Tamara Banez ist Singer-Songwriterin aus München und Entdeckung Konstantin Weckers. Mit ihrer Single „Mayday“ veröffentlicht die Synthesizer-affine Liedermacherin einen deutschsprachigen Electropop Track als Vorboten zu ihrem Mini-Album, das im Februar 2022 auf Weckers Label Sturm und Klang erscheinen wird.
In Zusammenarbeit mit Techno-DJ und Produzent Tobias Petz entstand eine ebenso facettenreiche wie ungewöhnliche Melange: Da trifft elektronische Coolness auf energetischen Gesang, da mischen sich technoide Klänge mit Protestlyrik.
Überhaupt kann sich der eigens für Fridays for Future komponierte Track auch textlich sehen lassen: Thematisiert wird ein misslungener Dialog zwischen Erde und Menschheit, der eine erst ungläubige, dann zornige und schließlich völlig erschöpfte Erde zurücklässt.
Alles zusammen genommen ist „Mayday“ von Tamara Banez ein aufrüttelnder Titel, der mitreißt und doch tief nachdenklich stimmt.
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Hanika Straub Banez, das sind drei Frauen*, die unterschiedlicher kaum sein könnten – und ihre Liebe zur Musik. Gemeinsam unter Konstantin Weckers Label Sturm & Klang als Einzelkünstlerinnen unter Vertrag, ahnte Deutschlands bedeutendster Liedermacher wohl nicht, was er ins Rollen brachte, als er die Musikerinnen bei einem Konzert spontan zusammenbrachte.
Dass Unterschiede kein Hindernis, sondern eine Bereicherung sein können, beweisen Hanika Straub Banez mit Leichtigkeit. Denn hier treffen Persönlichkeiten und Welten aufeinander…
Miriam Hanika, studierte Oboistin und Englischhornistin, gefeiert und preisgekrönt als Liedermacherin und klassische Musikerin. Sarah Straub, mit Neuinterpretationen Weckers‘ in Deutschland und Österreich erfolgreich, tourte früher mit Lionel Richie und Spandau Ballet, bevor sie ihre eigene musikalische Stimme in deutscher Musik fand. Tamara Banez, Aktivistin* mit einem Faible für Synthesizer, deren politische Lieder mehr sind als nur Protest: Sie ist die Stimme einer ganzen Generation, die sich in Bewegungen wie „Fridays for Future“ für eine bessere Welt einsetzt.
Diese drei Liedermacherinnen haben sich nun zusammengetan und veröffentlichen unter dem Namen Hanika Straub Banez ihren ersten gemeinsamen Song: „Wurzeln und Flügel“, ein Lied über die Suche nach Heimat in einer für Künstler*innen heimatlosen Zeit, hat das Potential, dem Liedermacher-Genre eine ganz neue Färbung zu geben.
Ihr erstes gemeinsames Album „Sie, du und ich“ (VÖ 05.11.2021) steht für Hanika Straub Banez in ihrer Urform: Authentisch, weiblich*, einzigartig. Ohne Schnickschnack oder Effekthascherei präsentieren die jungen Musikerinnen ihr besonderes Projekt: Drei Frauen* die etwas zu sagen haben, drei Stimmen, die uns vor allem an eine Botschaft erinnern: Gemeinsam sind wir stärker.
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Nach seiner letzten Tour „Vivek solo“ wurde es musikalisch ruhig um ihn. Corona und Lockdown waren die Hauptthemen und Viveks Sohn kam auf die Welt. Er war glücklich, voll und ganz für ihn da sein zu können und die Ruhe und Natur mit ihm zu genießen. Während dieser Zeit kam eine Einladung von Konstantin, der die Idee hatte, mit allen Künstlern seines Labels einen Livestream zu machen. Jeder Künstler konnte zwei Songs spielen, einen Song von Konstantin und einen eigenen.
Vivek übte „Was keiner wagt“, sang und spielte es immer wieder, und sein kleiner Sohn mit seinen 6 Monaten lag in der Wippe und hörte ihm zu. Irgendwann kam ihm „So a saudummer Tag“ in den Sinn und er spielte einfach drauflos. Auf einmal lachte der kleine Mann ihn an, seine Augen strahlten und er schien unglaublich glücklich zu sein. So wurde dieser „saudumme Tag“ ein echtes Hilfsmittel für Vivek, um seinen Sohn zu beruhigen wenn er weinte oder im Auto schrie. Er fing einfach an den Song zu singen und sein Sohn beruhigte sich. Dadurch entstand eine ganz eigene Version.
Als dann der Livestream war, spielte er „So a saudummer Tag“, und der Song kam super an. Die Resonanz war so positiv, dass wir alle entschieden, diese Version als Single rauszubringen.
Neben „So a saudummer Tag“ packt Vivek als zweiten Titel die akustische Version von „Mein Gebet“ mit oben drauf. Mit „Mein Gebet“ vertont Vivek seine eigene ganz natürliche Art zu beten, um sich mit Gott, einem höheren Selbst oder dem Leben zu unterhalten.
Er singt in seinem Gebet für ein Leben in Freiheit und Frieden, das Erwachen, die Selbsterkenntnis und dass das Paradies auf Erden jetzt entstehen kann. Ein wundervoll tiefer und doch so natürlicher Song, der die Energie beim Zuhören spürbar anhebt. Vivek singt „Mein Gebet“ direkt aus seinem Herzen.
Etwas, das es in dieser Einfachheit und Natürlichkeit so noch nicht gibt. Eine neue Art zu beten. Menschlich und undogmatisch. Eine liebevolle Unterhaltung, die uns zu uns selbst führt, in die erlebbare Einheit mit dem, was wir Gott nennen.
Die physische Single ist streng limitiert auf 300 Stück und ausschließlich im Sturm & Klang-Labelshop sowie auf der Web-Page von Vivek erhältlich. Die MP3- und Streamingversion ist ab Veröffentlichungstag überall erhältlich, wo es Musik gibt.
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Ursprünglich hat Sarah Straub ihre Songs in englischer Sprache gesungen. Mit starker, wandelbarer Stimme und sehr atmosphärisch. Der Umschwung ins Deutsche kam dann mit Konstantin Wecker und der CD „Alles das und mehr“, auf der die Künstlerin aus dem schwäbischen Dillingen Lieder ihres großen Vorbilds und Mentors neu interpretierte. Der Grundstock war gelegt und sie erkannte: Wenn man „Tacheles“ reden will, müssen die Menschen die Worte auf Anhieb verstehen. So ist der Albumtitel des Minialbums perfekt gewählt – und die sieben Tracks sowieso.
„Lange Zeit hatte ich mich hinter der englischen Sprache versteckt, doch mit meinen neuen deutschen Songs ist das nun nicht mehr möglich. Es tut richtig gut, endlich Tacheles zu reden“, sagt die bayerische Musikerin.
Hier lässt sie für Demenzkranke die „Schwalben“ fliegen und nimmt mit „Vergiss nicht zu lächeln“ all diejenigen in den Arm, denen der kalte Wind in der Gesellschaft so rücksichtslos entgegen weht. Mit viel Emotion und gesanglicher Leichtigkeit singt Sarah sich durch die Alltagsthemen, durch schöne Gefühle, aber auch durch Sorgen und Nöte. Als Psychologin weiß sie, wovon sie spricht und wie sie die Menschen erreicht.
Neben Sarahs bezaubernder Stimme gibt es vor allem sanfte Gitarren- oder Pianomelodien. Mit einem Song wie „Lass es raus“ zeigt sie auch ihre energische Seite. Und „Da bist nur du“ zeigt mit seinen vertrackten Rhythmen, dass sie auch rockige Lovesongs schreiben kann.
Zu hören ist auch das von Konstantin Wecker geschriebene Stück „Die Tage grau“. Die sieben Tracks sollen die Vorfreude auf das neue Album von Sarah Straub verkürzen, das im Sommer 2022 erscheinen wird. Ich freue mich auf Mehr!
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Es kommt, wie es kommen muss: Wenn Konstantin Wecker jemanden zum Reden braucht, richten sich seine Worte an den alten Freund „Willy“. Dabei steht dieser mutige junge Mann, der dem Liedermacher zum Karrierebeginn einen ersten großen Erfolg bescherte, als Synonym für die Zuhörer, die auch immer seine Ansprechpartner sind. Wenn Konstantin die Welt nicht mehr versteht, muss er seine Gedanken rauslassen und dem imaginären Freund erzählen. Das war 1977 so, als dieser Freund von Nazis brutal zusammengeschlagen wurde (im Song „Willy“ wurde er getötet), 1990, als sich Neonazis in Eberswalde zu einer rassistischen Hetzjagd versammelten und Amadeu Antonio zu Tode trampelten, 2015 wegen Pegida, 2018 wegen der AFD („den neuen Nazis“) im Parlament – und jetzt ist es wieder soweit, da sich der Tag jährt, an dem ein Faschist in Hanau neun Menschen ermordet hat. Für mich ist „Willy 2021“ (mal wieder) das Herzstück des Albums. Die Verzweiflung, der Unmut, die Emotionen, die Anklage, Konstantins Worte rühren zu Tränen, die Tränen der Trauer und der Wut sind. Der Song ist 44 Jahre nach seinem Erscheinen so aktuell wie über die ganzen Jahrzehnte.
Doch eigentlich soll das neue Album optimistisch klingen. Utopisch und schwärmerisch. Seine Orchester-Tour trug den Titel „Weltenbrand“. Wecker wollte auf die Zeit zwischen dem 1. und 2. Weltkrieg hinweisen. „Ich habe mich mein Leben lang intensiv mit der Räterepublik beschäftigt. […] Was war das für eine blühende Zeit in der Weimarer Republik mit großartigen demokratischen Ideen wie dem Frauenwahlrecht und wie schnell ist das kaputt gegangen“, erinnerte er in unserem Interview 2019 und verwies damit auf die Gefahr, in der Demokratie stets schwebt, vor allem wenn rechtes Gedankengut in die Parlamente Einzug hält. Diesem düsteren Bild sollte „Utopia“ als Gegenentwurf folgen:
„Das nächste Programm heißt Utopia. Da werde ich die Grundidee dieses Weltenbrands weiterführen und sagen, wir dürfen nie die Utopie der herrschaftsfreien und liebevollen Gesellschaft aufgeben. Wenn wir nicht einmal die Utopie in uns tragen, dann sind wir rettungslos verloren. Dann haben die Angepassten, die uns immer als naiv, verrückt und als Spinner bezeichnen, gewonnen. Dann überrollen uns das Kapital und die Wettbewerbsgesellschaft. Das darf nicht sein. Aber ich bin guter Dinge. Die nächste weltweite Revolution muss eine weibliche sein, da bin ich mir ganz sicher. Es ist gar nicht anders möglich.“ (Lest HIER das komplette Interview.)
So ist „Utopia“ eines der vielseitigsten Werke von Konstantin Wecker. Weil es starke Songs enthält, gleichzeitig aber auch rührende Lese-Texte, die Weckers poetische Ader zeigen. Weil es im neuen Liederzyklus tatsächlich um eine Utopie geht. Um ein menschenwürdiges Leben ohne Herrschaft und Gehorsam, einen schwärmerischen Blick auf eine liebevolle Gesellschaft. „Mit Hilfe der Musik möchte ich Mut machen, alte Denkmuster zu durchbrechen.“ So richtet sich „An die Musen“ mit Freude und Energie in Richtung des poetischen Gedankenguts als glücksbesoffener Gegenpol zum Herrschaftsdenken. „Bin ich endlich angekommen?“ spricht von Altersweisheit und dem Verstehen, doch der folgende Text „Was mich wütend macht“ räumt auf mit ideologischen Mythen.
In „Wir werden weiter träumen“ und dem Titelsong „Utopia“ zeichnet Konstantin ein fast schon himmliches Bild. So schön könnte die Welt sein. Doch „Schäm dich Europa“ zeigt auch die Schattenseiten: die Flüchtlingskrise, Rassisten und Faschisten in den Parlamenten. Wecker kann immer noch den Finger in die Wunde legen. Und wenn man am Ende den „Willy 2021“ gehört hat, weiß man, das noch einiges zu tun bleibt.
Auch mit seinem neuen Werk ist er sich selbst treu geblieben, unverfälscht, eben echt. Wie in all den Jahren zuvor. Doch noch immer überraschen ihn seine Lieder und Texte mitunter selbst am meisten. Alle Titel bekamen nach dem Schreiben, bei den Aufnahmen mit seinen Musikern neue, bislang unerhörte Klangfarben. Ob als reine Klavierbegleitung, in Harmonie mit Cello und Gitarre oder auch unter der einfühlsamen Mitwirkung von Musikerinnen und Musikern der Münchner Staatsoper – immer folgt die Musik den sehr lyrischen und ganz und gar ehrlichen Gedichten. So gibt sich Konstantin Wecker auf „Utopia“ seinen Tönen hin und lauscht doch einer still verborgenen Pracht, die in geheimnisvoller Nacht aus dem Unerhörten fließt, gibt den Gedanken dankend dem Wind und lässt sie geduldig verwehen. „Das nämlich, was wir in Wirklichkeit sind, werden wir nie verstehen“, so der bayerische Liedermacher.
Zu hören sind auf der CD natürlich seine treuen Wegbegleiter Fany Kammerlander am Cello und Jo Barnikel am Flügel sowie der Münchner Schlagzeuger Thomas Simmerl und der österreichische Gitarrist Severin Trogbacher, der coronabedingt seine Parts aus dem eigenen Studio beisteuerte. Mit den Liedern seiner neuen CD möchte Konstantin Wecker den Menschen Mut machen, alte Denkmuster über Bord zu werfen. Gemeinsam mit seinem Publikum, das sich zu seiner großen Freude von ihm immer wieder überraschen lässt, bricht er zu einer aufregenden Reise nach Utopia auf. Wer sich darauf einlässt, dem eröffnet sich eine ganz und gar freie Welt voller Sehnsüchte und Träume und ja, auch mit Kriegern, die vor Liedern fliehen.
Auch mit 74 Jahren ist Konstantin Wecker noch ein unermüdlicher Kämpfer. Gegen Ungerechtigkeiten und Hass. Für eine utopische Welt voller Poesie und Zärtlichkeit. Für die Liebe. Und auch für Kunst und Kultur! Er ermöglicht vielen Menschen, ihre Kunst zu leben. Auf seinem Label Sturm und Klang, mit Unterstützung durch Duette und in Streaming-Konzerten.
Parallel zum neuen Album erscheint ein neues Buch: „Poesie und Widerstand in stürmischen Zeiten. Ein Plädoyer für Kunst und Kultur“. Dieser Mann darf noch lange nicht schweigen!
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Ihr erstes Album hatte Miriam Hanika noch unter dem Künstlernamen Miriam Green veröffentlicht, doch bereits mit Nummer 2 geht sie auf eine so persönliche Ebene, dass auch der reale Namen mit dazu gehört. „Louise“ heißt das Album und ist Miriams Urgroßtante gewidmet, die sie als ihren ganz persönlichen Schutzengel ansieht. „Und gemeinsam hauchen wir ein neues Leben in die Scherben / Und wir holen einen Besen und eine Tube Leim.“ Das sind Schlüsselzeilen, die Mut machen in seltsamen Zeiten.
„Louise“ war eine für ihre Zeit sehr fortschrittliche Frau, durchlebte den zweiten Weltkrieg, legte sich mit Soldaten an, stritt mit Politikern, wurde von einem Pferdewagen überrollt und blieb lange ledig, weil „der Richtige“ sie nicht heiraten durfte. Jedes einzelne einschneidende Ereignis hinterließ blaue Flecken und Narben, aber Louise war zäh und stark. Sie inspirierte eine ganze nachfolgende Generation in ihrer Familie dazu, den Mund aufzumachen und sich zusammen zu tun. Ihre Geschichte wird im Booklet ausgiebig gewürdigt und es gibt ein ausdrucksstarkes Foto.
Miriam Hanika spielt Oboe, Englischhorn und Klavier. Sie kann Kammermusik und Singer/Songwriter-Melodien. Ihrer Vielfalt sind keine Grenzen gesetzt. Konstantin Wecker hat sie unter seine Fittiche und auf sein Label Sturm & Klang genommen. Auf dem Album gibt es ein berührendes Duett der beiden zum Song „Schwalben“, der sich den Mai-Unruhen in Berlin 1929 widmet und von Konstantin mit bewegendem Sprechgesang erklärt wird.
Im Gesamten herrschen tiefe Melancholie und Zartheit. Acht deutschsprachige Lieder und zwei Instrumentalstücke, abwechslungsreich und kunstvoll arrangiert, nehmen den Zuhörer mit auf eine faszinierend einzigartige Reise. Miriam singt mit eindringlichen und doch sehr sanften Vocals, begleitet von klassischen Instrumente wie Oboe und Streichern, aber auch im folkigen Gitarrenstil. Vor allem, wenn Miriam die Oboe spielt, erkennt man ihre Virtuosität und das emotionale Vorgehen. Die Stücke „Ruhe im Sturm“ und „September“ klingen auch ohne Vocals unheimlich stark. Miriam nimmt sich gerne Zeit für den Songaufbau und setzt beispielsweise „Gemeinsam einsam“ ein langes instrumentales Vorspiel voran.
Wenn man schon bei ihrer ersten Veröffentlichung als Miriam Green vermutet hatte, dass an Miriam Hanika eigentlich eine wahre Poetin verloren gegangen ist, dann bestätigt „Louise““ diese Annahme: Die Musikerin findet wieder einmal tiefe Worte für jede Situation und befördert sich mit Liedern wie „Etiketten“ oder dem Titelsong fraglos an die Spitze deutscher Liedtexterinnen. Ihre verträumte Stimme hat mich von Beginn an gefangen genommen. Man lehnt sich zurück und genießt diese wirklich wundervolle Musik einer beeindruckenden Künstlerin. Danke, Konstantin Wecker, für diese Entdeckung.
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Das Video zur Single „Louise“ wurde in der ehemaligen Arzberger Porzellan-Fabrik gedreht. Es gibt wohl kaum einen Ort, der Schönheit, Ästhetik, Langlebigkeit und Zerbrechlichkeit so gut vereinen könnte, wie diese alte Fabrik. Licht durchflutet die Mauern, die sich die Natur langsam zurückholt. Efeu rankt sich zwischen filigranen Porzellantässchen und Maschinenhallen, wo die Tänzerin Anna Martens und Miriam Hanika gemeinsam ein Stück alltägliche Frauengeschichte schreiben.
Katrin Rosenzopf ist Ärztin und lebt in der Weststeiermark. Schon in jungen Jahren sammelte sie Bühnenerfahrung mit der Band Mozaik. Inzwischen ist sie als Solokünstlerin im Metier Chanson und Kabarett unterwegs. Ihr neues Album „unErhoerte Lieder“ erscheint bei Konstantin Weckers Label Sturm und Klang. Die Kompositionen stammen zum überwiegenden Teil aus der Feder ihres Vaters und Klavierlehrers Wolfgang Rosenzopf.
Sie gibt in ihren Songs zeitlos wichtige Anregungen, wohin der Zug des Lebens fährt, zu allem was einengt, zum Augenblick und zur Zeit, zu verschiedenen Lebens- und Beziehungssituationen und überhaupt zu allerlei Eigenheiten der Menschen. Sie vertont dabei am Klavier (vielfach sensibel unterstützt von Saxophon und Klarinette) auch Erich Kästner und Konstantin Wecker, deren Texte hier eine neue, spannende Chansonsprache erhalten.
Von Konstantin ist es das lyrische „Jeder Augenblick ist ewig“, dem Katrin hier zur Klarinettenmelodie von Reinhard Grube eine neue Dimension verleiht. Bei den vertonten Texten von Kästner wurde eine feine Auswahl getroffen: Ob in dem Lied „Das Eisenbahngleichnis“, welches die Ungleichheit und doch Gleichheit der gesellschaftlichen Klassen widerspiegelt, oder in der Vertonung „Zur Fotografie eines Konfirmanden“ die von der Zwiespältigkeit zwischen der Feier des Eintritts der Adoleszenz und der Traurigkeit über den Tod der Kindheit erzählt. In „Plädoyer einer Frau“ wird die spät gefundene Liebe und die durch das Leben aber verwehrte Freude darüber besungen und so gut wie jede Facette des Lebens wird betrachtet.
Die Songs sind in der Begleitung durch Klavier, Saxofon oder Klarinette sehr reduziert gehalten. Katrin Rosenzopf singt mit eindringlicher Stimme und legt viel Energie in ihre Worte. Auch ihre eigenen Stücke über das „Beugen“ und das Treiben mit den Genen in der „Ur-Natur“ sind sehr ausdrucksstark. Es ist Musik, die nicht auf den Mainstream schielt. Man muss nachdenken und die intelligenten Texte auf sich wirken lassen. Ich kann mir vorstellen, dass dies bei einem Livekonzert besser gelingt als im CD-Format. Das wertige Booklet mit allen Texten und starken Illustrationen ist es aber schon wert, das Album sein eigen zu nennen.
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Dieses Album hält, was der komplexe Titel verspricht: Es ist nicht leicht zu konsumieren. Christian Bogensbergers Herangehensweise ist schon ungewöhnlich. Man höre sich nur den ersten Track „Im Land der tausend Obstbäume“ mit seinen ansatzweise asiatischen Klängen an: „Volldicht unterm Pflaumenbaum, spür ich meinen Daumen kaum“. Solche Textzeilen voller Albernheit ziehen sich durch das ganze Album.
Christian Bogensberger erzählt gerne Geschichten und lässt seine Gedanken singen und tanzen. Dies tut er mittels selbst geschriebener Songs, dargebracht im österreichischen Hochdeutsch, unterlegt mit akustischer Gitarre. Er entführt uns liedpoetisch und alltagsphilosophisch in die Genüsse und Wirrnisse des Daseins und der Zeit. Dabei nimmt er sich kein Blatt vor dem Mund und kennt weder sprachliche noch gedankliche Tabus.
1996 gewann der studierte Philosoph und langjährige Politaktivist den „Forum Stadtpark Literatur Slam“, einen der ersten Poetry Slams Österreichs. Bereits seit 1994 war er als „Der sensationelle Herr Bogensberger“ mit Programmen wie „Herr Bogensberger musiziert munteren Mutes manchmal mirakulöse Melodeien murmelnd mitnichten mehrstimmig“ auf diversen Bühnen in Österreich, Deutschland und der Schweiz zu sehen, wo er seine ureigene Mischung aus Musik, Literatur, Kabarett und Theater zum Besten gab.
Mit dieser CD bekommt man einen Einblick in seine wirre Gedankenwelt. Das politische „Rücktritt statt Rückschritt“ kommt mit gejaultem Intro. Die „Aramäische Melodie“ und andere konfuse Texte werden gelesen und dabei lautmalerisch unterlegt. Bogenbergers stimmlichen Verrenkungen sind nicht immer leicht zu ertragen. Man muss halt wissen, worauf man sich einlässt. Mein Fall ist es jedenfalls nicht.
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Lucy van Kuhl ist eine deutsche Liedermacherin und Musikkabarettistin. Sie studierte Klavier und Literaturwissenschaft, begleitete renommierte Schauspieler bei Lesungen, machte Kammermusik und hat sich seit 2015 ganz dem Songwriting verschrieben. Im neuen Album „Alles auf Liebe“ besingt sie dieses uns alle bewegende Thema – schwärmend, bitterböse, melancholisch: die Liebe hat eben viele Facetten.
Im Mittelpunkt stehen Lucys lakonisch-cooler Gesang und das mitreißende Piano. So kann man sie sich energisch und laut auf jeder Kleinkunstbühne vorstellen, wenn das denn endlich wieder erlaubt ist. Vorerst muss man sich auf die heimische Couch beschränken, aber dafür gibt es zwei Songs, die extra aus dem „Corona-Homeoffice“ zu uns fliegen: Zunächst das ironische „Abstand“, dann quasi als thematisches Gegenstück das melancholische „Liebe Omama“. So gelingt es Lucy in zwei Songs, die unterschiedlichen Facetten dieser ungewöhnlichen Zet aufzuzeigen.
Alleine macht Liebe ja keinen Spaß, daher wird sie begleitet von der „Es-Chord-Band“ (Lorenzo Riessler, Schlagzeug; Nenad Uskokovic, Violoncello). Zusätzlich hat sie in einem Lied einen prominenten Duett-Partner: Konstantin Wecker. Der Song „Hochzeitstag“ wird von den Klängen des berühmt-berüchtigten Hochzeitmarschs eingeläutet und liefert dann ein spannendes Duell zweier vergrämter Protagonisten. Grandios!
Ihre Lovesongs erzeugen Kopfkino und sprechen uns aus der Seele. Da geht es um die unüberwindbaren Gegensätze von Romantik und Realität, um die Jagd nach Schönheitsidealen („Detox“), um Selbstanklagen, überambitionierte Nachbarinnen und reflexhafte Schuldgefühle.
Lucy van Kuhl legt hier ein packendes Album vor. Und das ist nicht selbstverständlich. Kabarett funktioniert ja bekanntlich live viel besser. Bei Lucy behält die Musik aber auch im Studioformat ihre Kraft und Energie. Konstantin Wecker sagt dazu: „Lucy van Kuhls Art zu musizieren und zu singen begeistert mich, ihre Worte sind poetisch und ironisch. Sie schafft ausdrucksstarke Bilder und setzt sie musikalisch ganz zauberhaft um.” Dem ist dann auch nichts mehr hinzu zu fügen.
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Arjon Capel lässt sich Zeit für seine Songs. Allein das macht ihn schon sehr sympathisch. Der Liedermacher aus Holland legt mit „Neue Wege“ sein zweites Album vor, das bei Konstantin Weckers Label „Sturm und Drang“ erscheint. Da Wecker seine Künstler stets sehr sorgfältig auswählt, kann allein das schon als Qualitätsmerkmal gelten. Und dann sind da Arjons Fähigkeiten als Sänger und Songwriter. Sehr authentisch, bisweilen sehr heimelig. Wenn ein Holländer mit leichtem Akzent in deutscher Sprache singt, wird man zwangsläufig an Herman van Veen erinnert. Das ist auch hier der Fall.
Der zündende Funke kam bei Arjon, der in München lebt, recht spät: Es war der Tod seiner Mutter vor sieben Jahren, der ihn zur künstlerischen Laufbahn führte. Sie hatte ihm eine Anzahl selbst geschriebener Gedichte hinterlassen, die Capel im Debüt „InneHalten“ vertonte. Damit war der Bann gebrochen und die Berufung gefunden. Das zweite Werk umfasst acht neue, selbst verfasste Stücke in 44 Minuten Albumlänge.
Inhaltlich ist es ein wahres Panoptikum von scharfsinnigen Beobachtungen des Alltags („Trau Dich aufzustehen“, „Was ist Zeit?“, „Tattoo“) und ein facettenreiches Kaleidoskop eines harmonischen Familienlebens („Genießen“, „Deine Liebe die ich spüre“). Die Texte sind nachdenklich und zeitgemäß. Vor allem der letzte Song „Zusammenhalt“ nimmt uns mit auf den Weg ins neue Jahr: „Die Straßen sind leer / Alle getroffen, wie von einem Speer / Nichts ist wie früher, die Stimmung gedrückt / Niemand mehr berühren, wir gehen gebückt […] Abstand halten, so heißt das Gebot / Weil sonst vielleicht mehr Ansteckung droht.“ Auch wenn manche Zeilen etwas platt klingen, so sind sie doch sehr berührend – und nicht etwa ein Aufruf zur Resignation, sondern zur Gelassenheit.
Nach 33 Jahren als Projektleiter in der Elektrotechnik hat Arjon Capel (bürgerlich: Johannes Diederik) seine Berufung gefunden und konzentriert sich ganz auf die Musik. Es ist nicht alles melancholisch, was er schreibt. „Montgolfière“ klingt wundervoll beschwingt und „Mit der richtigen Sicht“ kommt mit sehr rockigen Riffs daher. Im selbstironischen „Tattoo“ sind selbst groovige Reggae-Rhythmen zu finden.
Ein schönes Album mit Herz und Verstand!
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Konstantin Wecker ist 73 Jahre alt aber voll von jugendlichem Elan. Egal in welchem Format er unterwegs ist, lässt er seine 50jährige Bühnenkarriere eindrucksvoll an sich und den Zuschauern vorbei ziehen. Dabei ist es egal, ob er ein großes Orchester mit sich bringt, wie Ende 2019, oder allein am Klavier sitzt und „nur“ zwei Schauspieler dabei hat, die seine Gedichte lesen.
Der vorliegende Konzertmitschnitt stammt vom 4. September 2020 aus dem Wiener Theater im Park. Eines dieser Ereignisse also, die trotz der Hygienemaßnahmen des vergangenen Sommers mit Publikum stattfinden konnten. In weit über zwei Stunden Konzertlänge glänzt Konstantin Wecker gewohnt lässig als Sänger, Pianist und Moderator. Seine Anekdoten und Erzählungen zwischen den Musikstücken sind legendär.
Doch diesmal wird mehr geredet und gelesen. Seine lyrischen Texte werden von Dörte Lyssewski (Wiener Burgtheater) und Michael Dangl (Theater in der Josefstadt) vorgetragen. Zu den Gedichten improvisiert Konstantin Wecker teilweise am Klavier. So gibt es kurze Texte aus allen Epochen seines literarischen Schaffens, beginnend mit den Sadopoetischen Gesängen, die der Meister des gesungenen und gesprochenen Wortes gewohnt selbstironisch ansagt.
„Die Huren werden müde“, „Deutscher Herbst“, „Keine Zeit zum Denken“, „Schon immer hab‘ ich auf das Schreckliche gewartet“ – man kann aus den Titeln schließen, was einen erwartet. Weckers besondere Form von Romantik, seine an Rilke erinnernde Poesie, aber auch Satirisches und Politisches. Zudem erzählt er von seinen Eltern – in sehr bewegenden Reden und Liedern. Ja, genau: Gesungen wird natürlich auch! Im zweiten Teil mehr als im ersten, und mit „Schlaflied“, „An meine Kinder“, „Wut und Zärtlichkeit“, „Ich habe einen Traum“ und „Den Parolen keine Chance“ sind wundervolle Perlen dabei. Politisch und eindringlich wie eh und je.
Das neue Livealbum reißt nicht so sehr mit wie die letzten Livekonzerte, die es auf CD und DVD gab – sei es orchestral, mit Band oder allein am Klavier. Konstantin Wecker teilt seine Konzertmomente gern mit den Fans. Und im Corona-Jahr war es halt etwas beschaulicher. Ich habe die CD mit Genuss gehört, doch eine Zusammenstellung von Gedichten wird man sich nicht so oft am Stück anhören. Man braucht eigentlich das geschriebene Wort, denn die Lesung lässt kaum Zeit zum Nachdenken über einzelne Passagen.
Mit dieser literarischen und musikalischen Gesamtschau fächert sich die künstlerische Persönlichkeit Konstantin Weckers in all ihren Facetten zwischen „Genug ist nicht genug“ und „Stirb ma ned weg“ auf – und dabei offenbart sich einmal mehr: „Jeder Augenblick ist ewig!“
Prinzessin & Rebell – unter diesem Namen haben sich zwei Freigeister zusammengefunden, die jeder für sich schon einiges an Lebens- und Musikerfahrung gesammelt haben: Anna Katharina Kränzlein, Mitbegründerin und langjährige Geigerin der Gruppe Schandmaul, die sich in den letzten Jahren in den bayrischen Wald zurückgezogen hatte, und Florian Kirner, lange als Kabarettist Prinz Chaos II. erfolgreich, der zuletzt sein eigenes Schloss renoviert und in einen besonderen Lebensraum verwandelt hat. Nun machen diese beiden – deren Familien sich übrigens schon lange kennen – also gemeinsam Musik und präsentieren auf ihrem Debütalbum „Boomende Stadt“ handgemachten und authentischen deutschen Folk mit poetischen aber auch rebellischen Texten.
Ein Aufbegehren gegen festgefahrene und unterdrückende Strukturen, verbunden mit der Zuversicht, gemeinsam Dinge ändern zu können, zieht sich durch das ganze Album. Das beginnt mit dem Opener „Der Pfahl“, einem ursprünglich aus Spanien stammenden und in der deutschen Übertragung schon altbekannten Solidaritätslied, und es findet seinen Höhepunkt in „Zusammen!“ Florians aktueller Version vom alten „Bürgerlied“, das bereits in der Arbeiterbewegung oder von Liedermachern wie Hannes Wader gesungen wurde.
Die beiden nehmen sich noch weitere bekannte Titel vor und machen ihr eigenes Ding daraus. So wird der Folksong „If I Where a Carpenter“ zum launigen Duett „Wenn ich ein Metzger wär“ und die Pop-Hymne „Live Like Horses“ von Elton John und Luciano Pavarotti entfaltet in der reduzierten Version mit Geige und Gitarre einen ganz besonderen Zauber. Natürlich gibt es auch einige Eigenkompositionen, wie etwa der humorvolle Kampf gegen „Das Mücklein“ oder das romantische „Dass man sich wärmt in der Nacht“, das sich allerdings noch ein bisschen bei Matthias Claudius „Abendlied“ bedient. Und nicht zuletzt ist da der tolle Titelsong „Boomende Stadt“, in dem sich Anna Katharina und Florian herrlich ironisch über die vermeintlichen Vorteile des Lebens in einer Großstadt lustig machen. Zum Schluss des Albums wird es dann wieder etwas ruhiger mit dem Gutenachtlied „Prinzessin“ und dem nachdenklichen „Versunkene Sterne“.
Prinzessin & Rebell – das funktioniert nicht nur in manchen Märchen, sondern auch in diesem Fall musikalisch wunderbar. Denn die begabte Geigerin Anna Katharina mit ihrer klaren Sopranstimme und Florian an der Gitarre und mit seinem eher rauen Gesang ergänzen sich hervorragend und sind vor allem auch inhaltlich auf einer Wellenlänge. Man darf hoffen, dass die beiden trotz Corona mit ihrer wunderbaren Musik demnächst auch möglichst oft live auftreten können.
Als Bonustrack gibt es auf „Boomende Stadt“ übrigens „Zusammen!“ nochmal in einer gemeinsamen Version mit Konstantin Wecker und dessen genialem Pianisten Jo Barnikel. Und so wird am Ende die zentrale Botschaft erneut ganz deutlich: Lasst uns auf die Liebe bauen, nur zusammen wird es geh’n.
Konstantin Wecker gehört sicherlich zu den umtriebigsten Künstlern in diesen unseligen Corona-Zeiten. Ganze drei vollständige Livekonzerte hat er in den letzten Wochen aus seinem Münchner Tonstudio gestreamt, die noch immer über YouTube abrufbar sind. Aus dem Erlös der virtuellen Ticketverkäufe unterstützt er die Künstler seines Labels „Sturm und Klang“. Nebenbei engagiert er sich wie gewohnt gesellschaftspolitisch, beispielsweise mit der Aktion „Break Isolation“ bei der es darum geht, die Bewohner von Alten-, Pflege- und Flüchtlingsheimen aus ihrer Isolation zu holen, die durch die strikten Besuchsregeln und Ausgangssperren entstanden ist. „Leave No One Behind“ ist ein Motto, das auch Konstantin Wecker mit aller Kraft verfolgt.
Konstantin Wecker, Fany Kammerlander und Johannes Barnikel bilden das bewährte Trio – und es ist wirklich ein Genuss, ihnen zuzuhören. Nachdem der Liedermacher Ende letzten Jahres noch mit großem Orchester auf Tour war, reduziert er die Musik hier wieder auf das Wesentliche: Piano, Cello und Gesang. Auch wenn kein Publikum anwesend und hörbar ist, macht es doch große Freude Konstantins Ansagen zu hören, die sich an die Zuschauer am Bildschirm richten und in denen er zu Solidariät in diesen schweren Zeiten aufruft. Natürlich nicht ohne dass Populisten und Fanatiker, die aus der Krise ihren Profit ziehen wollen und auf Menschenfang gehen, ihr Fett abbekommen.
Schon der Anfang ist wunderschön und das perfekte Motto: „Ich singe, weil ich ein Lied hab'“. Dazu Konstantins wundervolle sonore Ansagen, in denen er erzählt, was ihn bewegt. Von Gedichten, die wie Küsse sind – in einer Zeit, da man Abstand halten soll. Es gibt anderes, an dem man sich festhalten kann! Der berühmte „Willy“ bekommt eine Neuinterpretation. Im Sprechgesang lamentiert Wecker über die Beschneidung seiner Freiheit. Und dass wir aufpassen müssen, damit die Restriktionen nicht zur Gewohnheit werden. Er ruft dazu auf, solidarisch zu sein, den Schutzsuchenden aus aller Welt unsere Luxushotels zu öffnen. Von der Vehemenz dieser Forderungen und der grundehrlichen Haltung bekomme ich Gänsehaut.
„Stürmische Zeiten mein Schatz“ passt natürlich wie die Faust aufs Auge. Und er denkt an die Kinder, wenn er ihnen seine Lieder widmet. Konstantin erzählt, belehrt, sucht nach neuen Wegen. Er spricht von Poesie als dem einzig wahren Widerstand und liest Gedichte „Über die Zärtlichkeit“ und „Gelebtes Leben“.
Als Gast ist die Liedermacherin Sarah Straub mit im Studio, die unlängst ein Album mit ganz eigenen Wecker-Interpretationen veröffentlicht hat, unfd singt mit ihm im Duett „Niemand kann die Liebe binden“. Es gibt die altbekannten ideologischen Songs, die leider nichts an Aktualität eingebüßt haben: „Den Parolen keine Chance“, „Sage Nein“ und „Was keiner wagt“. Zum Schluss bedankt sich Konstantin Wecker wie so oft mit „Gracias a la Vida“ beim Leben, das ihm, das uns so viel geschenkt hat – und ich bin dankbar, solche Momente mit erleben zu dürfen.
Auch mit fast 73 Jahren bleibt Konstantin unermüdlicher Kämpfer gegen Ungerechtigkeiten und für eine neue Weltordnung. Er ist stolz darauf, ein „Gutmensch“ zu sein und fordert die Menschen auf, mit dem Herzen zu denken. So ist auch diese live-CD ein wundervolles Zeitdokument. Es gibt die CD in physischer Form nur auf der Homepage www.wecker.de, aber als Download auch auf vielen legalen Portalen. Mit 5 Euro pro verkauftem Album unterstützt man die Musiker seines Labels.
„Für Johann Wolfgang Goethe waren Gedichte Küsse, die man der Welt gibt. In diesem Sinne wollen wir mit den 18 Liedern und Gedichten, in Zeiten, die eine körperliche Nähe ausschließen, die Menschen umarmen. So viele Konzerte mussten wir bereits absagen und verschieben und all jenen, die gerne zu uns gekommen wären, können wir hiermit eine Freude machen“, so Konstantin Wecker. Dem ist nichts hinzufügen.
Am 30. Dezember gastierte Konstantin Wecker mit seiner bewährten Band und der Bayerischen Philharmonie in der Halle 45 in Mainz. 90 Minuten vor Konzertbeginn konnte unser Redakteur Andreas Weist ein Interview mit dem 72jährigen Liedermacher führen. Sein Fazit: Ein sehr sympathischer, überaus gesprächiger Mensch, der sich trotz der späten Stunde vor dem Konzert sehr viel Zeit nahm, aus seinem Leben erzählte, die orchestrale Seite seiner Musik beleuchtete und auch politische Themen nicht aussparte.
Heute ist das letzte Konzert der „Weltenbrand“ Tour. Wie war es für dich mit großem Orchester auf der Bühne?
Der absolute Traum. Es war sicherlich das Schönste, was ich jemals gemacht habe, weil alle Lieder so klingen, wie ich sie mir beim Komponieren gedacht habe. Es gibt auch einige Stücke von mir, die eher rockiger sind. Die haben wir halt nicht mit dabei. Obwohl auch hier durch unseren wunderbaren E-Gitarristen, den Severin Trogbacher, den ich für ein Genie halte, durchaus rockige Klänge mit rein kommen.
Die orchestrale Seite ist nicht neu für dich?
Nein. Ich bin nun mal ein Musiker, der aus der Klassik kommt. Und meine Ziehväter sind – im Gegensatz zu meinen geschätzten Kollegen – klassische Komponisten. Bei Hannes Wader ist es englischer Folk, bei Reinhard Mey französischer Chanson, bei mir Franz Schubert.
Jetzt kommt diese klassische Seite so richtig durch?
Das war schon immer so. Ich kann mich noch erinnern, als ich in den 60er Jahren ein Cello mit auf die Bühne brachte. Da musste ich mir unglaubliche Sachen sagen lassen: Das kann man doch nicht machen, mit so einem bourgeoisen Instrument. Aber eine Gitarre ist nicht bourgeois?
Fany Kammerlander am Cello ist eine große Bereicherung für deine Konzerte, oder?
Ja, Fany ist eine große Bereicherung. Aber ein Cello war immer bei mir mit dabei. In den 60ern war es Hildi Hadlich, die ist jetzt in Rente. Und in den 80ern war ich mit einem Kammerorchester unterwegs. Das hatte einen Schlagwerker, weil ich damals Schlagzeugern misstraut habe. Auch zu Recht, weil die meinen Text kaputt geschlagen haben. Schlagwerk ist feiner. Jetzt kenne ich auch Schlagzeuger, die sensibel spielen können, aber das war früher nicht so der Fall. Damals war ich schon in Italien und hatte ein Studio dort. Es kamen immer Musiker zu Besuch. Wenn ein Oboist da war, habe ich was für Oboe geschrieben. Oder für Klarinette, Trompete – es war ein kleines Kammerorchester. Das war damals sehr mutig, denn zu dieser Zeit kam der Punk als neue Musikrichtung auf und das Publikum kam nicht wegen meiner Musik, sondern trotz meiner Musik.
Hast du deine Arrangements damals selbst geschrieben?
Ja, das habe ich alles selbst gemacht. Für Kammerorchester habe ich in vielen Varianten selbst geschrieben. Bis in die 90er habe ich auch einen Großteil meiner Filmmusiken selbst arrangiert. Bei „Schtonk!“ allerdings nicht mehr. An großes Orchester habe ich mich nicht ran getraut. Da fehlte mir die Erfahrung. Man muss selbst in einem großen Orchester gespielt oder es dirigiert haben.
Und jetzt? Die neuen Arrangements?
Jetzt hat es der Jo Barnikel gemacht. Er kennt mich seit 25 Jahren und weiß, wie ich ticke. Er hat das wahnsinnig feinfühlig gemacht und er hat, was ich ihm hoch anrechne, keine persönliche Eitelkeit. Es gibt Arrangeure, die wollen unbedingt ihren eigenen Stil durchsetzen, aber das wäre bei meinen Liedern einfach falsch, denn die haben schon ihren eigenen Stil. Der Jo weiß, wie ich empfinde, und hat sich auch gut angehört, was ich früher alles geschrieben habe. Interessanterweise sagte mal ein Pianist zu mir, dass er genau merkt, dass ich beim Komponieren eigentlich orchestral denke und nicht pianistisch. Und so ist es auch. Ich bin groß geworden mit Verdi, Puccini und Mozart. Mein Vater war Opernsänger. Bis zu meinem 18. Lebensjahr habe ich nur klassische Musik gehört – doch dann kam Janis Joplin. Sie hat mir eine andere Richtung gezeigt.
Du hast auf deinen Konzerten schon Aufnahmen vorgespielt von dir und deinem Vater. Das fand ich sehr berührend.
Ja, das war „La Traviata“. Ein Wunder, dass es das noch gibt. Meine Mama hat die Aufnahme aufbewahrt. Es war 1959 und eines der ersten Tonbandgeräte, die man als Privatmann kaufen konnte: ein SAJA – das werde ich nie vergessen. Vorher hatte nur der Rundfunk solche Geräte. Meine Mama hatte diese alten Bänder aufgehoben und wir haben sie irgendwann digitalisiert. Davon gibt es noch viel mehr.
War es schwer für dich, bestimmte Titel für die „Weltenbrand“ Tour auszuwählen? Du gehst ja einige Jahrzehnte weit zurück.
Ja, aber auch nein. Ich habe einfach viele Lieder, die von Haus aus orchestral gedacht waren. Und dann habe ich auch einige dabei, die ich allein am Klavier spiele, zum Beispiel „An meine Kinder“.
Warum hast du den Titel „Weltenbrand“ gewählt, der doch sehr politisch ist?
Weil ich unbedingt auf die Zeit zwischen dem 1. und 2. Weltkrieg hinweisen wollte. Der Titel erinnert daran. Ich habe mich mein Leben lang intensiv mit der Räterepublik beschäftigt. Davon werde ich auch im Konzert heute sprechen. Was war das für eine blühende Zeit in der Weimarer Republik mit großartigen demokratischen Ideen wie dem Frauenwahlrecht und wie schnell ist das kaputt gegangen. Dabei ist das Lied „Weltenbrand“ eher ein philosophisch-lyrisches. Aber der Titel ist deutlich. Irgendwie war mir von Anfang an klar, dass ich das Programm so nennen will.
Und wie geht es im neuen Jahr weiter?
Das nächste Programm heißt „Utopia“. Da werde ich die Grundidee dieses Weltenbrands weiterführen und sagen, wir dürfen nie die Utopie der herrschaftsfreien und liebevollen Gesellschaft aufgeben. Wenn wir nicht einmal die Utopie in uns tragen, dann sind wir rettungslos verloren. Dann haben die Angepassten, die uns immer als naiv, verrückt und als Spinner bezeichnen, gewonnen. Dann überrollen uns das Kapital und die Wettbewerbsgesellschaft. Das darf nicht sein. Aber ich bin guter Dinge. Die nächste weltweite Revolution muss eine weibliche sein, da bin ich mir ganz sicher. Es ist gar nicht anders möglich. Selbst in der Türkei gibt es einen Aufstand der Frauen gegen Erdogan. Was meinst du, wie den das ärgert? Davor hat er am meisten Angst. Genauso ist es in Südamerika. Auch „Fridays for Future“ ist von Frauen gemacht. Nicht nur wegen Greta. Die meisten Aktivisten sind Mädchen. Eine herrschaftsfreie Welt ist ohne wirkliche Gleichberechtigung nicht möglich. Das fehlt uns auch hier. Es ist besser als im Iran, aber es ist noch keine Gleichberechtigung. Eine Politikerin der Grünen sagte mir mal, wenn sie in der Politik aufsteigen wolle, müsse sie männliche Machtstrukturen ausüben, was sie aber nicht will. Das ist die Gefahr. Das Patriarchat ist fünf- oder zehntausend Jahre alt. Wenn eine Frau sich wie ein Mann aufführt, wie Marine Le Pen, dann haben wir auch keine weibliche Politik.
Wie stehst du denn zu Angela Merkel? Bist du versöhnt mit ihr aufgrund ihrer Flüchtlingspolitik?
Ich war mit ihr nie politisch einer Meinung, aber spätestens seit „Merkel muss weg“ war ich auf ihrer Seite. Sie hat zwei herausragende Eigenschaften, die mir sehr imponieren: Sie ist nicht eitel und sie ist nicht korrupt. Ich halte sie für eine wirklich unbestechliche Person – im Gegensatz zu unserem Herrn Scheuer, dem die Autoindustrie aus den Ohren rausschaut. Auch wenn ich anderer Meinung bin, habe ich schon eine Achtung vor Frau Merkel.
Wird es zum neuen Programm auch ein Lied mit dem Titel „Utopia“ geben?
Vielleicht – das weiß ich noch nicht. Ich muss ja bei den Liedtexten immer warten, bis sie mir passieren. Ich kann sie nicht erzwingen. Das konnte ich noch nie. Ein paar neue Stücke habe ich geschrieben und ich werde noch einige Vertonungen von Mühsam, Kästner und Mascha Kaléko machen, also von den verbrannten Dichtern. Und ich werde zwei Schauspielerinnen dabei haben, die auch Texte sprechen.
Vielen Dank, Konstantin! Eine letzte Frage hätte ich noch: Meine Frau meinte, ich soll unbedingt nach der bunten Kette fragen, weil es da doch sicher eine Geschichte zu gibt.
Natürlich. Das kommt aus der Kultur des Friedens, der ich sehr verbunden bin. Da war ja früher auch Mikis Theodorakis dabei und viele tolle Leute. Mit denen war ich kurz vorm Irakkrieg in Bagdad. Wir haben diese Kette entworfen und verkauft. Der Erlös ging an Kinder dort. Wir haben Kindern geholfen, die mit 7 oder 8 Jahren in Bagdad arbeiten mussten. Wir halfen, damit sie in die Schule gehen konnten. Ich hatte auch ein Patenkind dort, Amir, aber dann kam der Krieg und der Kontakt ist abgebrochen. Ich weiß nicht, ob er noch lebt. Diese Friedenskette hat die „PACE“-Farben und dient jetzt anderen wohltätigen Zwecken.
Ganz lieben Dank für das Interview und deine Zeit. Gleich ist Einlass. Ich wünsche dir und uns ein tolles letztes „Weltenbrand“ Konzert.
Es war wundervoll, so ausgiebig und intensiv mit Konstantin sprechen zu können. Wir waren direkt beim „Du“ und ich bewundere seine Offenheit in den angesprochenen Themen. Mein Dank geht an den Tourleiter Peter Ledebur für die perfekte Betreuung vor Ort, an Mark Dehler von Netinfect für die Vermittlung des Interviews und natürlich an den lieben Konstantin, der den Abschluss der „Weltenbrand“-Tour zu etwas ganz Besonderem gemacht hat. Wir freuen uns auf „Utopia“ und die nächsten Weisheiten des unermüdlichen „Kämpfers für eine herrschaftsfreie Welt“. PACE!
Eines der besten Konzerte im Jahr 2019 durfte ich erleben, als das Jahr schon fast zu Ende war. Am 30. Dezember gastierte Konstantin Wecker mit seiner bewährten Band und der Bayerischen Philharmonie in der Halle 45 in Mainz. Es war ein großes orchestrales Ereignis, das die Zuschauer in der alten Industriehalle erleben durften. Es war etwas chaotisch, bis jeder seinen Platz gefunden hatte, denn das Konzerte sollte eigentlich in der Rheingoldhalle stattfinden, die aufgrund eines Brandes für längere Zeit gesperrt ist. Doch mit vereinten Kräften schafften es die Veranstalter vom Frankfurter Hof, jedem seinen Sitzplatz zuzuweisen.
Ich wurde um 16 Uhr darüber informiert, dass ich ein Interview mit Konstantin Wecker führen kann. Also ab ins Auto, Sprint nach Mainz und gegen 18.30 Uhr den gut gelaunten Liedermacher beim Abendessen gestört. Was ich sagen kann: Ein sehr sympathischer, überaus gesprächiger Mensch, der sich trotz der späten Stunde vor dem Konzert sehr viel Zeit nahm, aus seinem Leben erzählte, die orchestrale Seite seiner Musik beleuchtete und auch politische Themen nicht aussparte. Das komplette Interview könnt ihr in Kürze hier nachlesen.
Knapp nach 20 Uhr betrat das Orchester die Bühne und startete mit „Nur dafür lasst uns leben“, bevor Konstantin schon unter tosendem Applaus die Bühne betrat. Dieses erste Stück ist 40 Jahre alt und aktuell wie eh und je. Das betonte er in seiner ersten Ansage – und stellte sogleich das wundervolle Orchester vor: Zwölf Musiker aus neun Nationen unter der Leitung von Mark Mast. Und der Klang war wirklich gewaltig. Schon im zweiten Stück gab es ausufernde Soli der Instrumentalisten und man konnte nur bewundern, wie alles zusammen harmonierte. Immerhin hatte Wecker auch noch seine rockige Band aus Fany Kammerlander, Jo Barnikel und Severin Trogbacher dabei.
Der Meister selbst intonierte Stücke wie „Schlaflied“ und das bewegende „An meine Kinder“ allein am Piano und sorgte für die ruhigen Momente. Besonders groß aber waren die orchestralen Suiten. Ich denke da an die Vertonung von Goethes „An den Mond“ in atmosphärischen Klängen, oder das morbide „Hexeneinmaleins“ mit virtuosen Rhythmus-Spielereien.
„Und das soll dann alles gewesen sein“ ist ebenfalls ein 40 Jahre alter Song. In der Ansage brach Konstantin eine Lanze für Greta und Fridays for Future, für die Schulschwänzer und Träumer. Klar wünschte er sich die 68er zurück. Im Anschluss zitierte er Erich Kästner: “Kennst du das Land, wo die Kanonen blühen” und es folgte ein starker Part mit „Frieden im Land“ und „Das macht mir Mut“. Nach diesen deutlichen politischen Statements, die Weckers gelebten Pazifismus ausdrücken, entließ er das Publikum um 21.15 Uhr in die Pause.
Im zweiten Teil wurde deutlich, dass die orchestrale Tour heute Dernière feierte. Zum „Heiligen Tanz“ kamen die Crewmitglieder hinter der Bühne hervor und legten mit Band und Orchester eine heiße Sohle aufs Parkett. Selbst Konstantin, dem nach einigen Worten das Tanzen nicht so liegt, war ausufernd in Bewegung. Seine inzwischen 72 Jahre sah man ihm wahrlich nicht an – vor allem wenn ich bedenke, wie lange das Konzert noch dauern sollte.
Natürlich war das Setting wie gemacht für Ausflüge in die Filmmusik und so kamen die Klänge von „Kir Royal“ mal wieder zu Ehren – ebenso wie der „Tango Joe“ aus dem Soundtrack von „Schtonk!“. Rainer Maria Rilke („Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen“) wurde zitiert, bevor der Titelsong „Weltenbrand“ erklang. Ängste und Hoffnungen spielten eine große Rolle in den vorgetragenen Texten und Aphorismen. „Die weiße Rose“, das zu Herzen gehende Lied über Sophie und Hans Scholl, wurde gefolgt vom Text „Warum ich kein Patriot bin“ und dem wundervollen „Ich habe einen Traum“ mit orientalischen Klängen und dem Wunsch nach friedlichem Zusammenleben aller Völker.
Der Zugabenblock begann eigentlich schon kurz vor 23 Uhr, doch der wunderschöne und stimmungsvolle Konzertabend wollte einfach kein Ende nehmen. Dass das klanggewaltige „Sage Nein“ mit seinem Aufruf zum Widerstand als Orchesterhymne in den Abschlussblock gehörte – geschenkt. Bei den mitreißenden italienischen Nummern „Questa nuova realtà“ und „Gracias a la Vida“ war Konstantin im Publikum unterwegs, schüttelte Hände, umarmte die Menschen, tanzte mit ihnen – es waren wundervolle Momente, die man da sehen und erleben durfte. Es wurde aus voller Kehle gemeinsam gesungen, als er das Publikum animierte, den Refrain von „Den Parolen keine Chance“ nochmal anzustimmen, für das er Beethovens „Ode an die Freude“ mit neuem Text versehen hat: „Lasst uns jetzt zusammen stehen, es bleibt nicht mehr so viel Zeit. Lasst uns lieben und besiegen wir den Hass durch Zärtlichkeit.“
Doch immer wieder nahm er die ausgelassene Stimmung zurück und stimmte nachdenkliche Titel an wie „Das Leben will lebendig sein“, ein melancholisches „Lied der Lieder“ über die Deportationen der Vergangenheit und Gegenwart sowie den anrührenden Schluss mit „Schlendern“. Ganz zum Ende (es war fast schon Mitternacht) durfte das – inzwischen ohnehin nur noch stehende Konzertpublikum – dem Rilke-Gedicht „In meinem wilden Herzen“ lauschen, dass jedem ein stimmungsvolles Motto für den Abend und die Nacht mitgab. Ja, Weckers Herz ist weiterhin wild und er füllt es mit Poesie und allgegenwärtiger Lebendigkeit. Ich hoffe, dass er noch lange die Bühnen des Landes bereist und uns auch mit dem neuen Programm „Utopia“ (quasi dem optimistischen Gegenentwurf zum „Weltenbrand“) so bewegen kann.
Für alle, die nicht auf der Tour dabei sein konnten, kann ich das Livealbum „Weltenbrand“ wärmstens empfehlen (HIER findet ihr unsre Review). Obwohl die Orchestertour offiziell beendet ist, gibt es eine letzte Chance: Am 1. Mai 2020 in der Schwarzwaldhalle Karlsruhe. Im Oktober startet dann die „Konzertreise nach UTOPIA“.
Konstantin Wecker ist jetzt 72 Jahre alt aber zum Glück topfit in allen Bereichen. Er gibt weiterhin wundervolle Konzerte, hat viel zu sagen – vor allem in politischer Richtung -, gibt sich lyrischen Ausschweifungen hin und hat die Poesie zur wichtigsten Ausdrucksform im Widerstand erhoben. Seine Konzerte sind immer eine Wucht, egal ob er mit seinen Getreuen als Trio auf der Bühne steht, eine komplexe Band im Rücken hat oder sich neuerdings durch die Bayerische Philharmonie unterstützen lässt.
Die aktuelle Konzertreihe heißt „Weltenbrand“ und der dazugehörige Longplayer erscheint am kommenden Freitag. Noch bis Ende des Jahres ist der Liedermacher mit Weltenbrand in Deutschland, Österreich und in der Schweiz unterwegs. Und dies nicht nur zur Freude der bislang über 20.000 Besucher. Auch die Medien sind voll des Lobes und schlicht begeistert von den Abenden, an denen der Münchner mit dem Kammerorchester der Bayerischen Philharmonie – unter der Leitung von Mark Mast – Lieder präsentiert, die er im Lauf von vier Jahrzehnten komponiert hat. Angegraut ist kein einziger Ton davon.
Die Arrangements sind ausufernd schön und füllen in orchestraler Breite vor allem die musikalischen Lücken der Stücke aus. Konstantins erzählende Stimme wird zum Glück nur selten überlagert. Er kann seine Ideen und seine Poesie in vollem Glanz verbreiten. Ermahnend, anklagend und begeisternd wie eh und je.
„Nur dafür lass uns leben“, ein 40 Jahre altes Stück des Münchners, leitet das Konzert ein und er vergisst nicht zu erwähnen, dass der Text aktuell ist wie damals. Es folgt der Text „Ein Plädoyer für die Ohnmächtigen“, ganz im Sinne, wie Konstantin sein Leben sieht und wie er die Kunst des Scheiterns zelebriert. Eine solche Mischung aus Songs und kleinen Aphorismen zieht sich durch das ganze Album.
Die Highlights reihen sich aneinander. „Stürmische Zeiten meine Schatzen“ gewinnt vor allem im Refrain durch den Sturm des Orchesters. Ich mag es, wie Wecker aus seinem Leben erzählt, als er beispielsweise mit 50 erstmals Vater wurde – und wie er das „Schlaflied“ und den aktuellen Song „An meine Kinder“ ansagt, als ein Lied, das er an die kleinen Kinder geschrieben hat, und eins, das er jetzt ganz aktuell ergänzt.
„Und das soll dann alles gewesen sein“ ist ebenfalls ein 40 Jahre alter Song. In der Ansage bricht Konstantin eine Lanze für Greta und Fridays for Future, für die Schulschwänzer und Träumer. Klar wünscht er sich die 68er zurück. Später zitiert er Erich Kästner: „Kennst du das Land, wo die Kanonen blühen“.
CD 2 startet mit dem modernen Klassiker „Heiliger Tanz“. Konstantin liest von Bert Brecht „An die Nachgeborenen“. „Ich habe Angst“ und „Empört euch“ sind eindringliche Aufrufe. Rainer Maria Rilke wird zitiert, bevor der Titelsong „Weltenbrand“ erklingt. Es geht um Ängste und Hoffnungen. „Die weiße Rose“ wird gefolgt vom Text „Warum ich kein Patriot bin“ und dem wundervollen „Ich habe einen Traum“ mit seinen orientalischen Klängen und dem Wunsch nach friedlichem Zusammenleben aller Völker.
Dieses Album fasst alles zusammen, wofür Konstantin Wecker steht und wofür er immer stehen wird. Es ist zugleich „Best of“ Album und Standortbestimmung. Ein historisches Gesamtwerk und eine CD, die die Aktualität aller Songs des Meisters unter Beweis stellt. Zum einzigartigen musikalischen Gewand tragen neben der Philharmonie auch die bekannten Gesellen Fany Kammerlander und Jo Barnikel bei.
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Sarah Straub, junge Sängerin aus dem schwäbischen Dillingen, hat bereits drei englischsprachige Alben veröffentlicht und sich eine große Fangemeinde erspielt. Vor allem ihre frische und wandelbare Stimme ist es, die das Publikum betört. Es gibt starke Uptempo-Nummern aus ihrer Feder, aber auch melancholische Balladen, bei denen sie sich oft selbst am Piano begleitet.
Das vierte Album „Alles das und mehr“ wird bei Konstantin Weckers Label Sturm und Klang veröffentlicht. Jetzt mag es manchem wie Anbiederung vorkommen, wenn die 33jährige ausnahmslose Stücke des Altmeisters covert, doch man braucht nur reinzuhören, um zu erkennen, dass sie genau die Richtige für eine Neuinterpretation ist.
Die Songs des deutschen Liedermachers sind geprägt von zeitloser Schönheit. Der Opener „Ich singe, weil ich ein Lied hab“ ist der Titel, mit dem sie Konstantin auf Anhieb überzeugte: Eine luftige Pianomelodie, dazu ihre lebendige Stimme. Mehr braucht es nicht, um einen neuen emotionalen Zugang zu schaffen. Wenn die Vocals energisch in die Höhe schweben, bekomme ich Gänsehaut.
Doch auch das politische Schaffen erfährt eine Würdigung im neuen Gewand: „Empört euch“, „Was keiner wagt“, „Den Parolen keine Chance“ und „Die weisse Rose“ klingen poppiger, verlieren aber nicht an Anziehungskraft. Selbst „Das ganze schrecklich schöne Leben“, das doch so autobiographisch Konstantins Leben beschreibt, klingt auch aus weiblichem Mund wundervoll authentisch.
Sarah Straub haucht den bekannten Titeln neues Leben ein und führt sie verspielt und melodisch in eine neue Zukunft. Zum Abschluss interpretiert sie „Niemand kann die Liebe binden“ im Duett mit dem Meister himself. Dem Hörer wird einmal mehr klar, warum „Wut und Zärtlichkeit“ für Konstantin Wecker so untrennbar zusammen gehören.
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In „Mein Respekt“ huldigt Josef Hien seinem großen Vorbild Reinhard Mey. Und er tut dies auf sehr herzliche Art, damit kokettierend, dass er Meys Klasse niemals erreichen wird. Wenn man aber das aktuelle Album „Mit dir“ des Regensburgers hört, ist er schon verdammt nah dran – an diesen poetischen Zeilen des Kollegen aus Berlin. Und er schafft es, in einer Textstrophe vier bekannte Mey-Songs sehr wohltuend als Hommage zusammenzufassen.
Genug also, um aufzuhorchen und sich näher mit diesem Singer/Songwriter zu beschäftigen, den Konstantin Wecker für sein „Sturm & Klang“ Label entdeckt hat. „Ein gutes Lied denkt nach und macht das Angebot mitzudenken; für sich selbst um- oder eben weiterhin anders zu denken“, so umschreibt Hien seine Profession als Liedermacher. Und er scheint diese als Mittvierziger zu leben, wenn man der Biographie und den Songs Glauben schenken will.
Josef Hien war schon Spielzeugverkäufer, Opernsänger, Konzert- und Eventmanager, Tennistrainer, Marketingleiter und Koordinator für Altenheimumzüge. Dieser Welt hat er inzwischen den Rücken zugekehrt und schaut gesellschaftskritisch in die Zukunft. Inzwischen sagt er, er wolle fortan ohne Smartphone, Müll und Plastik durch’s Leben gehen.
„Der Adler, der ein Huhn war“ setzt eine Fabel aus Ghana um und erklärt, dass man nicht immer Huhn bleiben muss, nur weil man mit den Hühnern scharrt. „Schwarzes Gefieder“ beschäftigt sich mit Korruption und Karrieregeilheit. Und das nachdenkliche „Mitten im August“ beginnt als schreckliche Moritat, die sich aber nach einem Twist zum Ende des Lieds (den ich jetzt nicht spoilern will), sehr anschaulich selbst erklärt. Kein Wunder also, dass Wecker sich entschieden hat, dieses Debütalbum unter seine Fittiche zu nehmen.
Auf der anderen Seite sind da die Liebeslieder, die sehr eigen sind und doch zu Herzen gehen. „Genial“ beschreibt die üblichen Missgeschicke des Alltags im Gegensatz zum Glück, den richtigen Partner gefunden zu haben. „Wenn du nicht bei mir bist“ spricht von der Leere des Lebens, die eintritt, wenn der Partner fern ist. „Elitepartner“ behandelt die Unperfektheit echter Beziehungen und der Titelsong „Mit dir“ schließlich erzeugt Gänsehaut, wenn Josef Hien ans Sterben denkt und wie es dann mit der Liebe weitergehen kann.
Für mich ist „Mit dir“ ein wunderschönes Debüt in späten Jahren. Vergleichbar mit Tim Linde, der im Norden seine Stücke zum Besten gibt, während Josef Hien den Süden unsicher macht. Er hat einen genauen Blick für seine Umwelt entwickelt, gefühlsstark und lustig, böse und politisch, aber vor allem immer hoch persönlich.
Natürlich sind die Samstage und vor allem die Samstagabende sehr verklärt, wenn man nostalgisch in die Vergangenheit schaut. Wie war das noch? Mit dem Papa Auto waschen? Gesetzt. Dann Sportschau, danach in die Badewanne – und zum Schluss im Schlafanzug auf die Couch. Wer war der absolute Held? Thomas Gottschalk mit „Wetten, dass…?“, aber auch Joachim Fuchsberger war hoch im Kurs, Kulenkampff und natürlich „Verstehen Sie Spaß?“ mit Paola und Kurt Felix. Wenn keine große Show angesagt war, dann halt ein Winnetou-Film. oder das Ohnsorg-Theater. Dieser Abend war für die Familie heilig.
Ob diese Erinnerungen aber für einen dicken Wälzer ausreichen, der sich ganz den Helden dieser Zeit widmet? Und ob! Das beweist Tim Pröse mit vorliegendem Buch. Der Journalist und Autor schrieb für die Münchner Abendzeitung und das Magazin Focus. In vielen Begegnungen mit einigen der oben genannten Stars konnte er ihnen Geschichten und Anekdoten entlocken, die sich nun auf unterhaltsame Art in dieser Sammlung wiederfinden.
Pröse trifft Thomas Gottschalk, Christiane Hörbiger, Hape Kerkeling, Konstantin Wecker, Jan Fedder, Alfred Biolek und lässt Legenden wie Udo Jürgens, Loriot, Hans-Joachim Kulenkampff, Harald Juhnke, Günter Strack und andere noch einmal für uns aufleben. Mit Udo Lindenberg fuhr er auf dessen „Rockliner“, Barbara Schöneberger erlaubte ihm als bisher einzigem Journalisten wirklich private Einblicke, Götz George und Pierre Brice gaben ihm ihre letzten Interviews.
Das Buch besteht aus kleinen Geschichten, in denen Pröse – durchaus emotional angehaucht – seine persönliche Beziehung zu den Protagonisten erzählt, kleine Geschichten und Anekdoten sowie viele O-Töne einfließen lässt. Das ist flüssig lesbar und durch den roten Faden des Samstagabend-Themas hangelt man sich vergnügt von Kapitel zu Kapitel. Es sind schöne Porträts, die eine Zeit nostalgisch wieder aufleben lassen, die schon so lange vergangen scheint und in unseren Herzen doch noch so präsent ist. Wundervoll!
Vermutlich sind Konstantin Wecker und seine nachdenklichen, rebellischen, antifaschistischen Lieder in der heutigen Zeit relevanter denn je. Er weiß sehr wohl, dass er mit seinen Texten nur diejenigen erreicht, bei denen die Worte ohnehin auf fruchtbaren Boden fallen. Um so höher ist es im anzurechnen, dass er nicht aufgibt. Unermüdlich erzählt er aus seinem Leben, von dem friedvollem Vater, der ihm so viel mitgegeben hat, von eigenen Erfolgen und Niederlagen.
Der Song „Willy“ hätte Konstantin Wecker fast zum Verhängnis werden können. Weil er damit in eine Ecke gestellt wurde, die zwar großen Erfolg brachte, ihn aber musikalisch sehr einengte. Protestsongs ja – doch Weckers Devise war es immer, sie mit romantischen Liedern zu verknüpfen. Poesie und Widerstand. Wut und Zärtlichkeit. So gab es die ruhigen Chanson-Alben mit Wurzeln in Italien und Südfrankreich, die in Weckers mittlerer Lebensphase manche Fans verprellten, inzwischen aber doch so deutlich zu seinen Livekonzerten hinzu gehören.
Auf „Sage Nein! Antifaschistische Lieder 1978 bis heute“ ist „Willy“ wieder stark vertreten. Der Song rahmt das Album ein: Mit der ursprünglichen Version am Schluss und der 2018er Version ganz am Anfang, die vor allem eine energische Ansprache an die heutige Gesellschaft darstellt und vor internationalen Tyrannen und nationalen Gestalten wie Seehofer und Gauland warnt.
Romantisch wird es auf dem Album nicht, aber melancholisch. Neben dem brandneuen Song „Das Leben will lebendig sein“ bilden Klassiker wie „Sage nein!“, „Empört euch“, „Vaterland“, „Die weiße Rose“ und „Ich habe Angst“ eine starke Mischung antifaschistischer Wecker-Lieder, die den Menschen Mut machen sollen. Mut, um aufzustehen, sich einzumischen, Mut, zu widerstehen. Es sind Lieder, die gegen Ängste, Resignation und gegen den bedrohlichen Nazi-Wahnsinn anklingen. Ton für Ton, Wort für Wort. Auch das Loblied an die Anarchie „Anna R. Chie“ darf nicht fehlen.
Die CD, deren Erlös zu einem Teil auch der antifaschistischen Informations-, Dokumentations- und Archivstelle München (a.i.d.a.) gespendet wird, ist für nur zehn erschwingliche Euro erhältlich. Auch damit leistet der Musiker einen Beitrag, dass noch mehr Menschen erreicht werden können, die ganz einfach Nein sagen.
Die Mischung zwischen Neuaufnahmen, Originalen und Live-Mitschnitten ist stimmig. Fanny Kammerlander und Jo Barnikel leisten als Instrumentalisten einen fantastischen Job. Und Konstantin Wecker ist in Topform. Als Bonus gibt es „Bella Ciao“ im weltmusikalische Duett mit Shekib Mosadeq. Und der letzte Song lässt das Album nicht mit einem Knaller enden, sondern mit dem als Volkslied getarnten Trauersong der KZ-Häftlinge „Blümlein stehn am Waldessaum“. Sehr berührend!