Von Geschichtenerzählern, lokalen Lieblingen und Teenie-Träumen
Jemand meint es gut mit Wuppertal – blauer Himmel, viel Sonnenschein, (ausnahmsweise mal) kein Regen und noch dazu stabile Inzidenzwerte, die endlich das möglich machen, worauf viele seit etlichen Monaten warten: Live-Musik. Und das kam direkt im Multi-Pack. Thees Uhlmann, Maria Basel und Darjeeling sowie Jeremias sorgten auf der Waldbühne Hardt am zweiten Juniwochenende für drei Konzertabende.
Gut besucht waren die Konzerte alle, kaum Stühle blieben frei und die strengen Hygienemaßnahmen lassen einen für einige Stunden den Corona-Alltag vergessen. Zugang gab es nur für Geimpfte, Genesene oder Getestete. Alle Veranstaltungen waren bestuhlt und jedem wurde sein Sitzplatz zugewiesen – hier galt die Regel „Wer zuerst kommt, mahlt zuerst“. Idyllisch zwischen Felsen und grünem Wald gelegen versteckt sich in dem Park zwischen den Stadtteilen Elberfeld und Barmen die Waldbühne in erhöhter Position mitten in der Stadt.
Gleich die Eröffnung übernahm eine Größe der deutschsprachigen Rockmusik – Thees Uhlmann, Ex-Tomte-Frontmann, seit einigen Jahren vor allem Solo unterwegs, zeigte sich mit seiner Live-Band voller Spielfreude, Charisma und einer großen Portion (Selbst-)Humor.
Dass Thees Uhlmann musikalisch seit Jahren abliefert, ist kein Geheimnis. Mit seiner Solo-Karriere knüpft er weitestgehend nahtlos an die erfolgreichen Tomte-Zeiten an – es bleibt weiter indierock-poppig mit Texten, die von Kritikern wie Fans gefeiert werden, zum Mitsingen einladen und dabei im Kopf nachhallen. Dabei weiß Uhlmann, wie er das Publikum auch zwischen den Songs – die vor allem vom aktuellen „Von Junkies und Scientologen“- Album und der selbstbetitelten Solodebüt-Platte kommen – bestens unterhalten kann. Wenn Uhlmann in der Anekdotenkiste kramt, hat er die Lacher dank seiner augenzwinkernd-selbstironischen Erzählweise definitiv auf seiner Seite, ohne dabei abgehoben zu wirken. Vielmehr hat man das Gefühl, mit einem sehr guten Kumpel entspannt bei einem Bier zusammenzusitzen und dabei bestens unterhalten zu werden – inklusive eines zwischenzeitlichen Griffs zur Gitarre. Für die Rückkehr zurück zur Livemusik hätte der Veranstalter kaum eine bessere Wahl treffen können.
Dass dies mit lokalen Künstlern ebenfalls gelingen kann, zeigte der zweite Abend. Den abschließenden Bühnencheck für Darjeeling und Maria Basel übernahm – passend zur Waldbühne – ein Eichhörnchen, das schnell über die Stage flitzte. Solcherart gewappnet und mit entspanntem Publikum eröffnet Maria Basel den Abend. Die Solokünstlerin hat Anfang des Jahres ihre Debüt-EP „Layers“ mit fünf dichten, sphärischen Elektro-Pop-Songs veröffentlicht und präsentiert diese nun erstmals vor Live-Publikum. Dabei ist sie kein unbeschriebenes Blatt. Sie singt, komponiert oder spielt bei verschiedenen Formationen mit – das reicht von Elektro hin zu Pop, Hip-Hop oder Jazz etwa mit dem Pina Bausch Ensemble, Samy Deluxe, Golow oder im Basel & Söhngen Duo. Zudem legt sie als RIA mit elektronischen Performances/DJ auf. Ihr Sound aus flirrenden Loops und melancholischen Melodien macht Lust auf mehr – auch bei dem Konzert auf der Waldbühne.
Nach einem Set von einer knappen halben Stunde übernimmt ein adäquater Nachfolger: Die Wuppertaler Band Darjeeling ist mit ihrem mittlerweile dritten Album „Maguna“ nicht nur in der Heimatstadt etabliert. Mit ihrem psychedelischen Avantgarde-Pop mit einer Mischung aus synthie-lastigem Indie und Krautrock weiß das Trio, bestehend aus Fabian Till Reinkenhoff (Keyboard), Markus Kresin (Bass) und Jan Szalankiewicz (Gitarre), zu überzeugen. Live gibt es Unterstützung von Schlagzeuger Thorben Doege und Niklas Nadidai am Keyboard.
„Endlich wieder Konzerte – sozusagen zum Anfassen“ dürfte vielen durch den Kopf gegangen sein, die an dem sommerlichen Freitagabend in den Genuss kommen, Darjeeling live zu erleben. Dass die neuen Songs nun auch vor „richtigem“ Publikum und nicht nur in Streams vorgeführt werden ist für alle Seiten eine Freude. In den Rängen schwelgen die Zuschauer zu den Klängen mit nickenden Köpfen in den Soundwolken, die aus den Boxen strömen, während die Spielfreude auf der Bühne förmlich zu greifen ist. Die Zeit ist allerdings begrenzt, wie bei Open-Airs meist der Fall, daher hält sich die Band nur wenig mit Ansagen auf und holt stattdessen alles mit, was geht, inklusive zwei Songs als Zugabe. Dabei bedienen sich die Jungs vor allem an ihren beiden jüngeren Alben „Maguna“ und „Hokus Pokus“, wobei auch „Little Weapon“ vom Debütalbum nicht fehlen darf. Hätte es besagte Zeitbegrenzung nicht gegeben, sowohl Publikum als auch Band hätten wohl am liebsten bis spät in die Nacht weitergespielt – zu Recht.
Und doch – wo ein Ende, da auch ein Anfang, in dem Fall das nächste Konzert am Samstagabend. Dieses Mal sind Jeremias aus Hannover zu Gast – und reißen gleich in den ersten Sekunden alle von den Stühlen. Statt Sitzkonzert gibt es mehr stehende Tanzeinlagen, wenn auch bedacht am eigenen Platz. Das durchschnittlich junge Publikum feiert die Gruppe, zeigt sich in knapp anderthalb Stunden Konzert textsicher. Der Indie-Pop mit Disco-Funk-Elementen und deutschsprachigen Texten trifft den Nerv der Hörer, geht direkt ins Ohr und offensichtlich auch in die Beine. Frontmann Jeremias Heimbach (Gesang und Piano), Oliver Sparkuhle (Gitarre), Ben Hoffmann (Bass) und Jonas Herrmann (Drums) genießen den Tourauftakt sichtlich, schließlich haben sie ihr gerade erst erschienenes Debütalbum „Golden Hour“ mit im Gepäck und bei dieser Reise allen Rückenwind.
Den dürften auch die Veranstalter des Wuppertaler Konzertfrühlings haben: volles Haus bei allen Konzerten, keine Zwischenfälle, ein entspanntes und begeistertes Publikum und viele Menschen auf allen Seiten, die hungrig nach mehr sind.
Im Juli geht es weiter. Am 9. Juli spielen Die Sterne auf der Waldbühne, am 10. Juli folgt die Henrik Freischlader Band. Für beide Events gibt es noch Karten im Vorverkauf.