Wer sich das neue Album „Brot und Spiele“ von Saltatio Mortis in der Deluxe Edition zulegt, wird mit einem kompletten Bonusalbum namens „Panem et circensis – ad fontes“ (übersetzt: „Brot und Spiele – zum Ursprung“) belohnt. Und tatsächlich bekommt man zwei ganz unterschiedliche CDs. Das eigentliche neue Album zeigt Saltatio Mortis am Puls der Zeit. Mit zum Teil politischen und sozialkritischen Texten, einer gut produzierten Rock-Attitüde und deutschen Texten. Die Bonus-CD hingegen liefert eine sehr raue Produktion, die ganz zurück zu den mittelalterlichen Wurzeln der Band geht und an ihre Tage auf den Marktplätzen erinnert. Traditionalisten erfreuen sich hier auch an lateinischen, nordischen, skandinavischen und englischsprachigen Texten.
Angefangen hat das Oktett im Jahr 2000 als Straßenmusikband. Die ersten Alben fanden noch keine Beachtung in den Charts, doch bereits 2009 und 2011 ging es dann in die Top 10 und 2013 sowie 2015 folgte der verdiente Lohn mit zwei Nummer-1-Alben in Deutschland. Die Band ist reifer geworden und setzt an, den Platzhirschen von In Extremo den Rang abzulaufen. „Brot und Spiele“ ist quasi ihr Meisterstück. Drei Jahre haben sich die Spielleute dafür Zeit genommen. Geschrieben und geprobt haben alle in einem Raum, laut und mitreißend und zwar so lange, bis auch der letzte überzeugt war: Ja, das ist es. So wollen wir klingen! Entstanden ist ein in sich geschlossenes Album, in dessen zwölf Stücken sich all das verdichtet, was Saltatio Mortis immer schon ausgezeichnet hat: Themen, die berühren, aufregen und mitreißen.
Der Song „Große Träume“ erzählt autobiographisch von den Anfangstagen, „Dorn im Ohr“ beschreibt die Lust, durchaus beim Publikum anzuecken. Dazu passen politische Themen wie „Europa“ und der Titeltrack „Brot und Spiele“. Besonders freut mich der sehr entlarvende Text von „Besorgter Bürger“. Textzeilen wie „Du rettest nicht das Abendland, du bist ein Arschloch und Rassist“ sind ausgesprochen deutlich formuliert. Ganz bewusst nimmt die Band kontroverse Themen auf, ist dabei jedoch nie plakativ, sondern sehr authentisch.
Doch es gibt auch leise Töne, wenn „Spur des Lebens“ mit der Ansprache an ein ungeborenes Kind nachdenkliche Zweifel ausdrückt. Und wem das alles zu ernst ist, der kann in „Nie wieder Alkohol“ und „Mittelalter“ die feierwütige, joviale Seite der Band erkennen. Und mit „Brunhild“ gibt es dann noch ein echtes Epos, das die Nibelungensage erzählerisch aufleben lässt. Ein wirklich rundes Album, das in sich sehr stimmig ist. Die einstigen Spielleute sind vielseitiger geworden – vielleicht auch ein bisschen erwachsener – und haben ihr Spektrum erstaunlich erweitert. Die Texte von Schlagzeuger Lasterbalk spiegeln das überzeugend wider, loten neue Tiefen des bisher schon detailreichen Schaffens aus und scheuen auch emotionale Themen nicht.
Neben mitreißenden Rhythmen, Brettgitarren und hymnischen Melodien bilden historische Instrumente wie Drehleiern und Bouzouki und die Dudelsäcke mit ihrer archaischen Urgewalt traditionell einen wichtigen Pfeiler im musikalischen Schaffen der Karlsruher. Zu den musikalischen Gästen auf „Brot und Spiele“ zählen Malte Hoyer von Versengold sowie Mr. Hurley (Mr. Hurley & die Pulveraffen), deren gemeinsame Geschichte mit Saltatio Mortis weit in die Zeit der Mittelaltermärkte zurückreicht. Was also lag näher, als die beiden bei einem Titel wie „Mittelalter“ um launige Unterstützung zu bitten.
Sind Saltatio Mortis also noch eine Mittelalterband? Auf jeden Fall! Das macht allein die Bonus-CD „Ad Fontes“ deutlich. Hier bekommt man zwölf zuvor unveröffentlichte, komplett akustisch-mittelalterliche Stücke. Wem das eigentliche Album zu glattpoliert erscheint der erhält hiermit den perfekten Ausgleich.