bühne. So haben wir uns also entschieden – auch wenn die Setlist identisch war – zusätzlich dem Konzert am 21. Juni 2016 in Frankfurt unsere Aufmerksamkeit zu widmen. An zwei Abenden war die Festhalle ausverkauft. Und die Show war mal wieder gigantisch.
Auch hier war der Start etwas später als geplant. Riesenchaos in und um Frankfurt. Da anscheinend alle rechtzeitig zum EM-Spiel der Deutschen zuhause sein wollten, hatte sich der Berufsverkehr auf die Zeit zwischen 17 und 18 Uhr konzentriert. Bis 20.15 Uhr war aber fast jeder an seinem Platz und uns Udo konnte in die Halle einfliegen.
Einfliegen? Yes. Auf der riesigen LCD Leinwand wurde die stürmische See gezeigt und der Rockliner brach dreidimensional durch die Wand. Dann flog der Meister – von Stahlseilen gehalten – durch die Menge vom hinteren Ende der Halle bis auf die Bühne. Ein fulminanter Einstieg. Und die dreistündige Show hatte noch einige Überraschungen parat.
Es war ein sehr vielseitiges Konzert, mit rockigen Klängen und E-Gitarren, zarten Balladen zum Piano, vielen Gästen und (vor allem zum Ende hin) einer kunterbunten Revue voller seltsamer Gestalten aus Udos musikalischem Universum.
Die Setlist zog sich durch alle Bandphasen, wenn auch der Schwerpunkt im neuen Jahrtausend lag. Viele Elemente kannte man schon aus den Stadion-Shows 2015, doch es gibt auch ein neues Album. Und das kam nicht zu kurz. Es war schon ein schöner Moment, als die Kids On Stage aus Düsseldorf die Bühne enterten und mit Udo „Coole Socke“ anstimmten.
Schon früh war die Stimmung am Kochen. „Frankfurt, ihr seid geil am Start. Mir geht einer flitzen“, verkündete Udo nach kurzer Zeit. Als erster Gast war Daniel Wirtz mit an Bord, um den Klassiker „Cello“ zu interpretieren, während sich eine artistische Cellistin akrobatisch in der Luft drehte. Solche Hingucker gab es immer wieder und das begeisterte Publikum hob nach dem Hit „Ich lieb dich überhaupt nicht mehr“ zu ersten „Udo, Udo“-Rufen an.
Besonders laut wurde es bei den wirklich alten Songs. „Rock ‘n‘ Roller“ wurde gewaltig abgefeiert. Und dann kam der Magische Moment, als Udo mit einer Solistin der Kids On Stage „Wozu sind Kriege da“ vortrug. Ein Song zum Niederknien – heute so aktuell wie vor dreißig Jahren. Das bewegte Udo zu der Ansage, dass der kleine Pascal, damaliger Jungsolist, ihn heute am Piano begleitet.
Politisch wurde es weiter mit Udos spektakulären Anti-Nazi-Songs. „Heute gehen die falschen Leute auf die Straße“, bedauerte er in Richtung von Pegida und AFD, um dann „Straßenfieber“ und „Sie brauchen keinen Führer“ anzustimmen.
Als weitere Gäste erschienen Josephine Busch, Hauptdarstellerin des Lindenberg-Musicals, für „Gegen die Strömung“ und Stefanie Heinzmann, die gewohnt quirlig mit Udo „Ich brech die Herzen der stolzesten Frau‘n“ vortrug. Ole aus Hamburg lieferte sich mit Daniel Wirtz ein Rap-Battle zur aufgepimpten Version von „Bunte Republik Deutschland“, während Wirtz einen Falco-Klassiker kurzerhand in „Rock Me Ama Udo“ umwandelte.
„Sternenreise“ verwandelte die Festhalle in ein Lichtermeer aus Handylichtern. Ein UFO schwebte ein und Schauspieler Axel Prahl gab mit rauer Stimme den Gerhard Gösebrecht. Als weiteren ruhigen Moment gab es „Hinterm Horizont“, doch zum Ende der Show wurde die Stimmung immer ausgelassener.
Bodo Ballermann sah das komplette Backing-Ensemble im schrillen Fußball-Outfit. Die alten Hits wie „Sonderzug nach Pankow“, „Alles klar auf der Andrea Doria“ und „Candy Jane“ wurden als zünftige Rock’n’Roll Revue zelebriert und Udo schwebte wieder durch die Halle. Diesmal auf einem Stehpodest, das ihn in jeder Richtung durch die Zuschauerränge trug, damit er Tuchfühlung zu den Fans aufnehmen konnte.
Viele waren gekommen, um den 70jährigen zu sehen. Und der gab sich keine Blöße. Die Zeit von Alkohol und Exzessen ist längst vorbei. Udo Lindenberg hat die Kurve gekriegt, bietet gute, zeitlose Musik und hält sich fit, um diese Glanzzeit seiner Karriere noch lange zu genießen. Den Abend beendete er mit einer Hommage an die „Reeperbahn“, dem neuen Stück „Eldorado“ und seinem Lieblings-Rausschmeißer „Ich schwöre“. Der Abend endete nach drei Stunden mit einem Hallenfeuerwerk und alle waren sich einig: 70? Pah! Udo darf noch oft wiederkommen.
Setlist – Udo Lindenberg, Frankfurt, 21.6.2016
- Odyssee
- Einer muss den Job ja machen
- Ich mach mein Ding
- Coole Socke (Gäste: Kids On Stage)
- Cello (Gast: Daniel Wirtz)
- Ich lieb‘ Dich überhaupt nicht mehr
- Durch die schweren Zeiten
- Plan B
- Rock ’n‘ Roller
- Wozu sind Kriege da (Gäste: Kids On Stage)
- Straßenfieber
- Sie brauchen keinen Führer
- Gegen die Strömung (Gast: Josephine Busch)
- Das kann man ja auch mal so sehen
- Ich brech‘ die Herzen der stolzesten Frau’n (Gast: Stefanie Heinzmann)
- Bunte Republik Deutschland (Gäste: Ole Feddersen und Daniel Wirtz)
- Mein Body und ich
- Nimm dir das Leben
- Sternenreise
- Gerhard Gösebrecht (Gast: Axel Prahl)
- Honky Tonky Show
- Bodo Ballermann
- Der Greis ist heiß
- Hinterm Horizont (Gast: Josephine Busch)
- Bis ans Ende der Welt
- Johnny Controlletti
- Sonderzug nach Pankow
- Alles klar auf der Andrea Doria
- Candy Jane / Rockin’ All over the World
- Reeperbahn / Come together“ (Gast: Ole Feddersen)
- Eldorado
- Ich schwöre
- Woddy Woddy Wodka