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Unheilig 13.11.2015 Arena / Trier

Unheilig: „Zeit zu gehen“ – der Graf verabschiedet sich von Trier

Unheilig und ihr Graf haben noch einiges vor, bevor am 10.09.2016 endgültig der Abschied ansteht. Während unter dem Banner „Zeit zu gehen“ die große Abschiedstournee quer durch Deutschland führt, liefert eine neue Produktion völlig unerwartet ungetrübten Grund zur Begeisterung bei den Fans: Es wird nämlich in Kürze ein MTV unplugged nach dem Motto „Unter Dampf – ohne Strom“ geben. Zunächst allerdings verabschiedet man sich von den Fans. Mittels einer Hallentournee, die bis Anfang 2016 andauert, anschließend mit einer Vielzahl von Open Airs, wobei das definitiv letzte Konzert dann am 10. September im RheinEnergieStadion Köln stattfindet.

Der Abschied von Trier sorgte für einen hohen Besucheransturm, der sich aber dadurch entzerrte, dass schon um 17 Uhr Einlass war und zwei Vorbands den Weg bereiteten. Da war zunächst das Songwriter-Duo Be One aus dem Münsterland. David Ray spielte poppige Hymnen auf der Akustik-Gitarre, die von Amiens am DJ-Mischpult mit elektronischen Akzenten versehen wurden.

Es folgten die Deutschrocker Bollmer aus Berlin. Im Mittelpunkt des Quartetts stand Frontmann Peter Bolmer, gesäumt von zwei hübschen Gitarristinnen und einem Schlagwerker im Hintergrund. Man bot rauen, erdigen Rock in deutscher Sprache. So verging die Zeit bis Unheilig wie im Flug und schon um 20 Uhr konnte eine Stimme aus dem Off Unheilig ankündigen.

Spätestens seit Erscheinen des 2008er Albums „Puppenspiel“ sind Unheilig eine feste Größe im Genre elektronischer Musik. Mitstreiter Henning Verlage an Computer und Keyboards sorgt für tanzbare Rhythmen, während Gitarrist Christoph Termühlen zumindest ansatzweise ein Band-Feeling aufkommen lässt. Der Vergleich zu Rammstein wird immer wieder gerne herangezogen. Sicher ist auch was dran, denn die rohe, düstere Stimmung, die die Songs vermitteln, und der bisweilen bedrohliche Synthiesound erinnern tatsächlich an die Neue Deutsche Härte der Berliner – allerdings singt der Graf viel feiner und sonorer als Till Lindemann und muss sich nicht hinter künstlichen Effekten verstecken.

Zum Opener „Der Gipfel“ überließ der Graf die Bühne aber ganz den Mitstreitern und sang aus dem Hintergrund. Erst danach stürmte er mit unbändiger Energie das Geschehen und war bereits nach zwei Songs komplett durchgeschwitzt. Ständig in Bewegung – so kennt man den Frontmann. Zwei Damen aus dem Publikum reichten ihm schon früh ein Handtuch, mit dem er sich ausgiebig den Schweiß abwischte, bevor er es zurück gab und das Einpacken in eine extra mitgebrachte Plastiktüte erstaunt kommentierte.

Schon als zweiten Song gab es den harten Kracher „Hinunter bis auf Eins“. Keiner sollte vergessen, dass Unheilig nicht immer den heutigen Wohlfühl-Pop geschrieben haben. Die aktuellen Konzerte sind eine Zeitreise, bei denen auch Songs aus der Wave- und Gothic-Ära ihren Platz haben. Man musste aber bemerken, dass anwesende Vertreter dieser Szene absoluten Seltenheitswert hatten.

Das Bühnenbild war dem Albumcover von „Gipfelstürmer“ angepasst und kam ohne viel Schnickschnack daher. Das Licht nicht schrill sondern in dezenten, warmen Tönen gehalten. Eine LCD-Leinwand als einziges Effekt-Spielzeug. Dreh- und Angelpunkt des Konzerts blieb der Graf als mystische Gestalt, mit unverkennbarer Stimme – manchmal mehr erzählend als singend. Der Protagonist war mit unbändiger Energie unterwegs und verausgabte sich auf der Bühne. Ich muss ehrlich gestehen, dass ich dem Herrn mit weißem Hemd und schwarzer Krawatte diese leidenschaftliche Performance bis zur Erschöpfung nicht zugetraut hätte. Allerdings hatte seine Omnipräsenz zur Folge, dass die Band das komplette Konzert über im Hintergrund blieb.

Einzig zu „An deiner Seite“ gab es eine Performance nur zu Piano-Begleitung. Vielleicht ein Vorgeschmack auf das unplugged-Album? Weitere ruhige Stellen boten die eingespielten Videos zwischen den Songs, die den Grafen mit seinem Erinnerungskoffer inmitten weiträumiger Landschaften zeigten. Zeit für Melancholie boten viele der Stücke.

Zum Schluss wurde es mit „Maschine“ und „Abwärts“ nochmal donnernd laut, bevor die Abschiedssongs im Zugabenblock kamen: „Große Freiheit“, „Geboren um zu leben“, Zeit zu gehen“ – da konnte man schon mal heimlich ein Tränchen weg wischen. Der Graf verabschiedete sich dann auch mit bewegenden Worten von Trier. Das Ende einer musikalischen Ära.

Setlist – Unheilig in Trier am 13.11.2015

  • Der Gipfel
  • Hinunter bis auf Eins
  • Winterland
  • Als wär’s das erste Mal
  • Unter deiner Flagge
  • Echo
  • Freiheit
  • Tage wie Gold
  • Die Weisheiten des Lebens
  • Glück auf das Leben
  • Einer von Millionen
  • An deiner Seite
  • Lichter der Stadt
  • So wie du warst
  • Wie in guten alten Zeiten
  • Für immer
  • ———————————–
  • Maschine
  • Abwärts
  • Große Freiheit
  • Geboren um zu leben
  • Zeit zu gehen
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