Fotos von Editors im Palladium in Köln
Hier seht ihr unsere Fotogalerie von den Editors im Palladium am 25.03.2018:
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Es scheint mittlerweile ein ungeschriebenes Gesetz zu sein, dass in jedem Jahr erneut der Name zum Programm wird, denn auch heute macht das Wetter allen bereits am Hauptanreisetag des 21. Hurricane Festivals am Eichenring in Scheeßel schwer zu schaffen. Schon am Mittag zeichnet sich eine Art Weltuntergangsstimmung am Himmel ab, heftiger Sturm und Starkregen mit tosenden Gewittern lassen ebenfalls nicht lange auf sich warten. Vorerst muss sogar die Öffnung der Campingplätze leicht verschoben werden, um die Anreisenden nicht in Gefahr zu bringen, die währenddessen natürlich bekanntermaßen in ihrem sicheren Auto verweilen sollen. Wegen Baumschäden in den Oberleitungen muss sogar der Zugverkehr im Norden komplett eingestellt werden, offiziell wird seitens des Veranstalters deshalb darum gebeten, die Anreise auf den Freitag zu verlegen und möglichst Fahrgemeinschaften zu bilden. Trotzdem sind die katastrophengewohnten und hartgesottenen Hurricane Besucher noch guter Dinge und harren bis zur offiziellen Freigabe der Campingflächen in ihren Autos aus, sofern sie aufgrund der immensen Staus auf allen Zufahrtswegen in Richtung Scheeßel überhaupt schon am Gelände angekommen sind. Glücklicherweise kann dann am Abend wie geplant die energiegeladene Warm-Up-Party in der White Stage beginnen, wo u.a. die unterhaltsamen Blaskapellen-Rapper von Moop Mama oder die Hamburger Punk-Rocker von Montreal mächtig Stimmung machen.
Der Freitag startet mit einer ganz besonderen Festivaleröffnung (14:15 Uhr Green Stage), das #hurricaneswimteam feiert noch einmal zusammen mit zahlreichen Hurricane Mitarbeitern und dem Sänger Christoph Karrasch von CampFM die Festivalhymne aus 2016 “Am sichersten seid Ihr im Auto”. Viele sind in dem schwarzen Hurricane Swim-Team T-Shirt zur Green Stage gekommen, um die verrückten Ereignisse des Vorjahres Revue passieren zu lassen. Dabei blinzelt sogar die Sonne ein wenig durch die Wolken…
Im Anschluss präsentieren uns die sechs Briten von Skinny Lister (15:00 Uhr Green Stage) viele punkige Folksongs ihres dritten Studioalbums “The Devil, The Heart & The Fight”. Sängerin Lorna Thomas heizt ihren Fans schon ordentlich ein, während sich das gesamte Gelände rundherum erst langsam zu füllen beginnt.
In der Zeltbühne geht es ebenfalls folkig zu, der junge Künstler aus Liverpool namens Louis Berry (16:00 Uhr White Stage) performt hier zusammen mit seiner fünfköpfigen Band rockige Songs im Stil von Frank Turner und bringt das Publikum direkt zum mittanzen. Louis Berry´s charakteristische Stimme sowie auch seine mitreißenden Rock’n Roll Songs erinnern stark an Vorbilder wie Johnny Cash und Jerry Lee Lewis und lassen kein Tanzbein mehr ruhig stehen.
Schon perfekt aufgewärmt folgen wir weiter dem Musikgenre zu eben genanntem sympathischen Folkrocker Frank Turner & The Sleeping Souls (17:10 Uhr Green Stage), der uns zunächst auf perfektem Deutsch begrüßt und direkt mit seinem antreibenden Song “Get Better” los legt. Vom ersten Moment feuert er seine Fans an, es bilden sich sogar erste Circle-Pits, in denen wild gepogt wird. Durch seine spürbare Spielfreude und seine ungeheure Präsenz auf der Bühne sind seine Fans vom ersten Moment an bei ihm. Der 40.Geburtstag seines Crew-Mitglieds wird mit einem Stage-Dive und der Unterstützung des Publikums gefeiert, die ihm noch ein kleines Ständchen singen. Bei Frank Turners Aufruf zur “Wall of Hugs” machen alle begeistert mit, und schon liegen sich völlig fremde Menschen in den Armen, tolle Aktion! Natürlich dürfen auch die Gassenhauer wie “Recover” und “Still Believe” in der Set-List nicht fehlen, denn jeder hier will dazu tanzen und singen! Das war wieder einmal ein fantastischer Auftritt, bei dem kein Wunsch offen blieb und das Publikum sogar vergeblich noch eine Zugabe fordert.
Während sich der Himmel zusehends verdunkelt und es leider tatsächlich zu Nieseln beginnt passt der Auftritt der irischen Erfolgsband Kodaline (18:15 Uhr White Stage) aus Dublin prima in unseren Programmablauf. Mit leichter Verspätung und dem Opener “Ready” starten auch ihre Fans textsicher mit regelrechten Chorgesängen und klatschen fleißig mit. Frontmann Steven Garrigan berührt mit seiner großartigen Stimme, seinen Künsten am Piano bei “High Hopes” und überzeugt seine vorwiegend weiblichen Fans mit seinem durchaus charmanten Auftreten. Sowohl die tanzbaren Songs wie “Brand New Day” oder “Way Back When” von ihrem Debütalbum “In A Perfect World”, als auch die wunderschönen Balladen wie “One Day” oder “All I Want”, verwöhnen unsere Ohren mit wundervoller Musik, praktisch jeder Song hat Ohrwurmqualitäten. Bei Kodaline gibt es einfach jedes Mal Gänsehautstimmung, leider ist nur der Sound im vorderen Zeltbereich etwas dürftig, so dass man lediglich im hinteren Bereich die einfühlsamen Melodien in vollen Zügen genießen kann.
Gespannt erwarten wir das Konzert des australischen Singer-Songwriters und Multi-Instrumentalisten Xavier Rudd (19:30 Uhr White Stage), der in diesem Jahr eine willkommene Abwechslung zu den Mainstream-Bands darstellt. Der Ausnahmemusiker spielt zum ersten Mal beim Hurricane Festival und spielt diesmal mit Band hier auf. Vielen Hurricane Besucher scheint der Name offensichtlich kein Begriff zu sein, denn das Zelt ist nur etwa halb gefüllt. Der mittlerweile 39-jährige durch und durch
sympathische Musiker und Surfer setzt sich nebenbei weltweit für Frieden, Menschenrechte, Umwelt und Soziales ein, dies spiegelt sich auch in seiner Musik und seinen Texten wieder. In den Songs finden sich Einflüsse aus Rock, Reggae, Folk und Weltmusik, zu denen seine Fans hier beschwingt tanzen. Zu seinen kraftvollen Songs mit Percussion und Didgeridoo werden hier alle zum Tanzen gebracht, auch zu den wundervollen warmherzigen Songs mit Mundharmonika und Gitarrenbegleitung wie “Come let go” oder “Let Me Be” wippen und singen seine Fans mit einem breitem Lächeln im Gesicht mit. Eine herrlich friedliche Stimmung macht sich in der White Stage breit. Beeindruckend sind die ausgeprägten Didgeridoo Sessions inmitten der Songs, die Xavier Rudd´s enge Verbundenheit mit den australischen Aborigines zeigen. Zum Abschluss des großartigen Konzerts hören wir noch ein tolles tanzbares Avicii-Cover von “Wake Me Up”, bei dem die Stimmung noch einmal zum Höhepunkt kommt.
Ein klares Highlight sind die erstmalig auf dem Hurricane Festival auftretenden US-Punk-Rocker von Green Day (22:00 Uhr Green Stage), die auf ihren zugeteilten 2 1/2 Stunden eine klasse Show abliefern. Der tanzende Hase im Vorwege hat das Publikum schon mit dem Ramones Song “Blitzkrieg Bop” und den “Hey ho let´s go” -Gesängen gut angeheizt, sodass Frontmann Billie Joe Armstrong die Fans von Anfang an fest im Griff hat. Mit “Know Your Enemy” hat die Stimmung sofort den Höhepunkt erreicht, die Fans toben, klatschen und singen lauthals mit, und auch gesamte Bühnenshow wird den Headlinern an diesem Abend absolut gerecht. Für seine Fans das absolute Highlight: drei Personen dürfen nacheinander zusammen mit Green Day performen und als Dankeschön ihren Auftritt mit einem Stage Dive beenden. Für die tolle Performance des Gitarristen gibt es sogar eine Gitarre geschenkt, das ist schon sensationell. Natürlich dürfen auch die Kracher wie “Holiday”, “When I Come Around” und “American Idiot” in der Zugabe nicht fehlen, zum Ende hin gibt es noch eine schöne Akustik-Einlage mit “Ordinary World” und der wunderschönen Ballade “Wake Me Up When September Ends” und “Good Riddance” als Abschluss. Bis auf die etwas in die Länge gezogenen Songs mit den ewigen Hey-Ho-Singsang-Spielchen liefert Green Day eine wirklich großartige Show ab, die den ersten Festivaltag für uns perfekt beendet.
Der Samstag beginnt leider wieder einmal mit Regen, hässlichem Sprühregen, also Schietwetter wie man im Norden zu sagen pflegt. Dementsprechend matschig geht es mittlerweile nicht nur auf den Park- und Campingplätzen, sondern auch auf dem Gelände zu. Bei leichtem Regen und leider noch nicht so üppigem Publikum geht es los mit der Bostoner Indiefolk Band Tall Heights (13:15 Uhr Blue Stage), die vorwiegend Songs aus dem 2016 erschienen zweiten Album “Neptun” für uns spielen. Ihre vorwiegend ruhigen, harmonischen Folksongs sind mittlerweile elektronisch hinterlegt, obwohl der Gesang des Gründungsduos Tim Harrington/Gitarre und Paul Wright/Cello weiterhin im Vordergrund steht und wunderschön anzuhören ist.
Zwar blinzelt die Sonne durch die Wolken, trotzdem finden wir uns im Zelt bei den Berlinern von Pictures (14:30 Uhr White Stage) ein. Die um Frontmann Maze Exler schon 2014 gegründete Band, der es zuvor mit der Alternative/Grunge Band Union Youth bereits zu einiger Bekanntheit gebracht hatte, präsentiert uns mit ihrem aktuellen Debutalbum Songwriter-Rock mit Britpop Vorbildern auf höchstem Niveau. Man merkt sofort, dass die Band kein unbeschriebenes Blatt mehr ist, so konnten sie schon 2015 zwei Songs zum Soundtrack des Films “About A Girl!” beitragen. Sie starten natürlich auch direkt mit dem Ohrwurm “Here I Come”, aber auch andere Songs wie “Fall” und “Down Under The Hill” machen richtig gute Laune und verleiten das Publikum zum mitschwofen. Schade dass nur so wenige den Weg zu dem mittäglichen Konzert gefunden haben, es hat sich definitiv gelohnt! Wer die Jungs noch mal hören und sehen möchte, kann sie im Vorprogramm von Paul Weller im September live erleben.
Zu dem britischen Singer-Songwriter und Alltime-Liebling des Publikums Passenger (15:30 Uhr Blue Stage) braucht man eigentlich nicht mehr viele Worte verlieren. Diesmal kommt er jedoch nicht mehr als Solo-Künstler, sondern mit vierköpfiger Band zum Hurricane. Kaum erklingen die ersten Töne seiner wundervoll leidenschaftlichen Songs erwärmen sich die Herzen der Fans auf der Stelle, wobei sich passend zu Beginn seines Auftritts die Sonne zeigt. Mike Rosenberg versteht es auf eine intuitive Art das Publikum zu unterhalten, mit kleinen Geschichten erzählt er aus seinem Leben und verbindet mit diese mit seiner handgemachten und ehrlichen Musik. “27” widmet er jedem Einzelnen im Publikum und heizt die Stimmung noch mal ordentlich an. Nicht nur bei seinem Erfolgssong “Let Her Go” oder “I Hate” singt das gesamte Publikum textsicher mit, auch bei seiner Interpretation des Simon & Garfunkel Klassikers “Sound Of Silence”. Einmal mehr hat sich der sympathische Brite heute in die Herzen seiner Fans gespielt und jeden Zuhörer für den Moment verzaubert.
Ein kurzer Abstecher führt uns zu dem aktuell schwer gehypten britischen Rock Duo Royal Blood (17:45 Uhr Green Stage), die mit ihrem Sound aus rotzigem Bass und kräftigen Drums stark an die White Stripes erinnern. Mike Kerr und Ben Thatcher haben auf jeden Fall den nötigen Biss für den Auftritt auf großen Bühnen und können das Publikum mit einem fetten Beat und einer mitreißenden Performance wie bei “Figure It Out” komplett mitnehmen. Da kann man gespannt sein, was von den Jungs noch zukünftig noch so kommt.
Besonders freue ich mich auf das Konzert der achtköpfigen Combo um den in Deutschland geborenen Frontmann Nathaniel Rateliff (19:30 Uhr White Stage) aus Denver, der mit seiner musikalischen Ausrichtung in Richtung Blues-/Folk Rock, Americana und Soul eine der wenigen musikalischen Ausnahmen auf dem diesjährigen Hurricane ist. Den adrett gekleideten Herrschaften mit ihren Hüten ist ihre amerikanische Herkunft absolut anzusehen, dabei wird dem Publikum mit voller Spielfreude schwungvolle handgemachte Musik präsentiert, die kein Tanzbein mehr ruhig stehen lässt. Ein tolles Konzert mit guter “Charakter-Musik”, die richtig Spaß macht und dementsprechend eine sehr ausgelassene Stimmung in der White Stage hervorruft.
Völlig positiv überrascht bin ich von dem erfrischenden Auftritt des deutschen Newcomers Joris (20:15 Uhr Red Stage), der erstmal 2015 mit seiner Single “Herz über Kopf” für große Aufmerksamkeit sorgte und gleich mehrere Preise abräumte. Er performt auf der Bühne, als wenn er noch nie etwas anderes in seinem jungen Leben gemacht hätte und zieht das Publikum, ob jung oder alt, komplett in seinen Bann. Ob mit einer Klavierballade oder mit seinen treibenden Popsongs wie “Sommerregen” und “Bis ans Ende der Welt” sorgt Joris nicht nur für gute Stimmung, sondern auch für musikalische Abwechslung, indem er seine Songs in verschieden Musikstile taucht, mal als Reggae, mal mit Technobeats, seine Band beherrscht das volle Repertoire. Joris überzeugt auf ganzer Linie, seine Fans sind regelrecht aus dem Häuschen, klatschen und singen lauthals mit. Den krönenden Abschluss des fantastischen Konzerts bildet sein persönlicher Appell gegen den Terror und sein Radio-Hit “Herz über Kopf”, wo die Stimmung schließlich zum Höhepunkt kommt. Nach dem Konzert zeigt sich der sympathische Musiker publikumsnah, gibt Autogramme und macht ausgiebig Selfies mit seinen Fans.
Die Indierocker von Maximo Park (21:45 Uhr Red Stage) beehren uns mit der gewohnt perfekten Inszenierung und einem runden Arrangement aus einer Reihe älterer Songs, sowie einiger Songs ihres brandneuen Albums “Risk To Exist”, welches gerade erst im April erschienen ist. Auf Frontmann Paul Smith ist wie immer Verlass, er bringt seine Fans zum tanzen, springen und mitsingen, alle feiern ausgelassen und werfen fröhlich mit dem vor der Bühne ausgelegten Stroh. Wie immer ist bei dieser großartigen Band eine tolle Stimmung und das Wetter spielt diesmal auch noch mit, geradezu perfekt!
Leider muss man bei Festivals ja stets Entscheidungen treffen, diese ist heute für die Editors (22:15 Uhr Blue Stage) und gegen Linkin Park (23:00 Uhr Green Stage) gefallen, was ich aus den später folgenden Ereignissen tatsächlich noch bereuen würde. Aber die Editors sind fest gesetzt, da sie mich mit ihrer Wahnsinns-Performance jedes Mal wieder vom Hocker reißen. Auch am heutigen Abend bin ich von Tom Smiths Inszenierung regelrecht geflasht, er sieht einfach großartig aus, wenn er sich quer über´s Klavier räkelt und dabei seine Songs noch perfekt performt. Mit expressiver Leidenschaft in Gestik und Mimik sowie absoluter Perfektion lebt er seine düster gewaltigen Synth- und Post-Punk Hymnen, sodass auch im Publikum ordentlich abgerockt wird. Sei es zu “Munich”, “An End Has A Start” oder auch “The Racing Rats” wird mit voller Energie gesprungen und getanzt was das Zeug hält. Den Abschluss dieses unglaublich energetischen Konzerts bildet fast schon aus Tradition einer der großartigsten Editors-Songs “Papillon”, der überraschend mit fetter Pyro-Show endet und frenetisch gefeiert wird. Was ein großartiger Abschluss des zweiten Festivaltages!
Den verregneten Auftakt des letzten Festivaltages am Sonntag bildet für uns der Auftritt der norwegischen Indie-Pop Band Kakkmaddafakka (13:30 Uhr Blue Stage), die mittlerweile schon Dauergäste auf dem Hurricane sind. Ihr aktuelles Album “KMF” ist nun auch schon wieder gut ein Jahr alt, dafür stellen sie uns aber ihre erst vor zwei Tagen erschienene Single “All I Want To Hear” vor. Trotz des bescheidenen Wetters verkünden Sie in ihrer fröhlichen Art, dass sie heute mit uns den Sommer feiern wollen, wonach der Song auch wirklich klingt. Frisch, frech, fröhlich und poppig, bei so viel positiver Energie und guter Laune können sogar die Securities nicht anders als bei “Your Girl” mitzutanzen, so macht nämlich ein Festival auch den Mitarbeitern richtig Spaß! Und Schwupps kommt auch schon die Sonne etwas durch die Wolken… Das Sextett animiert ihre Fans fleißig zu Singspielchen und zum Tanzen, als Finale kommen dann noch zwei ihrer wohl bekanntesten Top-Hits “Restless” und “Forever Alone”, zu der die Stimmung noch mal sichtbar steigt.
Da sogar noch etwas Zeit übrig ist, gibt´s noch einen Song mehr, wobei wir uns aber schon zu dem Ausnahmemusiker Seasick Steve (14:00 Uhr Green Stage) verabschieden, der gerade ein junges Mädel zu sich auf die Bühne eingeladen hat. Der Deep-Blues-Musiker setzt neben seinem Begleitschlagzeug Instrumente wie eine aus einem alten Waschbrett zusammengebauten Gitarre ein und rockt mit einer guten Prise Humor und einer durchaus liebenswerten Art die Green Stage. Auch wenn man ihm seine turbulente Vergangenheit schon ein wenig ansieht, lockt er jeden hier aus der Reserve, denn das hier ist Musik die einem unter die Haut geht. Ab und zu ein guter Schluck Wein aus der Flasche zwischendurch, Sonnenschein und ein Publikum, das ihn regelrecht abfeiert. Ein wunderbar herzlicher Auftritt mit viel Charme und handgemachter, geschichtenerzählender Musik, das gefällt auch seinen Fans, die ihn nach dem Konzert noch mächtig für Autogramme und Fotos umlagern.
Anschließend sehen wir uns erstmalig die US-amerikanische Sängerin mit italienischen Wurzeln namens Laura Pergolizzi alias LP (16:15 Uhr White Stage) an, von der mir bisher überhaupt nur der Titel “Lost On You” ein Begriff ist, mit dem sie 2016 ihren internationalen Durchbruch hatte. Ihre einprägsame aber auch zugegebenermaßen etwas anstrengende Stimme ist gewöhnungsbedürftig, dennoch spielt die Songwriterin, die im Hintergrund auch für andere Künstler tätig ist, durchaus kraftvollen Indie-Pop/Rock, der sich hören lassen kann.
Wir bleiben in der Zeltbühne, da hier gleich im Anschluss aus London stammende Band Archive (17:30 Uhr White Stage) mit einer spannenden Mischung aus elektronisch-psychedelischem Post-Rock und Trip-Hop aufspielt.
Die Gründer Darius Keeler und Danny Griffiths lassen sich immer wieder innovative Beats und Song-Kompositionen einfallen, hierzu gibt es heute aufwändige bewusstseinserweiternde Visuals, die ihre teils wilden Kreationen bestens untermalen. Durchdringende Elektrobeats werden experimentell mit tiefen Basslinien und Bassdrums sowie sphärischen Klängen kombiniert, die richtigen Fans sind jedenfalls begeistert und zu den Beats stets in Bewegung.
Tatsächlich bin ich ein bisschen gespannt, wie sich die ehemaligen Schwedenrocker von Mando Diao (18.15 Uhr Green Stage) nach dem Ausscheiden von Sänger und Gitarrist Gustaf Norén live so machen werden. Aus einer Phase der Neuorientierung ist erst kürzlich ihr im Mai veröffentlichtes Album “Good Times” hervorgegangen, mit dem sie derzeit auf Tour sind. Sie starten energetisch mit dem Opener “Down In The Past” und den ebenfalls recht rockigen “All The Things” vom aktuellen Longplayer. Merkwürdigerweise muss sich Björn Dixgard hier mächtig ins Zeug legen, um die Stimmung im Publikum zum Brodeln zu bringen, an der Performance selbst ist nämlich nichts auszusetzen. Der 70-iger Jahre beeinflusste Songs “Money” oder der aus dem Radio bekannte Hit “Shake” lassen dann doch das Publikum etwas lockerer werden. Als Frontmann Dixgard schließlich das Konzert oberkörperfrei fortsetzt, hebt dies die gesamte Stimmung noch etwas an, obwohl mein Eindruck eines zurückhaltenden Publikums bestehen bleibt. Als Highlight ist der vom ersten Album stammende wundervolle Song “Mr. Moon” zu erwähnen, damit hatte ich heute nicht gerechnet. Als dann jedoch eine Art Elektro-DJ-Set Einlage der Band am Mischpult kommt, bricht der Faden zu den Fans irgendwie vollständig ab. Zum Glück kann die Stimmung dann mit “Dance With Somebody” wieder aufgefangen werden, zu dem dann wirklich auch alle tanzen, singen und die guten alten Hits abfeiern.
Für uns endet das diesjährige Hurricane Festival mit Alt-J (19:15 Uhr Blue Stage), die gerade mit ihrem aktuellen Album “Relaxer” auf Tour sind. Sie tauchen von Anfang an mit “3WW” in ihre neuen Klangwelten ein, die für mich jedoch nicht annähernd an ihre alten glänzenden Songs ihres Debuts “An Awesome Wave” anknüpfen können. Schön, dass wenigstens “Something Good” und “Tesselate” direkt zu Beginn gespielt werden, obwohl auch die live nicht mehr ganz so gut wie früher rüber kommen, da sie musikalisch stark modifiziert wurden. Der aktuell vorherrschende breite Sound wirkt auf mich eher langweilig, da sind mir die ursprünglichen Versionen von “Breezeblocks”, “Matilda” und “Fitzpleasure” einfach lieber. Letztlich fehlt dem Sound eindeutig der zweite Gitarrist Gwil Sainsbury, der 2014 offiziell die Band verließ, dessen Lücke seitdem ausschließlich mit Keyboards aufgefüllt wird. Trotzdem ist ihr Konzert doch ein schöner Abklang eines abwechslungsreichen musikalischen Festivalwochenendes.
Die Besucher konnten aufgrund des doch recht passablen Wetters während des Festivals in diesem Jahr bei 100 Bands der Genres Rock, Indie, Punk, Hip Hop, Alternative bis hin zu einzelnen EDM- und Electro-Künstlern wundervolle Konzertmomente erleben, lediglich der Auftritt von Haftbefehl musste aufgrund einer Flugverspätung und Stau abgesagt werden. Besonders erwähnenswert sind hierbei die herausragenden Konzerte der Nicht-Mainstream-Bands wie Seasick Steve, Xavier Rudd und Nathaniel Rateliff. Für das kommende Jahr wünschen wir uns lediglich noch etwas mehr Rückbesinnung auf die alten Hurricane Tage, wo es ein wesentlich breiteres Angebot von jungen aufstrebenden Bands aus den verschiedensten Musikstilen gab, die das Hurricane Festival einst so besonders machten. Da braucht man nur in die Line-Ups der Festivals aus den benachbarten europäischen Länder schauen, wo wesentlich mehr internationale Diversität geboten wird.
Die starken Regenfälle des Donnerstag setzten zwar dem Gelände sehr zu, jedoch hat der Veranstalter alle erforderlichen Maßnahmen getroffen, um den Boden schnell wieder zu befestigen, sei es mit Schotter, Stroh o.ä. Alles in allem gab es laut der Behörden in Scheeßel und der Polizei keine weiteren nennenswerten Zwischenfälle, wahrscheinlich auch aufgrund des komplett überarbeiteten Sicherheitskonzepts der Veranstalter, denen wir an dieser Stelle ausdrücklich für die Durchführung eines durchweg sicheren Festivals danken möchten. Nicht nur eine erstmalig installierte Sirene auf dem Gelände, sondern auch die Einrichtung “Wo geht´s nach Panama” gab allen Festivalbesuchern ein zusätzliches Sicherheitsgefühl, was in diesen Tagen wirklich viel wert ist auf Veranstaltungen dieser Größenordnung.
Die Aftermovies zum Hurricane Festival 2017 könnt Ihr Euch auf dem offiziellen Youtube Kanal noch einmal hier anschauen.
Das 22. Hurricane Festival wird vom 22. bis 24. Juni 2018 auf dem Eichenring in Scheeßel stattfinden. Der Vorverkauf hat bereits am Montag den 26. Juni 2017 mit einem limitierten Kontingent an Frühbuchertickets begonnen. Tickets sind derzeit nur auf www.hurricane.de erhältlich.
Hier findet ihr unsere Fotos vom zweiten Tag des Hurricane Festival am 24. Juni 2017 in Scheeßel.
Nach dem letztjährigen Ausflug in die Kölner Lanxess Arena und das umgebende Areal ist das Amphi Festival zur Freude vieler Besucher wieder nach Hause zurückgekehrt. Auch wenn der Amphi Eventpark mit der riesigen Halle doch einige Vorteile hatte, schlugen die Herzen der langjährigen Besucher für das Ambiente des Tanzbrunnens. Als zweite Bühne diente dieses Jahr das Theater auf dem Gelände des Tanzbrunnens und mit der Orbit Stage an Bord, sprich eigentlich im Inneren der fest vertäuten MS Rheinenergie stand eine weitere Bühne zur Verfügung.
Im vergangenen Jahr hatten uns die Moderatoren Oliver Klein und Dr. Mark Benecke versprochen, die Auftritte der aufgrund des Unwetters ausgefallenen Bands in diesem Jahr nachholen zu lassen. Dieses Versprechen haben sie gehalten und so hieß es an diesem Wochenende Bühne frei für Der Fluch, Lebanon Hanover, The Devil & The Universe, Neuroticfish und [x]-Rx, die zwar während einer Umbaupause einige wenige Songs performen durften, jetzt aber mit ihrem vollständigen Set das Festival auf der Main Stage zur frühen Stunde eröffnen durften.
“Put your hands in the air. Welcome to the show. We escalate this place.” Mit diesen Worten begannen [x]-Rx ihren Auftritt mit dem Song „Escalate“ und ernteten direkt rauschenden Beifall von einem Publikum, dass bereits um 11 Uhr vormittags zum Tanzen und Mitmachen aufgelegt war. Bei den treibenden Industrial-Rave-Beats und Songs wie „Hard Bass Hard Soundz“ und „Kein Herz“ war es nicht erforderlich, dass Sänger Pascal Beniesch die Festivalbesucher mit „Jetzt mal die Faust nach oben!“ zur Morgengymnastik aufforderte.
Als zweite Band des Festivals kamen Solitary Experiments auf die Main Stage. Zu diesem Zeitpunkt war das Publikum vor der Bühne bereits deutlich zusammengerückt und ordentlich aufgewärmt. Die vier Herren, deren Markenzeichen leuchtend rote Hemden sind, begannen ihren Auftritt mit dem Song „Delight“ und die Spielfreude war ihnen dabei deutlich anzusehen. „Wir spielen heute nur Hits“ verkündete Sänger Dennis Schober. Ein „Ihr könnt auch mitmachen, wenn ihr wollt“ ließ sich das Publikum nicht zweimal sagen und kommentierte dies mit Klatschen und einer großartigen Stimmung. Dafür wurde es im Laufe des Sets auch mit einem neuen Song belohnt. Mit dem Dreifach-Schlag ihrer Hits „Rise & Fall“, „Epiphany“ und „Stars“ beendeten Solitary Experiments ihr Set, wobei sie bei „Epiphany“ gesangliche Unterstützung von T.O.Y.-Sänger Volker Lutz erhielten.
Eigentlich hätten One I Cinema die Theater Stage am Samstagmittag eröffnen sollen. Da deren Auftritt jedoch aufgrund von Krankheit kurzfristig ersatzlos abgesagt werden musste, übernahmen an dieser Stelle die Niederländer Angels & Agony diese ehrenvolle Aufgabe und legten zur Mittagszeit mit ihrem melodischen Futurepop-Song „Monument“ los. Die ersten drei Songs benötigte das Publikum noch, um etwas wacher zu werden, dann ging es mit härteren Songs weiter und es wurde nun vor dem Hintergrund einer Videoleinwand mit bunten, kaleidoskopartigen Bildern getanzt. Sänger Reinier Kahle ging dabei mit den Fans auf Tuchfühlung, schüttelte Hände und sang gemeinsam – eine sympathische Geste.
Wurde das Theater vor zwei Jahren noch bestuhlt für Lesungen und akustische Darbietungen genutzt, hieß es in diesem Jahr auch für diese Location „back to the roots“. Wer sich noch an das Amphi Festival in Anfangstagen zurückerinnert, der weiß, dass das Theater bis zum Jahr 2007 bereits schon einmal als zweite Bühne diente. Das Staatenhaus wurde damals noch nicht genutzt.
Neu war an dieser Stelle jedoch, dass das Theater jetzt nicht mehr vom Festivalgelände aus zugänglich war. Wer in die Halle hinein wollte, musste durch den Ausgang gehen und entweder immer um das runde Gebäude herum bis zur nächsten Einlasskontrolle laufen oder aber – wie zumeist, sich in etlichen Metern Entfernung in einer langen Warteschlange erneut anstellen. Der Ausgang vom Theater mündete hingegen wieder ins Innere des Festivalgeländes. Die Einlasssituation kam bei vielen Festivalbesuchern nicht ganz so gut an. Vielleicht hätte man hier einfach noch ein paar Meter Bauzaun aufstellen können, um das Prozedere zu vereinfachen. Andererseits hatte die Security auf diesem Wege immer direkt im Blick, ob der Zugang ins Theater aufgrund von Überfüllung gestoppt werden musste. Ein Einlassstopp wurde zwar einmal verhängt, jedoch nicht aufgrund von Überfüllung, sondern wegen blockierter Fluchtwege. Denn passend zu einem Festival der Schwarzen Szene war es im Theater während der Auftritte stockdunkel. Dies ist an und für sich nicht weiter störend. Aber einige Besucher hielten es für eine gute Idee, sich im Dunkeln in die Menschenmenge zu setzen. Durch ein reges Kommen und Gehen während der Auftritte kam es so zu einigen „Stolperunfällen“. Das Sitzen auf dem Boden wurde fortan von der Security unterbunden. Hier hätte im Direktvergleich die Lanxess Arena gepunktet. Insgesamt habe ich jedoch von allen Seiten auf dem Festival vernommen, dass die Besucher glücklich über die Heimkehr des Festivals an den Tanzbrunnen sind.
Hatte es auf dem Weg zu Angels & Agony bereits getröpfelt, dachte sich der Regen bei Megaherz, die auf der Main Stage spielten, es wäre angebracht die herabfallende Wassermenge etwas zu verstärken. Da half auch kein „Himmelsstürmer“, den die fünf schwarz-weiß geschminkten Herren zum Ende ihres Auftritts losschickten. Aber erst einmal sollte es ins „Zombieland“ gehen, bei dem Sänger Alexander „Lex“ Wohnhaas gekonnt seinen Baseballschläger-Mikrophon-Halter schwang. Obwohl die Münchener ein sehr schönes Set hauptsächlich bestehend aus Songs des letzten Albums „Zombieland“ und der aktuellen EP „Erdwärts“ spielten und auch der Kracher „Jagdzeit“ und das allseits bekannte „Miststück“ nicht fehlen durften, konnte auch eine wirklich tolle Performance nicht über den sehr schlechten Sound hinwegtäuschen. Stellenweise war kaum Gesang zu hören und auch Melodie und Gitarrenklänge gingen im Soundbrei gnadenlos unter. Sehr schade für Zuhörer und die Band, die sich ihren ersten Auftritt auf dem Amphi sicherlich anders gewünscht hätte. Die Stimmung wurde dadurch zeitweise etwas getrübt. Überzeugen konnte aber auf jeden Fall die gute Lichtshow.
Parallel zu Megaherz spielte auf der Orbit Stage die österreichische Horrorpunkabilly-Band Bloodsucking Zombies from Outer Space und etwas versetzt auf der Theater Stage gab sich das belgische Electro-Industrial-Projekt Dive um Sänger Dirk Ivens die Ehre.
Ganz großes Kino war der Auftritt der Rammstein-Tribute-Band Stahlzeit am Nachmittag auf der Main Stage. In der 50-minütigen Show, die möglichst nah am Original angelehnt ist, wurden von Sänger Heli Reißenweber und seinen Mannen zehn Songs gecovert. Zum Start gab es als erstes „Bück Dich“ auf die Ohren und dazu eine ordentliche Portion Kunstsperma ins Publikum. Augen zu und durch. Was zählt, ist der Spaß. Und der Unterhaltungswert von Stahlzeit war ausgezeichnet. Bei „Du riechst so gut“ und „Asche zu Asche“ wurde ordentlich Pyrotechnik eingesetzt. Bei „Mein Teil“ musste Keyboarder Thilo Weber in den überdimensionierten Kochtopf steigen und wurde anschließend mit Feuersalven aus einem Flammenwerfer gekocht. Bei „Du hast“ sang auch der letzte Besucher des Tanzbrunnens mit und beim Abschlusssong „Engel“ drehte das ganze Publikum durch und sang und sprang zu den harten Klängen von der Bühne. Die Leistung wurde vom Publikum mit tosendem Applaus honoriert. Mit ihrer schweißtreibenden Pyroshow schafften es Stahlzeit dann sogar Wolken und Regen zu vertreiben.
Parallel zu Stahlzeit begeisterte Laura Carbone mit ihrem wunderschönen, melodischen Dark Wave Pop die Besucher auf der MS Rheinenergie und im Theater gab es von Ewigheim düstere Klänge mit deutschen Texten und der eindringlichen Stimme von Sänger Allen B. Konstanz auf die Ohren.
Nach einer halbstündigen Umbaupause betraten die gutgelaunten Dark Rocker Mono Inc. die Main Stage. Auch hier kam häufig Pyrotechnik zum Einsatz, aber vergleichbar mit Stahlzeit wurden eher kleinere Brötchen gebacken. Mal ehrlich: Wer kann und will sich denn in diesem Punkt auch schon mit einer Rammstein-Tribute-Band messen? Deshalb: Unterhaltsame Feuereffekte als Teil der Mono Inc. Bühnenshow wurden zur Kenntnis genommen und für gut befunden. Bereits der erste Song „Arabia“ offenbarte den Feierwillen des Publikums. Denn weiter ging es mit „Symphony Of Pain“ und der ganze Tanzbrunnen applaudierte und klatschte euphorisch im Takt. Bei „Gothic Queen“ zeigte sich Sänger Martin Engler sehr fan-nah und verließ die Bühne, um auf dem Rollstuhlfahrer-Podest seine Fans zu begrüßen und sich mit ihnen fotografieren zu lassen. Dies zeigt noch einmal deutlich, warum die vier Mitglieder von Mono Inc. in der Szene große Sympathieträger sind. Multiinstrumentalist Martin zeigte sein Können bei „Never-Ending Love Song“ an der Gitarre und im späteren Verlauf am Schlagzeug während der Drum-Battle mit Katha Mia. Der Frontmann hatte das Kölner Publikum während des Auftritts vollkommen im Griff. Speziell beim letzten Song „Voices Of Doom“ sang und klatschte der gesamte Tanzbrunnen bereitwillig mit, so dass es selbst der Kölner Dom noch gehört haben muss. Somit ist es nicht verwunderlich, dass Mono Inc. seit 2009 bereits zum fünften Mal auf dem Amphi spielen durften.
Auf der Orbit Stage ging es derweil mit düsteren, minimalistischen Wave-Klängen von Lebanon Hanover weiter, während das Theater bei Spetsnaz unter Krachern wie „Apathy“ und „Allegiance“ erbebte. Nach Mono Inc. reihte sich auf der Main Stage Ex-Nightwish-Sängerin Tarja Turunen ein und bot dem Publikum eine einstündige Show voller Power. Pünktlich zu Beginn des Auftritts erschien nun auch die Sonne am Kölner Himmel. Die Fans in den vorderen Reihen sprangen direkt zu den ersten Klängen auf und ab. Im Verlauf des Auftritts fehlten auch nicht etwas ältere Songs wie „Never Enough“ und „Until My Last Breath“. Parallel zu Tarja absolvierten auf der Orbit Stage Whispers In The Shadow ihren einzigen Festivalauftritt für dieses Jahr. Die Österreicher, die 2016 ihr zwanzigjähriges Bandjubiläum feiern durften, präsentierten ihren vom Goth Rock und Dark Wave geprägten Sound. Sänger Ashley Dayour durfte am folgenden Festivaltag noch ein weiteres Mal mit seiner 2013 gegründeten Band The Devil & the Universe auf dieser Bühne auftreten. Das nach zwei Tarotkarten (the devil und the universe) benannte Bandprojekt bot dem Publikum einen eher psychedelischen Musik-Mix, bei dem die Bandmitglieder in Ziegenkostümen auf der Bühne performten.
Im Theater probten derweil Aesthetic Perfection den Abriss desselbigen. Die Warteschlangen vor dem Gebäude erreichten eine unglaubliche Länge. Zusammen mit dem bereits erwähnten Einlassstopp kam es so dazu, dass einige enttäuschte Fans den heißersehnten Auftritt des amerikanischen Projekts um Daniel Graves nicht miterleben konnten. Innerhalb von 50 Minuten wurden elf Songs auf das Publikum losgelassen. Das Set startete mit „A Nice Place To Visit“ und beinhaltete auch die weiteren Singles „Inhuman“, „A Big Bad Wolf“ und natürlich auch den allseits beliebten Tanzflächenfüller „Antibody“. Als weiteren Höhepunkt der Show konnte man sicherlich das Duett von Daniel mit Sven Friedrich (Solar Fake) zum Bonustrack „Never Enough“ des neu aufgenommenen Albums „Blood Spills Not Far From the Wound“ (ehemals unter dem Bandnamen Necessary Response erschienen) bezeichnen. Der Auftritt endete viel zu schnell mit der wunderschönen, melodischen Ballade „Devotion“.
Der Auftritt von Peter Heppner war sicherlich einer, der von sehr vielen Besuchern freudig erwartet wurde. Und sie sollten nicht enttäuscht werden. Die einstündige Show wurde im weiteren Verlauf des Festivals von vielen Besuchern als Highlight genannt, denn der Auftritt war einfach bewegend und für viele Fans mit emotionalen Erinnerungen an vergangene Zeiten verknüpft. Beim Klang von Heppners markanter Stimme, die seine häufig traurigen Geschichten, die das Leben so schreibt, besingt, wurde zuweilen auch das ein oder andere Taschentuch gezückt. Der Rest der schwarzen Schar tanzte glückselig vor sich hin oder lauschte ergriffen. Mit seinem Set sang sich der Mann mit der Ausnahmestimme quer durch die Jahrzehnte, angefangen mit „The Sparrows & The Nightingales“ aus den frühen Wolfsheim-Tagen von 1992 über „Once In A Lifetime“ aus dem Jahre 1999 bis hin zu seinen Werken aus der Soloaktivität wie „Alleinesein“ (2008) und „I Won’t Give Up“ (2012). Nicht fehlen durfte hierbei natürlich „Kein zurück“, bei dem die Stimmung auf dem Höhepunkt angelangt war. Auf der Bühne war Heppner umgeben von bekannten Gesichtern. So saß am Schlagzeug Achim Färber, der zusätzlich auch bei Eisbrecher die Schlagstöcke schwingt und am zweiten Festivaltag noch mit Project Pitchfork auf der Bühne sitzen sollte und an der Gitarre stand Carsten Klatte, den man auch früher schon mal mit Project Pitchfork auf der Bühne gesehen hat.
Auf der Theater Stage spielten derweil auf der Co-Headliner-Position Sascha Mario Kleine und Henning Verlage mit ihrem Synth-Pop Projekt Neuroticfish. Neben Stücken aus dem letzten neuen Album „A Sign Of Life“ wie „Behaviour“ und „Is It Dead“ spielten sie selbstverständlich auch ihren größten Club-Hit „The Bomb“.
Für die Musiker von Der Fluch war das Amphi ein Heimspiel. Die Orbit Stage wurde kurzerhand zum „Geister“schiff erklärt. Hier präsentierten sie mit Songs wie „Rattengift“ und „Halb Mensch halb Tier“ dem Publikum ihren deutschsprachigen Horrorpunk, der thematisch von Horror-B-Movies handelt.
Blutengel durften am ersten Abend als Headliner auf die Main Stage. Dafür hatten sie auch wieder eine ausgefeilte Bühnenshow mit Leinwänden und Feuerspielen dabei. Sänger Chris Pohl war gut gelaunt und wie eigentlich immer in Gesprächslaune. So sagte er „Engelsblut“ mit den Worten „Wer den Song kennt und gut findet, kann direkt mitklatschen“ an. Das Publikum ließ sich nicht lange bitten und so klatschten tausende Hände von Beginn an mit. Auch für’s Auge wurde wieder Einiges geboten. Beim Song „Krieger“ ließen zwei der Tänzerinnen brennende Feuerfackeln rotieren und bei „Dein Gott“ entledigten sich alle Tänzerinnen ihrer Nonnenkostüme, um anschließend leicht bekleidet ihre erotische und leicht blutige Performance vorzutragen. Den Männern im Publikum hat’s sichtlich gefallen. Bei den letzten Songs „You Walk Away“, „Asche zu Asche“ und „Reich mir die Hand“ verwandelt sich der Tanzbrunnen in ein Meer aus Händen und damit endet der erste, erfolgreiche Festivaltag.
Als Hauptact auf der Theater Stage lieferten zeitgleich die kanadischen Industrial-Pioniere Front Line Assembly eine gelungene Show ab. Sänger Bill Leeb und seine Männer sorgten ab den ersten Tönen für gute Stimmung im Publikum. Spätestens ab dem zweiten Song „Killing Ground“ wurden die Beats härter. Die Menge tanzte und sprang, Bier wurde verschüttet. Das ganze Theater hatte sich in eine wilde Party verwandelt. FLA schlossen den Abend mit dem Song „Mindphaser“ ab. Headliner auf der Orbit Stage waren die englischen Gothik Rocker Nosferatu, die bereits seit fast 30 Jahren im Geschäft sind.
Der zweite Festivaltag startet im strahlenden Sonnenschein. Da lässt sich die frühe Uhrzeit doch gleich viel besser ertragen, dachten sich wohl auch die nicht wenigen Festivalbesuchter, die vor der Main Stage warteten und die drei Herren von Beyond Obsession gutgelaunt begrüßten. Es wurde zwar locker gestanden, dafür war dann aber auch ausreichend Platz zum Tanzen vorhanden. Als zweimalige Supportband von And One und zuletzt von Solar Fake waren Beyond Obsession dem einen oder anderen Besucher bereits ein Begriff. Für den reichlichen Applaus bedankte sich die Band mit bekannten Stücken wie „Song For The Dead“ und „Tokio Underground“, aber auch mit der Sparks-/Martin L. Gore-Cover-Ballade „Never Turn Your Back On Mother Earth“ sowie mit einem neuen Song namens „Ghost On Pictures“. Auf der Theater Stage brachten direkt im Anschluss xotox mit stampfenden, elektronischen Beats das Publikum in Bewegung.
Mittags war es dann Zeit für eine Band, auf die ich bereits sehr gespannt war. „Wir sind TÜSN und wir sind schuldig.“ kündigte TÜSN-Sänger Snöt den Song „Schuld“ an. Hatte ich mich zuvor noch gefragt, ob diese Band mit deutschen, düsteren Texten und teils schwermütigen Klängen aus dem Indie Rock/Pop-Bereich live überzeugen kann, wurde ich augenblicklich eines Besseren belehrt. Der Sound aus Schlagzeug, Bass, Synthesizer und zuweilen auch e-Piano wirkt im Zusammenspiel mit der durchdringenden und kraftvollen Stimme von Sänger Snöt fesselnd und zieht das Publikum in seinen Bann. Einige Besucher singen mit, einige tanzen und andere schauen andächtig zu, während TÜSN neun Songs, darunter auch „Ewig allein“ und „Schwarzmarkt“ präsentieren. Von den Berlinern, die kürzlich mit ihrem Debütalbum internationale Künstler wie Hurts und Marilyn Manson auf deren Deutschlandkonzerten supporten durften, werden wir in Zukunft sicherlich noch viel hören.
Während nun im Theater Mantus mit melancholischem Dark-Metal rockten, startete das Programm auf dem Schiff mit der niederländischen Industrial-/Hard Electro-Band XMH.
Auf der Main Stage war es nun Zeit für eine Band mit Garantie für unbeschreiblich gute Stimmung. Die Unzucht gab sich die Ehre und wie bei jedem Festivalauftritt dieser Band fragt man sich unweigerlich, warum sie nicht später im Line-Up spielen. Laut, lauter, Unzucht heißt es, sobald die ersten Töne des deutschsprachigen Dark Rocks erklingen und das Publikum frenetisch mitgeht. Auf der Stelle stehen geht bei Songs wie „Todsünde 8“, „Engel der Vernichtung“ oder dem neuen Brett „Kettenhund“ einfach nicht. Aber auch bei den ruhigeren Songs wie dem melancholischen „Nur die Ewigkeit“ oder „Schweigen“ hat das Publikum ausreichend Gelegenheit zum Mitmachen und wird von Sänger Daniel Schulz auch gerne dazu aufgefordert. Sofern dies überhaupt noch nötig ist. Bei letzteren beiden Songs verwandelt sich der Tanzbrunnen in ein Meer aus schwenkenden Armen. Natürlich durfte auch das obligatorisches Crowd-Surfing des Frontmanns Daniel durch die Menge nicht fehlen. So sieht Fan-Nähe aus.
Während die Unzucht noch bei Sonnenschein rockte, gab es bei den Schweizern The Beauty Of Gemina etwas ruhigere Töne im dunklen und sehr gut gefüllten Theater. Die gute Beleuchtung sorgte jedoch dafür, dass die Musiker ins rechte Licht gerückt wurden. Sänger Michael Sele und seine Bandkollegen begeisterten die Zuschauer mit ihrer Mischung aus Dark Rock und Wave. Beliebte Stücke wie „Run Run Run“ und „Suicide Landscape“ ließen das Publikum tanzen, sofern ausreichend Platz vorhanden war.
Nahtlos ging es weiter mit Solar Fake, dem Electro Projekt von Sven Friedrich. Da der Mann einfach ein Händchen für griffige Melodien hat, lieferten Solar Fake auch an diesem sonnigen Nachmittag eine herrlich tanzbare Show ab, bei der härtere Clubhits wie „Parasites“ und „Reset To Default“ ebenso wenig fehlten wie etwas ruhigere Songs („Where Are You“). Insgesamt war das Set mit über der Hälfte der Songs stark geprägt vom aktuellen Album „Another Manic Episode“. Zeitgleich gab es von den Schweden von Cryo ebenfalls elektronische Musik an Bord der MS Rheinenergie.
Die Liebhaber der härteren, handgemachten Musik fanden sich derweil im Theater ein, um die energiegeladene Show von OST+FRONT zu feiern. Ging es mit dem ersten Song „Sternenkinder“ noch etwas ruhiger zu, geriet das wild tanzende Publikum bei „Denkelied“, „Bruderherz“ oder „Gang Bang“ in der sowieso nicht ganz kühlen und dicht gefüllten Halle kräftig ins Schwitzen. Wer OST+FRONT Shows kennt, weiß aber, dass hier nicht nur etwas für Ohren und Beine geboten wird, sondern auch das Auge nicht zu kurz kommt. Sänger Herrmann Ostfront und seine Mannen präsentieren sich dabei wie üblich in ihren furchteinflößenden Bühnenoutfits, bei denen auch jede Menge Schminke und Kunstblut zum Einsatz kommt. Immer wieder kommt Eva Edelweiß, der Mann an den Tasten, nach vorne auf die Bühne und steht „unfreiwillig“ für Showeinlagen bereit. Bei „Fiesta De Sexo“ trägt Eva einen überdimensionierten Sombrero, bei „Ich liebe es“ darf es dann auch gerne ein Dirndl sein. Zum großen Finale mit „Bitte schlag mich“ leert Eva mehrere Säcke mit schwarzen Luftballons ins Publikum, die während des ganzen Songs durch die Halle fliegen. Das stetige Zerplatzen der Ballons geht zum Ende im tosenden Applaus unter.
Viel Anklang fanden auch Suicide Commando am späteren Nachmittag. Die belgischen Electro-Industrial-Pioniere schafften es, den gesamten Tanzbrunnen in Bewegung zu setzen. Die dicht gedrängten Festivalbesucher tanzten wild zu Songs wie „Cause Of Death“, „God Is In The Rain“ und natürlich auch dem Hit „Bind, Torture, Kill“. Sänger Johan Van Roy schwenkte unterdessen die belgische Fahne und hatte sichtlich Freude daran, das Publikum weiter anzuspornen. Unter anderem forderte er die Masse auf, sich hinzusetzen, um anschließend zu den nächsten harten Takten gemeinsam aufzuspringen. Auf dem Schiff spielten die zuvor bereits angesprochenen The Devil & The Universe, während Dr. Mark Benecke im Theater die Kammercore-Musiker von Coppelius mit dem Gedicht „Das Fest des Wüstlings“ von Christian Morgenstern anmoderierte, da die Band nicht namentlich angesagt werden wollte. Das ist natürlich der spezielle Humor, den die sechs Herren mit ihren klassischen Instrumenten und Schlagzeug an den Tag legen. War der Saal anfangs noch nicht so gut gefüllt, änderte sich das im weiteren Verlauf jedoch sehr schnell. Der harmonische Mehrgesang mit Klarinetten, Cello und Kontrabass regte einfach zum Mitgehen an und da jedes Lied unterschiedlich instrumentalisiert war und auch die Sänger wechselten, konnte auch gar keine Langeweile aufkommen. Die Herren rockten sich durch Songs wie „Der Luftschiffharpunist“, „Locked Out“ und „Reichtum“ und wurden dafür vom Publikum laut jubelnd gefeiert. Es wären nicht Coppelius gewesen, wenn dies nicht in einer energiegeladenen Show der Extra-Klasse geendet hätte.
Die Liebhaber der elektronischen Klänge hatten am frühen Abend die Qual der Wahl zwischen Covenant und Faderhead. Während Faderhead und das feiernde Publikum versuchten, das zum Bersten gefüllte Schiff mit Songs wie „Fistful Of Fuck You, „Stand Up“ und natürlich „Tanz zwo drei vier“ zu versenken, ging es bei Covenant zwar etwas ruhiger zu, was aber nicht heißen soll, dass die Stimmung hier schlechter gewesen wäre. Die Schweden um Sänger Eskil Simonsson ließen Songs wie „Thy Kingdom Come“, „The Men“, die neue Single „Sound Mirrors“ sowie ihr erfolgreichstes Stück „Dead Stars“ auf ihre Fans los, die dies dankbar annahmen. Im Theater betraten unterdessen die Wiener L’Âme Immortelle die Bühne. Sonja Kraushofer und Thomas Rainer haben im Laufe Ihrer zwanzigjährigen Musikkarriere einige „unsterbliche“ Songs geschrieben, die ihre Konzertbesucher jedes Mal wieder in Ekstase versetzen oder zu Tränen rühren, zumindest aber zum Tanzen und inbrünstigen Mitsingen bewegen. Auch der Auftritt auf dem Amphi bildete keine Ausnahme und so sangen sich Band und Fans gemeinsam durch ein Programm mit Songs wie „Life Will Never Be The Same Again“, „Phönix“, Bitterkeit“ oder „5 Jahre“. Das Licht auf der Bühne war wie üblich sehr dunkel gehalten, dies ließ bei den eher dramatisch, emotionalen Songs jedoch erst die richtige Stimmung aufkommen. Es war also ein rundum gelungener Auftritt.
Als vorletzte Bands und somit Co-Headliner des Festivals gingen Escape With Romeo (Orbit), Moonspell (Theater) und Project Pitchfork (Main) ins Rennen. Der Besucher hatte also mal wieder zu entscheiden, was er sehen wollte. Glücklicherweise unterschieden sich die Musikstile dieses Trios deutlich voneinander. Escape With Romeo schlugen ruhigere, aber rockig-punkige Töne mit elektronischen Einflüssen an und gaben Stücke wie „Glitter On The Snow“ und „Ground Control“ zum Besten. Die Portugiesen von Moonspell hatten düstere Klänge aus dem Gothic Metal Genre dabei. Wem die beiden Bands noch kein Begriff sind, dem sei gesagt, dass beide schon alte Hasen im Musikbusiness sind und bereits im Jahre 1989 gegründet wurden. Die elektronischen, basslastigen Klänge von Project Pitchfork bedürfen eigentlich keiner Erklärung mehr. Auch sie sind schon seit 1989 sehr erfolgreich im Geschäft. Ob das Gründungsjahr wohl ausschlaggebend für die Platzierung war? Pitchfork haben auf jeden Fall wieder die volle Live-Besetzung aufgefahren. Auf der Bühne stehen drei Schlagzeuge, die von den Drummern Achim Färber, Christoph „Nook“ Michelfeit und Christian „Léo“ Leonhardt (ehemals Oomph!) heftigst bearbeitet werden. Am Keyboard steht ein ungewohntes und dennoch nicht unbekanntes Gesicht. Daniel Myer von Haujobb und ehemaliger Keyboarder von Covenant ist spontan für den aufgrund von Krankheit ausgefallenen Jürgen Jansen eingesprungen. Sie beginnen ihr Set mit dem neuen Song „What Have We Done“ und preschen dann direkt mit dem Pitchfork-Hit schlechthin vor: „Timekiller“ bringt die Stimmung auf einen ersten Höhepunkt und die Massen in Bewegung. Weitere Höhepunkte im Programm der Herren um Mastermind Peter Spilles sind das Duett mit Sven Friedrich (Solar Fake) zu „The Dividing Line“, der Tanzflächenfüller „Alpha Omega“ und das langsamere, dafür aber umso eindringlichere „Souls“. Stellenweise hatte man das Gefühl, der Boden würde aufgrund des Basses und der Tanzbewegung der Masse beben. Die Pitchfork-Fans am Tanzbrunnen wirkten zum Ende glückselig.
Und nun war es schon Zeit für die letzten Auftritte am Tanzbrunnen für dieses Jahr. Headliner am Sonntag waren Spiritual Front (Orbit), Joachim Witt (Theater) und die Editors auf der Main Stage. Die Italiener von Spiritual Front begeisterten mit ihren melodischen Songs und dem harmonischen Gesang von Simone Salvatori, der von Akustikgitarre, Gitarre und Schlagzeug begleitet wurde. Die Melodien erinnern an die 70er Jahre, klingen nach Fernweh und dem American Way of Life. Trotz der nicht ganz so dicht gefüllten Orbit Stage, singen die Fans bei „I Walk The (Dead)Line“ lautstark mit. Auch Joachim Witt überzeugte auf voller Linie und sorgte mit einem mitreißenden Auftritt für einen gelungenen Abschluss des Festivals. Die Besucher und Fans durften sich über seine Hits wie „Gloria“, „Die Flut“ und „Goldener Reiter“ freuen, bei denen enthusiastisch mitgesungen wurde. Draußen am Tanzbrunnen wartete eine schwarze Masse gebannt – und wohl auch mit gemischten Gefühlen – auf den Auftritt der Editors, die im Vorfeld als Headliner stark diskutiert worden waren. Grund dafür war wohl, dass der Musikstil der Briten größtenteils eher in die Sparte Indie Rock als in die Stilrichtungen der Schwarzen Szene einzuordnen ist. Ihre in Deutschland erfolgreichste Single „Papillon“ ist jedoch fast jedem Szenegänger ein Begriff, der ab und an in Clubs oder auf Partys sein Tanzbein schwingt. Alle Befürchtungen stellten sich als völlig unbegründet heraus, denn auch die Editors hatten eine große Fanbase am Start, die vom ersten Ton an kräftig mitsang und bei „Papillon“ völlig ausrasten sollte. Sänger Tom Smith sorgte mit theatralischen Gesten und Verrenkungen, mal an Gitarre, mal am Piano und mal nur mit Mikrophon bewaffnet dafür, dass das Geschehen auf der Bühne immer im Fokus blieb. An Langeweile war somit nicht zu denken. Ein Schmunzeln bei Band und Publikum kam auf, nachdem ein nur mit Lendenschurz bekleideter Fan aus dem Publikum auf die Bühne kletterte, um sein zuvor dort hochgereichtes, rosafarbenes Plüsch-Steckenpferd-“Einhorn“ wieder abzuholen und damit überschwänglich über die Bühne sprang. Er wurde dann aber schnell unter etwas deutlicherer Überredungskunst von der Bühne befördert. Auch ansonsten schien die Menge so berauscht von dem Auftritt der Engländer zu sein, dass neben dem später im Publikum tanzenden Steckenpferd-Einhorn auch mehrfach knallbuntes Konfetti auf die vorderen Reihen herabrieselte. Tom Smith nahm das Ganze mit Humor und widmete den nächsten Song dann auch gleich „dem kleinen Pony dahinten“. Die Editors hatten einen Bühnenaufbau aus vier großen, rostigen Windrädern und warteten mit einer gut abgestimmten Lichtshow auf. Mit Hits wie dem melodischen Piano-Song „Forgiveness“, dem gefühlvoll vorgetragenen „Life Is A Fear“, dem neuen Song „The Pulse“, und dem finalen “Marching Orders“ führten die Engländer galant durch’s Programm und hinterließen am Ende ein gutgelauntes, leicht wehmütiges Publikum, dass nun ein Jahr auf das nächste Amphi warten muss.
An dieser Stelle noch einmal ein großes Lob für die Veranstalter des Amphi Festivals. Hut ab für den Mut, das Festival trotz Verringerung der Einlassgröße an den Tanzbrunnen zurückzuverlegen und Hut ab dafür, ein sehr gemischtes Line Up anzubieten und nicht im sicheren Fahrwasser zu schwimmen, indem immer gleiche Bands gebucht werden. Also danke, liebes Amphi, für die Möglichkeit durch dich neue Bands und bislang unbekannte Juwelen der düsteren Musik kennenzulernen. Wir sehen uns im nächsten Jahr bestimmt wieder.
Hier findet ihr unsere Fotos vom zweiten Tag des Amphi Festival 2016 im Tanzbrunnen in Köln.
Unsere Fotos vom Editors Konzert im Kölner Palladium am 02.11.2015
Nach „No Harm”, dem ersten neuen Song in 2 Jahren, der als Hidden Track auf einem Play It Again Sam Sampler platziert wurde, und dem über 7 Minuten langen „Marching Orders“, von dem 300 Testpressungen an Oxfam gespendet wurden, freuen sich die Editors, den anstehenden Release ihres fünften Studioalbums „In Dream“ ankündigen zu dürfen.
Aufgenommen in Crear, in den schottischen Western Highlands, und abgemischt von Alan Moulder in London, ist „In Dream“ das zweite Album in der „neuen“ Besetzung, an dem neben den Gründungsmitgliedern Tom Smith, Russell Leetch und Ed Lay auch wieder Justin Lockey und Elliott Williams mitwirkten. Nach 2 Jahren intensivstem Touren, haben die Fünf auf ihrem neuen Album den Editors Sound abermals erweitert, indem sie sich vom dynamischen Rock auf „The Weight Of Your Love“ (Platz 4 der Media Control Albumcharts) entfernen und gewissermaßen eine Rückkehr zu einem von elektronischer Musik beeinflussten Schaffensprozess vollziehen. Damit spannen sie einen Bogen von ihrem Debütalbum hin zu ihrem dritten Album „In This Light And On This Evening“, mit dem sie in Großbritannien auf Platz 1 landeten.
„In Dream” ist ein Album geworden, das künstlerische Interpretationen auch außerhalb des Bandgefüges erlaubt. So ist es das erste Editors Album, auf dem es Duette zu hören gibt (Rachel Goswell von Slowdive leiht den Tracks „Ocean Of Night“, „The Law“ und „At All Cost“ ihre Stimme). Zudem konnte Alan Moulder die Songs nach den Aufnahmen ohne Einflussnahme der Band abmischen, während Rahi Rezvani völlig freie Hand bei den Fotos und Videos hatte, die das Album und die dazugehörigen Singles begleiten. Laut Tom Smith ein klares und deutliches Statement, getragen von dem Glauben, dass Musik beides sein kann – poppig und experimentell.
„In Dream” ist seit dem 2. Oktober 2015 weltweit als Download, LP, CD und 2CD-Deluxe-Set erhältlich.
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Tour 2015:
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Rolling Stone Weekender Festival 2014 Fotos, Weißenhäuser Strand – Samstag
Hier gibt es unseren Bericht zum Rolling Stone Weekender Festival 2014
Zum sechsten Mal lud das Rolling Stone Weekender Festival Anfang November an den Weißenhäuser Strand. Ein Festival im November – geht das? Ja, das geht sehr gut. Das Festival bezeichnet sich selbst auch als „Indoor-Komfort Festival an der Ostsee“. Der Weißenhäuser Strand ist eine Bungalow-Ferienanlage direkt am Ostsee-Strand. Die Konzerte finden in den Räumen der Ferienanlage statt. Die Mainstage befindet sich in einem eigens aufgebauten großen Zirkuszelt.
Für mich persönlich ist das Rolling Stone Weekender immer der Abschluss der jährlichen Festivalsaison. Und auch dieses Jahr hat FKP Scorpio wieder ein wunderbares Line-up aufgefahren. Den Festival-Freitag eröffneten die Herren von Triggerfinger gekonnt im großen Zelt. Anschließend musste man sich entscheiden: Die grundsätzliche Crux bei Festivals ist auf der einen Seite das vielfältige Angebot, auf der anderen Seite parallel laufende Konzerte. Ich entschied mich für den australischen Experimental-Pop von D.D Dumbo im sehr schönen Rondell. Diese beiden Beispiele illustrieren bereits das breite Spektrum an Künstlern, das dieses Festival dem Publikum präsentiert.
Rockig ging es auf der Mainstage mit The Undertones weiter. Erfahren füllten sie das große Zirkuszelt mit ihrer Musik. Anschließend führte mein Weg mich in den Baltic Saal. Hier kommt man sich wie in einem Club mittlerer Größe vor: Die Bühne liegt relativ tief und bietet den Künstlern auch nicht allzu üppig Platz. Hierdurch kommen jedoch Künstler und Zuschauer näher zusammen. Und da ich ein großer Fan von Club-Konzerten bin, fühle ich mich hier sehr wohl. Auf der Bühne spielt Annie Clark aus New York alias St. Vincent. Sie war auf jeden Fall einer meiner persönlichen Entdeckungen und Highlights auf dem diesjährigen Weekender. Und das ist auch etwas, was dieses Festival ausmacht: Die Veranstalter kramen immer wieder tolle Überraschungen aus ihrer großen Künstler-Kiste hervor und bringen sie auf die Bühnen am Weißenhäuser Strand.
Anschließend ging es zurück zur Mainstage, auf der der amerikanische Singer-Songwriter Sam Beam von Iron & Wine einen Soloauftritt präsentierte. Für mich wirkte er in dem doch recht dimensionierten Zirkuszelt und auf der festivaltypischen, sehr großen Bühne etwas verloren. Seine Singer-Songwriter-Qualitäten sind hervorragend – hätten jedoch besser auf eine kleinere Bühne gepasst.
Der nächste Künstler war mit seiner Band Kettcar vor zwei Jahren ein Headliner auf der Mainstage des Festivals. In der Zwischenzeit hatte die Band beschlossen zu pausieren. Markus Wiebusch startete ein Solo-Projekt unter eigenem Namen. Im April dieses Jahres veröffentlichte er das Debüt-Album unter dem Titel „Konfetti“ und erntete zu recht hervorragende Kritiken. Und Markus Wiebusch zeigt auf dem Album und auch auf der Bühne des Baltic Saals, dass das Solo-Projekt musikalisch nicht einfach nur die Fortsetzung von Kettcar ist, sondern tatsächlich etwas Neues.
Musikalisch beschloss Selig auf dem Mainstage den Freitag. Man merkte, dass Jan Plewka die Bühne liebt und sich dort mit sichtlichem Vergnügen austobt. Man hatte den Eindruck, dass er die Bühne gar nicht mehr verlassen und immer weiter spielen wolle. Als ich ihn bei anderer Gelegenheit traf und auf die tolle Show beim Weekender ansprach, klang noch immer große Begeisterung bei der Erinnerung an diesen Abend in seiner Stimme.
Am Vormittag des nächsten Tages konnte man ein weiteres Highlight des Festivals genießen: Den Weißenhäuser Ostsee-Strand. Es hatte etwas wie Urlaub, den Strand kilometerweit entlang zu laufen.
Wer dem Festivalprogramm am Samstag folgen wollte, konnte bereits ab 12 Uhr Lesungen verschiedener Autoren im Witthüs beiwohnen. Ich begann meinen Festival-Samstag bei der dritten Lesung mit Sven Regener. Er las aus seinem neuen Buch „Magical Mystery oder: Die Rückkehr des Karl Schmidt“. Der Saal war bis auf den letzten Platz gefüllt. Und es war ein großes Vergnügen diesem Multitalent bei seiner Lesung zuzuhören. Sven Regener ist eben ein sagenhafter Geschichten-Schreiber und –Erzähler – sei es live oder auf Papier, Vinyl oder Zelluloid.
Musikalisch begann der Samstag mit Sea Wolf aus den USA. Und ich liebe es, wenn der zweite Festival-Tag mit schönem und melodischem Indie-Rock beginnt und die müden Tanzbeine ganz langsam wach werden können. Auch hierfür ein Dankeschön an das Weekender für die tolle Programmgestaltung. Anschließend gab es einen kleinen Abstecher zu dem Wohnzimmerkonzert in einem Bungalow mit John Allen aus Hamburg. Er ist der nette Kerl, mit dem man gerne mal einen Whisky in einem Pub trinken geht. Wenn er jedoch anfängt zu singen, füllt eine unglaubliche Präsenz den Raum. Ungefähr 70 ausgeloste Zuhörer kamen in den Genuss dieses besonderen Gigs.
Nach diesem Abstecher ging es zu den Levellers (UK) im Baltic Saal. Schöner, handgemachter Folk-Rock mit sozialkritischen Inhalten ist ihr Markenzeichen. Sie sind mit ihrer kraftvollen Musik eindeutig eine Live-Band und rissen das Publikum mit. Die Mainstage eröffneten am Samstag Augustines (USA). Und auf die Mainstage gehören sie mit ihrem intensiven Alternative-Rock auch.
Während das Stage-Hopping bei den großen Festivals immer mittelgroße Wanderungen erfordert, sind die Wege beim Weekender wirklich kurz und man kann schnell mal schauen, was auf den anderen Bühnen gespielt wird. Ein Vorteil eines Indoor-Festivals, bei dem die Bühnen nicht zur akustischen Trennung weit auseinander liegen müssen.
Im Baltic Saal tritt Gisbert zu Knyphausen und die Kid Kopphausen Band auf. Wer die musikalische Entwicklung von Gisbert zu Knyphausen inklusive dem persönlichen und musikalischen Einschnitt durch den Tod seines Freundes und Wegbegleiters Nils Koppruch beobachtet, erlebte nicht nur ein wundervolles Konzert. Es ist bemerkenswert, wie er das Arrangement der Lieder weiter entwickelt hat und sie an dem Abend in einer besonderen Interpretation präsentierte.
Zurück zur Mainstage ging es mit dem Duo Blood Red Shoes aus Brighton mit druckvollem Punk weiter. Wenn das Tanzbein bis jetzt noch nicht wach war, wurde es spätestens hier von der Musik der beiden wach gerüttelt. Im Baltic Saal präsentierte das Festival mit Jeff Tweedy ein musikalisches Urgestein. Seine Ausstrahlung ist beeindruckend, seine Stimme geht unter die Haut und seine Texte verleiten zum Zuhören.
Die Mainstage gehörte anschließend Live aus den USA. In den 1990er Jahren gegründet und 2009 aufgelöst, meldete sich die Band 2012 mit dem neuen Sänger Chris Shinn zurück. Mit kraftvollem Alternative-Rock füllen sie musikalisch das Zelt und liefern eine ordentliche Show auf der Bühne ab.
Den Abschluss des Festivals sollen die Editors aus Großbritannien bestreiten. Kurz vor dem Auftritt kommt die Nachricht, dass der Gitarrist Justin aus Krankheitsgründen nicht nach Deutschland reisen kann. Die Band bietet jedoch an, sich spontan in ihr Studio zu begeben und innerhalb von 24 Stunden ihre Stücke neu zu Akustik-Versionen zu arrangieren und so den Auftritt zu retten. Alleine diese Aktion der Band verdient absoluten Respekt. Und so präsentierten die Editors zum Abschluss des Rolling Stone Weekenders 2014 ein wirklich fantastisches und einzigartiges Akustik-Konzert. Oder mit den Worten der Band: „A rare unusual version of an Editors live show, maybe never to be repeated, and we’ll all enjoy doing something different and special together!!“. Es ist ihnen gelungen.
Wer daran gezweifelt hatte, dass die Editors ein besonderes Live-Erlebnis sind, konnte sich am Sonntag im Kölner E-Werk eines Besseren belehren lassen.
Das letzte Album “The Weight of your Love” war von der Fachpresse eher kritisch beäugt worden und einzelne Stimmen zweifelten schon, ob nun auch bei den Editors der Weg zum Mainstreamrock geebnet wurde. Doch obwohl sie in so viele Fettnäpfchen hätten treten können (Stadionrock! Weltschmerz! Die große Liebe!), spielten sie routiniert und wahnsinnig intensiv das Publikum auf ihre Seite.
Gleich zu Beginn war klar, was die Zuschauer erwarten konnten: wildes Tanzen, große Gesten, Stroboskop-Wellen, und das alles im ersten Song! Energiegeladen und charismatisch, bei “Eat Raw Meat = Blood Drool” das erste mal auf dem Piano kletternd, hatte Tom das Publikum in der Hand. Wenn er es wollte, raunten wir den Text, tanzten beschwingt, hielten minutenlang die Arme oben, oder hörten einfach ehrfürchtig zu. Dabei brauchte er gar nicht viele Worte, sondern war der Geschichtenerzähler, der fast ausschließlich die Texte für sich sprechen ließ.
Bei “Formaldehyde” explodiert die Halle das erste Mal, was sofort durch “A ton of love” sogar noch getoppt wurde. Danach ging es mit den bekanntesten Stücken und auch kleinen Nummern weiter. Die Editors spielten in über zwei Stunden das E-Werk platt. Sie sind eine der wenigen Bands, bei denen ich sage: MEHR! GRÖßER! Ich will sie in der Arena sehen und mit noch mehr Power von tausenden Leuten diese Texte hören. Ganz ohne Ausverkauf und weichgespühltem Stadionrock.
Großartig, egal in welcher Größe, war es auf jeden Fall.
Editors Fotos Köln 2013
Im Zuge der Veröffentlichung ihres mittlerweile vierten Studioalbums “The Weight Of Your Love” beehren uns die Editors in diesem Jahr sogar gleich zwei Mal im hohen Norden. Bereits im Juni konnten wir sie mit der Präsentation ihrer nagelneuen Songs noch vor Albumveröffentlichung auf dem Hurricane Festival erleben, heute machen die fünf charismatischen Indie-Rocker aus Birmingham auf ihrer Europatour im Hamburger Docks halt. Der Konzertbeginn an einem Freitagabend um 18:00 Uhr ist für den klassischen Arbeitnehmer recht sportlich angesetzt, überraschenderweise bildet sich aber tatsächlich schon gegen fünf Uhr eine Traube hartgesottener Fans vor dem Docks. Einige hatten sogar noch kurz vorher im Internet versucht Tickets für die Show zu ergattern, da das Konzert seit Monaten restlos ausverkauft ist. Das Docks füllt sich direkt nach Einlassbeginn recht zügig, so dass der Saal beim Auftakt des Supports durch die Indie-Rocker Balthazar schon fast richtig voll ist. Das Publikum ist angenehm durchmischt, tendiert heute jedoch altersmäßig eher in Richtung Ü30.
Erst kürzlich konnte man das belgische Quintett um Leadsänger Maarten Devoldere und Jinte Deprez beim “First We Take Berlin Festival” live bestaunen, und auch diesmal überzeugen sie wieder mit ihrem einprägsamen Sound und entschleunigten Grooves, dem harmonischen, meist vierstimmigen Gesang und ihrer ausgezeichneten Bühnenpräsenz. Sie steigen direkt mit den großartigen Songs von ihrem Debüt “Applause” wie “The Boatman” und “Fifteen Floors” in ihr Set ein, bringen aber auch einige der neueren Songs von ihrem aktuellen Album “Rats” (2012). Ihre Songs sind in sich ruhig aber doch tanzbar, das respektvolle Publikum schenkt Balthazar jedenfalls konzentriert ihr Gehör, da die meisten wohl die Band noch nicht kennen. Dennoch wippen die Köpfe im Takt und auch der begeisterte Applaus zeigt, dass Balthazar die richtige Wahl als Vorband war. Nach einer guten Dreiviertelstunde bildet “Blood Like Wine” den Abschluss ihres Supports, in dem die typischen Gitarren und Basslinien wunderbar mit dem leicht schleppenden Gesang harmonieren und alles in Form einer A Capella Performance endet.
Als die heiß ersehnten Editors endlich um 20:00 Uhr die Bühne betreten ist das Docks schließlich brechend voll. Die Stimmung heizt sich sofort beim Opener “Sugar” vom neuen Album “The Weight Of Your Love” im Blitzlichtgewitter auf. Im Graben wimmelt es von Fotografen, die alle vergeblich versuchen, bei schummrig-blauer Beleuchtung und Stroboskoplicht eine gute Aufnahme hinzubekommen. Der britische Frontmann und Frauenliebling Tom Smith gibt sich gleich zu Beginn seiner Rolle als leidenschaftliche Rampensau hin und bewegt sich mit extrovertierter Theatralik über die Bühne. Er wirkt fast wie in Extase und mit seiner Musik verschmolzen. Das durch die Drums extrem treibende “Someone Says” vom Debütalbum “The Back Room” treibt ebenso das Publikum zum Tanzen an und spätestens bei “Bones” sind die Fans kaum mehr zu halten. Es wird gerockt, gesprungen, textsicher mitgesungen und geklatscht, die Stimmung hat tatsächlich schon beim dritten Song “Smokers Outside The Hospital Doors” ihren Dauerhöhepunkt erreicht.
Etwas ruhiger wird es bei “You Don’t Know Love”, bei dem sich Tom Smith ans Piano begibt, wo seine besondere Baritonstimme am besten zur Geltung kommt. Gerade bei diesem Song fällt auf, dass live wesentlich weniger Synthies eingesetzt werden als bei der Studioaufnahme, was sich durchaus auch in der aktuellen musikalischen Ausrichtung der Editors abzeichnet. Besonders gut kommt beim Publikum das Songgut des Debütalbums wie “All Sparks” und “Munich” an, aber auch die Akustikversion von “The Phone Book” trifft genau in die Herzen der Fans. Im Grunde genommen ist es relativ egal, was Tom Smith hier an Songs präsentiert, das Publikum ist sowieso hin und weg. Immer wieder entschuldigt sich der sympathische Frontmann für den frühen Beginn des Konzerts und bedankt sich stets nach jedem Song mit einem freundlichen “Dankeschön”. Mittlerweile ist allerdings die Luft dick und schwitzig, denn jeder ist zu den großartigen Dauerbrennern wie “An End Has A Start” oder “Racing Rats” am Abrocken, und der Schweiß läuft und läuft. Als die Editors kurz vor halb Zehn erstmals die Bühne verlassen, will im völlig euphorischen Publikum überhaupt keine Ruhe einkehren, so kommen die Editors noch einmal für drei Zugaben zurück auf die Bühne und schmettern uns erst ganz zum Schluss das von allen schon vermisste “Papillon” um die Ohren. Zum Ende des Konzerts gegen 21:45 Uhr blickt man ausschließlich in durchgeschwitzte aber glückliche Gesichter, und wer den Abend noch auf dem Kiez fortsetzen will, hat sich sogar ein trockenes “Wechselshirt” mitgebracht.
Die Editors haben auch heute wieder unter Beweis stellen können, dass sie eine spitzen Liveband sind! Tom Smith hat mit seinen Jungs sichtlich alle Erwartungen des Publikums erfüllt und uns an diesem Abend mit den Highlights der bisherigen Alben, jedoch schwerpunktmäßig aus “The Weight Of Your Love” und “In This Light And On This Evening”, einen großartigen und unvergesslichen Konzertabend beschert, der uns noch lange in Erinnerung bleiben wird.
Wer sich bis jetzt noch keine Tickets für die letzten Deutschlandkonzerte gesichert hat, der hat im wahrsten Sinne des Wortes schlechte Karten, denn die letzten noch verbleibenden Deutschlandkonzerte in Wiesbaden (01.11.13) und Köln (03.11.13) sind bereits restlos ausverkauft.
Alle Editors Fotos von dem Konzert findet Ihr übrigens hier!
Setlist:
Am dritten Festivaltag stecken einem morgens dann doch schon ein wenig die Vortage in den Knochen, ein wenig Muskelkater vom Tanzen, schmerzende Füße von den Gummistiefeln und der leichte Schlafmangel erleichtern das Aufstehen nicht unbedingt. Doch auch am Sonntag warten noch tolle Acts beim Hurricane Festival auf uns und auch das Wetter zeigt sich recht versöhnlich, wenn auch die Temperaturen bereits einen leichten Trend nach unten zeigen.
Am Festivalgelände angekommen bekomme ich leider nur von ganz hinten mit, wie die Rampensau Macklemore zusammen mit Ryan Lewis (14:55 Uhr Blue Stage) gerade die Blue Stage auseinandernimmt, zumindest dem Jubel des Publikums nach zu urteilen und der Stimmung, die über das komplett mit Menschen übersäte Field fegt. Rapper Macklemore zeigt sich als perfekter Entertainer und äußerst kommunikativ mit seinen Fans, denen er eine sagenhafte Party beschert, bei der jeder hier total mitgeht. Es war mir gar nicht so klar, dass sie bei uns mittlerweile derart beliebt sind, ihr Set wäre selbst auf der Green Stage nicht fehlplatziert gewesen. Eine unglaubliche Euphorie ist zu spüren, vor allem natürlich zu “And We Danced” und ihrem Superhit “Can´t Hold Us”, zu der die Menge mitsingt, kreischt, tobt und unaufhörlich die Arme noch oben reißt. Eine fantastische Performance, die sicherlich jetzt schon für viele als Highlight des Tages gilt.
Nach Konzertende will der Publikumsstrom weg von der Blue Stage überhaupt nicht mehr abreißen, zur Front of Stage für Alt-J (16:15 Uhr Blue Stage) ist kaum ein Durchkommen. Zum Auftakt des Sets der Alternative-Pop Band aus Leeds um Frontmann Joe Newman kommt dann endlich wieder die Sonne raus und zaubert mit ihren verträumten Folk-Synthiemelodien eine traumhaft sommerliche Stimmung an die Blue Stage. Ihr Sound ist vorwiegend geprägt durch ruhige Töne mit entschleunigtem Gesang, Synthies und vereinzelt eingestreuten A-Capella Gesangsparts wie in “Interlude I”, die an diesem Nachmittag hervorragend zum Chillen einladen. Selbst wenn einzelne Songs mit knackigen Drums und flotteren, leichtfüßigen Klavier- oder Synthieklängen wie in “Dissolve Me” und “Matilda” mehr Geschwindigkeit aufnehmen und durch tiefe Bässe wie bei “Fitzpleasure” begleitet werden, erhält sich trotzdem die angenehm tief sitzende Ruhe in ihren Songs. Das Publikum ist von diesem Wohlklang durchweg hingerissen und umjubelt das Quartett für ihr wunderbar sonniges Konzert.
Ihr Set ist wahrhaftig die beste Einleitung für das Anschlusskonzert von Two Door Cinema Club (17:45 Uhr Blue Stage), die die mehrheitlich an der Blue Stage verbliebenen Fans direkt zu Beginn mit “Sleep Alone” zum Tanzen bringen. Dem tut auch der kleine Regenschauer keinen Abbruch, Frontmann Alex Trimble rät uns, den Schauer einfach wegzutrinken, was die meisten hier sicherlich auch gerade machen. Die schwungvollen, leichtfüßigen und melodischen Gitarren-Elektropop-Hits von “Undercover Martyn”, “I Can Talk” und “What You Know” bringen die Menge in der Front of Stage Area zum Springen und Jubeln. Die Leichtigkeit ihrer Musik und auch die der außergewöhnlichen hohen und sanften Stimme vom adrett mit Jackett und Krawatte gekleideten Sänger passen einfach hervorragend zu einem Sommerfestival, was Two Door Cinema Club heute erneut unter Beweis stellen.
Bei jetzt blauem Himmel darf Alternative-Punkrocker Brian Fallon mit The Gaslight Anthem (20:00 Uhr Green Stage) seine Live Show starten. Die Fans müssen nicht lange auf ihre Erfolgshits warten, schon ziemlich früh im Set gibt es “The ’59 Sound” und auch “45” auf die Ohren, es wird mitgeklatscht und frenetisch vor der Bühne gefeiert. Brian´s rauh-rockige Stimme passt perfekt zu ihrem antreibenden Rocksound, zuweilen finde ich jedoch Brian´s längeren Vorträge über The Smashing Pumpkins oder die politischen Hintergründe seiner Songs etwas zu langatmig, aber die Sympathie und die Spielfreude seiner Band, welche sie den Fans stets entgegenbringen, machen das alles wieder wett. Ihr absolut gelungener Auftritt unterstreicht wieder einmal die ausgezeichneten Live-Qualitäten des Quintetts und prägt entsprechend die tolle Atmosphäre der letzten Festivalstunden an der Green Stage.
Während Paul Kalkbrenner´s elektronischen Beats von drüben durch den Wind herüber getragen werden nutzen wir die Umbaupause, um als Abschluss doch noch eine Runde mit dem erstmals auf dem Hurricane aufgestellten Riesenrad zu drehen und den großartigen Blick über das weitläufige Festival- und Campinggelände im abendlichen Sonnenschein zu genießen. Und schon ist es auch soweit, ehe man sich versieht ist das Hurricane Festival schon fast wieder vorbei und der Headliner des Sonntags Queens Of The Stone Age (22:00 Uhr Green Stage) steht auf der Bühne. Bei sternenklarem Himmel und nun auch etwas frischeren Temperaturen heizt uns jetzt aber die kalifornische Rockmaschine QOTSA um Frontmann Josh Homme ordentlich ein. Sie ist aus Überresten der Band Kyuss entstanden und seit ihrer Gründung 1996 mit stetig wechselnden Musikern international ein echtes Erfolgskonzept. Gerade erst ist ihr sechstes Studioalbum “…Like Clockwork” erschienen, mit dem sie derzeit auf Tour sind. Megalautes Scherbenklirren markiert den Beginn ihres Konzerts mit “Feel Good Hit Of The Summer”. Ihre druckvollen Rockbeats gepaart mit Blues-Einflüssen und hart schmetternden Drumbeats haben schon ihren völlig eigenen Soundcharakter und sind gerade live performt einfach der Hammer. Zu ihrem extrem starken aber älteren Song “No One Knows”, sowie dem bei Dunkelheit folgenden Charthit “Little Sister” springt das gesamte Publikum und singt sich im Chor dann auch zu “Make It Wit Chu” förmlich die Kehle aus dem Hals. Die Stimmung kocht bei “Song For The Dead” noch einmal richtig hoch, die Securities stellen sich immer wieder besorgt in Alarmbereitschaft, da Josh Homme den Fans quasi den Freifahrtschein für´s Crowdsurfen gegeben hat. Der Kontrast hierzu ist die von Josh gefühlvoll gespielte Rockballade “The Vampyre Of Time And Memory” vom aktuellen Album, die ebenfalls kräftig umjubelt wird. Nach einer knappen Stunde ist das Rockfeuerwerk der Kalifornier leider schon beendet, aber was war das bitte für ein unglaublich kraftvolles Konzert!
Ein sagenhafter Abschluss für ein wieder mal unglaublich tolles Hurricane Festival, von dem wir alle sicherlich wundervolle Erlebnisse mit nach Hause nehmen werden! In der Mediathek von ZDFkultur findet Ihr übrigens nach wie vor zahlreiche Konzertmitschnitte mit Interviews und bei Arte wird am Samstag den 17.08.2013 um 23.40 Uhr noch eine Reportage über das Festival ausgestrahlt.
Vielen Dank Hurricane und vielen Dank an die zahlreichen Beteiligten, die das Festival auch 2013 wieder für 73.000 Besucher zu einem unvergesslichen Ereignis gemacht haben!
Das Hurricane Festival findet im nächsten Jahr übrigens vom 20.-22.Juni 2014 statt und schon in Kürze wird hierfür der Vorverkauf beginnen.
Der Festivalsamstag startet mit offensichtlicher Katerstimmung und sehr wechselhaftem Wetter, bei dem sich bei noch sommerlichen Temperaturen immerhin in den frühen Morgenstunden zunächst auch mal die Sonne zeigt. Aber wie es immer so ist, sobald man zum ersten Konzert los will, fängt es traditionsgemäß erstmal an zu regnen, was mich aber nicht sonderlich beeindruckt, da mich mein Weg direkt zu den Folk-Newcomern Hudson Taylor ins Zelt führt (14:30 Uhr White Stage). Noch bevor das junge Brüderpaar Harry und Alfie überhaupt die Bühne betreten, gibt es in dem vorwiegend sehr jungen, weiblichen Publikum bereits erste Rufchöre nach den irischen Indie-Chart Stürmern, die noch nicht mal ihr Debüt herausgebracht haben. Doch das interessiert die Fans herzlich wenig, denn die gehen hier zu den folkigen, mitreißenden Songs wie “Pray For The Day” oder “Watchtower” im Mumford & Sons -Stil total ab und zeigen sich in jedem Song absolut textsicher. Nach einigen sehr ruhigen Songs präsentieren sie uns ebenfalls ein sehr gelungenes Cover vom Simon & Garfunkel Klassiker “Mrs. Robinson”. Ein wirklich erfrischender Auftritt dieses jungen Trios, das sein Set schließlich mit ihrem Erfolgshit “Battles” und einem Riesenjubel als Höhepunkt beendet.
Auf dem Festivalgelände herrscht derweil noch eine extrem entspannte Atmosphäre, fast verschlafen kann man sagen, dabei ist der Samstag sicherlich einer der musikalisch spannendsten Tage mit leider auch den meisten Slotüberschneidungen in meinem Timetable. Deshalb geht es bei Sonnenschein zunächst auf dem kürzesten Weg weiter zum britischen Quintett von The Maccabees (15:15 Uhr Green Stage), die mich schon im Vorjahr auf zwei Festivals begeistern konnten. Nach der Hitze im Zelt genieße ich die frische Luft auf dem Rasen sitzend mit ihren angenehm rockigen Indiesounds im Ohr. Obwohl noch nicht allzu viel los ist, wird in der Front of Stage Area schon ordentlich zu den recht flotten Beats getanzt und gefeiert, die Band versteht es mit den Fans zu kommunizieren und sie hervorragend zu animieren, wohingegen weiter hinten leider durch den auffrischenden Wind nicht mehr so viel von der Stimmung und dem Sound ankommt.
Eine absolut imposante Vorstellung davon, was man mit einem jungen Orchester so alles anstellen kann liefert uns im Anschluss das The Kyteman Orchestra (16:00 Uhr Blue Stage). Der Kopf des ganzen ist der niederländische Hip-Hop Experte Colin Benders, genannt Kyteman, mit seinem Orchester aus über 18 Musikern, die in einer äußerst anspruchsvollen Form Klassik und Hip-Hop verbinden und sich die Spannung zwischen den beiden Genre somit zu Nutze zu machen. Darüber hinaus integriert das Ensemble weitere Genre wie Jazz, Blues, Rock, Pop und Drum & Bass und hat dabei offensichtlich riesigen Spaß. Auch das Publikum ziehen sie sowohl mit ihrer teils gewaltig-opulenten Instrumentierung, als auch mit den zarten Tönen des Jazz und Blues absolut in ihren Bann. Bei den Rap- Parts stehen zum Teil mehrere Rapper zusammen auf der Bühne, während das Publikum im Takt mit den Armen pulsiert. Insgesamt eine wahnsinnig beeindruckende Inszenierung, die ich als sehr positiv “andere” Erinnerung an dass Hurricane Festival von diesem Tag mit nach Hause nehme.
Während viele Festivalbesucher die sonnigen Wetterabschnitte lieber auf der Wiese verbringen, schauen wir bei der in Deutschland noch als Geheimtipp gehandelten südenglischen Band British Sea Power (16:45 Uhr White Stage) vorbei, die aufgrund starker Einflüsse von Bands wie Joy Divison oder New Model Army grob dem Post-Punk zugeordnet wird. Das Quintett um Frontmann Yan Scott Wilkinson gibt sich naturverbunden und staffiert das Bühnenbild mit liegendem Braunbär, Geweihen sowie einem “lebend” -tanzenden Eisbären aus. Die musikalische Zuordnung fällt wegen der Vielseitigkeit nicht leicht, kraftvolle Indie-Rock Beats mit mit viel Drums und Bässen sind ebenso mit im Programm wie melodische Balladen oder Rockhymnen, die mit einer Prise “Krautrock” angereichert zumindest ihren bereits eingeschworenen Fankreis begeistern, denn leider ist das Zelt heute nicht annähernd gefüllt zu ihrem Set. Sicherlich lohnt es sich mal eins ihrer Clubkonzerte anzuschauen, vielleicht sind sie ja im Rahmen des gerade veröffentlichten Albums “Machineries of Joy” im Herbst mal wieder bei uns zu Gast.
Mittlerweile strömen auch die Massen auf das Festivalgelände, welches sich jetzt sichtlich füllt. Nach einer kurzen Runde an der frischen Luft geht es schnell wieder rein ins Zelt zu dem US-Folk-Virtuosen Darwin Deez (18:00 Uhr White Stage), dessen Konzert ich vor zwei Jahren wegen Überfüllung der Red Stage damals nur von draußen hören konnte. Heute ist es hingegen eher leer, was wohl an den parallelen Auftritten von Bloc Party und Frittenbude liegen muss, aber genügend Indie-Folk Publikum ist dennoch gekommen, das sich immer wieder begeistert die belustigende Tanz-Performance seiner Combo zu Beginn des Sets anschaut. Irgendwie kann mich jedoch weder der dumpfe Sound noch die rücksichtslose Drängelei der Fans in der White Stage so richtig überzeugen, und so zieht es mich direkt weiter nach draußen zu den wieder einmal perfekt aufspielenden Bloc Party um Sänger Kele Okereke (18:00 Uhr Green Stage). Nach mehrfachen Pausen und erneuten Trennungsgerüchten beehren uns die Indie-Rocker aus London mit ihren wunderbar schwungvollen Melodien heute vielleicht zum letzten Mal, nachdem sie im letzten Jahr noch ihr Album “Four” herausgebracht haben. Zu den gitarrengeprägten, teils sehr rockigen und treibenden Beats wird vorne richtig rumgesprungen und sogar bis ganz hinten mitgetanzt und mitgeklatscht, vor allem zu ihrem grandiosen Hit “Banquet”, aber auch zu den Songs des neuen Albums wie “Octopus” und “Truth”. Kele beschert uns hier eine tolle Feierstimmung an der Green Stage, und das obwohl es bereits wieder einmal zu regnen beginnt und der Blick zum Himmel nichts Gutes verheißt. Hoffentlich sind es nur Gerüchte um ihre Trennung und wir sehen Bloc Party bald schon wieder auf der Bühne, denn auch mit neuer Drummerin ist ihre live Performance einfach Spitzenklasse.
Die dunklen Regenwolken entleeren sich dann schließlich direkt zu Beginn des Auftritts der isländischen Folk-Pop Newcomer Of Monsters And Men (19:30 Uhr Green Stage), die gerade erst ihr Debüt herausgebracht haben und jetzt schon auf der Hauptbühne des zweitgrößten deutschen Rockfestivals stehen, Respekt! Zunächst dachte man, dass sie besser auf der Blue Stage platziert wären, aber der Andrang hier sollte mich eines besseren belehren. Auch wenn ihre Musik besser zu strahlendem Sonnenschein passen würde, spielen die Isländer sich mit ihren eingängigen, verträumten Melodien und den vielen mitsingtauglichen “Lalalaaaa´s” und “Ohohoooh´s” in die Herzen der Zuschauer. Sie präsentieren uns trotz der widrigen Umstände auf der Bühne ein liebevolles Set mit den Songs ihres bisherigen Repertoires aus ihrem Album “My Head Is An Animal”, wobei “Little Talks” sicherlich das bekannteste ihrer Stücke sein dürfte, zu dem dann auch noch einmal kräftig mitgesungen wird.
Nach konsequenter personeller Umstrukturierung der Band und noch bevor das aktuelle Album der Editors “The Weight Of Your Love” erscheint, präsentiert uns Frontmann Tom Smith mit seiner jetzt fünfköpfigen Besetzung (20:45 Uhr Blue Stage) sowohl einige der neuen unveröffentlichten Songs wie das hymnische “A Ton Of Love”, als auch viele der älteren musikalischen Kracher, die das Publikum zum Mitsingen, Tanzen, Springen und regelrecht zum Ausflippen bringen, und das sogar trotz des erneut einsetzenden Regens. Mit dem mitreißenden “Bones” aus dem vorletzten Album “An End Has A Start” starten sie druckvoll in ihr Set, mit gleichnamigem Song und “Racing Rats” gelingt es den charismatischen Engländern sofort, das Publikum in den Bann ihrer dynamisch antreibenden Musik zu ziehen. Das großartige “Papillon” darf als Höhepunkt im Set natürlich nicht fehlen, und auch diesmal war es ein wundervolles Konzert, welches nach der längeren Pause der Editors jetzt wieder mächtig Lust auf ihre energiegeladenen Live-Performances und ihre Clubkonzerte im Herbst macht.
Nur mit einer Gitarre bewaffnet steht er auf der riesig wirkenden Bühne, Singer-Songwriter Mike Rosenberg alias Passenger (22:00 Uhr Red Stage), das Übrigbleibsel einer Band, die sich trennte. Doch jetzt ist er allein, und das tut seiner Musik wie auch seiner Karriere offensichtlich ausgesprochen gut, denn Passenger füllt auch Solo mit seiner “All The Little Lights”-Tour bereits große Venues. Direkt zu Beginn fordert uns der sympathische Folk-Musiker dazu auf, das Konzert und den Moment einfach mal ohne Handy und Kamera zu genießen, was von dem sehr zahlreich an der Red Stage erschienenen Publikum tatsächlich weitestgehend berücksichtigt wird. Mit seiner charakteristischen Stimme und der Akustikgitarre verleitet er uns mit “Life’s For The Living”, “Blind Love” und natürlich seinem Erfolgshit “Let Her Go” zum Träumen, bunte Luftballons und Seifenblasen tanzen über uns hinweg und alle sind irgendwie glücklich. Außerdem hat er noch ein tolles Cover von “The Sound Of Silence” mit im Gepäck. Das “Lalalalala” des Refrains von “I Hate” singt schließlich das gesamte Publikum lautstark mit, so dass Passenger davon völlig beeindruckt ist. Auch von der Tatsache, noch vor einem Jahr vor fünfzig Leuten in Hamburg ein Konzert gespielt zu haben und jetzt hier auf der Bühne beim Hurricane Festival zu stehen, wofür er sich bei seinen Fans ausdrücklich bedankt. Diese sind derart enthusiastisch, dass sie Passenger einfach nicht gehen lassen wollen, so dass Mike Rosenberg für uns noch einen seiner neuen Songs, sowie ein Bruce Springsteen Cover von “Whispers” singt. Es ist das einzige Mal auf dem diesjährigen Hurricane Festival, bei dem ich sogar zwei Zugaben erleben darf. Ein wahrhaft tolles Konzert!
Im Anschluss lasse ich mir es nicht nehmen, den als Ersatz für die ausgefallenen Modest Mouse eingesprungenen Ex-Razorlight Frontmann Johnny Borrell mit seiner neuen Band Zazou anzuschauen (23:30 Uhr Red Stage). Der Glamour der Libertines und Razorlight -Zeiten scheint längst vorbei zu sein, so wirkt das ganze Projekt auf die interessierten Zuhörer eher wie eine vergnügliche Jam-Session, da ist sogar der neu interpretierte Razorlight Song “In The City” kaum wiederzuerkennen. Nach anfänglichen Technikproblemen kommt die Band dann doch noch ganz gut in Tritt, Johnny´s Stimme und sein Songwriting mögen nach wie vor qualitativ hochwertig sein, nur kann mich der im 50`s Sound gehaltene Classic Rock´n Roll im Party-Stil, so wie er seine Musik selbst beschreibt, als auch die Art dieser Performance nicht wirklich überzeugen, obwohl eigentlich ganz gute Songs dabei waren. Aber dafür habe ich heute wohl einfach schon zu gute Bands gesehen.
Leider hält auch der mittlerweile echt lästige Regen weiter an, so dass ich mich dann frühzeitig auf den Weg zur White Stage mache, um dort die Nacht im Trockenen und mit tollen Electro-Swing Beats der Parov Stelar Band (00:30 Uhr White Stage) tanzend ausklingen zu lassen. Im fast komplett vollen Zelt herrscht bereits ausgelassene Partystimmung, Ausnahmeproduzent und DJ Parov Stelar erschafft in seinen DJ-Sets mit Unterstützung von ausgezeichneten Live-Musikern (Sängerin, Bläser, Rhythmusinstrumente etc.) die perfekte Symbiose von Electro und Swing, bei der kein Tanzbein mehr still stehen kann. Die sensationell gemixten Beats in Verbindung mit Gesang und Bläsern sorgen für eine besondere Retro-Stimmung, die bei den Fans eine richtige Tanz-Euphorie auslöst. Das Publikum wird von Sängerin Cleo Panther angeheizt, die mit ihrem heißen Outfit auch für den optischen Reiz an der ganzen Performance zuständig ist. Eins steht fest, für Parov Stelar muss man unbedingt ausgeruhte Füße und bequeme Schuhe haben, doch leider schaffe ich es nach zwei Tagen in Gummistiefeln tanzend nur noch bis zu dem herrlich groovigen Song “Jimmy´s Gang”, einer meiner Favoriten ihres Repertoires. Während die Mehrheit noch bis spät in die Nacht weiter swingt, mache ich mich nach elf Bands am heutigen Tag auf den Rückweg zum wohlverdienten Schlafplatz, um auch am morgigen letzten Festivaltag wieder fit für grandiose Konzerte zu sein.
Während die anderen Open-Air Festivals noch immer nur schleppend ihr Line-Up füllen und mit den Headlinern geizen, konnte das in diesem Jahr zum siebzehnten Mal stattfindende Hurricane Festival in Scheeßel mit fest bestätigten Headlinern wie Rammstein, Queens Of The Stone Age, Arctic Monkeys, Deichkind und Billy Talent bereits Ende letzten Jahres punkten und war dementsprechend in einer nie zuvor erreichten Rekordzeit schon im März 2013 komplett ausverkauft. Die Vorfreude auf die rund 100 angekündigten Bands steigt seitdem ins Unermessliche, die Mischung aus international erfolgreichen Bands, beliebten deutschen Acts und aufstrebenden Newcomern macht das Hurricane Festival zu einem immer interessanter werdenden Musikevent der Spitzenklasse. Auch wenn die Absagen von Modest Mouse, Belle & Sebastian, Grouplove und Tame Impala (vor Ort) doch einige Fans etwas mürrisch stimmten.
Das diesjährige Hurricane Festival wird auch am bevorstehenden Wochenende seinem Namen wieder absolut gerecht werden, denn was ist schon ein Hurricane Festival ohne die traditionelle Unwetterwarnung? Noch nicht mal in Hamburg gestartet hören wir die eindringliche Warnung der Polizei schon in Dauerschleife im Radio, der schwül-heiße Anreise-Donnerstag mit locker 30 Grad im Schatten endet also erwartungsgemäß in genau diesem Szenario. Die starken Gewitter mit heftigen Regenfällen haben die Festivalpilger in Scheeßel bereits komplett durchnässt, etliche Flächen überschwemmt, die Folge sind schließlich erhebliche Verzögerungen beim Befahren der Parkplätze, so dass rund um Scheeßel weitreichende Staus entstehen, die die Anreisenden bis spät in die Nacht auf den Straßen festhalten sollten. Bei Ankunft auf unserem Womo-Platz hört es überraschenderweise tatsächlich schlagartig auf zu regnen, doch der Acker gleicht bereits einer Schlammwüste, kreuz und quer stehen festgefahrene Fahrzeuge, von geordnetem Einparken kann heute hier nicht die Rede sein, da können auch die Lotsen nicht mehr helfen. Aber es regnet nicht mehr und so kann der Grillabend zur Einstimmung auch direkt eingeleitet werden, da die Temperaturen noch immer recht milde sind. Am Motorbooty Zelt auf dem Campinggelände wummern schon die Bässe um die Partynacht für die feierwütigen einzuläuten, rund um die Straße herrscht aber immer noch reges Sachen Hin- und Hergeschleppe, hier und da wird sich schon fröhlich im Matsch gesuhlt und ausgelassen betrunken.
Der Freitag beginnt zunächst recht durchwachsen mit einigen heftigen Regenschauern, daher verschiebt sich mein Konzertfahrplan etwas nach hinten. Das Festivalgelände wurde jedoch mittlerweile vom Veranstalter mit Rindenmulch und Schotter soweit hergerichtet, dass alle Konzerte planmäßig beginnen konnten. Auch wenn ich das Auftakt-Set von Kodaline (15:30 Uhr Blue Stage) zunächst nur von weitem hören kann, ihren letzten hervorragend gefühlvoll vorgetragenen Erfolgssong “All I Want”, bekannt aus dem Soundtrack von „Grey’s Anatonomy”, erlebe ich zum Glück noch live und ich muss sagen, er verzückt mich vollends. Eine melodische Parallele zu Coldplay ist nicht von der Hand zu weisen, zeugt aber auch von hoher musikalischer Qualität, so dass ich das nächste Konzert des irischen Quartetts bestimmt nicht verpassen werde. Da sie ja Anfang des Jahres erst ihr Debüt “In A Perfect World” herausgebracht haben, werden sie uns sicher noch einmal im Norden beehren.
Passend zum Konzertbeginn der schwedischen Gute-Laune-Lieferanten Shout Out Louds (16:35 Uhr Blue Stage) mit ihrem leichtfüßigen Indie-Gitarren-Pop kommt tatsächlich zum ersten Mal am Nachmittag so richtig die Sonne durch, so dass die massenhaft erschienenen tanzwütigen Fans direkt von Beginn an bester Stimmung sind und sich zur Freude der Band aktiv vor der Bühne austoben. Das Quintett um Frontmann Adam Olenius zaubert mit Songs wie “Fall Hard” oder “The Comeback” eine herrlich beschwingte Stimmung vor die Bluestage, man merkt ihnen ihre Freude am erneuten Auftritt auf dem Hurricane sichtlich an. Mit dem letzten Song war es das dann leider auch schon wieder mit der Sonne, hinzu kommt dann noch die plötzliche und knappe Absage des Auftritts von Tame Impala, was unsere Stimmung insgesamt etwas nach unten drückt.
Also nutzen wir die Gelegenheit, um vor dem Regen zu flüchten und uns rechtzeitig zu den beliebten Schweden Friska Viljor im Zelt einzufinden (19:15 Uhr White Stage). Die Dauergäste des Reeperbahn Festivals und absoluten Live-Kanonen mit ihren hübschen roten Krawatten haben mit ihrem Enthusiasmus und ihrer Ausstrahlung wieder mal ihr Publikum absolut im Griff. Sie reißen das Publikum mit ihrem locker-frechen Folk-Rock wie “On And On” von Beginn an mit, das fast komplett gefüllte Zelt tanzt und singt mit den sympathischen Blondschopfen um Bandgründer Daniel Johansson und Joakim Sveningsson und ist kaum zu bremsen. Zu dem Ohrwurm “Shotgun Sister” von ihrem Debütalbum “Bravo!” singen alle noch mal begeistert den Refrain mit, bevor sich die grandiose Live Combo Friska Viljor von dem vor Begeisterung tobenden Publikum verabschiedet.
Um möglichst viele von den Live Bands mitzuerleben, geht es dann auch schnurstracks wieder rüber zur Blue Stage, wo schon sehnsüchtig auf The National (20:30 Uhr Blue Stage) gewartet wird. Frontmann Matt Berninger, solidarisch ebenfalls mit Gummistiefeln ausgestattet, legt zusammen mit den beiden Brüderpaaren Dessner/Devendorf druckvoll mit “Squalor Victoria” und dem drumtypischen voluminösen The National-Sound los, wobei meine persönlichen Favoriten “Mistaken For Strangers” und “Fake Empire” auch nicht lange auf sich warten lassen. Seifenblasen fliegen dazu in die abendliche Sonne und das Publikum singt im Chor fast durchgehend textsicher mit. Matt´s Dank gilt erst den Fotografen, dann mit einem Lächeln auch dem einzig tanzenden Security-Mann, da er dies offensichtlich vorher noch so nicht erlebt hatte. Während der Regenbogen die Stimmumg komplett macht, fegt Berninger in gewohnter Manier erst über die Bühne und anschließend über uns hinweg in die Menge. Alle tanzen mit ihm und um ihn herum, das ist mal eine klasse Performance und somit ein echter Höhepunkt des heutigen Tages.
Auf dem Weg zur Green Stage heizen die kanadischen Alternative/Punk-Rocker von Billy Talent (21:00 Uhr Green Stage) dem Publikum schon mal ordentlich mit “Devil On My Shoulder” ein und liefern wie immer eine perfekte und publikumsnahe Bühnenshow ab. Eine optimale Vorbereitung also auf den echten “Burner” des Abends mit dem Auftritt von Rammstein, die im Anschluss (21:00 Uhr Green Stage) die gesamte Stage zum Lodern und die Menge zum Kochen bringen. Ein wahres Höllenfeuerwerk, was die Vertreter der “Neuen Deutschen Härte” um Sänger Till Lindemann in seinem rosa Plüschoutfit da abschießen, ihre explosive Show bringt wohl auch die Massen auf dem Field an der Green Stage in Wallung, so dass sich sogar eine Polizeimannschaft in voller Montur in die Menge begibt, um eine Rangelei zu schlichten. Die Stimmung wirkt sehr angeheizt, auch wenn es offensichtlich der Mehrheit zu gefallen scheint, kann ich diesem brachialen Stil musikalisch nichts abgewinnen und ziehe es vor, zum Abschluss des ersten Konzerttages lieber noch einmal nebenan die bemerkenswerten Töne der Isländer von Sigur Rós (00:30 Uhr Blue Stage) zu genießen.
Das melancholisch, tragende und experimentelle Klangkunstwerk von Frontmann Jónsi erzeugt zusammen mit seinem Orchester schon eine gewisse Dramatik. Die nahezu perfekt abgestimmte Instrumentierung schwankt zwischen sanft, ja fast schon hypnotisch und wild aufbrausend, die dazu über die Leinwand projizierten diffusen Visuals und Jónsis hohe Stimme geben der nächtlichen Stimmung eine ganz spezielle Note, während der Vollmond am sternenklaren Himmel scheint und ein Hauch von Cannabis über uns hinweg weht.