„Kentucky“ – da ist er wieder, dieser typische Sound der Südstaatenrocker von Black Stone Cherry, den ich auf dem letzten, dem vierten, Longplayer „Magic Mountain“ vermisst habe. Das fünfte Album hat zurückgefunden zu dem erdigen Sound der vier jungen Musiker, wenig Krims-Krams und Überflüssiges hat den Weg auf dieses Album geschafft – zum Glück!
Der Wechsel der Plattenfirma – Black Stone Cherry haben für das neue Album bei Mascot unterschrieben – hat dem Sound der Band gut getan und auch die Entscheidung wieder wie beim Debütalbum in den Barrick Studios der Heimatstadt mit Produzenten David Barrick aufzunehmen, bringt die Band zurück auf die alte Spur.
Die erste Singleauskopplung „In Our Dreams“ und „Rescue Me“ beweisen mit treibendem und schnellem Gitarrensound, dass die Jungs das Rocken nicht verlernt haben, perfekt dazu ist Chris rauchige Stimme! „Soul Machine“ entpuppt sich als funkiger guter-Laune-Song aus den 70ern mit Trompeten und bombastischen Backingvocals und sticht mit seinem Sound interessant hervor.
Zu sehr Kopie des Originals ist für mich „War“ von Edwin Starr – ich hätte mir eine modernere und völlig neue Umsetzung von Black Stone Cherry gewünscht. Auch wenn der Text in unserer heutigen Zeit Sinn macht und der Song nicht als Bonus-Version dienen sollte, so ist jedoch der Song mit seiner musikalischen Umsetzung in meinen Ohren in Black Stone Cherry Manier nicht geglückt und für mich der schwächste Song auf dem Album. Oft nutzt Chris verzerrte Vocals wie bei „Cheaper To Drink Alone“ und „Feelin Fuzzy“ als musikalisches Element – Geschmackssache… lieber mit Bedacht und vereinzelt einsetzen!
Für die Schmusefraktion gibt es „Long Ride“ und das fantastische „The Rambler“ als akkustisches Stück nur in Gitarrenbegleitung von Ben. Der Song ist bereits auf der Promotour im Februar vorgestellt worden und war mit Ex-Shinedown-Gitarristen Jasin Todd geschrieben worden. Sänger Chris bedeutet der Song viel, so handelt er doch vom Leben in einer Band während die Familie auf einen wartet.
Ganz klar überzeugt das neue Album mit 13 abwechslungsreichen Songs, auch wenn nicht die melancholischen Melodien des ersten Albums erreicht werden. Der Sound ist härter und erwachsener geworden, die Themen ernster und kein Storytelling mehr über den Nachbarn nebenan. Erstaunlich ist, dass die Band auch nach fünf Alben in Originalbesetzung zusammensteht wie am ersten Tag. Das macht die Jungs sympathisch und ihre Musik sehr ehrlich.
Black Stone Cherry sind auf europaweiter Promo-Tour – mit neuer Plattenfirma und gut sechs Wochen vor Erscheinen ihres fünften Albums „Kentucky“ spielen die vier Rocker vor knapp 1000 Fans im Dortmunder FZW. MHQ hatte backstage vor der Show die Gelegenheit zum Interview mit Bassist Jon und Drummer John Fred und Zeit für einen Rückblick auf vier Alben und für einen Ausblick auf was noch kommen mag.
mit Jon Lawhon und John Fred Young von Black Stone Cherry
Zunächst „Herzlichen Glückwunsch“! Eure Platte ist noch nicht raus und Ihr seid bereits erfolgreich europaweit in größeren Hallen unterwegs! Ich bin wirklich überrascht!
Jon: Ja, das sind Promo-Shows für unser neues Album.
John Fred: Wir sind auch überrascht – in Amsterdam, wo wir gestern gespielt haben, haben wir sonst im Melkweg die kleinere Halle gefüllt. Gestern waren wir in der Haupthalle mit fast 800 Fans. Mit den Pariser Geschehnissen im Bataclan letztes Jahr wussten wir nicht mal, ob wir überhaupt noch auf Tour gehen können. Im Cabaret Sauvage konnten wir letztlich vor 600 Fans auftreten. In Frankreich und Holland werden wir stetig größer. Und Deutschland war immer großartig für uns.
Jon: Genau, in Deutschland sind wir stetig gewachsen, seit wir das erste Mal hier gespielt haben. Nicht schnell aber konstant. Wir können nicht klagen!
Was ist der Grund, dass die Kanadier von Theory of a Deadman diese Tour nicht wie geplant Eure Vorband sind?
John Fred: Der Wechselkurs ist gestiegen, die Tour wäre finanziell ein großer Nachteil für die Band gewesen. So haben wir Toseland aus England mit ins Boot geholt. Theory of a Deadman werden dafür zumindest im März nach England kommen.
Habt Ihr eine Erklärung dafür, dass Black Stone Cherry in England so erfolgreich sind? Was ist der Unterschied zum Publikum aus den Staaten oder zu den europäischen Fans?
Jon: Der größte Unterschied ist, dass Fans in England und auch überwiegend in Europa Stammpublikum sind. Die Fans sehen ein Plakat und kaufen das Ticket für das Konzert. In den Staaten muss ein Song immer und immer wieder im Radio gespielt werden, damit das Publikum sich vielleicht mal eine Show anschaut und die Show muss dann auch stimmen. Wir haben nie Probleme gehabt gute Shows zu liefern, aber im Radio in bestimmten Gebieten gespielt zu werden ist schwierig, weil es gut 3-4 Typen gibt, die die Radioszene beherrschen und die machen ihr eigenes Ding. Was England und Europa betrifft, so ist es vielleicht die Sprachhürde.
John Fred: Deutschland ist unser zweitgrößter Markt außerhalb der Staaten. Unser Manager hat erst jüngst eine Erhebung gemacht: An erster Stelle stehen zwar die USA, jedoch wegen der Größe des Landes, an Platz zwei folgt England, dann Deutschland, Italien und Südamerika, obwohl wir noch nie in Südamerika gespielt haben.
Wie sieht es mit Asien aus?
John Fred: Wir haben einmal in Tokyo gespielt und wir versuchen zu unserer Show in Australien im Juni dieses Jahres noch weitere Shows in China, Japan und Neuseeland zu bekommen. Der 24stündige Flug muss sich lohnen!
Habt Ihr das neue Album bereits während der letzten Shows gespielt?
Jon: Einige Songs davon! Die Single heißt „In Our Dreams“ und wir haben den letzten Song des Albums, „The Rambler“ schon gespielt.
Wie sind die Reaktionen?
Jon: „The Rambler“ ist ja noch nicht veröffentlicht und je öfter wir es spielen, desto mehr erkennen es die Fans wieder, auch von Youtube. Es ist ein unplugged-Stück – Chris und Ben spielen es alleine. Das erlaubt dem Publikum den Song und auch den Text besser wahrzunehmen. Für den Moment wär´s dies. Wir kommen ja nochmal Ende des Jahres wieder, dann gibt es mehr neues Live-Material.
John Fred: Wir kommen Mitte November nach England, fliegen dann über die Weihnachtstage nach Hause und kommen Ende 2016 oder Anfang 2017 nach Europa zurück. Die Fans wollen uns ja auch mit dem neuen Album nochmal auf Tour haben.
Vielleicht werdet Ihr auch von Eurer neuen Plattenfirma Mascot so gut gepusht!
Jon: Oh ja!! Sie pushen uns definitiv!
Wie ist es nach Warner, eines der größten Lables der Welt, nun bei Mascot unterschrieben zu haben?
John Fred: Wir haben in diesem Interview nicht genug Zeit um über all die positiven Dinge darüber zu sprechen! (lacht) Es ist wunderbar! Roadrunner, unsere vorige Plattenfirma, wurde von Warner aufgekauft und es war nicht mehr dieses familiäre Gefühl da. Wir sind dann im Januar 2015 gekündigt worden. Warner hat alles abgestoßen, was nicht das große US-Geschäft war und hat etliche Leute entlassen. Mit einigen von ihnen arbeiten wir auf selbstständiger Basis immer noch zusammen, weil sie hier in Europa einen klasse Job für uns gemacht haben. Als wir dann das erste Mal den Chef von Mascot getroffen haben, waren wir überwältigt, dass es überhaupt einen Eigentümer gibt, der weiß, was eine Gitarre ist und in einer Band gespielt hat. All die Bands und Musiker, die unter Vertrag sind: Volbeat, Joe Bonamassa, Beth Hart – Mascot nimmt pro Jahr nur ein oder zwei neue Bands unter Vertrag, sie nehmen nicht jeden auf.
Jon: Er hat es drauf, echte Talente rauszupicken und großartige Solokünstler und Bands unter Vertrag zu haben. Es geht ihm nicht danach, was gerade gut im Radio läuft und viel Geld macht.
John Fred: Und das ist der Unterschied zu den amerikanischen Grundsteinen. Verstehe mich nicht falsch: wir haben wunderbare Fans in den Staaten. Aber wenn du nicht Anteile an einer Radiostation wie Clearchannel hast oder Band XYZ bist, hast du im Radio keine Chance. Zuletzt wurde versucht uns in bestimmte Musikrichtungen zu pushen und wie bestimmte Bands auf Platte zu klingen. So sind wir aber nicht – wir sind eine Live-Band und keine Radio-Band. Mascot hat uns erlaubt völlige Kontrolle über die Entstehung der aktuellen Scheibe zu haben. Wir sind also nach Hause, haben unseren guten Freund David Barrick, der bereits die erste Platte produziert hat, angeheuert. Wir wollten auch das Budget der Platte niedrig halten und keinen Produzenten für 2-300.000 Dollar verpflichten, der nur Kaffee trinkt und einen Akkord für die Platte ändert. Es war eine tolle Zeit mit David, wir hatten das Album in 28 Tagen fertig!
Jon: Wir haben insgesamt 22 Songs aufgenommen. 13 Songs sind auf dem Album und es wird ein paar Sonderveröffentlichungen mit den restlichen Songs geben. Außerdem wird es auch eine von uns gedrehte Videodokumentation auf einer Version geben. Unser Team hilft unheimlich beim Bearbeiten der Videos und Josh, mein Bass-Techniker, hat viele von den Videos gedreht.
John Fred: Heutzutage müssen die Bands weitaus mehr Arbeiten für die Produktion übernehmen. Es hat sich so viel im Musikbusiness verändert. Jon hat z.B. das Cover zum aktuellen Album beigetragen.
Das Foto finde ich klasse!
Jon: Danke! Wenn wir jemand verpflichtet hätten für das Artwork des Covers, wären wir gut 5000 Dollar losgeworden. Für ein komplettes Booklet würden wir gut 12-16000 Dollar hinblättern oder ich übernehme die Arbeit. Das Geld müssten wir andernfalls erstmal mit Albumverkäufen wieder reinholen.
Ist es eigentlich ein Zufall, dass Euer Album am 1. April veröffentlicht wird?
Jon (lacht): Absolut! Ich habe schon gefragt, ob wir nicht ein Spaßalbum mit fünf richtig kitschigen Coversongs an dem Tag rausbringen können!
Wenn Ihr zurückblickt: habt Ihr wirklich Spaß an den Aufnahmen zu „Magic Mountain“ gehabt? Für mich ist es Euer schwächstes Album und ich hoffe sehr, dass es Euch mit der aktuellen Scheibe gelingt wieder ein Stück zu Euren Wurzeln zurückzufinden.
Jon: Das aktuelle Album ist auf jeden Fall näher an unserem ersten Album, weil wir alles wieder selbst in der Hand hatten. David Barrick war nur unterstützend dabei. Wir haben einen Song auf dem Album namens „Soul Machine“ – wenn du die souligen Seite von uns magst, dann wir dir diese funkige Seite auch gefallen. Du bist jedoch nicht die erste, die von Magic Mountain behauptet keine Verbindung zu uns zu haben. Der Grund ist wohl, dass wir versuchten vom Radio, von der kommerziellen Seite, wegzukommen und wir es absichtlich an einigen Stellen übertrieben haben, manchmal vielleicht zu sehr. Auf der aktuellen Platte sind wir unserem Gefühl gefolgt und haben uns musikalisch treiben lassen.
Dass die vier Jungs definitiv eine Live-Band sind, beweisen sie kaum eine halbe Stunde nach dem Interview. Das Publikum ist überraschend Männerlastig, der Sound treibend und rockig. Mit einem Querschnitt ihrer vier Alben und der Vorstellung zweier neuer Songs verabschieden sich die Südstaatenrocker nach einem gut 90minütigem Set von der Bühne mit den Worten: “We are Black Stone Cherry and we play Rock´n´Roll!”
Black Stone Cherry live
MHQ dankt der Band, Crew und Mascot Label Group (Michael Schmitz und Andrea Hendorfer) für die Unterstützung und Ermöglichung des Interviews.
Es ist ein wenig wie ein italienischer Abend in der Waldbühne Berlin – ein warmer Sommertag bei vino, hier und da wird italienisch gesprochen. Die Farben grün-weiß-rot auf Flaggen, Shirts und Transparenten verkünden die Vorfreude über das Comeback des Kult-Duos Al Bano und Romina Power nach 20jähriger Bühnenabstinenz. Obwohl es sich um das einzige Deutschlandkonzert handelt, bleiben so einige Plätze leer auf den zum Abend mittlerweile im Schatten liegenden Sitzplätzen. Zur Einstimmung bis zum Beginn des Konzertes gibt es Al Bano von der Platte. Die Bühne ist schlicht gehalten und auf zwei Bildschirmen flimmert ein Einspieler wie Al Bano als Kind mit seinem Bruder auf dem Land zwischen Olivenbäumen spielt.
Und dann betritt Albano Carrisi, Messias des Südens, zunächst alleine die Bühne: in Jeans und schwarzem Jackett mit langem Schal schmettert er als Solist seine Erfolge und beweist mit “Nel Sole” dem noch verhaltenen Publikum, dass er stimmlich über die Jahre nichts eingebüßt hat. Zu Celentanos “Azzurro” wird er von vier elegant gekleideten Backgroundsängerinnen unterstützt; zusätzlich ist ein Orchester als Verstärkung on stage. Das Comeback des Jahres ist sogar eine Schlagzeile für das Fernsehen wert, live wird Al Bano mit dem Italo-Klassiker “Funiculi Funiculà” in die Nachrichten übertragen, doch alle warten auf nur sie: semplicemente Romina – ganz einfach: Romina – so stellt Al Bano seine jahrzehntelange Partnerin vor, die im wallenden weißen Oberteil und mittlerweile erblondet ihr Heimatland “America” besingt.
Zwischen Englisch und Italienisch wechseln die Ansagen der beiden – Romina bedauert, obwohl ihre Urgroßmutter Deutsche war, unsere Sprache nicht sprechen zu können. “Ich wünsche, ich könnte Eure Spracke sprecken – aber nix”, witzelt sie sympathisch, wechselt ins fließende Englisch und erzählt wie sie Al Bano kennen und lieben lernte, bevor sie “A Message” von ihrem aktuellen Soloalbum zum Besten bringt. Ein tragisches Schicksal, das Verschwinden ihrer damals 23jährigen Tochter, trennte die beiden Künstler persönlich und musikalisch. Romina verarbeitet den Verlust in einem deutschen Gedicht, welches sie mit bewegter Stimme vorliest und allen Müttern widmet. Und dann der Song, der beide Künstler endlich auf der Bühne vereint: “Libertà” zu frenetischem Jubel und Zücken von Fotoapparaten. Mit einem Handkuss begrüßt Al Bano seine Romina und zu “13 Dicembre”, dem Festtag der heiligen Lucia, werden die vier eleganten Backgroundsängerinnen einzeln nach vorne gebeten und stimmen mit dem Publikum den Chorus an. Ein Mann ohne Liebe, eine Frau ohne Liebe – Maschine kaputt, stellen Al Bano und Romina lachend fest. Von Streitereien und Rosenkrieg ist nichts mehr zu merken, fast necken sie sich wie zwei Frischverliebte und erzählen wehmütig “aaah, damals – hätte ich doch nur” während über die Bildschirme alte private Fotos der beiden flimmern. Bei “Sempre Sempre” hält es niemanden mehr auf den Sitzen, es wird getanzt, geschaukelt und lauthals mitgesungen als wären wir zurück in den 80ern, in denen wir mit “Sharazan” und endlich “Felicità” am liebsten für immer bleiben würden.
Zusammen mit dem Berliner Ernst-Senff-Chor holt uns Al Bano mit “Nabucco”, “Ave Maria” und “Nessun Dorma” zurück in die Gegenwart während Romina Zeit hat, ihr Outfit zu wechseln. Standing Ovations zu seiner glasklaren Stimme erntet der Puglieser und mich jagt eine Gänsehaut nach der anderen zu so viel Stimmgewalt. Al Bano ist schon längst ins Italienische gewechselt und kündigt an “dann kommt sie”. Nicht nur Romina kommt auf die Bühne, sondern auch die Nostalgie mit “Nostalgia Canaglia” und so driften wir zurück in das Jahr 1969 als “Acqua di Mare” Rominas erster Soloerfolg wurde. “Du warst sehr romantisch, als du mir den Song geschrieben hast, Al Bano”, “das bin ich immer noch” – “aber nicht mit mir” erwidert Romina. “Du bist abgehauen”, bedauert er fast im pugliesischem Dialekt – schade, dass solche Kommentare nur die Italiener im Publikum verstehen können. Noch romantischer wird es, als die beiden Frank Sinatras “Something Stupid” auf Italienisch (“Qualche stupido ti amo”) anstimmen, sich nebeneinander setzen und zu ihrem Eurovision-Song 1976 “We´ll Live It All Again” gemeinsam tanzen. Die alte Vertrautheit scheint zurück und mit “Ci Sarà” folgt die nächste Schnulze.
In Vino Veritas – die Bühne wird kurzerhand mit zwei Tischen zu einer Weindegustation umgewandelt und ein Dutzend Fans dürfen Platz nehmen und Al Banos Rotwein aus seiner Produktion probieren. Und während ein Medley aus altbekannten Songs wie “Santa Lucia”, “Mamma”, “All You Need Is Love” und “Volare” im Schlagabtausch zwischen den beiden Sängern folgt, scherzt Al Bano mit dem Kameramann und den Fans auf der Bühne. Eine echte “notte italiana” neigt sich dem Ende als Al Bano mit seiner Romina Hand in Hand von der Bühne geht, das Publikum aber lautstark nach einer Zugabe ruft. Und was würde da besser passen als ihren größten Hit nochmals zum Besten zu geben? Fast mag ich behaupten, dass es für eine Live-Version zu perfekt und ein Halb-Playback ist, aber egal – die Waldbühne steht Kopf! “Felicità” – das ist wenn Al Bano und Romina gemeinsam singen, so ist es auf einem Plakat geschrieben. Und der Song brennt sich ein, wird auf dem Heimweg über Youtube-Kanäle abgespielt und noch in der U-Bahn gesungen. Ein Wiedersehen mit dem Duo dürfte es bald geben: am 18. September erscheint die CD “Live in Verona” – ihr Auftritt in der Arena für das italienische Fernsehen und an einer gemeinsamen Platte wird gearbeitet.
Fast könnte ich denken, Bon Jovi treten in Köln-Mülheim auf – parkende Autos mit Band Schriftzügen und Aufklebern säumen den Weg zum E-Werk, in dem der ehemalige Bon Jovi-Gitarrist Richie Sambora seinen Solo-Auftritt hat. Unterstützt wird er auf seiner „Aftermath Of The Lowdown“-Tour von der Gitarristin Orianthi. Mit 18 Jahren wurde die Australierin von Carlos Santana entdeckt, sollte Michael Jacksons Abschiedstour gitarrentechnisch begleiten und tourte zuletzt mit Alice Cooper durch die Welt bis Richie Sambora auf das nun 29 Jahre junge Talent aufmerksam wurde.
Nach einem kurzen Auftritt von Deutsch-Pop-Sänger-mit-Gitarre Willer betritt Richie um 21.10 Uhr die Bühne. Bassist, zwei Keyboarder, Drummer und mit dem Doppel Richie und Orianthi an der Gitarre – dies verspricht ein Konzerthighlight zu werden, wenn da das anfängliche Geholpere nicht wäre. Schon zum Lean Russel-Cover „A Song For You“ ist der Sound noch nicht richtig ausgerichtet, Richies Gitarrenspiel noch nicht aalglatt. Mit „Burn That Candle Down“ und „Nowadays“ beginnt er mit zwei Songs seiner aktuellen, dritten Solo-Scheibe „Aftermath Of The Lowdown“. Doch bereits „Lay Your Hands On Me“ zeigt, dass das Publikum eher bei den Bon Jovi Songs textsicher ist und mit Sicherheit Bon Jovi-Fans in der Menge sind, die Richie mit seiner bluesigen und charakteristischen Stimme Jon gegenüber bevorzugen. Während Orianthi überwiegend an ihrer blauen Gibson in die Saiten greift, wechselt Richie zu jedem Song zwischen Fender, Gibson, Western-Gitarre, Double-Neck und immer wieder zu merken: er nickt Orianthi anerkennend zu, wenn sie über das Gitarrenbrett schrabbt und die beiden sich in Gitarren-Soli verlieren. Es macht Spaß den beiden bei ihren Intermezzi zuzuschauen und ab und an wünsche ich mir, wir wären nicht mit gut 1.500 Fans im E-Werk, sondern mit 200 Fans in einem stickigen, winzigen Club, in dem die beiden sich von einem Gitarren-Solo zum nächsten spielen. Dass Orianthi nicht nur an der Klampfe Talent hat, beweist sie bei „You Don’t Know“ mit ihrer klaren Stimme. Während sie mit Richie zusammen auf der Bühne manchmal fast schüchtern und zurückhaltend wirkt, dreht sie alleine an den Vocals auf. Wir dürfen sehr gespannt sein auf das gemeinsame Album-Projekt der beiden Gitarristen.
Je später die Stunde, desto mehr dreht auch Richie auf, hat sich warmgespielt und spricht mit einem Zwinkern über seine persönliche Krisen – textliche Grundlagen seines letzten Albums – und schnoddert dabei leider meist unverständlich in das Mikro. Bereits vor zwei Jahren tourte er mit den Songs der aktuellen Platte durch deutsche Clubs, dieses Mal unterstützt eine Mehrzahl von Cover-Songs wie „Storybook Love“ von Mark Knopfler und Willy de Ville, Bob Marleys Reggae-Klassiker „Get Up, Stand Up“, angereichert durch eine gelungene Auswahl an Bon Jovi Songs seine Konzerte. „I’ll Be There For You“ und „These Days“ sind ein Ohrenschmaus aus Richies Mund und mit den bei Bon Jovi Konzerten bekannten “I’ll Be There For You“-Chören, werden Richie und Band zur ersten Zugabe auf die Bühne zurückgerufen und bringen eine Handvoll weiterer Musiker mit.
Sie hatten sich um den Spot als Richies Vorband beworben, letztlich machte Willer das Rennen – nun sind sie aber alle mit Richie und Band auf der Bühne und bringen „Lean On Me“ zum Besten. Ein wenig chaotisch, ein wenig durcheinander – Richie muss hier und da mal Anweisungen geben zum Aufstellen am Mikro und zum coolen Posen mit den zahlreichen Gitarren. Die weiteren Songs sind ein Feuerwerk für wohl alle Fans: die akustische Version von „Living On A Prayer“ beflügelt durch das abwechselnde Singen zwischen Richie und Orianthi zum Gänsehautfeeling und „Stick To Your Guns“ des New Jersey-Albums ist eine kleine Zeitreise in kaum live-gehörte Songs. Es gilt als Intro zum legendären „Wanted Dead Or Alive“ mit dem sich Richie und Band um 23 Uhr von der Bühne verabschieden. Von wegen… „I’m ready to leave here, how about you?“ witzelt Richie. Das Publikum will mehr und wird mit “Father Time” belohnt – nur Richie, seine beeindruckende Stimme und seine Gitarre – mehr Gänsehaut an diesem Abend geht nicht! Zum grandiosen Abschied noch „Takin’ A Chance On The Wind“ – auffällig: kein einziger Song der Platte „Undiscovered Soul“ hat es auf die Setlist geschafft… hat Richie mit der damals glücklichen Zeit abgeschlossen? Fans in den ersten Reihen wünschen sich auf Schildern u.a. „Harlem Rain“. Zumindest hat Richie Sambora noch genug Material, um noch weitere Auftritte zu absolvieren – wir freuen uns auf seine Rückkehr mit einer neuen Platte und weiteren Konzerten!
Treffpunkt Funkclub, Bergkamen – ganz abgeschieden an den Grenzen des Ruhrpottes liegt das Studio von Axxis, um seit Jahrzehnten in aller Ruhe deutschen Hard-Rock-Sound zu produzieren. Bernhard Weiß und Harry Oellers luden ein, im kleinen Rahmen (schon allein aus Platzgründen – in der Tat sind wir nur zu zweit mit den beiden Herren in dem kleinen Studio) noch vor Veröffentlichung und Präsentation der 25-Jahre-Scheibe „Kingdom Of The Night II” in den Medien in eine gute Handvoll von Songs reinzuhören. Und dies sozusagen in der „Rohfassung”, noch mitten im Songs abmischen! Zunächst jedoch bitte die Begriffserklärung zum Funkclub… ich spreche es als Musikrichtung aus, werde jedoch berichtigt, dass dies das Vereinshaus der Funker sei! Beruhigt bin ich, dass Berny, als die Band sich einen neuen Proberaum suchen musste und im Funkclub vorsprach, den gleichen Gedanken hatte wie ich… Aus dem Proberaum wurde ein vollausgestattetes Studio mit mehreren, wenn auch kleinen Räumen. Die Band ist also völlig autark, was aufnehmen und mischen betrifft – sehr zeitsparend, bzw. Arbeit im eigenen Tempo. Harry bleibt noch zum kurzen Foto-Shooting mit Berny und entschuldigt sich, die Runde verlassen zu müssen.
Routiniert bedient Berny das Mischpult. Die vielen Knöpfe und Anzeigen verunsichern mich und ich verliere schnell den Überblick über die ganze Technik, während der erste Song schon dröhnt. „Hall Of Fame” brilliert mit alarmierenden Gitarren, dunklen Riffs und einem matten Sound mit rauszuhörenden Delays. „Venom” als erste Singleauskopplung hingegen startet dunkel, Vocals und Gitarre sind runtergezogen. Marco schrammt beim Gitarrensolo mit einem Feuerzeug über die Saiten. Mein erster Gedanke ist, ob es einigen Fans zu hart vorkommen könnte, mir jedoch gefällt das Wagnis. Zum Vergleich spielt uns Berny auch das Testmaster vor: der Gesang ist brillanter, höher, vielleicht daher auch radiotauglicher.
Axxis ist immer eine Band gewesen, die am Impuls der Zeit auch gesellschaftspolitische Songtexte schreibt. So wird im Song „21 Crosses” an die 21 Toten der Duisburger Love-Parade erinnert, da Florian aus Lünen einer der Verstorbenen ist. Eine Akustikgitarre stimmt den Song ein, später steigen Drums und Gitarre ein, der Paneffekt unterlegt den Song. Berny erklärt, dass gegen Ende des Songs zum Vorlesen der 21 Namen der Toten, zunächst das Pfeifen als Melodieuntermalung aufgenommen wurde. Ein anderer Redakteur, der vorher zur Listening Session eingeladen war, fand dies jedoch unpassend und so begleitet nun eine Flöte die Melodie. Obwohl niemand der Band das Lünener Opfer kennt und auch zum Song keinen Kontakt zu der Familie aufgenommen hat, überlegt Berny, ob er nicht den Song stiften soll.
Ich bin einfach nur Beobachter, der es über die Medien mitbekommt und dachte „scheiße, das könnte deiner Tochter passiert sein”. Dann kommt noch die Konstellation mit dem Hass gegen die Kommune dazu und wie dort mit dem Thema umgegangen wird. All das spielt eine Rolle, dass wir einen Song darüber geschrieben haben. Wir haben schon mal so etwas gemacht über das Gladbecker Geiseldrama und dem Song „Just a Story”. Sex, Drugs and Rock´N´Roll ist einfach ausgekaut, ich finde es schon wichtig auch politisch in den Texten zu werden.
Bist du Grün?
Gute Frage… Ich war mal Grün, jetzt glaube ich nicht mehr so. Als die noch gestrickt haben, fand ich sie ganz cool (lacht laut). Ich bin zwar nicht Mitglied in einer Partei, aber ich kümmere mich immer darum, politisch up-to-date zu sein. Ich verfolge es immer und ich finde es total spannend, das hat mich früher nie interessiert! Ich engagiere mich auch kommunal, weil ich es total scheiße finde wie die Hauptschulen hier den Bach runtergehen. Ich mache auch am „JEKI”-Projekt mit, das ist eine tolle Sache. Gerade für Kinder, die nicht so fit sind in der Schule, ist es wichtig eine Alternative mit Musik zu finden. Ich bin das beste Beispiel! Jetzt lebe ich schon 25 Jahre von der Musik – das hätte meine Mutter damals auch nicht geglaubt!
„Gone With The Wind” ist ein Song des weißen Albums mit klassischer Gitarre und picking by Harry. Der Song hat mit seinem naturgebunden Text einen „Robin Hood”-Touch. Die Spannung steigt als „Kingdom Of The Night Part II” vorgespielt wird und wir die beabsichtigten Parallelen herausstellen: gleicher Songaufbau, gleiche Gitarrenparts, jedoch ein frischeres Soli und damit für mich eine gelungene zweite Version „Jahr 2014″. Das gleiche gilt auch für das neue „Living In A World”, welches jetzt „Living In A Dream – We Rock The World” betitelt wird. Vor allem Marcos Gitarre, bzw. Marcos Art dem Song den 80er Jahre Touch zu verleihen und trotzdem modern klingen zu lassen, fällt mir positiv auf. Berny unterstreicht dies und lobt Marco mit den Worten „trotz seiner jungen Jahre ist Marco aufgrund seines Musikgeschmackes der Sound der 80er Jahre bekannt, er weiß was die Band will und setzt dies um”.
Bassist Rob, der sich bislang mit Songschreiben zurückgehalten hat, empfand eine kreative Phase und steuerte „Heaven In Paradise” bei, Arbeitstitel „Greece Irish Coffee”. Eine leichte Monotonie ist im Chorus für mich rauszuhören (wowowowww you’re my heaven in paradise), für mich fehlt dem Song noch der „Pfiff”. Richtig abgefahren und sehr gut gefällt mir hingegen Axxis auf Deutsch: „Lass dich gehen” übermittelt zwar ein Rammstein-Feeling mit dem Song, aber keineswegs einen billigen Abklatsch. Deutsche Rocksongs sind schließlich selten. Der Song ist mystisch, dunkel, geheimnisvoll, die Mischung aus E- und Akustikgitarre macht den Song interessant und Marco fordert das Effektgerät um die Gitarren quietschen und dahinplätschern zu lassen. Als ich Berny frage, wovon der Text handelt, erzählt er:
Ich habe mit deutschen Texten immer Probleme gehabt und im Theater, als ich beim Prometheus Brain Project war, wurden die englischen Texte genommen, daraus deutsche Texte gemacht und dadurch wurden ganz viele Bilder im Kopf erzeugt. Der Song hat zwar ein Thema, aber spielt mit verschiedenen Bildern und es werden ganz viele Bilder im Kopf dazu erzeugt. Es entstehen komische, aber kräftige Texte. Hier ist es „Ich lass dich gehen”, also ich bestimme was du machst oder „lass dich gehen”, „komm aus dir raus”. Du kannst mit den Worten in der deutschen Sprache besser spielen als ich dachte. Mittlerweile habe ich da richtig Spaß dran! „Fass mich an” habe ich auch so gemacht.
Ein Song, der sowohl auf dem weißen, als auch auf dem schwarzen Album in zwei unterschiedlichen Versionen erscheinen wird, ist „Mary Married A Monster”. Angetrieben von den Berichten und Erfahrungen einer Freundin, die die Handgreiflichkeiten ihres Freundes mit Liebe verwechselte, ist der Song über dieses Gesellschaftsproblem entstanden. Die Melodie der Metalvariante stammt von „The Moon” des Debütalbums, treibende Double Bass unterstreichen den Song und stellen die Sicht aus Bandseite dar. Auf dem weißen Album wird Mary’s Sichtweise veröffentlicht („mein Freund meint es ja nicht so….”), zwar mit den gleichen Gitarrengrundzügen, jedoch mit einer höheren, lieblicheren Stimme.
Berny erklärt, dass durch die verschiedenen Facetten des Albums, die Songs auf zwei Platten aufgeteilt werden, um die Zugehörigkeit der Songs besser aufzuteilen.
Wir wollten natürlich Kingdom of the Night nicht nochmal schreiben und 1989 kopieren, aber wir wollten uns dahin „resetten” und den Vibe, den wir damals hatten, aufnehmen und dann das Songwriting beginnen, mit dem Gefühl, das wir 1989 hatten. Dann haben wir uns daran erinnert, dass wir drauf geschissen haben, was andere gesagt haben, was Metal ist und was Rock ist. Da war es viel vielseitiger. Da gab es Jethro Thull mit seiner Panflöte. Da gab es hohe Sänger, tiefe Sänger, es gab ganz wenig Grunzen. Heute ist es viel Mainstream geworden, weil sich alles so gleich anhört, was ich sehr schade finde. Früher war es sehr facettenreich. Ich habe Lieder geschrieben über Umweltschutz („Tears of the Trees!), darauf würde eine normale Rockband ja gar nicht mehr kommen und das damals in einer Zeit, wo Sex, Drugs and Rock&Roll galt. Darauf haben wir uns besonnen, dass wir ganz anders waren als andere Bands. Dass wir ganz andere Ideen hatten. Ich habe damals in einem Altenzentrum gearbeitet und dort Zivildienst gemacht, darüber habe ich damals geschrieben auf „Kingdom of the Night”. Oder nimm den Kalten Krieg. Damals waren wir auf der Straße wegen dem Ost-West-Konflikt. Wir waren politisch aktiv, das ist heute alles verloren und vergessen gegangen. Wir haben gegen Flughäfen demonstriert. Das haben wir alles auf „KOTN” verarbeitet. Auch auf den anderen Alben haben wir immer von der Zeit geschrieben, in der wir gerade gelebt haben, aber dieses Freimachen von allem, was man von uns erwartet, haben wir nie getan. Das haben wir nur auf „KOTN” gemacht, weil es mit dem ersten Album keine Erwartungen an uns gab. Das wollten wir mit dem aktuellen Album wieder erreichen. Alles was geil ist, machen wir und da wird nicht gesagt „passt zu Axxis, passt nicht”, das haben wir damals ja auch nicht gemacht. Wo es Parallelen gibt zu „KOTN” ist der ganze Aufnahmebereich. Wir haben in den letzten Jahren immer versucht perfekter und besser zu werden. Auf diesem Album wollten wir wieder zurück zu 1989, first takes nehmen, wirklich analog, alte Halleffekte nehmen, Rauschen, Brummen, Klacken, alles drauf lassen. Das war auch so ein Fetisch von Musikern über die ganze Digitaltechnik alles „clean” zu haben – Rauschen musste weggeschnitten werden, alles war schalltot, auch die ruhigen Passagen, kein Rauschen, nichts mehr. Bänder und Effektgeräte rauschen aber nun mal, das haben sie auch 1989 getan und diese Geräusche haben wir gelassen. Daher klingt das Album anders als „Utopia”, anders als „Doom of Destiny” und viele andere Alben von Bands, die ich kenne, die perfekt im Timing spielen. Cut, cut, cut, alles schön schneiden. Ich fand es ganz reizvoll eine Band wieder lebendig werden zu lassen, also ganz normal spielen, mit allen Fehlern. Das hat uns sehr viel Spaß gemacht. Dadurch wirkt das Album anders als die Alben, die wir vorher gemacht haben und eigentlich im Sinne von „KOTN” 1989 und „Axxis II”, die noch so entstanden sind.
Ihr wagt Euch mit dem neuen Album an recht harte Songs wie z.B. „Venom” – ich weiss nicht, ob dies Euren Fans gefallen wird…
Axxis war ja nicht nur 1989 „KOTN”, sondern es gab ja auch Phasen danach. Es gab „Utopia”, es gab die Laconia-Phase, wo wir mit Frauengesängen gearbeitet haben, wir haben ein paar deutsche Texte dabei gehabt. Aber wenn man 25 Jahre alt wird und „KOTN part II” rausbringt, muss man das ganze Spektrum, was im Laufe der Zeit gemacht wurde, auf die Platten bringen. Das haben wir versucht. Das ist nicht nur fokussiert auf „KOTN”. Also aus allen Phasen, die wir gehabt haben, Teile mit einfließen zu lassen und immer wieder KOTN-Melodien auf dem Album zu verstecken. Wie bei „Mary” mit „The Moon” am Anfang oder „Living in a World” ist ja fast geklaut von uns selbst. Wir konnten aber nicht nochmal Teil I schreiben. Hätten wir jetzt nicht das 25jährige, hätten wir gar nicht dran gedacht, solch ein Album rauszubringen. Wir hätten so weitergemacht wie bisher. Jetzt haben wir im old-fashioned Style gearbeitet, das wird Marco gar nicht so kennen. Das hat er erst jetzt mitbekommen wie man früher gearbeitet hat. Du musst also vom Anfang des Songs bis zum Ende des Songs durchspielen, da wird nichts geschnitten und kopiert. Wir haben uns dadurch natürlich auch ein wenig gequält.
Ihr habt Euch ja auch viel Zeit für das Album genommen. Das letzte Album ist 2009 erschienen.
Wir haben angefangen mit Songwriting im Januar 2013, insgesamt 21 Songs. Da hat sich Harry hier in Bergkamen ein Zimmer genommen ganz alleine und hat sechs Monate hier, außer am Wochenende, in Bergkamen gewohnt und wir haben voll Gas gegeben. Wir haben im ersten halben Jahr wenig Konzerte gespielt, weil wir neue Songs schreiben wollten. Wir wollten im September eigentlich schon fertig sein.
Ihr wollt am 28.02. veröffentlichen….
Genau, und jetzt bin ich noch am Mixen (lacht laut)!
Habt Ihr Euch zu viel vorgenommen, dadurch dass Ihr alles selbst macht und die eigene Plattenfirma seid?
Dadurch dass wir die eigene Plattenfirma sind, treten wir uns selber in den Arsch, das ist ganz interessant. Wir kriegen das hin. Die Hoffnung stirbt zuletzt! Am 15. Dezember gebe ich das Master ab, auch das machen wir alles selber. Sogar das Plattencover machen wir selbst, welches vergleichsweise ähnlich „KOTN I” sein wird! Wir sind ja jetzt unsere eigene Firma. Und das ist das Geile an 1989 – damals waren wir abhängig von der Plattenfirma, die hat Geld gezahlt dafür. Damals gab es ganz viele Medien, Business. Heute ist der Markt zusammengebrochen, die EMI gibt es gar nicht mehr richtig, wir haben ein eigenes Label und machen „KOTN II” im Flair vom Jahr 2014. 2014 heißt unabhängig zu sein, richtig Rock&Roll, das zu machen, was man will. Darauf zu scheißen, was ein Label sagt. Ich finde das sehr befreiend.
Keine Nachteile für Euch?
Doch, einen Nachteil hat es schon: wir müssen jetzt selbst zahlen, wir hätten natürlich lieber jemanden, der das Geld zahlt (lacht und zeigt uns auf seinem Handy die Plattencover der Black und White Edition)!
Was bedeutet es für Euch, zwei Alben zu veröffentlichen? Wie werden die Verkäufe abgerechnet?
Das ist noch ein Nachteil. Wir haben letztens „Rediscovered” und die DVD, die bei unserem Label erschienen sind, die Fans haben über unsere Homepage kaufen lassen. Das haben wir deshalb so gemacht, weil wir den Fans etwas anbieten wollten, exklusiv bei uns kaufen zu können. Das Problem ist nur: beide Alben wären in die Charts gegangen, wenn wir das nicht gemacht hätten. Wir konnten uns also entscheiden zwischen Geld oder Ruhm. Wir haben uns jetzt für den Ruhm entschieden. Dieses Mal machen wir es nicht. Wir werden beide Alben auf den Markt bringen und einzeln auch verkaufen, es wird keine Double-Edition geben, außer es ist eine teurere Edition mit Gedönz dabei. Aber wir wollen die Fans selbst entscheiden lassen, welche Phase von Axxis sie besser fanden. Natürlich können sie auch beide kaufen. Chartmäßig ist es so, dass wir uns selbst Konkurrenz machen. Die Alben werden getrennt gerechnet. Wirtschaftlich gesehen ist es eigentlich bescheuert, was wir machen. Auch mit „Rediscovered” ist es ja bescheuert gelaufen. Wir machen immer ganz bescheuerte Sachen, weil wir auch dran denken, was uns und den Fans Spaß macht. Wenn ich immer ans Geld denken würde, würde ich wohl jetzt eher auf dem Bau arbeiten und richtig Asche machen. (lacht laut los). Jetzt habe ich eine Familie, bin aber glücklich und mache geile Mucke.
„KOTN” ist für Axxis, was „Slippery When Wet” für Bon Jovi ist. Was für einen Leistungsdruck habt Ihr als neue Band verspürt mit solch einem extrem erfolgreichen Album?
Damals als wir das Album herausgebracht haben, haben wir das gar nicht gewusst. Das war unsere erste Platte, wir dachten das sei normal! Wir haben naiv und teilweise auch arrogant auf unseren Erfolg reagiert, weil wir es gar nicht verstanden haben! Ich habe gedacht 150.000 Platten sei normal für die erste Platte! Dass es so viel war, habe ich erst hinterher realisiert, als ich gemerkt habe wie neidisch oder wie sauer die Leute waren, weil wir von der EMI als Major Company gepuscht wurden. Nur leider war es kein Hype, es ist wirklich so entstanden. Der Druck kam hinterher, ca. ein halbes Jahr später, als wir festgestellt haben, es war etwas Besonderes, was wir gemacht haben. Die EMI sagte damals, „wenn Ihr beim ersten Album 20.000 Platten verkauft, dann haben wir Euren Namen etabliert. Beim zweiten Album 40.000 und beim nächsten Album investieren wir nichts mehr, dann bringt Ihr das ganze Geld zurück mit 80.000.” Das war der Plan. Nun kommt das erste Album mit 150.000 Verkäufen und dann sagte die Company „beim nächsten Mal 250.000!”, wir haben jedoch nur 90.000 verkauft. Was ja eigentlich nach dem Plan immer noch das Dreifache war von dem, was wir erwartet hatten, aber es war ein Misserfolg. Und dann kamen die BWL-Studenten, die dir erklärten, wie Gitarren effektiver gestimmt werden, aber noch nie eine Gitarre in der Hand gehalten haben. Unternehmensberater halt. Die EMI wurde alle halbe Jahre umstrukturiert. Dann wurden die Vertriebe getrennt in international und national. Wir waren damals noch zusammen mit Tina Turner im Vertrieb international bis es getrennt wurde. Wie bescheuert! Früher hat man nämlich gesagt: „wenn du Tina Turner haben willst, musst du Axxis nehmen.” Dadurch haben sie sich selbst ein Ei gelegt und durch solche Entscheidungen sind auch die Verkäufe zurückgegangen, weil die Strukturen sich verändert haben. Mir war damals schon klar, wenn die EMI so weitermacht, geht alles den Bach hinunter, was ja auch passiert ist. Den Verkaufsdruck haben wir seit „Back to the Kingdom” rausgenommen. Wir haben gesagt, dass wir nur noch Sachen machen, auf die wir Bock haben wie ein Mittelaltersong oder Songs wie „Touch the Rainbow” und nicht versuchen einem Trend hinterherlaufen. Deshalb sind wir z.B. bei Rock Hard auch nicht sonderlich beliebt – wenn die Axxis hören, dann gehen denen die Nackenhaare hoch, das ist ja kein Heavy Metal mehr…
Ob das „dunkle” neue Album wieder Heavy Metal wird, das dürfen die Fans und die Medien ab dem 28. Februar entscheiden. Zumindest das weiße Album beweist für mich, dass Axxis es gelingt sich treu zu bleiben. Das dunkle Album wird knackige Überraschungen für die Fans und auch Kritiker bereithalten und auf diese Platte freue ich mich ganz besonders.
Musicheadquarter dankt Sandra Eichner und natürlich Berny und Harry für die Einladung in den Funkclub!
Seit über einem Jahrzehnt tingelt er durch Deutschland und hat sich in den vergangenen Jahren einen immer größeren Namen gemacht, zuletzt bei Stefan Raab auf dem zweiten Platz des Bundesvision Songcontests – Johannes Oerding begrüßt mich gegen 16 Uhr im Catering Bereich der Bochumer Zeche und hat im Anhang seine Band dabei, die sich der Reihe nach freundlich und gut gelaunt bei mir vorstellt. Während seine Jungs Essen schnappen, holt sich Johannes einen Kaffee und wir ziehen uns in einen ruhigen Raum zum Interview zurück. Zunächst erhält Johannes unseren MHQ-Fragebogen, den er mit einer – seiner Meinung nach misslungenem Selbstporträt – ergänzt. „Ich kann überhaupt nicht zeichnen, ich konnte das mal besser in der Schulzeit”, gibt er offen zu. Interessant auch, dass er als seine größte Schwäche „alles Kontroletti” angibt – kleiner Perfektionist, also? „Nicht in allen Dingen, aber in der Musik auf jeden Fall. Wenn es ums Saubermachen zu Hause geht beispielsweise nicht”, scherzt er. Und nun Start frei für unsere Fragen!
Was habt Ihr gestern an Eurem Off-Day gemacht?
Wir waren bowlen! Wir waren erstmal tagsüber jeder für sich, am Abend haben wir uns verabredet zum Bowlen. Wir machen immer, wenn wir auf Tour sind und off days haben, dass wir Kart fahren, Bowlen gehen, schwimmen gehen, es muss nicht immer eine Kneipe sein. Vor zwei Tagen waren wir in einem Hotel mit Schwimmbad, das war natürlich auch toll, dann nutzen wir das auch ein bisschen. Aber viele nutzen den freien Tag, um einfach auch gar nichts zu machen. Es ist ganz schön viel Sport abends auf der Bühne.
Robin ist Vater geworden, wie kombiniert er das Touren mit der Familie? Klappt das gut?
Das klappt gut! Die meisten von uns sind ja schon so lange liiert, dass die Frauen wissen, das Musikerleben ist sehr unbeständig, man ist viel unterwegs. Man arrangiert sich, er darf auf jeden Fall auf Tour. Moritz hat bereits zwei Kinder, Jost am Schlagzeug ein Kind, alles kleine Kinder und das läuft eigentlich ganz gut. Zwischendurch auf Tour muss auch einmal jemand nach Hause, weil er irgendwie helfen muss am seinem freien Tag, das kommt auch oft vor.
Ihr habt ja doch sehr viele ausverkaufte Konzerte auf dieser Tour gespielt. Tut es dir leid, dass Ihr nicht größere Hallen gebucht habt? Ihr hätte ja mehr Leute erreichen können…
Ja, man weiß es halt nie vorher. Das ist das Problem. Man richtet sich immer an die letzten Zahlen und versucht da möglichst realistisch sein wieviel werden das nächste Mal kommen. Das letzte Mal hatten wir hier in der Zeche 400 Leute oder so und dann versucht man die Zahlen zu verdoppeln, was schon mega ist. Dann war es aber doch sehr schnell ausverkauft. Das ging uns bei vielen Sachen so, das ist jedoch nicht immer vorhersehbar. Dieses Jahr ist so viel passiert, das dazu beigetragen hat, dass die Konzerte ausverkauft sind. Damit konnte auch keiner rechnen. TV-Formate, die gut aufgegangen sind, Radio-Songs und so weiter. Ich bin eher jemand, der eher in einem vollen und kleinem Club spielt, als in einer Riesenhalle, wo dann jedoch nur ein Drittel voll ist. Das sieht dann auch nicht aus. Das ist dann auch mein eigener Ehrgeiz: wenn, dann muss man den Laden voll machen, dann kann man auch darüber nachdenken, ob man in eine größere Halle geht oder den zwei Mal spielt. Das machen wir z.B. auf der nächsten Tour 2015, die wir bereits planen. 50 Termine oder so, da sind dann auch Läden dabei, dass zwei Mal hintereinander den gleichen 800er oder 900er Club bespielt. Das ist schöner für die Leute und auch vom Aufwand her ganz gut. Man spielt zwei Tage in einem Club und hat entspanntes Arbeiten. Aber manche werden auch sehr groß werden, wir werden in vielen Städten die nächste Stufe nehmen, was schon teilweise etwas beängstigend ist. Man hat zwar sein Ziel vor Augen, man rechnet damit irgendwann in großen Hallen zu spielen, aber dass es dann wirklich eines Tages dann so weit ist, ist schon ziemlich lustig. Als Kind träumte ich davon wie Axl Rose von Guns´N´Roses auf einer Stadionbühne von links nach rechts zu flitzen oder wie Freddy Mercury vor 70.000 Leuten mit seinem Gesang zu unterhalten.
Waren dies auch deine Idole?
Nein, das war nur so als Beispiel. Guns´N´Roses war die Musik, zu der ich im Zimmer auf und ab gerannt bin. Ich habe aber so viel durcheinander und querbeet gehört, Stevie Wonder, Prince, Bruce Springsteen bis hin zu deutschsprachigen Songwritern Grönemeyer und Lindenberg. Ich habe immer gerne Musik gehört und habe immer songbezogen gedacht. Wenn mich ein Song berührt hat, dann habe ich mir den besorgt. Dafür musste ich noch nicht mal das ganze Album toll finden. Das ist vielleicht der einzige Vorteil heutzutage, wenn man sich einzelne Songs downloaden kann. Ansonsten mag ich doch CD´s sehr gerne.
Du berichtest regelmäßig auf Facebook von der Tour mit einem Foto, unter anderem ist ein Foto online mit einem kleinen Jungen auf der Bühne – was ist da passiert?
Ich fand die Frisur von ihm sehr lustig, er hatte so einen Pottschnitt und das erinnert mich total an meine Kindheit – ich hatte nämlich auch so einen Pottschnitt. Und da habe ich so gefragt „was hast du denn für eine Frisur, ist das wieder modern?” und hab auch seine Mutter befragt. Er war ganz verzückt und verzaubert, dass er angesprochen wurde. Er war fünf Jahre alt, einer der jüngsten Gäste, die wir jemals hatten und dann habe ich ihn auf die Bühne geholt und habe ihn mit in den Song eingebaut. Dann durfte er meine Band ansagen „Los geht´s Oerding-Band! Eins, zwo, drei, vier”. Das fand ich ganz lustig. Die Frisur war der Running-Gag an diesem Abend, weil wir immer wieder auf seine Frisur zu sprechen kamen. Das findet man auch auf meiner Facebook-Seite, wo ich als Junge so einen blonden Pottschnitt hatte. Genau wie er sah ich da aus!
Es kommt bei den Fans sehr gut an, dass du so menschlich wirkst, auf die Fans zugehst, dir Zeit nimmst nach den Konzerten. Meinst du, das wirst du in Zukunft beibehalten können?
Für Fans ist es immer toll, dass sie sich mal irgendwie äußern können oder dass sie sich noch mehr angesprochen fühlen. Ich mochte das nie, wenn Künstler auf der Bühne so überhaupt keinen Draht zum Publikum haben. Das ist natürlich auch eine Haltung, aber es war nie meine und ich versuche es so gut wie möglich immer wieder rauszugehen. Ich merke schon, je größer die Läden werden, umso schwieriger wird es. Bis zu einer Größe von 400-500 Leuten, kannst du nachher noch rausgehen und mit den Leuten quatschen und Fotos machen. Aber je größer es wird, kann man es auch nicht mehr richtig bewerkstelligen. Man merkt, dass man noch eine Stunde und auch länger danach noch steht und man will auch ein wenig das Konzert genießen und mit seinen Jungs runterfahren und philosophieren. Das merke ich, dass ich es weniger machen werde und auch muss. Die ganz hartnäckigen Fans, die sehen mich nachher dann doch immer noch.
Du bist vor vielen Jahren nach Hamburg gezogen, gibt es Dinge, die du aus der Heimat vermisst außer deiner Familie?
Manchmal fehlt mir dieses ganze Nordrhein-Westfälische-Ding. Ob es jetzt das Ruhrgebiet ist, der Niederrhein oder der Kölner Raum, Rheinland im Allgemeinen. Es ist schon oftmals eine gewisse Fröhlichkeit, Ehrlichkeit, immer locker und es ist auch ein ganz spezieller Humor. Der ist oben anders. Ich merke es immer ganz besonders, dass ich in der Band einen Kölner habe – das ist Moritz, der Gitarrist. Wir beide haben den rheinländischen Humor, der ist anders als der von den anderen Nordlichtern. Manchmal vermisst man auch ein wenig Karneval, das Ländliche, Provinzielle, aber andererseits bin ich auch sehr gerne Stadtmensch und dafür ist Hamburg die schönste Stadt in Deutschland.
Ich habe immer gedacht bei deinem Gesang ein wenig Lispeln rauszuhören. Jetzt bin ich doch ganz überrascht, dass es mir im Interview gar nicht auffällt. Hat dir bereits jemand gesagt, dass du eine besondere und interessante Stimme hast?
Leute sagen schonmal, dass ich ein bisschen nuschele, manchmal auch sowas wie „isch” sage. Meine Schwester sagt das auch oft. Aber eigentlich habe ich keinen „s”-Fehler. Ich krieg das selber gar nicht mit, aber mir wurde es schon öfter gesagt, daher achte ich manchmal darauf, dass Leute mich verstehen.
Den Ausblick auf das Jahr 2015 hast du bereits gegeben mit der großen Tour, 2014 bedeutet dann für Euch Album schreiben. Habt Ihr Ideen auf Tour bereits gesammelt?
Ich schreibe ja immer, ich werde z.B. heute Abend auch zwei-drei Songs spielen, die noch auf keinem Album sind, die ich noch ein wenig ausprobiere. Das sind z.B. Songs, die schon fertig sind oder sich gerade so entwickeln. Ansonsten immer wenn mir etwas einfällt, dann schreibe ich halt einen Song oder schreibe Zeilen auf. Die akute Phase, die geht jetzt los nach der Tour. Ich fahre auch in Urlaub und entspanne mich mal ein bisschen – das habe ich seit Jahren nicht gemacht. Ich sortiere mal meine Gedanken. Ich schreibe so viel auf, manchmal nur Worte. Diese Riesendatei muss ich einfach sortieren. Und wenn ich dann merke das berührt mich immer noch, dann kann es sein, dass ich darüber sofort etwas schreibe.
Testest du die neuen Songs also heute Abend am Publikum?
Nö, einfach für mich zu schauen, wie der Song sich anfühlt. Natürlich auch wie der Song beim Publikum ankommt, aber es geht darum zu prüfen, ob der Song so gut ist, dass er auch das Album darf. Manchmal sind es Songs, die spielt man mal live, aber kommen auf keine Platte oder sind später B-Seiten. Es kann dann wirklich sein, dass die Songs live ganz anders klingen, als wenn sie auf Platte kommen. Da werde ich noch ein wenig rumdoktern und vielleicht Textzeilen ändern. Im Mai machen wir noch eine kleinere Tour, 10 Termine, dann Sommertermine, Radiofestivals. Für ein Oerding-Live-Jahr ist es doch eher wenig. Ich habe dieses Jahr über 100 Konzerte gespielt und das werden nächstes Jahr vielleicht 30. Was aber auch reicht – ich brauche die Zeit, um ins Studio zu gehen und alles vorzubereiten.
Hast du schon Ideen zum Titel des neuen Albums?
Nee, noch nicht so richtig! Das kommt ziemlich spät! Meist nehme ich einen Titel, der auch ein Song auf dem Album ist. Das war bei „Erste Wahl” so, bei „Boxer” so, bei „Für immer ab jetzt” so. Das sind so die Songs, die das Grundgefühl von der Platte zusammenfassen. Heute Morgen haben wir beim Frühstück etwas darüber gesponnen und dann dachte ich, vielleicht nenne ich es auch einfach „Johannes Oerding, das vierte Album”. Aber das ist noch zu früh, um darüber nachzudenken. Bislang, wenn ich Songs schreibe, haben diese nur Arbeitstitel, auch diese sind nicht immer endgültig.
Eine vierte Singleauskopplung aus dem aktuellen Album, wird es jedoch nicht mehr geben?
Doch, es sieht schwer danach aus, weil das aktuelle Album sehr gut läuft. Und auch im Radio ganz gut läuft. Wir sind uns noch nicht ganz schlüssig welcher Song es sein wird. Wird wenn, dann Anfang des nächsten Jahres kommen.
Du wirkst auf mich von den Songtexten her und auch als Mensch sehr sensibel. Würdest du dich ebenfalls als sensibel bezeichnen? Bist du hart genug für die Musikbranche und hast Leute, die dir den Rücken stärken?
Ich habe das jetzt schon öfters gehört, dass ich auf Leute sensibel wirke, aber eigentlich ist das sehr zweiseitig. Um die Musik zu machen muss man eine gewisse Sensibilität mit sich bringen und kreativ sein. Ich würde mich eher als emotional als sensibel bezeichnen. Ich kann auch ausflippen, ausrasten, laut sein und genervt sein. Aber ich bin nicht der introvertierte, schüchterne Typ. Ich glaube schon, dass man ein wenig Gefühlsmensch sein muss und nicht komplett rational. Und die Musikbranche: mittlerweile mache ich seit 12 Jahren das Spielchen mit, irgendwann weiß man alles, kennt alles, versucht dann für sich herauszufinden, was muss man ernst nehmen und was nicht. Und im Grunde genommen ist es am Ende des Tages die Musik, die entscheidet, wo es langgeht. Keiner von der Plattenfirma, keiner von der Musikbranche, keiner aus der Industrie, sondern es ist die Musik. Wenn die Musik geil ist, wenn sie geglaubt wird und du machst es ehrlich und ernsthaft, dann sucht sie sich ihren Weg. Das ist meine Erfahrung seit vielen Jahren.
Bekommst du Rückmeldung von den Fans, dass z.B. deine Texte über Liebeskummer hinwegtrösten oder ähnliches?
Ja, klar! Das ist halt das Schöne, wenn du abends rausgehst nach dem Konzert, da sind die unterschiedlichsten Stories dabei. Es kann Liebeskummer sein, es kann eine Krebserkrankung sein, das können auch positive Gefühle sein wie ich habe seit 10 Jahren keinen Urlaub gemacht und dann höre ich deinen Song „Einfach nur weg” im Büro und habe dann sofort zwei Minuten später meinen Urlaub gebucht. Das ist ganz unterschiedlich und das ist das Schönste, dass man sieht, man hat den Song eigentlich für sich geschrieben – ganz egoistisch – um für sich etwas klarzumachen oder sich zu therapieren und dann sieht man, was Leute sich für andere Stories rausholen. Eigentlich ist das die beste Resonanz neben dem Applaus, dem Gemocht werden. Das ist der Moment, wo der Beruf für mich einen Sinn kriegt. Musikersein ist ja kein Beruf, wie Arzt oder Entwicklungshelfer, wo du einen direkten Sinn siehst. Sondern es ist der indirekte Sinn, wenn du manche Leute bei Live-Konzerten 2 Stunden aus ihrem Leben rausholst und ihnen Kraft gibst. Und das ist ein schönes Gefühl und dafür mache ich Musik. Ich glaube nicht, dass es Musiker gibt, die Musik für sich machen.
Die Tour mit Joe Cocker war eine riesige Möglichkeit für dich neues Publikum zu erreichen. Siehst du für die nächste Zeit wieder die Möglichkeit so eine große Tour zu supporten?
Grundsätzlich habe ich immer Bock zu supporten, es hat immer etwas gebracht. Das sehe ich auch jetzt auf der Tour. Es sind ganz viele Joe Cocker Leute mit dabei. Ich glaube man muss irgendwann abwägen mit wem man auf Tour geht. Es fing an mit Stefanie Heinzmann, Ich und Ich, Ina Müller, Simply Red, Joe Cocker – das Einzige, was jetzt noch käme wären Söhne Mannheim, wirklich ganz große Sachen. Alles was in der Halle spielt, haben wir abgeklappert. Wahrscheinlich müsste es jetzt ein Act sein, der Open Air oder Stadien macht. Wenn jetzt ein Robbie Williams kommen würde, wäre ich natürlich sofort dabei. Oder Bruce Springsteen oder Udo Lindenberg. Meistens ist es jedoch so, dass sie keinen Support mitnehmen und das ist ein bisschen schade. Aber das würde noch Sinn machen. Man darf nicht vergessen, dass es eine Rieseninvestition ist, es kostet richtig Asche, dass man Support sein kann und dann muss es auch schon Sinn haben. Wenn ich in Hamburg in der O2 World vor jemandem supporte, ist es nicht so sinnig, weil in Hamburg mittlerweile genug Leute so zu meinen Shows kommen. Dann schaut man entweder, ob man noch in gewissen Regionen etwas schwächelt, so wie ich im Süden, da ist es noch relativ klein im Vergleich. Dort könnte ich mir vorstellen, noch einzelne Konzerte zu supporten.
Gibst du uns noch einen kleinen Ausblick auf dein Weihnachtsfest?
Ich habe so ziemlich bis zum 23. Dezember noch Termine und dann werde ich privat mit meiner Liebsten etwas machen und dann werde ich auch zu meiner Family fahren. Das wird also ein Familien-Ding. Geburtstag feiern, aber nicht groß, ganz entspannt und klein und dann kommt das neue Jahr und dann fahre ich erstmal in Urlaub!
Im Hintergrund trommelt Jost bereits auf sein Schlagzeug ein, Zeit das Interview zu beenden und zum Soundcheck zu gehen – ich darf noch lauschen und erlebe im Anschluss die ausverkaufte Zeche, die zu der gutgelaunten Performance der Band abgeht. Mit einer gelungenen Mischung aus Alt und Neu, Trauriges, Fröhliches, Nachdenkliches, bringt er sogar die Männer im Publikum zum Mitsingen. Und womit wohl niemand gerechnet hätte: Johannes überrascht Fans und Security mit seiner Spontanität singend durch die Menge zu gehen und dabei ein Medley aus Backstreet Boys, Bruno Mars und Co. zum Besten zu geben.
Vielen Dank an Johannes und Band, Jan und Rebekka und dem Veranstalter Lutz für die Interviewmöglichkeit!
An diesem lauen Sommernachmittag erwartet die Freunde des Heavy Metal zwischen der Oberhausener König-Pilsener-Arena und dem Gasometer ein riesiges Open-Air Gelände. Iron Maiden geben ihr einziges NRW-Konzert und kein Wunder: es ist ausverkauft. Die Sonne scheint, das Bier läuft in Strömen, es ist gute Stimmung – Festivalatmosphäre für die Dauer von immerhin vier Bands!
Die Engländer von Voodoo Six eröffnen gegen 17.30 Uhr mit „Falling Knives” das Set. Außerhalb der Insel in Europa noch recht unbekannt, hofft die Band um Sänger Luke Purdie als Support von Iron Maiden mehr Bekanntheit auf dem Festland zu bekommen. Das dürfte der Band nicht schwer fallen – die druckvollen Gitarren und der charakteristische Gibson Sound, der rockig-rauchige Gesang gepaart mit viel Spielfreude, lässt den Stoner Rock gut ankommen. Eine gute halbe Stunde hat die Band Zeit das Publikum zu überzeugen u.a. auch mit neuem Material der CD „Songs to Invade Countries To” „Sinkor Swim”. Passenderweise beenden sie das Set mit „Long wayfrom Home” und geben die Bühne frei für Ghost. Irgendwie bin ich sehr gespannt auf die Band, die in aller Munde ist und kann es mir nicht verkneifen, die Augen zu rollen, als die fünf Namenlosen Schweden im schwarzen Habitem und Kapuze und Star Wars ähnlicher Maske begleitet von Kirchengesang und Geigensound die Bühne betreten. Als der Sänger in seinem schwarzen Papstkostüm auf die Bühne kommt und seinen wenig anspruchsvollen, schiefen Gesang darbietet, habe ich mein Urteil für den Abend bereits gefällt: die Band passt nicht in das Vorprogramm von Iron Maiden und der Meinung sind die restlichen Fans auch, denn es hagelt Buh-Rufe nach den Songs. Die Show ist wenig anspruchsvoll, Songs wie „Night of the Witch” und „Prime Mover” mögen das Publikum nicht begeistern und das Konzept „mehr Schein als Sein” rächt sich: wenig Applaus von den Maiden-Fans.
Umso besser, dass Sabaton dieses Fiasko retten können. Wüsste ich nicht, dass Iron Maiden der Headliner des Abends ist, könnte ich meinen, alle sind wegen Sabaton gekommen. Die Band mit den Tarnhosen wird umjubelt, beklatscht, lauthals umsungen und nach jedem Song ertönen scharenweise Sabaton-Rufe im Takt aus dem Publikum. Die Schweden bedanken sich mit einer tollen Show gemischt aus ehrlicher Spielfreude, Wirbelwindakrobatik des Sängers Joakim auf der Bühne (kaum eine Minute, die er nicht springt oder über die Bühne hin-und herläuft – kein Wunder in seinen sportlichen Fivefinger-Schuhen!) und witzigen Ansagen (teils sogar auf Deutsch) zwischen den Songs. Zwei Mal wird Joakim vom Publikum mit Rufen überredet, Flaschenbier auf Ex auszutrinken und mit neuen „Noch ein Bier”-Rufen zu noch mehr Trinken aufgefordert. Unter anderem gibt die Band„Into The Fire”, „Swedish Pagans”, das schwedische „KarolinensBön” des neuen „Carolus Rex”-Albums. und das beliebte „Primo Victoria”zum Besten, um mit „Metal Crew” das Seit zu beenden. Joakim hat sich zumindest für den letzten Song von seiner Sonnenbrille entledigt – wohl auf den Anblick eines Mädels im Publikum, das ihm ihre nur noch vom BH bedeckten Busen entgegenstreckt. Immerhin wirft er seine Brille zum Abschied ins Publikum. Erstaunlich: etliche Zugaberufe, die jedoch leider unerhört bleiben müssen. Schade!
Die Bühnenumbauten für Iron Maiden machen klar: die Band hat eine neue Bühnendeko dabei – mitten im Sommer hält auf der Bühne die Eiszeit ein. Um 20.45 Uhr startet „DoctorDoctor” als Opener vom Band und bevor die Engländer die Bühne stürmen, wird die Bühnendeko von zwei Roadies komplett enthüllt. Die Show startet mit „Moonchild” und führt gut 1 Stunden 45 Minuten als gelungene Mischung zwischengroßen Klassikern. Feuerfontänen, Pyrothechnik, zu den Songs ständig wechselnde Backdrops, fünf riesige über der Bühne auf- und abfahrende Lichtformationen und ein gewaltiger Laufsteg für Bruce auf der Bühne machen das Konzert zum Augenschmaus. Gitarrist Janick wirbelt seineFendergitarren akrobatisch auf der Bühne herum und tänzelt in leichten Schritten gitarrespielend auf und ab. Immer wieder lehnt er sich locker und kippelnd in eine Box, schwingt sein Bein drauf und zeigt wie agil er noch in seinem Alter ist. Auch der Rest der Band scheint nicht spielmüde zu werden, auch wenn seit gut drei Jahren noch kein neues Studiomaterialerschienen ist. Bruce Dickinson ist wie ein junger Teenager, springt in die Luft, über Lautsprecherboxen, läuft in wechselnder Kleidung passend zu den Songs von einer Bühnenseite zur anderen. Und immer wieder taucht Maskottchen Eddie auf: als laufende, überlebensgroße Puppe zu „Run to the Hills” (mit der Band ständig in Interaktion)oder wird hinter Drummer Nicko in unterschiedlichen Ausführungen hochgefahren. Eine routinierte, sehr professionelle Live-Show mit drei Zugaben – leider um 22.30 Uhr zu Ende. Das Outro „Always look on the bright Side ofLife” tröstet uns Metalfans trällernd und pfeifend beim Verlassen des Geländes darüber hinweg, dass es keine weiteren Zugaben gibt.
Die Urgesteine des New Wave of British Heavy Metal, bringen mit “Sacrifice” fast 36 Jahre nach ihrer Gründung ihr 20. Studioalbum raus und scheinen kein bisschen alt… In der gemeinsamen Produktion zwischen Sänger Biff Byford zusammen mit Andy Sneap (Accept) ist zu merken, dass Biff sich an die klassische Hardrock-Ära seiner Band Saxon zurückbesinnen möchte und an Alben wie “Solid Ball Of Rock” oder “Lionheart” anknüpfen will. Schade, dass ausgerechnet das Intro “Procession” zu der geilen Rockscheibe nur dahinplätschert und völlig nichtssagend ist. Mit dem Titelsong startet dann jedoch die Zeitreise und mit dem keltischen Einschlag unterlegte “Made in Belfast” stampft das Album stark und düster los.
Der Gitarrensound von Paul Quinn und Doug Scarrat erinnert an die frühen 80er, jedoch mit einem modernen Einschlag und frischem Hauch. Das beweist auch das auf Geschwindigkeit ausgelegte “Warriors Of The Road” und “Guardians Of The Tomb” mit tollem Gitarrensolo, melodischen Refrains dank Biffs energiegeladener Stimme. Druckvolle Gitarren und Tempiwechsel sind der Ohrwurm von “Stand Up And Fight”.
Eine richtige Ballade hat das Album zwar nicht, auch wenn “Walking The Steel” ein langsameres Tempo aufweist. Aber damit beweist Biff, dass das Konzept des Albums mehr Power und weniger Schnick-Schnack zu produzieren aufgegangen ist.
Als Kaufempfehlung möchte ich zumindest die limited edition deluxe Digibook-Version mit Bonus-CD empfehlen. Die Standardversion würde mich enttäuschen mit nur 10 Tracks und einer Laufzeit von nur knapp 40 Minuten. Dafür kommt aber die Bonus-CD mit tollem aufgearbeitetem Material von vergangenen Alben. Das orchestralisch unterlegte “Crusader” mit extralangem Gitarrensolo ist ein Ohrenschmaus und lässt auf Mehr in der Richtung hoffen. Und wer auf dem neuen Album die Balladen vermisst, der hat mit den acoustic Versionen von “Requiem” und “Frozen Rainbow” einen Gänsehaut-Ausgleich! Wenn die Konzerte und Festivalsaison genauso viel Spielfreude wie das Album verspricht, können wir uns auf die kommende Tour freuen!
Streik der öffentlichen Verkehrsmitteln im Ruhrgebiet und ich will von Dortmund auszu 3 Doors Down nach Düsseldorf in die Mitsubishi-Halle… Das widerspricht sich und es bleibt nur ein PKW als Fortbewegungsmittel, was sich etliche andere Fans wohl auch gedacht haben. Und während die erste Vorband Prime Circle schon ihr Konzert abspult, stehe ich noch im Stau und die Parkplatzsuche steht noch aus! Trotz Dauerregen und Streik ist es überraschend voll in der ehemaligen Philippshalle als ich es zu Seether auf einen der Rangplätze auf der Tribühne schaffe. Die ursprünglich südafrikanische Band gibt sich als 3-Mann-Kombo puristisch und im Grunge-Stil – Sänger Shaun in seinem Skelett-Shirt lässt seine langen Haare ins Gesicht hängen, Bassist Dale trägt einen Irokesenschnitt während sein Bass an seinen Knien hängt und John trommelt souverän auf seinen Drums. Ein wenig Alternative kann nicht schaden bei Songs wie “Gasoline” und “Fine Again”. Der “Country Song” der aktuellen Scheibe wird von Dale mit Akustikgitarre angestimmt und mit heavy tunes gepaart. Seinen Bass lässt er eine Etage drunter einfach hängen. Der Backdrop auf der Bühne stellt das Titelbild der aktuellen CD “Holding Onto Strings Better Left To Fray” dar. Zum romantischen “Broken” wird für Dale ein Barhocker herangetragen, sein Bass gegen Gitarre getauscht und die Bühne in herrliche Lichtkegel getaucht – Jubel aus dem Publikum inklusive. Um 21 Uhr beenden Seether ihr Set mit “Remedy”, nochmals Geschreddere zum Wachwerden in der Umbaupause. Positiv am Veranstaltungsort ist die recht passable Gastroverpflegung, so überbrücken zumindest heiße Würstchen und Brezeln die Wartezeit bis zum Headliner 3 Doors Down. Auf der mit Vorhängen abgehangenen Bühne steht nur einsam ein Mikro, mit einem Ruck werden die Vorhänge weggerissen und Bühne ist frei für eine Riesenuhr auf der Leinwand, die sich als Motiv auf den Bass-Drums wiederspiegelt. Mit “Time Of My Life” startet die Show, stimmlich ist Sänger Brad noch weit weg vom “warmgesungen” sein, jedoch kriegt er die Halle sofort zum Mitklatschen. Kein Wunder… Es ist 21.45 Uhr als die Show beginnt und alles wartete ungeduldig auf den Headliner. Sofort bedankt er sich mit “God bless you, my friends” und es geht weiter mit “Duck And Run”. Brad springt auf die kleine Anhöhe, auf der das Schlagzeug steht, schnappt sich ein Drumstick und schlägt auf die Cimbals ein. Den benutzen Drumstick überreicht er in den ersten Reihen persönlich einem Fan. Er sucht oft den Kontakt zu seinen Anhängern und wagt sich immer wieder an die Absperrung oder springt auf die Lautsprecherboxen, um näher an den seitlich stehenden Fans zu sein. Zu “Away From The Sun” werden mal nicht die Feuerzeuge gezückt, sondern die hochgehaltenen Handys und Kameras dienen als Leuchtpunkte im Publikum. Das müsste die Band mal von Publikumseite sehen! Auf der großen Leinwand hinter Drummer Greg werden zu den Songs Graphiken und Bilder oder auch kurze Live-Einblendungen von Brad gezeigt. Brav bedankt er sich immer wieder bei seinen “Freunden”, dem Publikum – von der restlichen Band kommt nicht viel Regung. Lediglich Drummer Greg klinkt sich bei den backing-vocals ein und verleiht nach und nach Brads Live-Stimme mehr Ausdruck.
Zu “What´s Left” wird die Bühne und die Leinwand in rosa und lilafarbene Lichter eingetaucht, während beim leicht patriotischen “Citizen Soldier” Feuermotive die Leinwand beherrschen. Körpereinsatz zeigt Brad bei “Changes” und schmeisst sich kniend auf den Boden und lässt sich von den Fans aus erster Reihe auf die Absperrung der ersten Reihe heben und festhalten, während er den Song zum Besten gibt. Brav bedankt er sich sogar bei den Fans für das Festhalten – irgendwie scheinen 3 Doors Down ja schon die nette, brave und fast schon kitschige Kopie von Alter Bridge zu sein. Mit der Absicht, die Welt verändern zu wollen, äußert sich Brad in einer schwarz/weiß Video-Einspielung zur schwierigen Jugendzeit und stimmt live “When You´re Young” an, um das Lied zum Ende hin a cappella ausklingen zu lassen. Toll! Mehr davon! “You sound wonderful tonight!” ruft Brad der Menge zu.
Schnulzig und romantisch wird es zu “Heaven”, wenn die Leinwand in ein Vollmondbild mit Meeresimpression getaucht wird. Zum wohl größten Hit der Band “Here Without You” kann nun endlich fast die ganze Halle – ausverkauft mit 5000 Leuten – mitsingen. Brad ist gerührt – vor ca. 11 Jahren spielten sie ihre Show in Deutschland vor einer handvoll Leute und mittlerweile handelt es sich um ihre bisher größte Show in Deutschland, ach was – außerhalb der Staaten, behauptet er. Richtig rockig wird es mit den Zugaben “Kryptonite”, dem Song, mit dem der Durchbruch der Band erfolgte, und dem Old School Rock&Roll- Song “Believer” und seinen kurzen Soli und Judas-Priest-Breaking-The-Law-Einlagen. Den Abschlusssong “When I´m Gone” widmet Brad allen Soldaten, die in seinem und unserem Land für das Wohl und den Frieden der Menschheit sorgen. Patriotistisch eingestimmt, verlässt die Band um 23.15 Uhr die Düsseldorfer Bühnenbretter mit einem lang nachklingenden E-Dur-Akkord.
Ich weiß von Bands, die Live ein vielfaches mehr rüberbringen und besser sind als auf Platte, leider gehören 3 Doors Down genau zum Gegenteil. Außer den Dankeszeremonien von Brad gab es wenig Interaktion mit den Fans, keine gesamte Bandvorstellung, wenig Gitarren-Soli, kein Drum-Solo. Klang fast wie von Platte… schade.