Im Jahr der von Schlamm, Wasser und Sturm geplagten Festivals hat es sich ein Open Air auf die Fahne geschrieben Petrus mit einer geballten Ladung Metal, Punk und Hardcore die Stirn zu bieten: Das With Full Force bittet zur 23sten Ausgabe und lässt den Flugplatz in Roitschjora 4 Tage lang zum härtesten Acker Deutschlands mutieren.
Nachdem man am Donnerstag in Köln seine und die Sachen der anderen vier Insassen des geräumigen Dacia Logan gepackt hat, geht es gleich auf die Autobahn um dem Ziel, dem Osten der Republik, näher zu kommen. Fünf Stunden sind geplant, doch diese Zeit erscheint bereits nach der ersten halben Stunde utopisch: Die alkoholhaltigen Getränke treiben einen einfach immer an Rasthöfen raus. Völlig ungewollt. Nach einigen Stops, 6 ½ Stunden Fahrt und vielen Dosen Paderborner ist es geschafft. Endlich ist man am Ende der Warteschlange und darf gegen Vorlage des Tickets auf den Campingplatz. Genau, gegen Vorlage des Tickets. „Die Pressekarten gibt es da hinten am Container, das sind gut und gerne sechs Kilometer zu Fuß.“ Die erste richtige Panne, was wären Festivals nur ohne eben diese… Gott sei Dank halbiert sich der Ärger als eine freundliche Dame sich bereit erklärt kurzerhand zum Container und zurück zu fahren. Laune gehoben, Bier geschenkt bekommen, auf zum Auto. Über den gesamten Platz. Egal, mit Bier lässt sich ja bekanntlich so einiges ertragen. Zelt aufgebaut, Grill angemacht, Rumpsteak drauf geschmissen und den ganzen Tag gutes Wetter sowie eine milde Nacht genießen. Erster Tag absolut erfolgreich.
Am zweiten Festivaltag wacht man relativ verkatert und mit Kopfschmerzen geplagt nach vier Stunden im 60 Grad heißen Zelt auf und flüchtet aus eben diesem mit einem Hechtsprung ins Freie, wo man von einem nackten, Weinbrand trinkenden Mann empfangen wird, der sich an einem Besenstiel räkelt. Wohlfühlfaktor over 9000. Nun erblickt man auch, dass jeder Campingbereich eine eigene kleine Verpflegungsarea hat, samt frischen Fischbrötchen. Gegen 16 Uhr tritt man dann auch zum ersten mal den Weg zur Bühne an, denn Stick To Your Guns laden zum Tanz ein. Ziemlich betrunken und mit jeder Menge Schrott bekleidet erreicht man nach circa 10 Minuten Fußweg den Ort des Geschehens und ist erstaunt was einem alles geboten wird: Impericon wartet mit Dosenwerfen auf seine Gäste, Pizza Mario mit frittierter Calzone, Gizeh mit freier Ware… Unzählige Verpflegungs- und Bekleidungsstände und das Beste: Bier für märchenhafte drei (in Zahlen: 3) Euro! Da können sich andere Festivals eine Scheibe von abschneiden.
Um 17.05 betreten Stick To Your Guns dann die Bühne und liefern eine gute, allerdings nicht so wie sonst überzeugende Show ab. Die Jungs wirken etwas ausgepowert, trotz einer sehr gut besuchten Mainstage. Man sollte das den Jungs allerdings nicht ankreiden denn bei dem Pensum, welches solche Bands ableisten, ist es schon durchaus möglich, dass sowas mal vorkommt. Und schließlich warten an diesem Wochenende auch noch Hochkaräter wie Amon Amarth, Five Finger Death Punch oder Trivium. Eine der Überraschungen spielt gleich eine halbe Stunde später auf der gleichen Bühne: The Amity Affliction bieten dem Publikum eine Show vollgepackt mit Breakdowns, sauberen Cleanpassagen und Shouts die einem manchmal schon Angst machen. Perfekt untermalt werden all diese Kompnenten vom Keyboardspiel, welches immer die perfekte Melodie findet und eine ganz besondere Atmosphäre schafft. In der Tentstage kommt der Hardcore mit Turnstile und H2O auch nicht zu kurz. Den Abend auf der Mainstage beenden Slayer mit einem gewohnt sicheren aber auch recht flachen Set. Interaktion ist nicht die größte Stärke der Thrashlegenden. Anschließend lässt man den Abend bei der Knüppelnacht oder vor der 90er Bühne mit Erdbeerbowle ausklingen ehe man sich auf 3 weitere Stunden auf dem Campingplatz freut.
An Tag drei gönnt man sich einen entspannten Gang zur Dusche, denn die Nacht war hart. Befreit vom Staub, ja richtig gehört, Staub, des Vortages geht es zurück zum Zelt um mit einer Runde Festival-Jenga in den Tag zu starten. Melonenhüte gebastelt, den Fruchtsamstag eingeläutet und mit massig Blödsinn im Kopf geht es recht spät zum Gelände. Die Schweizer von Breakdown Of Sanity reißen die Tenstage ab und machen ihrem Ruf als Metalcoremaschine alle Ehre. Man fragt sich wirklich ob die Tentstage den Bassdrops der fünf Eidgenossen standhalten kann. Geradeso klappt dies jedoch. Das restliche Abendprogramm ist mit Rise Of The Northstar, Hatebreed und Amon Amarth nicht weniger heftig. Besonders Amon Amarth füllen die Mainstage und bringen Bewegung in den bereits niedergetretenen Acker. Auf einer Metal HAmmer NEwcomerstage spielen übrigens das ganze Wochenende Bands wie The Hirsch Effekt, Hammercult oder Cry My Name. Nebenbei kann man an dieser Stelle mal anmerken, dass bis auf die anfängliche Aktion der Ticketlauferei, die man auch noch selbst Schuld war, das With Full Force ein unglaublich gut organisiertes und friedliches Festival ist. Bis dato keine einzige Schlägerei oder auch nur der Ansatz von Ärger. Das hat man bei Genreähnlichen Festivals schon ganz anders erlebt. Ebenso funktioniert das Zelten neben dem Auto hier bestens, andere behaupten ja aus Sicherheitsgründen ginge dies nicht, man solle sich aber bei Gewittern kilometerweit zum Auto begeben. Der Preis für das Besucherfreundlichste Festival geht für uns somit 2016 an das WFF. Das Saturday Night Fever lädt mit The Browning, Cypercore und Drescher zu einer letzten Runde prügeln am Samstag ein. Noch schnell den Pfahl losleinen und zum Zelt bringen, bevor man sich Richtung Partyzelt aufmacht. Bis in die frühen Morgenstunden wird hier noch ausgerastet.
Tag vier zerrt mittlerweile an allen, der härteste Acker Deutschlands hat seine Opfer gefordert und wird im Laufe des Tages weitere Seelen bis zur Unkenntlichkeit verunstalten. Auf den Campingplätzen werden die letzten Reserven mobilisiert um nochmal richtig Party zu machen. Allerdings wird es auch ein sehr langer Tag vor der Bühne. Gestartet wird der Tag mit Bury Tomorrow, welche zum ersten Mal beim With Full Force spielen und nach dieser mit Bassdrops gespickten Show sicherlich nicht das letzte Mal hier waren. Cleanvocals, Gitarrengeshredder und Shoutings aus der Hölle begeistern die Besucher der Tentstage. Im Anschluss geht es mit August Burns Red nicht weniger heftig weiter. Leider vermisst man bei den fünf Amerikanern viele alte Songs, im Fokus stehen die 2 letzten Alben. Schade, dennoch eine gute Show. Bad Religion haben es sich zur Aufgabe gemacht, den Regen mitzubringen. So unfassbar warm es die letzten Tage war, so heftig regnet es nun. Die schwarze Wolkenfront entlädt sich und die Masse flüchtet zurück zur Tentstage, wo man sich dann Our Last Night ansieht. Beendet wird das Festival von niemand geringerem als Five Finger Death Punch, welche mit einer Show begeistern die ihres gleichen sucht. LED-Gitarre, astreine Lightshow und ein Sänger der perfekter nicht sein könnte. Das Set ist abwechslungsreich und gefällt der Meute vor der Mainstage vom ersten bis zum letzten Moment. Auf dem Rückweg sieht man noch eine Menge die ruft „DRÜCK UND ZIEH!“ und damit einen MAnn motiviert sich eine Kordel in die Nase zu ziehen. Das schafft dieser doch tatsächlich auch. Die ganz hartgesottenen geben sich dann beim The Last Supper noch Paradise Lost, Beyond The Black und Borknagar.Dann ist es auch vorbei. Noch eine letzte Nacht im Zelt mit der kaputten Luftmatratze die nicht mal eine halbe Nacht hielt und dann heißt es am Montag auch schon wieder, um es in den Worten von KIZ zu sagen „Ab in den Westen, raus aus unserm‘ kleinen Dorf“. Bis zum nächsten Jahr Roitschjora.