Die Rival Sons als „Darkfighter“ und „Lightbringer“ in der Kölner Kantine
Es scheint, als hätten die Rival Sons mit der Zeit ein besonderes Faible für Köln entwickelt. Einige erinnern sich vielleicht an einen ganz frühen Auftritt 2015 im Luxor (hier unser Bericht), als die Band noch eine Art Geheimtipp war, bevor sie ein Jahr später mit „Hollow Bones“ endgültig durch die Decke ging. Es folgten Gastspiele in Die Werkstatt oder im Bürgerhaus Stollwerck. Heute der nächste Schritt in die etwas größere Kantine, die gut 1.000 Leute fasst und restlos ausverkauft ist. Vielleicht hätte man es angesichts dessen auch gleich mit dem etwa doppelt so großen E-Werk versuchen können. Sei’s drum… Diejenigen, die ihren Weg nach Köln-Riehl am Abend, bevor in der Domstadt der karnevalistische Ausnahmezustand herrscht, gefunden haben, müssen ihr Kommen nicht bereuen.
Zunächst aber dürfen sie sich von LA Edwards warmspielen lassen. Die Kapelle aus Kalifornien hat gerade ihr viertes und selbstproduziertes Album „Out Of The Heart Of Darkness“ veröffentlicht und besteht aus den drei Brüdern Luke (Gesang), Schlagzeuger Jerry und Jay Edwards an der Gitarre. Mit ihrer Mischung aus Blues und Southern Rock haben sie nach 45 Minuten auch die letzten „Vorgruppen-Skeptiker“ auf ihre Seite gebracht und ernten trotz eines zeitweiligen Soundmatsches mehr als nur den oft üblichen, wenn auch höflich gemeinten „Nun geht doch endlich“-Applaus. In der Umbaupause checkt schonmal Rival Sons-Schlagzeuger Mike Miley die Gefühlslage in der Halle und begrüßt einige Fans am Bühnenrand.
Ende Oktober hat das Quartett sein neues Album „Lightbringer“ veröffentlicht, das nach dem im Juni erschienenen „Darkfighter“ bereits das zweite Album der Rival Sons in diesem Jahr ist. Doch wer so viele grossartige Songs im Repertoire hat, der kann sich eine solche Doppelveröffentlichung locker leisten. „Mirrors“ von „Darkfighter“ darf den Abend dann auch eröffnen und vom ersten Ton an sind Band und Fans eine Einheit, der man die gegenseitige Freude auf das heutige Konzert in jeder Sekunde anmerkt. Kein Wunder, dass sich Frontmann Jay Buchanan im Verlauf der nächsten zwei Stunden mehrfach und sichtlich von Herzen für den ungebrochenen Support bedankt. Live werden er, Mike Miley, Gitarrist Scott Holiday und Dave Beste am Bass von Keyboarder Todd E. Ögren-Brooks unterstützt.
Dieses Quintett bluesrockt sich in der Kantine durch seinen Backkatalog und packt dabei auch einige Perlen wie „Memphis Sun“ vom ersten Album „Before The Fire“ oder die nicht minder angegrauten „Face Of Light“ und „Pressure And Time“ vom gleichnamigen Nachfolger von 2011 aus. Jay Buchanan erinnert dabei nicht nur optisch ein wenig an den legendären Jim Morrison, auch wenn er nicht mit dem Rücken zum Publikum singt. Sein (und mein) persönlicher Höhepunkt kommt während der Zugaben, als er alleine mit seiner Gitarre das wundervolle „Shooting Stars“ singt und vorher eine deutliche Ansprache an alle Kriegstreiber dieser Welt hält. Es ist einer der wenigen ruhigen Momente in dem ansonsten wogenden Meer aus gewaltigen Riffs, betörend guten Melodien, atmosphärischen Wechseln und einer an- und abschwellenden Intensität, deren Anker die unverwechselbare Stimme von Jay Buchanan und die einzigartige Gitarrenarbeit von Scott Holiday sind, die er nicht nur bei einem mehrminütigen Solo eindrucksvoll unter Beweis stellt. So dehnt die Band „Feral Roots“ locker auf das Dreifache seiner ursprünglichen Länge aus und erinnert mit diesem Soundgewitter an die frühen Genesis, Supertramp oder Manfred Mann’s Earth Band.
Wenn die Corona-Pandemie ein Gutes hatte, dann die Tatsache, dass sie die Betreiber sämtlicher Clubs und Konzerthallen dazu gezwungen hat gute Lüftungssysteme zu installieren. So weht auch durch die Kantine des öfteren ein kühler Wind und tauscht die vom Schweiß aller Anwesenden schwere Luft gegen frische aus. Zum hohen Gehalt an Ausdünstungen trägt insbesondere Mike Miley bei, der sein Schlagzeug nach „Open My Eyes“ mit einer solchen Inbrunst bearbeitet, dass man Angst hat es bricht unter ihm zusammen. Jeder Song wird von den Kölnern lautstark mitgesungen und abgefeiert, die aktuellen „Rapture“ oder „Mosaic“ ebenso wie die Klassiker „Back In The Woods“ oder „Tied Up“. Frei nach dem Rival Sons-Motto: Stecker rein und voll aufdrehen, kompromisslos, ehrlich, handgemacht.
Mit „Keep On Swinging“ entlässt die Band die Fans nach intensiven 120 Minuten in die Nacht, nicht ohne sich nochmal ausgiebig zu bedanken und die vorderen Reihen mit Drumsticks und Gitarrenplektren zu versorgen. Hätte Petrus zu diesem Zeitpunkt nicht alle Schleusen über Köln geöffnet, hätte der ein oder andere das auf dem Weg zum Auto oder der nächsten Bahnhaltestelle mit Sicherheit wörtlich genommen. Was im Regen nicht untergeht ist das Gefühl einen denkwürdigen Konzertabend erlebt zu haben und die Vorfreude auf das nächste Wiedersehen mit den Rival Sons. Wer weiß, dann ja vielleicht im E-Werk.
Setlist:
- Mirrors
- Do Your Worst
- Electric Man
-
Rapture
-
Darkfighter
- Open My Eyes
- Back In The Woods
- Tied Up
- Memphis Sun
- Pressure And Time
- Feral Roots
- Nobody Wants To Die
- Darkside
- Too Bad
- Face Of Light
- Shooting Stars
- Mosaic
- Keep On Swinging