Zebrahead – Fotos aus der Essigfabrik in Köln 2016
Hier findet ihr unsere Fotos vom Zebrahead Konzert am 13. Dezember 2016 in der Essigfabrik in Köln.
Hier findet ihr unsere Fotos vom Zebrahead Konzert am 13. Dezember 2016 in der Essigfabrik in Köln.
Erinnert ihr euch noch an die Musik der späten 1990er-Jahre? Es war die Zeit der Boybands, Vengaboys’, allgemein war es mit die Zeit der grottigsten Musik, die man überhaupt über sich ergehen lassen musste und heute immer noch auf „Trashpop“ – Partys in unregelmäßigen Abständen antrifft. Ein paar Lichtblicke gab es zu dieser Zeit dennoch, wenn auch ziemlich wenige. Eine dieser wenigen Erleuchtungen war die nicht enden wollende Welle neuer Skatepunk-Bands (böse Zungen nannten es den „Kiddie Punk“) à la Sum 41 und blink-182. Durch „Enema of the State“ gelang Tom Delone, Mark Hoppus und Travis Barker 1998 der große Durchbruch mit über 15 Millionen verkauften Tonträgern. Heute, 16 Jahre später haben sie Teile ihres Starkults eingebüßt. Dies liegt nicht nur zuletzt daran, dass es immer interne Probleme unter den drei Bandmitgliedern gab, nein auch Drogen, lange Albumpausen und abgesagte Tourneen waren weitere Hürden, die die Band aus Kalifornien im Laufe der letzten Dekade überwinden musste. Nichtsdestotrotz ist die Westfalenhalle sehr gut gefüllt. Viele erwartungsvolle Mit-30er blicken gespannt Richtung Bühne, als zum ersten Mal das Licht ausgeht und Zebrahead als Support die Bühne betritt.
Eine bessere Vorband hätte man sich nicht wünschen können. Es ist ja allgemein bekannt, dass Auftritte von blink eher etwas für die Gehörgänge sind, als etwas fürs Auge. Viel Interaktion darf einfach nicht erwartet werden. Zebrahead gehen dabei einen ganz anderen Weg. Innerhalb kürzester Zeit wird die Menge mit Songs wie „Hell Yeah!“ und „Call Your Friends“ erobert. Wo eben noch eine Standparade war, sind mehrere Circle Pits zu sehen. Vor allem für die Sicherheitskräfte stellt das Konzert eine große Herausforderung dar, als Sänger Ali den gut 9.000 Besuchern entgegen brüllt „Let’s see how many people can do a crowdsurf at the same time.“ Gesagt, getan! 9.000 Leute werden es dann nicht, trotzdem schlägt eine Welle von Crowdsurfern nach der anderen am Graben ein. Die Sicherheitsleute reagieren doch gelassen und meistern souverän ihre Aufgabe. Verdammt, war das ein guter Anheizer. Erste Zweifel kommen auf, ob Blink überhaupt der wahre Headliner des Abends ist oder ob die Leute nur für Zebrahead gekommen sind.
Die Zweifel verfliegen schnell, als die ersten Töne von „Feeling This“ zu hören sind. Strahlende Gesichter, teilweise mit Tränen in den Augen singen „Fate fell short this time“. So wortkarg blink zu Beginn sind, umso mehr erfreut ist das Publikum bei jedem angespielten Song. Für wirkliche Gänsehautmomente sorgt das großartige „I Miss You“. Mark Hoppus ist während des gesamten Songs überhaupt nicht zu hören, so lautstark singen die Fans Wort für Wort diese wunderbare Ballade. Ein wenig Fäkalhumor darf natürlich auch bei einem blink-182 Konzert nicht fehlen. So amüsiert sich der unter einer Kappe versteckte Tom Delonge darüber, dass auf der Autobahn „Ausfahrt“ wie „Assfart“ klingt. Wiehernde und gackernde Menschen sind die Quittung. Auffällig ist die hohe Anzahl an Songs von ihrem 2004 erschienenen self-titled Album, welches unter Kritikern als die beste Platte der Band gewertet wird. Schlaue Köpfe sind in der Lage zehn Jahre weiter zu rechnen und kommen so darauf, dass wohl das zehnjährige Jubiläum des Albums heute gefeiert werden soll. „Happy Holidays, You Bastards“ lässt die gesamte Halle verdunkeln. Kein Wunder, dass Menschen weniger Berührungsängste bei fehlendem Licht entwickeln. Es bilden sich riesige Pogopits, denen man sich nicht entziehen kann. Man wird förmlich hineingesogen. Ein weiteres Highlight bildet ein brennendes „FUCK“ auf der Bühne, welches bei der Zugabe erleuchtet. Ein letztes Mal werden lauthals die Texte von „Violence“, „Dammit“ und „Family Reunion“ mitgesungen und fertig ist das gut 100-minütige Konzert.
Anfangs hatte man wirklich seine berechtigten Zweifel, ob das Konzert die ohnehin niedrigen Ansprüche, die man an diese Band hat, gerecht werden kann. Zur Info, blink-182 sind normalerweise eine ziemlich langweilige Liveband, sowohl bei Festivalauftritten, als auch bei normalen Konzertshows wie bspw. vor zwei Jahren in Essen. Dort versagten sie auf ganzer Linie, nicht zuletzt wegen dem auf Pulver sieben schwebenden Tom DeLonge. Doch heute hat man ein vollends solides Konzert einer Band gesehen, die es geschafft hat nach Bandeskapaden, abgesagten Tourneen und Flugzeugabstürzen wieder ein wenig Normalität in ihr Leben zu bekommen.
Es ist schon etwas Besonderes, wenn eine internationale Band, die normalerweise Konzerte vor gut und gerne 1.000 Leuten spielt, sich in die kleinen Clubs der Republik verirrt. Umso schöner wird es, wenn die Band auch live die Leute anheizen kann. Zebrahead ist genau so ein Fall. Die Band aus Kalifornien hat man im Laufe der Festival- und Konzertjahre gefühlte 493429422-mal live gesehen, sich in unzählige Pits geworfen und mit Prellungen und Schürfwunden wieder verlassen. Die Zebraköpfe beweisen: Stumpfe Dur-Akkorde mit Pipikacka-Humor kann auch langfristig erfolgreich sein.
Den Opener für die heutige Show im muckelig kleinen Kölner MTC machen „Holl Would Surrender“ aus Hamburg. Sie hätten sich aber auch ohne Umschweife „Sum 182“ oder „blink-41“ nennen können, so sehr erinnert ihre Musik an die Alben „Enema of the State“, „Underclass Hero“ oder „All Killer No Filler“. Man kann die Band mit einem Arztbesuch vergleichen: Muss sein und tut nicht weh, kann sogar ganz nett sein, aber trotzdem ist man froh, wenn man die Praxis wieder verlassen hat. Die Temperatur ist in dem Kellergewölbe währenddessen auf ca. 40 Grad angestiegen, und nein, das ist nicht satirisch gemeint, das innere Thermometer zeigt wirklich 40 Grad an. Allein durchs Herumstehen treten Schweißperlen auf der Stirn auf und laufen in die entlegensten Regionen des Körpers.
Als die Show schließlich mit „Falling Apart“ losgeht, bricht nun alles zusammen: Schweiß tropft von der Decke, Sprunggelenke werden bis aufs Äußerste getestet und in der ersten Reihe bricht die erste Person zusammen und wird rausgetragen. Was für eine Hitzeschlacht. Auch Sänger Ali Tabatabaee bekommt die besonderen Umstände mit und bittet mehrfach aufeinander aufzupassen. Das Set ist eine klassische Mischung aus Altem und Neuem: „Call Your Friends“ wird genauso abgefeiert wie „Postcards From Hell“ oder „The Setup“. Nach den ersten fünf Songs macht sich trotzdem eine gewisse Müdigkeit unter den Fans breit. Man kann es ihnen bei diesen äußeren Umständen nicht verübeln. Wohin man auch blickt, überall sind durchnässte und triefende Gesichter zu sehen. Das Waschbecken der Toilette ist für viele der letzte Ausweg um nicht völlig wegzutreten: Das Herz sagt ja, der Kreislauf nein.
Die zunehmende Hitze schlägt anscheinend auch Gitarrist Matthew Lewis auf den Magen. Während des Konzerts wandern seine Mundwinkel immer weiter nach unten. Als schließlich die wenigsten auf seinen „Circle-Pit-Chord“ reagieren, brüllt er ins Mikrofon „Oh come on, fuck it“ und lässt kaum ein Wort mehr von sich hören, außer gelegentliche Pöbeleien gegen seinen Bandkollegen Ali Tabatabaee. Eine merkwürdige, aber auch zugleich faszinierende Atmosphäre.
Als die letzten Kräfte noch einmal bei „Anthem“ mobilisiert werden, taut die angespannte Stimmung wieder ein wenig auf. Ein Circle Pit, der den gesamten vorderen Bereich des Clubs einnimmt, ist der schöne Abschluss eines guten Konzerts. Trotzdem bleibt ein fader Beigeschmack, der auch nicht so recht wieder verschwinden will und man macht sich seine Gedanken, wie es mit der Spaßkapelle von Zebrahead weiter gehen wird. Fast die gesamte Band kratzt an den Vierzigern oder hat sie bereits überschritten. Irgendwann ist es vorbei mit „Muschi“-Chören bei „Playmate of the Year“ und Fäkalwitzen. Hinzu kommt ein wirklich sehr, sehr genervter Mathew Lewis, der lustlos wie selten gewirkt hat. Es bleibt nur zu hoffen, dass die Band einen gemeinsamen Konsens für die Zukunft finden wird, sodass man sich auch auf die nächsten 493429422 Konzertbesuche freuen kann.
Die Punk-Rocker Zebrahead stehen mit „Call Your Friends” in ihrer Tradition: Sommer, Sonne, California! Fröhlicher, Gute-Laune-Punk trifft auf das, worauf die Band Lust hat. Mal gibt’s eine Runde Metal, Hip Hop oder es geht etwas ruhiger in Richtung Pop mit Saxophone – aber Hauptsache alle haben ihren Spaß. Diese Herren lassen sich nicht den Mund verbieten, zum Glück.
Zebrahead haben den Durchblick, denn keine Punk-Band steht für mehr Vielfältigkeit in den Songs, die einem so schnell im Ohr kleben bleibt. Es klingt natürlich, befreit und ungebunden an jegliche Konvention, dabei basiert das Konzept seit fast 15 Jahren auf dem gleichen Prinzip. Geladene Songs auf voll Gas gestimmt werden mit Raps von Ali Tabatabaee belegt und es gibt einen Refrain von Justin Mauriello, der einfach zum Mitsingen animiert. Dazu gibt es noch viele Groupshouts im Stadion-Feeling. Die einzige Veränderung zu den letzten Alben liegt in der Studioqualität. Der Sound klingt sehr metallisch, damit wirkt der poppigste Part stets so dynamisch wie der Rest. Darin liegt aber auch der Nachteil von „Call Your Friends”: Die Suchtgefahr dieser Platte bis der Koller kommt! Einteilen ist also Pflicht!
Die 14 Songs gehen runter wie Öl. Ohne große Probleme steht Zebrahead für genau die Art von Musik, die ihre Fans lieben und schätzen. Es gibt keine musikalische Entwicklung und es gibt kein Ziel, die Welt zu verändern, sondern nur die Überzeugung, sich selbst treu zu bleiben und die Dinge zu genießen. Darum heißt dieses Album auch „Call Your Friends”. Dann machen wir das auch brav – Partytime!