Seit der erfolgreichen Netflix-Serie „Das Mädchen im Schnee“ ist der spanische Schriftsteller Javier Castillo in aller Munde. Von ihm stammen nämlich die Krimis um die Journalistin Miren Triggs, die sich Fällen vermisster Kinder und Jugendlicher widmet. Momentan läuft die zweite Staffel beim Streaming-Anbieter und zeitgleich erschien der zweite Band mit dem Titel „Das Spiel der Seelen“ in deutscher Übersetzung. Und gleich stellt sich die Gretchenfrage: Erst die Serie schauen oder erst das Buch lesen? Meine Antwort fällt ganz eindeutig aus: Zunächst das Buch! Auf jeden Fall!
Die Handlung laut Klappentext: New York 2011. Zunächst war es nur ein Vermisstenfall. Dann findet man die fünfzehnjährige Allison in einer Kirche – tot an einem Kreuz. Zeitgleich erhält die Journalistin Miren Triggs das Polaroidfoto eines gefesselten und geknebelten Mädchens. Gina Pebbles, 2002, steht darunter. Schnell findet Miren heraus, dass Gina seit zehn Jahren vermisst wird. Gemeinsam mit ihrem ehemaligen Professor Jim Schmoer geht sie beiden Fällen nach und findet eine Spur, die zu einer streng religiösen Schule führt. Doch was ist mit dem Mädchen auf dem Foto passiert? Wer hat Miren das Bild geschickt? Und wie hängen die beiden Fälle zusammen?
Die Handlung schließt an den ersten Band an, in dem es um das Verschwinden der dreijährigen Kiera Templeton geht. Miren hat ein Buch über die Suche geschrieben und ist jetzt eine erfolgreiche „True Crime“ Schriftstellerin, doch sie kann sich nicht in dem Trubel um Lesungen, Interviews und Hintergrundgeschichten wiederfinden. Sie will wieder als Journalistin arbeiten und da kommen ihr die Fälle um Allison und Gina, die irgendwie zusammenhängen, gerade recht.
Das Buch ist extrem spannend und führt seine Leser*innen oft auf eine falsche Fährte. Neben Miren spielen der Polizist Ben Miller und der Journalistik-Professor Jim Schmoer tragende Rollen. Die Handlungsebenen wechseln zwischen diesen Personen und so ist man in der Erzählung oft um ein paar Schritte voraus, zumal im ersten Kapitel bereits ein dramatischer Höhepunkt geschildert wird und die Handlung dann drei Tage in der Vergangenheit einsetzt.
Ohne zuviel zu verraten, geht es um christlichen Fanatismus, eine streng religiöse Schule und die ominösen „Raben Gottes“. Geschickt folgt nach den Kapiteln meist ein grandioser Cliffhanger, bevor der Schauplatz wieder wechselt. Alle Charaktere werden sehr stark beschrieben und auch die Antagonisten sind in ihren Beweggründen authentisch und bisweilen düster dargestellt. Man wird mit Miren in einen Strudel der Gewalt hineingezogen und kann am Ende auch ihre abstrusen Handlungen irgendwie verstehen.
Die Auflösung ist im Roman meiner Ansicht nach noch um einiges stärker als in der Serie, wo viel verändert und geglättet wurde. Auf den letzten ca. 50 Seiten konnte ich den Lesefluss nicht mehr stoppen und wurde auch nicht enttäuscht: Das Ende ist grandios! Damit findet der zweite Teil dieser als Trilogie angelegten Reihe einen sehr guten Abschluss ohne offenes Ende. Die Weiterführung ist eher in den Charakteren mancher Protagonisten angelegt und man darf sich auf „Das Echo der Toten“ freuen, wobei dieser Roman für Januar 2026 in Deutschland angekündigt ist. Ich vermute mal, dass dieses Datum in der Nähe des Starttermins für Staffel 3 bei Netflix liegt. Aber nochmal: Auf jeden Fall zuerst das Buch lesen!