„Der Karneval der Tiere (Le Carnaval des animaux)“, die bekannte Suite für Kammerorchester des französischen Komponisten Camille Saint-Saëns, ist ein äußerst komplexes Werk So komplex, das selbst Multitalent Malte Arkona an seine Grenzen stößt und er gleich zwei Hörspiel-Fassungen (jeweils gemeinsam erarbeitet mit Martin Zeltner) schreiben und einlesen musste.
Okay – ganz so dramatisch ist es natürlich nicht. Vermutlich hatte das Multitalent großen Spaß daran, neben der Kinderfassung für die Reihe „Malte & Mezzo“ auch noch eine nicht ganz jugendfreie Fassung nachzuliefern, die ohne den quirligen Mezzo auskommen muss. Vor einer Woche habe ich (HIER) die Kinderversion besprochen und es freut mich sehr, jetzt noch das Hörspiel „in neuer Fassung für Erwachsene“ nachschieben zu können.
Das knapp 25minütige Musikstück von Saint-Saëns wurde 1886 geschrieben und uraufgeführt. Es wird – logisch – vor allem an Karneval sehr gern aufgeführt und widmet sich in 14 kleinen Teilen unterschiedlichen Tieren, deren Stimmen mit typischen Instrumenten dargestellt werden. Aber wie macht man daraus ein Hörspiel – oder gleich zwei? Moderne Orchester wählen normalerweise die Herangehensweise, dass ein Erzähler eine kurze Einführung gibt und dann das Stück en bloc aufgeführt wird. Gerne auch mit Einblendungen der Tierarten im Bühnenhintergrund.
Arkona als Klassik-Versteher und erstklassiger Hörspielsprecher will allerdings mehr: Er will ganz neue Geschichten erzählen. Und im Prinzip könnte man beide Hörspiele hintereinander hören, da sie fast aufeinander aufbauen. Der „Karneval der Tiere“ ist ein mysteriöses Geheimnis, das die Welt neugierig macht. Man will wissen, was dort passiert. Darum machen sich im Kinderstück von „Malte & Mezzo“ die Tiere einer kleinen Tierschule in Simbabwe auf den Weg nach Paris. Die Reise wird zum großen Abenteuer und man begegnet allerlei Tierarten, deren Geheimnisse gelüftet werden wollen.
Die Erwachsenenfassung lüftet nun das Geheimnis: Dieser Karneval ist so etwas wie die jährliche Brautschau des Tierreichs, ein Ball der einsamen Herzen mit Protagonisten, die auf der Suche nach dem Partner fürs Leben (oder wenigstens für eine Nacht) sind. Ähnlichkeiten zum herkömmlichen Karneval sind nicht von der Hand zu weisen. Die Story ist auf jeden Fall für pubertierende Jugendliche und junggebliebene Erwachsene äußerst interessant und vor allem witzig aufgemacht.
Malte Arkona erzählt die Geschichte und liest die Rollen in unterschiedlichen Stimmfarben. Da wird es mal staatsmännisch, mal säuselnd. Es treten verschiedene Figuren auf, die auch mal im kölschen oder schwäbischen Dialekt sprechen – oder gar im Slang eines Udo Lindenberg. Von Schüchternheit über Coolness bis hin zu Feuereifer ist alles vertreten und die Show der Tiere wird zum spannenden und frivolen Feuerwerk, immer versetzt mit Auszügen aus dem zugrunde liegenden Musikstück.
Musikalisch kommt KultBlechDresden, das Blechbläserensemble der Dresdner Philharmonie, zum Einsatz. Und den einzigen Kritikpunkt den ich habe: Manchmal kommt mir die Musik einfach zu kurz. Das Hörspiel mit seinen Irrungen und Wirrungen des Balzens und Turtelns hat absolut seinen Reiz, doch an vielen Stellen hätte ich gern mehr von der Musik gehört. Vielleicht wäre es sinnvoll, das komplette Stück (notfalls auf einer zweiten CD) mit anzuhängen.
Ansonsten aber: Ein Feuerwerk der guten Laune. Malte ist ein fantastischer Sprecher und Erzähler, das Hörspiel wunderschön lebendig. Auch die Aufmachung des Digipacks gefällt mir sehr gut – vom seriösen Cover bis hin zum erklärenden Booklet. Alles ist stimmig! Der nächste Karneval kann kommen, auch wenn alle Tiere am Ende hoffen, dass sie diese Braut- und Bräutigamschau im nächsten Jahr nicht mehr brauchen werden.