Arch Enemy, 14.12.2019, Oberhausen
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“Noch ein Bier! Noch ein Bier!” Es mag wohl der bis dato süffigste Moment auf der diesjährigen Deutschlandtour von Sabaton sein. Sänger Joakim Brodén und Gitarrist Tommy Johansson heben jeweils einen Humpen mit kühlem Blonden gefüllt in die Höhe und kippen sich den halben Liter Gerstensaft in einem Rekordtempo die Kehle herunter. “Ex! Ex! Ex!” Das Publikum ist begeistert, die Musiker leicht beschwipst. “Ihr seid der Grund, warum ich nach der Tour wie eine schwangere Frau im 9. Monat aussehe.”, beschwert sich Brodén und schlägt sich, um seinen Worten Nachdruck zu verleihen, auf seine Plauze.
Man mag über den Schlachtensoundtrack von Sabaton denken, was man will, doch auch als Nicht-Historiker lässt man sich gerne von den sechs Musikern mit ihrer Hingabe von geschichtlichen Ereignissen, ob fiktiv oder der Wahrheit entsprechend, unterhalten. Als das Licht in der König Pilsener Arena erlischt und zwei Minensucher zum Intro von In the Army Now vor die gut 7.000 Anhänger treten, herrscht für die nächsten anderthalb Stunden Krieg auf der Bühne. Ein Panzer, der als Podesterie für das Schlagzeug dient sowie eine nicht enden wollende Salve von Pyrotechnik lassen einen die kumpelhafte Pott-Atmosphäre völlig vergessen. Helden aus Sparta werden genau so in den Himmel gehoben wie die Rebellen der schottischen Revolution in Blood of Banockburn. Das Publikum, dauerhaft die Faust in die Höhe gestreckt, zollt seinen Tribut an die Band und an die Gefallenen nach jedem Song.
Gefährlich kuschelig wird es bei der Akustikversion von The Final Solution als die Bühne von einem Feuerkreis umringt und der Opfer in Auschwitz gedacht wird. Für viele sind gerade solche Songs ein Dorn im Auge, da man der Band häufiger eine Glorifizierung der Ereignisse vorwirft. Diese Atmosphäre kommt jedoch zu keinem Zeitpunkt hier in Oberhausen auf. Das bereits angesprochene “Noch ein Bier” (im Original: Gott mit uns) erschallt im Feedback von der Hallendecke zurück auf die Massen wie eine Salve von Pfeilen während irgendeiner Mittelalterschlacht. Sänger Joakim tropft der Schweiß von der Kinnlade und mehrmals muss der 36-jährige hinter die Bühne um eine kurze Verschnaufspause einzulegen. Die Zugabe beginnt mit dem großartigen Primo Victoria und mündet in To Hell and Back sowie einem Beifallssturm, den man in den letzten Monaten selten erlebt hat.
Nach diesem Konzert steht fest, dass durch Sabaton historische Schlachten salonfähig gemacht wurden. Die Schweden verdienen es vor solche großen Mengen zu spielen und haben auch geschichtlich resistente Reporter gut unterhalten.
“Wie heißt unser neues Album?” Ein Raunen geht durch die Menge, aber eine Antwort bleibt aus. Gesichter gucken sich verwirrt an: Wie hieß das noch gleich? Jan Delay hat keinen Bock zu warten. Er wendet sich ab von der Menschenmasse zu seinem DJ. “Egal Mad, spiel den nächsten Song.” Irgendwie ist die Szene bezeichnend für den gut zweistündigen Auftritt von Jan Delay, Denyo und DJ Mad, kurz, Die Beginner. “Advanced Chemistry”, das erste Album der Hamburger Hip Hop Kombo seit 13 Jahren, bekam gemischte Kritiken. Von “Zenit überschritte” bis hin zum “Aufleben einer Legende” war alles dabei, was man in einer Bewertung schreiben kann. Das Publikum auf ihren Live-Shows, hat hingegen heute Abend allerding ein “Setzen 6!” verdient.
Doch von Beginn an: Den Anfang macht Langzeitkollege Megaloh aus Frankfurt, der versucht mit seinem gut 40-minütigen Set der Menge so gut es geht einzuheizen. Doch bereits von Beginn an scheinen Publikum und Künstler sich nicht auf einer Wellenlänge zu bewegen. Wechselgesänge brechen rabiat ab, in Sachen Bewegung herrscht bei den gut 9000 Leuten Stillstand und abgesehen davon, hat man die Bühnenfläche mittels Vorhang mindestens geviertelt, sodass Uchenna van Capelleveen (so sein bürgerlicher Name) nur eine schmale Linie bin zum Bühnengraben bleibt um seine Songs zu performen. Traurig, dass der Frankfurter trotz Live-Qualitäten, eher als wippende Dekoration fungiert. Dennoch kann man ihm keine Abzüge in punkto Spielfreude und -lust machen.
Das Gleiche gilt für den Headliner des Abends. Als das Licht ausgeht und die Hamburger, inklusive zwei attraktiven Backgroundsängerinnen die Bühne betreten, kommt ihnen ein Schwall von Ruhrpottliebe entgegen, den man nach dem Support so nicht erwartet hätte. Das Publikum geht auf einmal mit, die Künstler haben Bock und es steht alles auf Versöhnung – doch bereits nach dem zweiten Song Hammerhart beginnt die Menge wieder zu schwächeln. Immer wieder versucht Jan Delay die fast ausverkaufte König Pilsener Arena zu animieren, sei es mittels Wechselgesang oder mit der Aufzählung aller Pottstädte, die heute Abend vertreten sind, was bei der Konstellation Dortmund/Gelsenkirchen direkt nach hinten losgeht und Buhrufe durch die ganze Arena schallen. Da konnte wer den Fußballfanatismus nicht zu Hause lassen. Man einigt sich schließlich als Ansprache auf den Pott als Ganzes, was aber die hinteren Reihen auch nicht überzeugt, sich nicht viel mehr zu bewegen als bei einer “Mannequin-Challenge”. Erst als die Überrschaungsgäste Samy Deluxe und Torch die Bühne mit Freestyles und Songs wie Meine Posse für sich einnehmen, gerät die Menge in Fahrt. Die Treppen des Bühnenbildes blinken und Funkeln und plötzlich sind mehrere Füchse auf der LED-Wand projiziert, was endlich die verdammten Hände in die Höhe schnellen lässt. Doch zu früh gefreut. Nachdem das Main Set mit Rock On beendet wird, verlassen zig Menschen schlagartig die Halle, so als ob ihnen 65 Minuten Spielzeit genug wären. Nungut, wenn man sich den Altersdurchschnitt der Gäste anschaut, müssen wohl die meisten Menschen morgen ganz ruhrpöttisch malochen, dennoch ist dieser Grund ein wenig weit hergeholt, um 22:00 Uhr ein Konzert zu verlassen, welches gerade einmal bei der Hälfte angelangt ist.
Die Hits kommen nämlich bekanntlich zum Ende: So wird Liebeslied im zweiten Zugabeblock mit Herzchen und einer in pink illuminierten Halle zum Besten gegeben. Geschmackssache, der Song trotz seines 18-jährigen Bestehens nichts eingebüßt und die Menge singt textsicher mit. Mit Nach Hause, inklusive eines crowdsurfenden Menschen im Hühnerkostüm, findet das Konzert sein Ende. Trotz der vielen guten Ansätze, welche die Show heute hatte, kann man auf keinen Fall zufrieden sein. Sicher, die Beginner haben abgeliefert, aber wie so oft sorgen größere Multifunktionshallen für einen Schwund an Stimmung und Authentizität innerhalb der Crowd. “Heute bekommt ihr richtigen Hip Hop”, hatte Megaloh mehrfach betont. Doch was passiert, wenn das Publikum keinen richtigen Hip Hop haben will? Es fehlt allen voran an Ecken und Kanten: Auf einem Hip Hop Konzert sollte das Bier nicht 4,50 € kosten, Menschen sollten nicht nach 60 Minuten abhauen um eine Bahn zu bekommen und vor allem sollte das Publikum ein aktiver, mündiger Teil des Konzerts sein und sich nicht nur stumpf berieseln lassen. So kann man heute nur von einer starken Show reden, aber keinesfalls von einem starken Konzert.
Schon morgens früh quält man sich zu unmenschlichen Zeiten aus dem Bett um zur Schule zu fahren, bestens vorbereitet in den Klassenraum zu kommen, sich zu setzen um die Mathe Klausur vom Dienstag zu schreiben: Und einen Totalausfall zu erleiden. Klausur in den Sand, Körper in die Bahn gesetzt und mit Vollgas nach Köln-Mülheim um von dort mit versammelter Mannschaft zum Impericon Festival nach Oberhausen zu fahren.
Angekommen im schönen Ruhrpott wird man vom freundlichen Parkplatz-Einweisungs-Personal der Turbinenhalle zum Parkplatz geleitet und darf sich nun endlich aus dem Auto erheben, um gebührend zu moshen. Leider verpasst man aufgrund vorhin genannter Klausur Bands wie blessthefall oder Vitja, mit Bury Tomorrow empfangen zu werden ist allerdings auch nicht die schlechteste Option. Die Jungs um Sänger Dan sieht man zwar leider auch nur noch zehn Minuten, die überzeugen dafür allerdings. Wie schon im Vorjahr hat man heute einen Marathon von Bühne zu Bühne vor sich, allerdings versorgt man sich vorher noch mit neuem Nasty Merchandise, welche im Laufe des Abends noch ordentlich abreißen sollen. Aber der Reihe nach.
Nach dem Sprint in Halle Zwei platziert man sich mittig links, quasi wie im Kino, um eine möglichst gute Sicht auf die Melodic Hardcore Maschine aus South Carolina zu haben. Eigentlich aber auch egal wo man sich in dieser Halle hinstellt, sie wird den ganzen Abend über so gefüllt sein, dass Crowd Surfing maximal über eine Distanz von 3 Metern läuft. Wie gewohnt liefern Hundredth ab der ersten Sekunde ab und treten das Gaspedal durch den Fußraum auf den Asphalt, oder in diesem Fall die Bühne der Turbinenhalle. In regelmäßigen Abständen wandert das Mic ins Publikum um den Fans das Shouten zu ermöglichen. Die hauptsächlich grüne Bühnenbeleuchtung passt perfekt zum Camouflage gefärbten Shirt von Sänger Chadwick Johnson. Das Highlight des Konzerts ist der Moment in dem Johnson über den Wellenbrecher ins Publikum kommt, sich ein Kreis um ihn bildet und er mit voller Inbrunst seine Texte Richtung Bühne schmettert. Rundum gelungener Auftritt. Und ab zum Auto um unnötigen Ballast los zu werden.
Auf dem Weg trifft man noch einige nette Jungs die sich zu einem gesellen und noch das ein oder andere Bier am Auto trinken und den ohnehin gelungenen Tag nochmal um einiges aufwerten. Klamotten ins Auto, Faxe in die Hand und das Motto für die paar Meter zur Halle kann nur sein: Gib ihm. Faxe leer, rein in die Halle, Frankie Palmeri und seine neu rekrutierte Instrumental Crew warten: Der erste Auftritt von Emmure seit dem Ausstieg der gesamten alten Band und Frankies Eingeständnis ein Arschloch gewesen zu sein.
Nicht wenige haben auf diesen Auftritt gewartet, und niemand sollte enttäuscht werden. Emmure betreten die Bühne und prügeln wie gewohnt auf alles ein was nicht Niet- und Nagelfest ist. „4 Poison 3 Words“ oder „I Thought You Met Telly And Turned Me Into Casper” kommen ebenso gut an wie „Sunday Bacon“ und der Schlusspunkt „Drug Dealer Friend“. An ihrer Wucht haben Emmure trotz Bandwechsel nichts eingebüßt. Frankie ist nach wie vor Angsteinflößend und so darf man sich auf die kommende Shows durchaus freuen. Nun steht man vor einer schweren Entscheidung: Denn Nasty und das Battle zwischen Eskimo Callboy und Callejon überschneiden sich. So geht man zunächst in die Merch/Verpflegungs/Friseur-Halle und versorgt sich mit einem Treffen mit Callejon. Im Anschluss entscheidet man sich dann, sich zunächst eine halbe Stunde Battle, und dann eine halbe Stunde Nasty zu geben.
Eskimo Callboy liefern wie gewohnt eine gute Show, Callejon übertrumpfen dies aber noch um einiges. Zumindest der Teil den man sich davon noch ansehen kann. Gitarrist Bernhard Horn wird in Nebel gehüllt und gibt zum Besten, was er an der Gitarre kann. Basti Basti läuft auf und ab und brüllt sich die Seele aus dem Leib. Das hat auf jeden Fall Show Charakter. Der Sprint zu Nasty beginnt und man wird in Halle Zwei gleich wärmstens von der Beatdown Dampfwalze aus Belgien empfangen. 20 Minuten feinste Prügelei kann man sich hier noch geben, Crowd Surfing vom Feinsten, über Distanzen von sagenhaften zwei Metern.
Im Anschluss lässt man sich von Despised Icon den restlichen Kopf wegpusten und die letzten heilen Knochen lädieren. Groß wurde neues Material angekündigt, und dieses wurde ordentlich zelebriert. Despised Icon liefern den besten Auftritt des Abends ab. Breakdowns, die einen vor Ehrfurcht auf die Knie fallen lassen, Vocals gesungen von Satan persönlich und Bassdrops die einen fast gegen die Rückwand der Halle werfen. Danke Despised Icon, das macht Lust auf mehr. Der Headliner Hatebreed kann da leider nicht mithalten. Es ist erstaunlich leer vor der Hauptbühne, letztes Jahr konnte sich hier bei The Ghost Inside niemand mehr bewegen. Das Set ist Insgesamt ein wenig langsam und auch die Vocals können nicht überzeugen. Schade, kein gebührender Abschluss. Allerdings ist die Halle nicht sowie 2015 viel zu voll, da nicht ausverkauft, der Bewegungskomfort hat sich dadurch enorm gesteigert. Man darf sich also auf 2017 freuen.
12.000 Fans warten auf Depeche Mode. Verhalten, ruhig? Nein! Spannungsvoll und aufgeregt! Endlich, um ca. 21.00 Uhr erscheinen sie und legen sofort los, die Band ist heute riesig, denn die ganze König Pilsener Arena scheint mit zu den Musikern auf die Bühne zu gehören. Sofort steht das gesamte Publikum, klatscht, singt mit und schaut auf den aktiven Dave Gahan, der sich mit seinen rythmischen und typischen Schritten auf der Bühne bewegt. Seine goldene Jacke behält er nicht sehr lange an, denn er ist heute Abend richtig gut drauf. Verständlich, denn sein Publikum honoriert seinen Auftritt mit einer Intension, die jedem Künstler schmeicheln würde. Alles passt heute richtig gut. Seien es die Effekte, die sich im Hintergrund abwechslungsreich farbig darstellen, seien es seine Kollegen, die richtig gut ihre Instrumente bearbeiten oder seien es eben die absolut begeisterten Fans. Als der smarte Martin Gore dann seine stimmungsvollen Lieder singt, schmelzen alle dahin.
Hier findet ihr die gesamte Galerie des Konzerts!
Was für eine Stimme! Er braucht keine große Hintergrundmusik, sein Gesang mit der Gitarrenbegleitung von Alan Wilder verzaubert alle. Und man merkt richtig, dass sie ihn auch nicht aufhören lassen wollen. Immer wieder greifen die Fans die Töne wieder auf. Und Dave, eigentlich wieder bereit zum Singen, wartet verständnisvoll bis das Publikum sich so langsam von Martin’s Gesang löst. Dann legt Dave wieder los. Bei “Enjoy The Silence” lässt er die Fans den Refrain singen. Die ganze Oberhausener Halle singt: “All I ever wanted, all I ever needed, is here in my arms, words are very unnecessary, they can only do harm.”
Bei dem ersten Konzert 2013 in der Espritarena in Düsseldorf habe ich für mich gedacht: “Hallo Fans, das ist eure Truppe, macht doch was mehr mit!”. Doch das ist heute nicht nötig, denn in Oberhausen rockt die ganze Halle. Vielleicht liegt es am “kleineren Publikum” (Düsseldorf 44.000, Oberhausen 12.000). Vielleicht ist es dadurch “intimer”. Kann sein. Aber trotz des stürmischen Xaver war die Halle voll und er hat keinen daran hindern können hier zu sein. Tschüss, Depeche Mode bis zum nächsten Jahr. Ihr wart einfach klasse!
Hier gibt es unsere Depeche Mode Konzertfotos der Tour 2013 aus der König-Pilsener-Arena in Oberhausen
Lassen wir zunächst mal den Meister selbst zu Wort kommen: “Die Show am 22. Dezember 2012 war etwas ganz besonderes für uns. Einen Tag nach dem offiziellen Weltuntergang war die Homecoming-Show in der Turbinenhalle besonders intensiv. Wir waren vorher auf mehreren Kontinenten unterwegs und haben sehr spezielle Gigs gespielt. Aber keines der Konzerte war so voller Energie, wie das in der Turbinenhalle. Es sind Fans aus ganz Deutschland, Belgien und Holland angereist um die DVD zu etwas magischen werden zu lassen. Auf unsere Fans ist Verlass und auf Konzerte im Ruhrpott sowieso. Beim Schneiden des Materials bemerkte ich erst, wie gut alles gepasst hat an jenem Abend im Dezember. Danke an die Fans. Diese DVD ist für euch!” – Mille Petrozza.
Am 22. Dezember 2012 beendeten KREATOR ihre ausgedehnte Europa-Tour und damit ein überaus erfolgreiches Jahr. Kein Wunder, dass sie dieses Konzert in der Heimat für die Nachwelt erhalten wollen. Die Historie der Essener Band ist über die Jahrzehnte hinweg eng mit der Geschichte des Heavy Metal verbunden. In den 80ern trugen KREATOR neben Bands wie Sodom und Destruction maßgeblich zur Verbreitung des neuen Genres in Deutschland bei. Alben wie “Terrible Certainity” und vor allem “Pleasure To Kill” gelten auch heute noch als schwermetallische Standardwerke. Die 90er brachten allerdings den bekannten Grunge-Hype mit den Speerspitzen Nirvana und Pearl Jam, was nicht nur Ikonen wie Megadeath und Metallica in arge Bedrängnis brachte, sondern auch dazu führte, dass Kreator musikalische Experimente wagten und Elemente von Death, Industrial oder gar Gothic Metal in ihren Outputs verwursteten. Erst seit Anfang des neuen Jahrtausends darf man von einem Thrash-Revival sprechen und auch Kreator kehrten mit “Violent Revolution” und “Enemy Of God” zu alten Tugenden zurück. Es folgten “Hordes Of Chaos” und der vorläufige Höhepunkt “Phantom Antichrist”. Die Veteranen aus dem Ruhrgebiet sind und bleiben damit ganz oben – das kann man beim Konzert in der Oberhausener Turbinenhalle deutlich spüren.
Im Mittelpunkt stehen die Songs des aktuellen Albums und eine perfekte Setlist mit den beliebtesten Klassikern. Der erste Teil der Show gehört den jüngeren Stücken, später folgen Kracher wie “Extreme Aggression”, “Endless Pain” und “Pleasure To Kill”. Das Team um Mille Petrozza bietet eine Show voll instrumentaler Härte und purem Thrash. Als Bühnenbild ist das Cover von “Phantom Antichrist” aufgebaut und das Konzept geht voll auf. Von Beginn an hat man die Masse im Griff, dirigiert Circle Pit und Wall Of Death. Milles Ansagen sind dabei gewohnt grenzwertig, wenn er ständig dazu aufforderte, die Aggressivität raus zu lassen, die Turbinenhalle kurz und klein zu schlagen und am besten die umstehenden musikalischen Freunde allesamt zu töten. Das Ergebnis wird sehr anschaulich anhand von Kameras gezeigt, die direkt aus dem Circle Pit filmen und uns die blauen Flecken virtuell spüren lassen. Hektik und Unschärfe auf DVDs sind normalerweise gar nicht mein Ding, aber zu dieser rasanten Show passt das einfach wie Faust aufs Auge. Der Sound ist genial und man kann den Bildern trotz rasanter Schnittfolgen durchaus folgen.
Die Setlist entspricht dem, was auf der ganzen Tour gespielt wurde. Wer dabei war, wird sich damit absolut wohl fühlen. Das Ganze gibt es in den Formaten DVD, BluRay, Vinyl, als Audio-2-CD (mit fünf Bonustracks) und als besonderen Clou in Form eines Earbooks, das auf einer dritten CD rares Material von “Phantom Antichrist” (Demos und Rehearsels) enthält. Ein verdammt geiles Gesamtpaket, ordentlich verpackt und mit monsterhaftem Cover. Als Bonus der visuellen Versionen finden sich das übliche Making Of und zwei Videotracks mit postapokalyptischem Bildmaterial.
Vorgeschmack? Klaro:
An diesem lauen Sommernachmittag erwartet die Freunde des Heavy Metal zwischen der Oberhausener König-Pilsener-Arena und dem Gasometer ein riesiges Open-Air Gelände. Iron Maiden geben ihr einziges NRW-Konzert und kein Wunder: es ist ausverkauft. Die Sonne scheint, das Bier läuft in Strömen, es ist gute Stimmung – Festivalatmosphäre für die Dauer von immerhin vier Bands!
Die Engländer von Voodoo Six eröffnen gegen 17.30 Uhr mit „Falling Knives” das Set. Außerhalb der Insel in Europa noch recht unbekannt, hofft die Band um Sänger Luke Purdie als Support von Iron Maiden mehr Bekanntheit auf dem Festland zu bekommen. Das dürfte der Band nicht schwer fallen – die druckvollen Gitarren und der charakteristische Gibson Sound, der rockig-rauchige Gesang gepaart mit viel Spielfreude, lässt den Stoner Rock gut ankommen. Eine gute halbe Stunde hat die Band Zeit das Publikum zu überzeugen u.a. auch mit neuem Material der CD „Songs to Invade Countries To” „Sinkor Swim”. Passenderweise beenden sie das Set mit „Long wayfrom Home” und geben die Bühne frei für Ghost. Irgendwie bin ich sehr gespannt auf die Band, die in aller Munde ist und kann es mir nicht verkneifen, die Augen zu rollen, als die fünf Namenlosen Schweden im schwarzen Habitem und Kapuze und Star Wars ähnlicher Maske begleitet von Kirchengesang und Geigensound die Bühne betreten. Als der Sänger in seinem schwarzen Papstkostüm auf die Bühne kommt und seinen wenig anspruchsvollen, schiefen Gesang darbietet, habe ich mein Urteil für den Abend bereits gefällt: die Band passt nicht in das Vorprogramm von Iron Maiden und der Meinung sind die restlichen Fans auch, denn es hagelt Buh-Rufe nach den Songs. Die Show ist wenig anspruchsvoll, Songs wie „Night of the Witch” und „Prime Mover” mögen das Publikum nicht begeistern und das Konzept „mehr Schein als Sein” rächt sich: wenig Applaus von den Maiden-Fans.
Umso besser, dass Sabaton dieses Fiasko retten können. Wüsste ich nicht, dass Iron Maiden der Headliner des Abends ist, könnte ich meinen, alle sind wegen Sabaton gekommen. Die Band mit den Tarnhosen wird umjubelt, beklatscht, lauthals umsungen und nach jedem Song ertönen scharenweise Sabaton-Rufe im Takt aus dem Publikum. Die Schweden bedanken sich mit einer tollen Show gemischt aus ehrlicher Spielfreude, Wirbelwindakrobatik des Sängers Joakim auf der Bühne (kaum eine Minute, die er nicht springt oder über die Bühne hin-und herläuft – kein Wunder in seinen sportlichen Fivefinger-Schuhen!) und witzigen Ansagen (teils sogar auf Deutsch) zwischen den Songs. Zwei Mal wird Joakim vom Publikum mit Rufen überredet, Flaschenbier auf Ex auszutrinken und mit neuen „Noch ein Bier”-Rufen zu noch mehr Trinken aufgefordert. Unter anderem gibt die Band„Into The Fire”, „Swedish Pagans”, das schwedische „KarolinensBön” des neuen „Carolus Rex”-Albums. und das beliebte „Primo Victoria”zum Besten, um mit „Metal Crew” das Seit zu beenden. Joakim hat sich zumindest für den letzten Song von seiner Sonnenbrille entledigt – wohl auf den Anblick eines Mädels im Publikum, das ihm ihre nur noch vom BH bedeckten Busen entgegenstreckt. Immerhin wirft er seine Brille zum Abschied ins Publikum. Erstaunlich: etliche Zugaberufe, die jedoch leider unerhört bleiben müssen. Schade!
Die Bühnenumbauten für Iron Maiden machen klar: die Band hat eine neue Bühnendeko dabei – mitten im Sommer hält auf der Bühne die Eiszeit ein. Um 20.45 Uhr startet „DoctorDoctor” als Opener vom Band und bevor die Engländer die Bühne stürmen, wird die Bühnendeko von zwei Roadies komplett enthüllt. Die Show startet mit „Moonchild” und führt gut 1 Stunden 45 Minuten als gelungene Mischung zwischengroßen Klassikern. Feuerfontänen, Pyrothechnik, zu den Songs ständig wechselnde Backdrops, fünf riesige über der Bühne auf- und abfahrende Lichtformationen und ein gewaltiger Laufsteg für Bruce auf der Bühne machen das Konzert zum Augenschmaus. Gitarrist Janick wirbelt seineFendergitarren akrobatisch auf der Bühne herum und tänzelt in leichten Schritten gitarrespielend auf und ab. Immer wieder lehnt er sich locker und kippelnd in eine Box, schwingt sein Bein drauf und zeigt wie agil er noch in seinem Alter ist. Auch der Rest der Band scheint nicht spielmüde zu werden, auch wenn seit gut drei Jahren noch kein neues Studiomaterialerschienen ist. Bruce Dickinson ist wie ein junger Teenager, springt in die Luft, über Lautsprecherboxen, läuft in wechselnder Kleidung passend zu den Songs von einer Bühnenseite zur anderen. Und immer wieder taucht Maskottchen Eddie auf: als laufende, überlebensgroße Puppe zu „Run to the Hills” (mit der Band ständig in Interaktion)oder wird hinter Drummer Nicko in unterschiedlichen Ausführungen hochgefahren. Eine routinierte, sehr professionelle Live-Show mit drei Zugaben – leider um 22.30 Uhr zu Ende. Das Outro „Always look on the bright Side ofLife” tröstet uns Metalfans trällernd und pfeifend beim Verlassen des Geländes darüber hinweg, dass es keine weiteren Zugaben gibt.
Setlist Maiden in Oberhausen:
Maiden England Tour 2013
11.800 Fans haben dafür gesorgt, dass die Arena komplett ausverkauft ist. Jetzt warten sie alle auf die Show der amerikanischen Lady. Ein bisschen Geduld ist noch angesagt. Damit es kurzweilig wird, hat Pink die Band Churchill mitgebracht. Ebenfalls aus Amerika. Sie begleiten Pink bei ihrer Deutschlandtour. Sie sorgen schon vorab für Begeisterung. Nach etwa einer halben Stunde tritt Ruhe ein. Doch auf einmal hört man Gelächter. Ein Clown geht durchs Publikum und macht Faxen. Er hält später auch die Vorrede. Die Bühnenszene: Links und rechts auf der Bühne 2 Treppen. In der Mitte eine Empore. Dahinter Backdrops, die das Thema der Tour in etwa widerspiegeln. Dann ist es soweit …
Die Band: Schlagzeuger, Keyboarder, Gitarrist, Bassistin und eine Gitarristin, die Pink im Gesang unterstützt. Als Opener erklingt “Raise your Glass” und auf einmal schießt Pink aus dem Boden; gehalten von Bungee-Seilen sowie starken Männerarmen. Sie zeigt neben ihrer phänomenalen Stimme, dass sie auch richtig topfit ist. Der erste Teil ihrer Show ist eher durch Lieder mit viel Power , wie “Just like a pill” oder “U+Ur hand” getragen. Aber auch bei “Try” hängt sie wieder in den Seilen, natürlich, dem Song entsprechend, etwas tragischer. Gespannt war ich ein bisschen auf “Just give me a Reason”. Ist Nate Ruess dabei? Nein, er ist nur auf der Leinwand zu sehen und seine Stimme erklingt vom Band. In den Übergängen zu den einzelnen Teilen der Show zeigen ihre Begleiterinnen und Begleiter fantastische Tanzeinlagen, wobei Pink dabei unbedingt mithalten kann. Nicht nur Action findet auf der Bühne statt, es gibt auch noch die gefühlvolle, melancholische Pink. Ihren Song “Who knew” singt sie in Begleitung einer Akustikgitarre, gespielt von ihrem hervorragenden Gitarristen.
Eine fantastische, energiegeladene Frau, die ihre Songs stimmungsvoll darbietet. Sie hat Klasse, sie freut sich über die Geschenke, die ihr gereicht werden. Sie schüttelt Hände. Sie wirkt nett und sehr symphatisch. Ihre Fans danken es ihr, in dem sie mitsingen, applaudieren, richtig mitgehen. 19 Songs leistet sie mit ihrem “Team” ab. Pink, die Band, zwei hervorragende Background-Sängerinnen, 5 Tänzerinnen, 3 Tänzer sowie der Komiker verabschieden sich kurz vor 23.00 Uhr bei den Fans.
Die Bilder zur Show gibts hier: Pink Fotos aus Oberhausen
Die Setlist:
1. Raise your glass
2. Walk of shame
3. Just like a pill
4. U+Ur hand
5. Leave me alone
6. Try
7. Wicked game
8. Just give me a reason
9. Trouble
10. Are we all we are
11. How come you’re not here
12. Sober
13. The great escape
14. Who knew
15. Fuckin’ perfect
16. Most girls
17. Slut like you
18. Blow me
19. So what
Pink Fotos Oberhausen König-Pilsener Arena
Krawall und RemmiDemmi!
Oberhausen, Freitagabend, Elektromusik auf großer Leinwand, in Müllsäcken gehüllte Menschen, das ist ein Deichkind-Konzert: Leider Geil!
Weit sind sie schon rumgekommen, Deichkind auf ihrer Tour „Befehl von ganz unten”; eine Show die vor aberwitzigen Ideen, tanzfreudiger Musik und gewitzten Texten nur so strotzt. Eine irre Bühnenshow mit einer großen Portion Trash gepaart dazu aufwendige Kulissen und verrückte Kostüme die dieses Spektakel perfekt machen.
So eben auch an diesem Abend in Oberhausen, als Deichkind die König-Pilsener-Arena in eine neonfarbene Ufo-Landebasis verwandelt. Ein gelungener Mix aus neuen Songs und den alten Klassikern bedient so ziemlich jeden Deichkind-Fan im Saal.
Wer kann schon widerstehen, wenn bei „Roll das Fass rein” ein riesig großes Fass reingerollt wird, in dem die gesamte Band singt und tanzt und Faxen macht, nur um es danach an Stahlseile zu hängen und eine Figur im Anzug darauf „The Power of Love” schmettern zu lassen.
Eine Freakshow, ein Zirkus, eine riesen große Party: Deichkind feiern das Fest ihres Lebens und lassen uns alle mitfeiern.
Eine blitzende und blinkende Sonnenbank, Laser, Schwarz-Weiße Täuschungsmanöver und jede Menge bunte Farben lassen ihre Konzerte im besten Lichte erscheinen, sind aber auch weniger geeignet für Epileptiker; nichtsdestotrotz, nichts dürfte anders laufen.
Erst recht nicht die Songs, die Deichkind einst so bekannt gemacht haben: „Bon Voyage”, „Komm Schon!” oder „Limit”. Diese gab es natürlich auch, und nicht nur das, man durfte ebenfalls zu „Aufstand im Schlaraffenland”, „Voodoo”, und „Hoverkraft” das Tanzbein schwingen.
Dass Deichkind nicht viel von Youtube-Gema-Sperren halten dürften die Fans natürlich schon wissen, allerdings lassen sie sich nicht nehmen, das auch auf ihren Konzerten kund zu tun, so gab es dann auch „Illegale Fans”, gegen das System „Arbeit nervt” und „Bück dich hoch”.
Schade war, dass sie es sich haben nehmen lassen, unsere Herzen mit Hack zu füllen, sodass es in Oberhausen keine Hackherzen für das geneigte Publikum gab, und auch ansonsten die Akustik ein wenig hinten anstehen musste.
Dennoch ist es immer wieder ein wahres Vergnügen und ein kleines Spektakel, sich die Hip-Hop-Elektro Super Dance Band anzusehen, mitgerissen zu werden und sich die ein oder andere verrückte Idee in die Warnweste zu stecken um Zuhause selbst ein bisschen Deichkind zu sein.
Wisst ihr also wie die Band heißt, die die Party rockt?
DEICHKIND!
Vor der Turbinenhalle in Oberhausen steht eine Schlange von der Mitte des Parkplatzgeländes bis zum Halleneingang. Parkway Drive spielen mit Emmure, The World Alive und Structures. Bei der Klasse an Metalcore Bands ist der Andrang kein Wunder. Auf die Vorfreude für die kommende Show wirkt das Warten in der Schlange nur halb so lange und kalt.
Unter dem Wartefaktor kann leider Structures nur von draußen gehört werden. Aber diesen jungen und talentierten Musiker haben schon auf ihrer Tour mit Veil Of Maya einen großartigen Job als Opener geleistet, warum sollte es an diesem Abend anders sein?
Lautes Klavier Intro, dann ein Schrei gefolgt von einem Breakdown und tanzsüchtigen Publikum! The World Alive scheinen Metalcore im Stile von The Devil Wears Prada und Of Mice & Men zu spielen. Unter Fearless Records haben sie schon zwei Alben und eine Ep veröffentlicht. Die Band scheint sich nun durch Touren durch die ganze Welt einen Namen erspielen zu wollen. Ihr neues Album „Life Cycles” kommt hier gut an und wirkt in sich sehr rockig und schlüssig. Wir können gespannt sein, wie weit es diese Band noch schafft.
Mit Emmure kommen die selbsternannten Partykönige des Hardcores auf die Bühne, eine der erfolgreichsten Bands von Victory Records, die über dieses Label in den letzten 5 Jahren über 5 Alben veröffentlicht hat. Emmure klingen nach Nu-Metal mit Breakdowns und kleinen Rap-Elementen. Diese sehr einfache und lockere Musik ist ideal dazu gemacht, um die Tanzfläche zu stürmen. Sänger Frankie Palmeri keift sich die Seele aus dem Leib und auch der Rest der Band zeigt sich spielsicher. Emmure haben ihre Mission, einfach nur Partyfeeling aufkommen zu lassen, erfüllt und die Menge auf Parkway Drive heiß gemacht.
Parkway Drive haben sich in den letzten sechs Jahren durch Fleiß, Leidenschaft und sympathisches Auftreten zu der erfolgreichsten Metalcore Band der Szene hoch gearbeitet. Heute haben sie es geschafft, dass über 3000 Menschen zusammentreffen, um sie bestimmt zum wiederholten Male live zu sehen. Die Australier eröffnen das Set mit ihren Songs „Sparks” und „Old Ghosts/New Regrets”. Jetzt kommt der Hauptsong ihres Albums „Deep Blue” mit dem Namen „Sleepwalker”. Es kracht viele Breakdowns und schnelle Harmonieläufe, während Sänger Winston McCall mit seiner tiefen Stimme wirklich auffällt. Die neue Platte „Atlas” beeindruckt wieder mit klaren Metalcore der Marke Unearth. Darum dürfen von diesem Album keinenfalls die Songs „Blue and the Grey” und „Dark Days” fehlen. Ich habe noch nie erlebt, dass Besucher die Texten nicht nur mitsingen, sondern hier als ganze Halle Riffmelodien anstimmen, als wären sie in der Südkurve eines Stadions. Parkway Drive haben die Leute in der Hand und rocken verdammt gewaltig die Hütte. Nach dem der Schweiß von der Decke tropft und jeder kräftetechnisch am Ende ist, gibt es noch einmal mit „Home Is for the Heartless” und „Carrion” eine würdige Zugabe.
Auf dem Nachhauseweg höre ich aus verschiedenen Autos Parkway Drive. Die Besucher haben anscheinend nach diesem Konzert immer noch mehr Lust auf diese Band. Wir können uns auf die nächste Tour mit Parkway Drive freuen.
Oberhausen trägt schwarz! Das die Ärzte am Samstag in der Stadt sind, ist in Oberhausen leicht zu erraten. Das nah an der König-Pilsener Arena gelegene CentrO, sowie die Promenade, sind voller Fans in DÄ Shirts. So viele schwarze Shirts wurden auf der Promenade wohl lang nicht mehr gesichtet. Das Wetter ist super sonnig und die Fans machen es sich gemütlich vor der Arena. Schade, dass es sich hierbei nicht um ein Open Air Konzert handelt, das wäre bei dem Wetter perfekt gewesen, Sonne, Bier und die Ärzte. Die Stimmung scheint gut und ein Hauch Aufgeregtheit liegt in der Luft, als es für die Meute heißt, das es nun endlich rein geht. Fix füllt sich die Halle und die Gastrobetreiber erfreuen sich an dem reichlichen Bierfluss an diesem Abend. Das Publikum ist, wie oft bei der besten Band der Welt, bunt gemischt. Vom Kleinkind bis zum Großvater ist hier alles vertreten. Für die lieben Kleinen war die Vorband allerdings nichts. Pünktlich um 19.30 Uhr stehen K.I.Z., eine Hip-Hop Gruppe, ebenfalls aus Berlin, auf der Bühne und versuchen ihr bestes dem Publikum einzuheizen. Da die Formation wohl weiß, wie ihre Texte wirken, fangen sie mit seichteren Texten an und starten Pogo-Versuche und weitere Einheizungsversuche. Texte wie ‚Riesenglied‘, angelehnt an den Song der Absoluten Beginner ‚Liebeslied‘, kommen nicht bei allen Besuchern an. Buhrufe hört man des Öfteren. Ob man die zynischen, sexistischen und sehr provokanten Songs mag, bleibt jedem selbst überlassen, aber muss man es wirklich so übertreiben? Über Geschmack lässt sich hier sicherlich bestens Streiten.
Zum Glück betritt dann auch bald die Band des Abends die Bühne, die beste Band der Welt, die Ärzte aus? Aus? Aus Berliiiin! Nach der halbstündigen Umbauphase ertönt aus den Boxen eine Stimme die die Ärzte ankündigt, witzig und spannungsfördernd zugleich. Dann beginnen die Ärzte auch schon ihr Set, alle hübsch in schwarz gekleidet und mit einem Lächeln auf dem Gesicht. Das erste Lied des Abends ist ‚Punkrock‘. Die Fans singen mit, klatschen und kreischen ihre Götter an, so soll es sein. Die Ärzte sind für ihre geladene und lange Show bekannt, und das Publikum wird auch diesmal nicht enttäuscht. Die Jungs sind gut drauf und ‚reißen ständig Witze‘, auch wenn Bela B. Farin oft ermahnt, nicht so viel zu reden. Egal, lass ihn reden, wir wollen hören, was er zu erzählen hat! Wortgewandt wie immer entertaint die beste Band der Welt die Massen. Die obligatorischen Laola-Wellen dürfen da natürlich nicht fehlen und werden vom Publikum in Perfektion ausgeführt. So gefällt es Farin, dem kleinen Dikatator sehr gut. Aber man soll die Götter ja auch zufrieden stellen. Mission des Publikums erfüllt. Dafür belohnen die Ärzte uns mit einer tollen Show und einer guten Setlist, Songs wie ‚Hurra‘, ‚Deine Schuld‘, Schrei nach Liebe‘ und ‚Ist das Alles‘, dürfen da nicht fehlen. Als die Lieben ankündigen ihr letztes Lied zu spielen, reagiert das Publikum so: nämlich gar nicht. Spielend empören sich die Ärzte und kommen nach dem letzten Lied wieder auf die Bühne. Netterweise spielen sie drei weitere Songs, unter anderem ‚Unrockbar‘, das erfreut das Ärzte-Fan-Herz. Unter tosendem Applaus verlassen Bela, Farin, Rod die Bühne, um dann nach kurzer Teepause wieder auf der Bühne aufzutauchen. Überraschung. Wer keine DÄ-Konzert-Jungfrau ist, weiß das die Show immer so schön lange dauert und hofft auf ein weiteres zurückkommen der Jungs. Enttäuscht wird man nicht, denn schwupps, sie sind wieder da! Mit dem letzten Lied des Abends ‚Zu Spät ‘ verabschieden sich die Götter in schwarz, nach 35 1/2 Songs, in die Nacht. Schunkelnd verlassen die Fans mit einem zufriedenen Gesicht die Arena, und das ist doch das, was zählt.
Zugegeben, Peter Gabriel war zwischenzeitlich etwas von meinem Radar verschwunden. Die letzte meßbare Ortung dürfte sein elftes Studioalbum “Up” von 2002 gewesen sein. Dabei hat er mit “Solsbury Hill”, “Games Without Frontiers” oder “Sledgehammer” entscheidend zu meiner musikalischen Sozialisation beigetragen. Im vergangenen Jahr wurde ich wieder auf ihn aufmerksam, als er mit “New Blood” einige seiner Songs in orchestralen Versionen neu interpretierte. Selten ist die Kombination zwischen Pop und Klassik so souverän gelungen wie dort.
Ein weiteres Merkmal Peter Gabriel’s sind seit jeher seine spektakulären Live-Shows. Ich erinnere nur an die bewegliche Rundbühne der “Growing Up”-Tour, als er sich in einen durchsichtigen Riesenball quetschte, mit dem Fahrrad über die Bühne fuhr oder kopfüber an der Deckenkonstruktion entlang lief. Auf ähnliche Turnübungen müssen die Zuschauer heute Abend in der König Pilsener Arena allerdings verzichten. Da Gabriel mit dem fast 50-köpfigen New Blood Orchestra unterwegs ist, wäre dafür auch gar kein Platz. Außerdem ist der Mann im Februar 62 Jahre alt geworden. Und so mag er es – ebenso wie sein Publikum – mittlerweile eher gediegen.
Dafür spricht, dass die fast ausverkaufte Oberhausener Arena komplett bestuhlt ist. Die Fans sind ganz offensichtlich mit ihrem Idol alt geworden, einige von ihnen haben sich sogar richtig in Schale geworfen und dem Anlaß entsprechend Anzug und Abendkleid angelegt. Im Innenraum wird Sekt aus Plastik-Piccolos ausgeschenkt. Ich komme mir in meinem “Toronto Rock City”-Pulli leicht deplatziert vor, was sich jedoch schnell legt, als Peter Gabriel pünktlich um 20 Uhr die Szenerie betritt und wir alle im freudigen Applaus vereint sind. Charmanterweise begrüsst er uns auf (von Zetteln sicher abgelesenem) Deutsch und kündigt mit Rosie Doonan den Support-Act selbst an. Rosie Doonan sieht sehr zerbrechlich aus, wie sie da barfuß am Bühnenrand steht und zur Pianobegleitung zwei elfenhafte Lieder singt, bevor sie nach nur zehn Minuten ebenso schnell wieder verschwindet wie sie gekommen ist.
Nach fünf weiteren Minuten sehen wir sie aber schon wieder, denn sie ist gleichzeitig eine der beiden Backgroundsängerinnen von Peter Gabriel. Das heißt, erstmal sehen wir garnichts. Gabriel ist ebenso wie das Orchester nur zu hören. Unser Blick wird von einer roten LCD-Wand versperrt, auf der wir im Verlaufe des Konzertes noch zahlreiche Videoinstallationen bewundern dürfen. Schließlich gleitet sie nach oben und mit dem David Bowie-Cover “Heroes” beginnen 120 opulente Minuten für Auge und Ohr. Der Orchestersound ist bombastisch und erzeugt im Gleichklang mit dieser schon aus alten Genesis-Tagen wohlvertrauten Stimme ein solides Gänsehautgefühl. Zwei Leinwände rechts und links der Bühne sowie eine weitere in deren Hintergrund sorgen für beste Sicht bis in die letzte Reihe. Nach “Wallflower” und “Après Moi” (im Original von Regina Spektor) kramt Gabriel erneut in seinen Deutsch-Zetteln, was er noch häufiger machen wird, um die Stücke mit kurzen Geschichten einzuleiten.
Der Einstieg gerät etwas zäh. Es ist halt wenig Bewegung auf der Bühne, obwohl Dirigent Ben Foster und seine Musiker einen grossartigen Job machen. Gabriel stellt sie während des Konzertes bestimmt zehnmal vor und lässt ihnen immer wieder Raum und Zeit zu Instrumentalpassagen, während derer er die Bühne verlässt. Das wirkt für jemanden von seinem Status durchaus sympathisch, fast schon bescheiden. Ab “Secret World” springt der Funke dann endlich auch auf die Halle über. “Digging In The Dirt”, das im klassischen Gewand kaum wiederzuerkennen ist, erntet begeisterte Ovationen, ebenso wie das schon in der Ursprungsversion wunderschöne “Mercy Street” oder “Red Rain”, bei dem die Videowände alles hergeben, was sie an visuellen Effekten haben. Dann folgt “Solsbury Hill” und spätestens jetzt hält es niemanden mehr auf den Sitzen. Zu “Biko”, das sehr zu meiner persönlichen Freude gespielt wird, recken alle die Fäuste. Ein emotionaler und krönender Abschluß des Mainsets!
Die Zugaben halten mit “In Your Eyes” und besonders der Kloß-im-Hals-Nummer “Don’t Give Up” noch zwei weitere Höhepunkte bereit. Letzteres leider nicht im Duett mit Kate Bush, aber Rosie Doonan vertritt die britische Sängerin mehr als würdig. Das Instrumental “The Nest That Sailed The Sky” (mit dem Meister am Piano) schickt uns dann “nach Hause und ins Bett” (O-Ton Gabriel). Während die restlos begeisterten Fans dazu offenbar noch keine Lust haben und lautstark nach weiteren Zugaben verlangen, hüllt sich Peter Gabriel beim Abgang von der Bühne in einen weißen Bademantel und verschwindet durch den Hinterausgang. Er hinterlässt ein verzaubertes Oberhausen.
Nicht nur für Metal-Fans ein wahrer Genuss: Das Metal-Festival im Schacht1 in Oberhausen als voller Erfolg! Alcest präsentieren sich bei ihrem exklusiven Gig in Oberhausen von der besten Seite, doch auch die Supporter können sich sehen lassen.
Den Auftakt machen Heretoir aus dem fernen Bayern. Die Veranstalter sind glücklich, sich diese Herren sichern zu können; doch an diesem Abend geben sich großartige Kapellen die Klinke in die Hand. Soror Dolorosa, die ihr erstes Album vor knapp einem Jahr released haben (“Blind Scenes”) spalten zunächst die rund 600 Zuhörer in ihren Meinungen; spätestens aber mit ihrem melodischen, aufwühlenden Song “Autum Wounds” holen sie sich das Publikum heran und können bei vielen sogar für einen Moment die Vorfreude und die Spannung auf die lang erwarteten Alcest vergessen machen. Mit introvertiertem Tanz und bass-lastiger Stimme begeistern sie vor allem die etwas düster gestimmten Zuhörer.
Doch erst als Les Discretes die Bühne betreten, kocht die Stimmung so richtig hoch. Die Songs werden mit heftigen Applaus-Salven bejubelt, die Mähne fliegt durch die Luft und Sänger und Girarrist Fursy Teyssier grinst verschmitzt und etwas ungläubig ins Publikum. Als könnte er kaum fassen, was ihm zu Füßen dort gerade vor sicht geht, sieht man ihm seine Spielfreude und die Lust an der Musik förmlich an; die sich dann in ihren epischen, teils verstörenden Songs widerspiegelt. Ein Metal-Festival par excellence. Da mit Les Discretes schon fast die Formation von Alcest auf der Bühne steht, werden die, die nicht vollends in der Musik aufblühen hibbelig: Alcest ist die große Nummer, auf die hier alle warten. Doch ein kleines Highlight kommt schon nach dem Auftritt von Les Discretes, als die Bandmitglieder nach und nach die Bühne verlassen um Fursy Teyssier allein zurückzulassen; der Mann mit den tausend Talenten, der mit einigen Handgriffen einen Soundteppich zurücklässt, schnell noch ein Foto für das Erinnerungsalbum schießt, um dann die Bühne für Alcest zu räumen.
Und dann ist der große Moment gekommen, nach einer kleinen Umbau-Pause kommt die Formation Alcest endlich auf die Bühne. Jetzt wird Großes erwartet: Und sie präsentieren großes. Etliche Minuten ziehen sich die Songs, zu denen sich die Metal-Köpfe schütteln. “Alcest”-Rufe schäppern durch den Raum, Jubelstürme brechen los, als der ein oder andere Song angekündigt wird. Die Titel eben so experimentierfreudig wie die Musik an mancher Stelle, so spielten sie unter anderem “Faiseurs De Mondes”, “Les Voyages De L’Âme” oder “Souvenirs d’un Autre Monde”. Anderthalb Stunden fliegen Finger über Seiten, Haare durch den Raum und Füße über den Boden. Die Stimmung zwischen Band und Publikum ist spürbar und fantastisch: Die Band wird gefeiert. Auch als das Konzert droht, dem Ende entgegen zu gehen, lässt sich die Masse nicht lumpen; Zugabe wird gefordert, Zugabe wird gespielt. Drei weitere Songs, die zu einer Ewigkeit verschmelzen gibt es auf die Ohren. Obwohl Alcest für eingefleischte Fans die Show der Shows gespielt haben, so haben Les Discretes sie fast noch getoppt. Ein grandioser Abend mit grandiosen Bands, stimmungsvoll und ein voller Erfolg.