Am 4. Februar veröffentlichte Leslie Clio ihr neues Album „Brave New Woman“. Der Name ist Programm: Zuvor hatte die Sängerin und Songschreiberin ihre eigene Plattenfirma gegründet, ein neues Team zusammengestellt und in einem selbstbefreienden künstlerischen Prozess einige der faszinierendsten Songs ihrer bisherigen Karriere geschrieben.
Der Opener startet mit einem elektronischen Befreiungsschlag. Es folgt eine Standortbestimmung im Sprechgesang: „No one‘s gonna tell you how to move on / Except the girl with a gun“. Das Album ist zwar nur 33 Minuten kurz, hat in diesem Umfang allerdings eine breite Palette vielfältiger Musik zu bieten. Eingängige Melodien und aussagekräftige Texte bestimmen das Geschehen. Und das Camouflage-Cover „Love Is A Shield“ belebt den Song aus dem Jahr 1989 mit einer starken Neuinterpretation.
Während die Uptempo-Songs sicher ihren Reiz haben, überzeugt mich vor allem eine Akustikballade wie „Comment Allez-Vous?“. Hier kann Leslie ihre ganze vokale Stärke zeigen. Sie verfügt über eine ausdrucksstarke Soulstimme. Anders als manche Kolleginnen setzt sie diesen Soulfaktor jedoch wohldosiert ein – und sie schafft es auch mühelos, ein bisschen retro und gleichzeitig modern und hip zu klingen.
Der unbeschwerte Tanzhit „Millionaire“ ist ebenso mitreißend wie der freche Chanson „Abcdf*ck Off“. In der ersten Albumhälfte verbreiten „Good Trouble“ und „Feet It In My Bones“ eine optimistische Grundstimmung, während später bis hin zur melancholischen Abschluss-Hymne „To Be Human“ auch sehr nachdenkliche Töne anklingen.
Entstanden sind elf Songs, deren Kernmerkmale weiterhin die Insignien des klassischen Leslie-Clio-Sounds sind: raumgreifende Arrangements, klare Instrumentierungen und eingängige Melodien. Soul, Pop, R&B und elektronische Einflüsse bilden hier immer noch die Basis, auf der Leslies unverkennbarer Gesang thront.
Die neuen Songs belegen aber gleichzeitig die beeindruckende künstlerische Entwicklung, die diese Frau durchlaufen hat. Die Souveränität, mit der Clio hier stets Dirigentin eines überaus facettenreichen und doch kohärenten Albums bleibt und dabei gänzlich losgelöst von allen vermeintlichen Zwängen so frei und selbstbestimmt wie vielleicht noch nie agiert, ist atemberaubend.