In vier Monaten läuten Rock am Ring und Rock im Park den Festivalsommer 2024 ein und begrüßen die Fans vom 7. bis 9. Juni in der Eifel und in Nürnberg mit einem Mega-Line-Up.
Heute ziehen die Veranstalter eine erfolgreiche Zwischenbilanz. „Die Nachfrage nach Tickets ist stark und die Vorfreude der Fans riesig“, verkünden die beiden Festivalveranstalter DreamHaus und ARGO Konzerte. Mehr als 90.000 Tickets wurden für das legendäre Rock-Erlebnis am Nürburgring und in Nürnberg bereits verkauft. Darüber hinaus werden die Tickets in den Premium-Campingkategorien knapp. Bei Rock am Ring stehen das „Utopia Stage Camping“ und „Experience Camping“ kurz vor ausverkauft. Bei Rock im Park sind die Tickets für das Backstage Camp, Seaside Backstage Camp sowie Caravan Camping bereits ausverkauft.
Anfang November letzten Jahres wurde erstmals in der Geschichte der Festivals das Gesamtprogramm auf einen Schlag verkündet. Mit Green Day, Die Ärzte, Måneskin, Avenged Sevenfold, Billy Talent, Broilers, Kraftklub, Parkway Drive, Queens Of The Stone Age und vielen weiteren exklusiven Acts, darunter Babymetal, Bad Omens, Beartooth, Corey Taylor, Electric Callboy und Keanu Reeves mit seiner Band Dogstar, versprechen Rock am Ring und Rock im Park auf drei Bühnen ein Wochenende voller elektrisierender Auftritte, intensiver Emotionen und ein einzigartiges Wir-Gefühl.
Am zweiten Augustwochenende fand die 23. Ausgabe des saarländischen Festivals statt. Neben Dauergästen wie Donots und Frank Turner beehrten auch Electric Callboy, Tokio Hotel, Sido und Peter Fox die Sauwasen bei Püttlingen.
Gefühlt das halbe Saarland inklusive des Umlandes findet sich Anfang August auf den Wiesen rund um den kleinen Ort Köllerbach in der Nähe von Püttlingen ein. Das mag ein wenig übertrieben sein, aber auch 2023 kamen rund 25.000 Menschen zu dem mittlerweile 23. Rocco del Schlacko. Drei Tage lang – von Donnerstag bis Samstag – wird hier auf dem Campingplatz und vor den Bühnen gefeiert. So viel sei vorab schon gesagt: Die Begeisterung für das saarländische Festival scheint auch weiterhin anzuhalten. Die ersten 5000 Tickets für 2024 waren innerhalb kurzer Zeit direkt nach dem Ende des Festivals schon ausverkauft, obwohl noch keine Band für die kommende Ausgabe feststehen.
Allgemein sprechen die Veranstalter von einem gelungenen Festival und auch Polizei und Rettungsdienst hatten überschaubar viel zu tun. Lediglich ein Zwischenfall am Freitag führte zu schwereren Verletzungen: Zwei Männer wurden nach einer Gaskartuschenexplosion auf dem Campingplatz mit Verbrennungen ins Krankenhaus eingeliefert.
Abseits dessen steht bei Festivals die Stimmung im Vordergrund. Die Saarländer wissen offenbar zu feiern, denn sowohl während der Konzerte als auch auf dem Zeltplatz war diese ausgelassen. Die Veranstalter setzen dabei seit jeher auf einen ausgewählten Musikmix. Dabei muss sich das Rocco del Schlacko schon seit vielen Jahren nicht hinter anderen Festivals verstecken, denn auch große Namen lassen sich hier blicken.
Von Metal über Rock und Pop bis hin zu Hip-Hop ist so ziemlich alles vertreten und über den Zeitplan hinweg ebenfalls ordentlich durchmischt. Da folgte dann am Donnerstag auf die Punkrock-Veteranen von Zebrahead harter Metalcore von While She Sleeps aus UK. Das mündete in eine ausgelassene Party der Metal-Trance-Core Combo Electric Callboy aus Castrop-Rauxel. Die Band wird derzeit als eine der angesagtesten Livebands gefeiert, mit ausverkauften Tourneen in Europa sowie demnächst in den USA und Australien. Die Show bietet aber auch alles, was man sich wünschen kann: tanzbare Ohrwurm-Songs mit Mitsing-Charakter, Pyrotechnik und Konfettiregen gepaart mit sympathischen Musikern, die das Publikum voll in der Tasche haben. Kontrastreicher ging der Festivaldonnerstag dann mit Marteria zu Ende, der von vielen Fans ebenfalls ausgiebig und bis kurz vor Mitternacht gefeiert wurde. Wer danach immer noch nicht genug hatte, konnte auf der Ponyhof-Bühne mit Deine Cousine und Me First & the Gimme Gimmes bis tief in die Nacht weiter tanzen.
Das Wetter spielte sowohl am Freitag als auch am Donnerstag ordentlich mit, das Thermometer kletterte insbesondere freitags auf bis zu 30 Grad. Entsprechend staubig war dann auch die Angelegenheit vor den Bühnen: Mit Van Holzen, Rikas und Fjørt hatten drei Bands aus Deutschland zunächst das Vergnügen, auf der Hauptbühne zu spielen und die ersten Gäste zum Tanzen aufzufordern. Ordentlich füllte sich dann der Raum spätestens zum Auftritt von Frank Turner & The Sleeping Souls. Der Brite unterstrich erneut seine Live-Qualitäten und überzeugte das anwesende Publikum mit einer Mischung aus Folk-Punk-Rock, eine gute Stunde lang ausgelassen mit ihm zu feiern und zu tanzen. Dabei handelte es sich nicht um Turners ersten Auftritt beim Rocco del Schlacko, vielmehr ist er ein gern gesehener Gast. Den Gig nutzte er unter anderem, um seine Deutschkenntnisse zu erproben, was ihm sicherlich einige Sympathiepunkte zusätzlich einbrachte. Danach ging es mit Sido und Deutsch-Rap weiter – dabei mag sich das Publikum etwas verändert haben, der Stimmung tat es jedoch keinen Abbruch.
Nach Sidos Set folgte deutschsprachiger Punk-Rock: Die Broilers aus Düsseldorf hatten den Weg ins Saarland gefunden. Die Band spielt jährlich viele Konzerte vor großem Publikum, etliche sind ausverkauft und auch das Rocco del Schlacko feierte ausgelassen mit. The Subways (ebenfalls Dauergäste beim Rocco) und die Hip-Hop-Band 01099 beschlossen den Freitag dann auf dem Ponyhof.
Schon am Vorabend wurde über die Leinwände davor gewarnt, die Zelte und Pavillons entsprechend zu sichern, da für die Nacht Regen und stärkerer Wind angekündigt war. Tatsächlich kam es vor allem auf den Parkplätzen zu schwierigeren Situationen: Der Regen hatte die Erde in jede Menge Schlamm und Matsch verwandelt, viele Fahrzeuge hatten dadurch Probleme, wieder wegzukommen. Für viele war das aber erstmal ein Zukunftsproblem, schließlich stand der letzte Festival-Tag noch bevor. Glück im Unglück: Auf den Campingplätzen hielt sich der Schlamm ebenso wie auf dem Festivalgelände selbst in überschaubarem Ausmaß. Dreckig wurde man zwar, aber Einschränkungen gab es durch den immer wieder tagsüber vereinzelt fallenden Regengüsse keine.
Daher wurde am Samstag fleißig weitergefeiert: Mit Blond und Schmyt sowie einem Highlight aus den frühen 2000er Jahren, Tokio Hotel. Kreischalarm war da immer noch angesagt. Dabei spielte die Band zwar zum Abschluss auch den größten Hit „Durch den Monsun“, legte beim Set jedoch den Fokus auf die neueren, poppig-elektronischeren Lieder. Es folgten: Die Donots als Co-Headliner und mit dem inzwischen neunten Auftritt beim Rocco del Schlacko. Die Band aus Ibbenbüren bezeichnet das saarländische Festival schon als Wohnzimmer und überzeugte auf voller Linie. Die Fans feierten die Band und gaben kurz vor Ende des Wochenendes nochmal alles. Auch alte Bekannte tauchten dabei auf. Der „Erdbeermann“ war schon 2015 einmal auf die Bühne gebeten worden und hatte jetzt sein Comeback. Gemeinsam mit Frontmann Ingo ließ er sich auf einem Sofa durch die Menge tragen und entblößte unter seinem Kostüm nach dem außergewöhnlichen Crowdsurfing mit einem „FCK AfD“-Shirt eine politische Message, der sich auch die Donots sowie das Publikum anschlossen.
Ein Wiedersehen mit den Donots dürfte nach dem Gig jedenfalls auch auf dem Rocco del Schlacko sehr wahrscheinlich sein. Der letzte Headliner war dann Peter Fox, der in diesem Jahr sein Comeback feierte. Auf der Bühne tat er das mitsamt einer ganzen Wagenladung an Fans, die dort mittanzen durften. Über „Goldene Tickets“ wurden noch weitere Menschen aus dem Publikum im Laufe des Sets mit dazugeholt – Musikstars zum Anfassen also.
Allgemein lässt sich festhalten: Das Saarland bietet mit dem Rocco del Schlacko ein familiäres Festival, bei dem – passend zum kleinsten Bundesland und zumindest ein wenig zum Klischee – gefühlt jeder jeden kennt und sei es über drei Ecken. Gefeiert wird gemeinsam und da ist es dann auch egal ob die Sonne brennt oder der Regen die Sauwasen in Matsch verwandelt.
Die Ausgabe für 2024 ist schon datiert: Das nächste ROCCO DEL SCHLACKO steigt vom 8. bis 10. August 2024. HIER findet ihr Tickets!
Das Rocco del Schlacko Festival 2023 in Püttlingen / Saarland. Seht hier unsere Fotos vom Freitag – Fjørt, Frank Turner & The Sleeping Souls, SIDO und Broilers. Fotos: Julia Nemesheimer.More
Auch im August 2023 wird der bunte Festivalwahnsinn wieder im beschaulichen Püttlingen Einzug erhalten! Tausende Rock- und Partyverrückte werden auf den Sauwasen pilgern. Das Line-up hat es auch 2023 wieder in sich. Hier die Infos:
Rocco del Schlacko 2023 10.-12. August 2023 Püttlingen, Saarland
Tickets: www.rocco-del-schlacko.de
*** LINE-UP ***
Donnerstag:
MARTERIA
ELECTRIC CALLBOY
WHILE SHE SLEEPS
ME FIRST & THE GIMME GIMMES
ZEBRAHEAD
DEINE COUSINE
Freitag:
BROILERS
SIDO
FRANK TURNER & THE SLEEPING SOULS
01099
SCHMYT
FJØRT
RIKAS
ENGST
Samstag:
PETER FOX
DONOTS
TOKIO HOTEL
DISARSTAR
KAFFKIEZ
BLOND
FROM FALL TO SPRING
u.v.w.
*** TICKET-INFO ***
Im Vorverkauf für Rocco del Schlacko 2023 sind aktuell
Early Bird Tickets-Tickets für 104,-€ zzgl. Gebühren
Im Jahr 2021 konnten die Broilers aus Düsseldorf mit „Puro Amor“ ihr drittes Nummer-1-Album in Folge vorlegen. Wer hätte das gedacht, als Sänger Sammy Amara und Schlagzeuger Andreas Brügge 1992 in der Oi!- und Punkrock-Szene starteten? Die Anfänge waren verhalten, doch spätestens seit „Santa Muerte“ ist man an der Spitze deutschsprachiger Rockmusik angekommen und hat sich zu einem wahren Livehammer entwickelt. Die Broilers versprühen eine wahnsinnige Energie auf der Bühne, was man 2022 bei Festivals wie „Rock am Ring“ ausgiebig bewundern durfte.
Kein Wunder also, dass mit den „Puro Amor Live Tapes“ ein umfangreicher Konzertmitschnitt diese Energie einfängt und uns daran teilhaben lässt. Die Broilers zeigen sich von ihrer besten Seite und halten die Feierlaune am Kochen. Sammy Amara ist ein extrem sympathischer Frontmann und schafft es, die Punk-Atmosphäre in jeden Konzertabend zu retten. „Zurück zum Beton“ passt perfekt als Eröffnungssong – und dann gibt es Highlight um Highlight, ruppig und ausdauernd dargeboten. Atmosphärisch ist es ein hervorragendes Konzert mit zum Teil wehmütigen und kritischen Texten. Ein epischer Bläserklang verbindet gekonnt Funk und Punk. So soll das sein!
Die Doppel-CD kommt elegant im Pappschuber. Es gibt ein umfangreiches Booklet mit emotionalem Vorwort und vielen Livefotos, die auch einen Blick hinter die Bühne werfen. Wer die Broilers bisher noch nicht für sich entdeckt hat, sollte diesem Album ein Ohr gönnen. Die „Puro Amor Live Tapes“ zeigen die reine Liebe zur Musik und werden hoffentlich noch viele Zweifler überzeugen.
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Es war ein würdiger Start nach zwei Jahren Corona-Zwangspause. Was für eine geile Idee, die DONOTS als Opener quasi am frühen Morgen (geplant war ein Start um 13.40 Uhr) auf die Hauptbühne zu lassen. Dann wurde es aber doch 14 Uhr. Ingo und seine Gang sind ja inzwischen so etwas wie die Patrone und Hausherren des Festivals – ein Status, den sie sich redlich verdient haben. Gerade erst haben die DONOTS angekündigt, dass ihr neues Album „Heut ist ein guter Tag“ im Februar 2023 erscheinen wird. Yeah! Und natürlich gab es ein entsprechendes Banner im Bühnenhintergrund: Ein Strauß Blumen für die Fans. Schnell wurde der Albumtitel zum Motto des Tages, denn heute sollte alles passen.
Von den angekündigten Gewittern und Regenschauern war nichts zu bemerken. Es blieb trocken bis zum Schluss und die milden Sommertemperaturen sorgten für das ideale Festivalwetter. Der Ring war mit 90.000 Fans ausverkauft und das Programm sah eine Menge Partykracher für ausgelassene Stimmung vor – so auch bei den DONOTS. Zehn nach vorn treibende Songs zeigten die Feierlaune des Quintetts im Einklang mit seinem Publikum. Die Mischung ging durch die gesamte Karriere, startend mit „Calling“ und „Wake The Dogs“, endend mit „Auf sie mit Gebrüll“ und „So Long“.
Dazwischen gab es eine Überraschung, auf die viele gehofft aber mit der die meisten nicht wirklich gerechnet hatten: Die TOTEN HOSEN waren auch im Jahr 2022 auf dem RING! Was wären auch das (verschobene) Jubiläum und der Neustart ohne diese Dauergäste? Zunächst spielten die DONOTS selbst „Hier kommt Alex“, doch dann waren plötzlich die Freunde, sprich: Campino und Band, mit auf der Bühne und der Jubel im Publikum grenzenlos. Kann man das noch toppen? Ja – mit einem ÄRZTE Song: Der „Schrei nach Liebe“ aus 90.000 Kehlen ließ das Gelände beben.
Es waren, laut Ingo, 888 Tage seit der letzten DONOTS-Show. Die Disziplinen Springen, Rudern und Laufen im Circle Pit funktionierten aber noch. Und wie!
Der Timetable war ein wenig im Eimer. YOU ME AT SIX starteten nochmal eine halbe Stunde zu spät und mussten ihren Gig verkürzen. Sie standen vermutlich im Stau. Der Auftritt war trotz dieser Widrigkeiten sehr stark. Der Sound komplex und von einem starken Beat getragen. Die Tracks pendelten gerne mal zwischen Pop und Rock, am liebsten aber rockte das Quintett seine breitwandigen Hymnen straight nach vorne und baute enorme Klangwände auf, die trotz aller Elektronik nie nervig wurden. Josh Franceschi sang, schrie und hielt die Fäden in der Hand. Seine Ansagen enthielten die corona-typische Wehmut: Der erste Auftritt in Deutschland seit 2019 – und zugleich der „fucking dream to play the main stage“ bei ROCK AM RING. Geschafft!
Die Alternative Rocker WEEZER brachten ihre melodische Seite auf die Main Stage. Gitarrenlastig zwischen Punk und College Rock. Als Intro gab es Van Halens „Jump“, womit die Zeichen auf einträchtiges Springen im Publikum gestellt waren. Die Setlist reichte von „Hash Pipe“ über „My Name Is Jonas“ bis hin zu „Island In The Sun“. Wer bis dahin noch nicht textsicher war, durfte sich über das TOTO-Cover „Africa“ freuen. Sänger Rivers Cuomo interpretierte den Song definitiv besser als weiland Totos Bobby Kimbell. Mit „Buddy Holly“ endete ein respektabler Set.
Es folgte die „Band der Stunde“. Måneskin aus Rom sind seit ihrem Sing beim ESC 2021 zu Recht in aller Munde und konnten den Erfolg schnell über Europa hinaus ausdehnen. Recht früh im Set präsentierten sie „Beggin'“, ein Cover der Four Seasons, ihren viralen Hit, der auch in den USA mit Platin ausgezeichnet wurde. Darüber hinaus gab es „Zitti e buoni“, den ESC-Siegertitel. Und das schon ganz zu Beginn des Sets. Aber die Band war keineswegs „leise und brav“. Es wurde gerockt, was das Zeug hielt, wobei der exzentrische Fronter Damiano David ganz im Mittelpunkt stand und seine Show gekonnt zelebrierte. Alles in allem ein ordentlicher Abriss für die Hauptbühne.
The Offspring aus Orange County in Kalifornien sind nicht mehr die Jüngsten. Sänger Dexter Holland geht auch schon auf die 60 zu, was für die Punkband aber kein Hindernis war. 2021 gab es nach neun Jahren Funkstille mit „Let The Bad Times Roll“ einen neuen Longplayer. Die Frage darf gestellt werden: Braucht man so ein Album samt Titel überhaupt noch? Hat der Punk ausgedient? Ja und nein heißt hier die Antwort. Dieses Album kam genau zur richtigen Zeit und zeigte, dass Punkrock in den USA noch nicht am Ende war. Live berufen sich Dexter Holland & Co. auf alte Stärken und zelebrieren ihre Klassiker mit großer Lightshow und Leinwandvideos, die sich dann am frühen Abend (es war inzwischen 19.30 Uhr) auch lohnten. Der Tag ging mit Sonnenschein und Kaiserwetter zu Ende – The Offspring brachten den Lichterglanz vom Himmel zur Bühne.
Jan Delay mit Disko Nr. 1 und die Metalcorer Caliban spielten parallel auf Mandora und Orbit Stage. Schwierige Entscheidung, die dann aber doch zu Gunsten von Jan Philipp Eißfeldt ausfiel. Der Meister des genuschelten Wortes ging direkt in die Vollen und ließ es vom ersten Song an nicht zu, dass das Publikum sich zur Ruhe setze. „Klar“, „Spaß“, „Large“ und „Disko“ ließen den Funk hoch leben und das Publikum tanzen. Das aktuelle Album heißt „Earth, Wind & Feiern“, was zur Mottoparty einlädt. Von dem gab es dann auch viel Material zu hören. Mit Blechbläsern und weiblichem Backgroundgesang war Einiges aufgefahren und die formidable Lightshow tat ihr Übriges dazu.
Zwischenzeitlich zelebrierten Caliban Headbanging, Circle Pits und ein aggressiv-freundliches Aufeinanderlosgehen mit klaren Ansagen gegen Nazis und Intoleranz. Während Jan Delay noch den Sonnentag feierte, ging es hier düster zur Sache – auch wenn das Rammstein Cover „Sonne“ ertönte. Das Publikum zog mit und der Refrain „Eins – hier kommt die Sonne“ wurde textsicher gefeiert. Der Titelsong des neuen Albums heißt „Dystopia“ und beschreibt sowohl den Zustand der Welt als auch die Widrigkeiten der Lockdown-Zeit. Das sprach mal wieder vielen aus der Seele. Gut, dass die Zeit von Masken und Impfausweis (vorerst) ad acta gelegt scheint.
Die Broilers zeigten sich auf der Hauptbühne „Utopia Stage“ von ihrer besten Seite und hielten die Feierlaune am Kochen. Sammy Amara war ein extrem sympathischer Frontmann und schaffte es, die Punk-Atmosphäre in den Abend zu retten und das Feld für Green Day zu bereiten. Dabei waren die Broilers selbst ein würdiger Headliner. „Zurück zum Beton“ passte perfekt als Eröffnungssong – standen doch die Zuschauer feste springend auf der Asphaltfläche. Atmosphärisch war es ein hervorragendes Konzert mit wehmütigen und kritischen Texten. Der epische Bläserklang der Band verband gekonnt Funk und Punk. So soll das sein! Sehr engagiert gab es große Circle Pits, auch und gerade als Sammy – auf sein Alter anspielend – die „Jugendlichen von 40 Jahren“ ansprach. Es gab einen Kniefall des Publikums und ausgelassenes Springen. Und natürlich bekamen „Alice Weidel und die ganze Nazischeiße“ zum Song „Alice und Sarah“ ordentlich ihr Fett weg. So gehört sich das!
Der Rostocker Marteria ist auf „Vollkontakt Tour“. Das mit dem Körperkontakt ist nicht so einfach als Künstler bei ROCK AM RING. Auf der „Mandora Stage“ gab es einen lauten Set mit viel Elektronik. Die Produktion von DJ Koze zeigt Wirkung. Daher war es nicht so atmosphärisch wie im Doppelpack mit Casper vor drei Jahren. Immerhin schaffte es der gute Marten, den Anwesenden Frauen mehr Geltung zu verschaffen. Zu „Marteria Girl“ sollten alle Girls auf die Schultern ihrer Begleiter. Das klappte sichtlich gut und Marteria konnte den Song allen Girls widmen. Für „El Presidente“ gab es hingegen eine komplett neue Strophe, die den Krieg in der Ukraine thematisierte. Verdammt passend! Dass Campino auch noch hier auf der Stage auftauchte, um Zungenküsse mit Marteria auszutauschen und ihre Ossi-Wessi-„Feindschaft“ ausgiebig zu zelebrieren, sei nur am Rande erwähnt.
Auf der „Utopia Stage“ begann nun das gespannte Warten auf Green Day. Und als die US-Band, die in den 90ern das Revival des Punkrock eingeläutet hatte, endlich auf der Bühne stand, kamen ihre Headliner-Qualitäten voll zur Geltung. Was für eine geile Show! Einziges Manko: Die Zuschauer im hinteren Bereich der großen Fläche konnten nur einen Bruchteil des Sounds genießen, da die entsprechenden Boxen aus unerfindlichen Gründen entweder ausgeschaltet oder sehr leise eingestellt waren. Alles Hadern nutzte nichts – vorne brachten Billie Joe Armstrong und Green Day die Menge zum Kochen. Der Opener „American Idiot“ schlug direkt ein, aber es gab auch stille Momente. Was für ein Bild, als Billie die Fans zu „Boulevard Of Broken Dreams“ an die Handys bat: Ein Meer aus Lichtern beleuchtete das Festivalgelände und stimmgewaltig wurde der Song mitgegrölt. Der Frontmann war ständig im Kontakt zum Publikum und trieb sein Spiel mit Gesten und Sprechchören. Flammenshow auf der Bühne – dann eine Zuschauerin, die sich am Bass versuchen durfte und das Instrument am Ende gar geschenkt bekam. Tatsächlich in Green Day verliebt haben wir uns, als „Basket Case“, „She“ und „When September Ends“ erklangen. Das brachte perfekte Stadion- und Festivalatmosphäre mit Gänsehaut und Kribbeln im Bauch. Und zum Schluss gab es ein respektables Feuerwerk, das die Main Stage schließen sollte.
Aber es war noch nicht die Zeit, in Auto, Zelt oder Hotel zu entschwinden. Auf der zweiten Hauptbühne gab es ja noch das Late Night Special von SCOOTER. H.P. Baxxter ist es schon lange gewohnt, vor großem Publikum zu spielen, aber dass Techno und der elektronische Dancefloor solche Massen anzogen, war dann doch eine Überraschung. Keiner wollte nach Hause. Klar: Man hatte lange genug auf Livekonzerte verzichtet. Also jetzt Samples, leicht bekleidete Tänzerinnen, eine wirklich ordentliche Pyroshow und Songs von „God Save The Rave“ über „Nessaja“ und „How Much Is The Fish?“ bis hin zum ultimativen „Endless Summer“ mit dem unvermeidlichen „Hyper, Hyper“. Mottosong war definitiv „FCK 2020“ als ein „Fick dich“ an die Corona-Jahre. Und zu „Fire“ war die Hütte ordentlich am brennen. Scooter am Ring? Aber ja doch!
Als Fazit des ersten Tages bleibt zu sagen: Das Line-up war besser als sein Ruf. Viel Partymucke, was dem feier-, tanz- und springwütigen Publikum gerade recht kam. Das im Vorfeld stark kritisierte Cashless-System hat gut funktioniert und sorgte dafür, dass die extrem langen Schlangen vergangener Jahre ausblieben. Auch gut! Und die Wettervorhersagen hatten zum Glück gelogen. Es war den ganzen Tag über trocken mit leichter Sonnenbrand-Gefahr. So ist es auch für Tag 2 angesagt. Mal sehen.
Davon, dass der Punk nicht tot ist, konnte man sich gestern Abend in der Arena Trier mal wieder eindrucksvoll überzeugen. 7000 Fans der Broilers sorgten für ein ausverkauftes Haus – und es war ein bunt gemischtes Publikum. Dabei heißt die aktuelle Tour „Es gibt keine Hymnen heute“. Musikfans, die hofften, dass sich die Broilers auf ihren Mainstream-Erfolgen ausruhen werden, mussten also enttäuscht werden. Zwei Nummer-1-Alben in Folge können zwar in Versuchung führen, doch es besteht keine Gefahr, dass die Broilers den sanften Weg der Toten Hosen gehen. In ihrem neuen Werk „(sic!)“ steckt wieder mehr Power. Und die lassen sie auf der aktuellen Tour ordentlich raus.
2014 war die Arena zum Tourabschluss an Silvester gut gefüllt. Etwas mehr als zwei Jahre später kann man ausverkauft vermelden. Die Broilers versteckten sich zunächst hinter einer großen Zielscheibe als Vorhang, der pünktlich um 21 Uhr fiel. Als Intro wurde der Klassiker „Vanitas“ gespielt. Dann ging es laut zur Sache mit einem Querschnitt durch die Bandgeschichte, dessen Schwerpunkt zunächst auf den aktuellen Alben lag. Der Sound war stellenweise recht dumpf und die Bühne recht spartanisch für eine Band dieser Größenordnung ausgestattet. Es scheint den Broilers egal zu sein, ob sie in einem Kellerclub oder vor 7000 Leuten spielen. Das macht sie sehr sympathisch und verleiht den Konzerten Authentizität.
Etwas Glamour durfte aber trotzdem sein. Eine große LCD-Leinwand im Hintergrund machte das Geschehen auch für die weit entfernten Reihen sichtbar und eine dreiköpfige Bläserfraktion sorgte für einen bisweilen breitwandig angelegten Sound. Auf der Bühne war ordentlich Euphorie spürbar. Frontmann Sammy Amara zeigte sich gesprächig und berichtete von der Band-Beziehung zu Trier: In einer Zeit, da Bassistin Ines noch nicht zur Band gehörte, Schlagzeuger Andi aber sehr verliebt in die Hübsche war, hatte man sie in der Jugendherberge Trier besucht, wo sie auf Klassenfahrt weilte. Nette Anekdote.
„Die Beste aller Zeiten“ und „In 80 Tagen um die Welt“ luden zum Feiern ein. Als Wunschlied aus dem Publikum wurde „Lofi“ spontan in die Setlist aufgenommen. Zu „Wie weit wir gehen“ forderte Amara das Publikum auf, die jeweiligen Lieblingsmenschen auf der Schulter zu tragen und das Konzert wurde ein Lied lang quasi auf zwei Ebenen fortgesetzt. In den Ansagen hielt Amara sich sehr zurück, sprach explizit von „Fremdenangst“ und nicht von „Fremdenhass“. Vielleicht um die neuen Nazis nicht mehr aufzuwerten, als das mancherorts von allein passiert. Deutlich sind aber die Texte der Broilers, auch wenn manche Lyrics bis zur Unverständlichkeit vernuschelt waren. Egal – das Publikum sang textsicher mit.
Die Broilers zeigten sich von ihrer besten Seite und hielten die Feierlaune am Kochen. Trier hat sich als Veranstaltungsort bewährt. Normalerweise finden Konzerte solcher Art im Ex-Haus statt, doch für die Broilers ist das Jugendzentrum schon längst zu klein geworden. Sie schafften es aber, die Punk-Atmosphäre in die Arena zu retten. Sehr engagiert gab es zu „Held in unserer Mitte“ einen großen Circle Pit rund ums Mischpult, das Amara liebevoll als „Affenfelsen“ bezeichnete. Und spätestens zu den Klängen von „Meine Sache“ wusste der Letzte, warum sich der Weg zu den Broilers mal wieder gelohnt hatte. Das gut zweistündige Konzert lief friedlich und ohne besondere Vorkommnisse statt. Keine Bengalos im Publikum. Raucher wurden umgehend ermahnt. Punk wird solide. Aber gefeiert wird trotzdem!