Schnee ist selten in Köln. Gute Live-Musik dagegen nicht. Die winterliche Wetterlage muss aber heute als Entschuldigung dafür herhalten, dass ich die erste der drei Bands, die im Underground auftreten, verpasse. Zodiac´s Schlagzeuger Janosch Rathmer werde ich immerhin bereits im März wiedersehen, wenn er mit Long Distance Calling in der Domstadt auftritt. Für mich geht es heute also mit Lonely Kamel los. Ihr bluesgetränkter Stoner Rock bietet einen groovigen Einstieg in den Abend. Sänger Tomas Brenna passiert es wohl nicht alle Tage, dass ein BH auf der Bühne landet. Wenig später ziert dieses damenlos gewordene Kleidungsstück die Stirn des bärtigen Norwegers. Eine solche Einlage bietet zwar Anlass zum Schmunzeln, zählt aber nicht zu den Gründen, warum viele Musikliebhaber heute den zum Teil weiten Weg nach Köln auf sich genommen haben. Der Hauptgrund sind vier Männer aus Texas, die dem Metal ordentlich frischen Wind einhauchen. Ein Hauch der manchmal auch Orkanstärke erreicht. The Sword fallen auf und sind schon früh in ihrer Karriere ins Visier von Genregrößen wie Metallica geraten. So durften sie bereits zweimal in deren Vorprogramm auftreten.
Als die vier Texaner die Bühne betreten, muss sich Lead-Gitarrist Kyle Shutt erst einmal durch eine Gras-Wolke seinen Weg bahnen. Genau vor seinem Platz haben sich Fans entsprechend auf den Auftritt von The Sword vorbereitet. Schon bei den ersten Akkorden des Openers „Apocryphon” ist Shutt voll in Fahrt. Es ist eine Wonne seinem virtuosen Spiel zuzusehen. Neben seinem schmächtigen, fast schüchtern wirkenden Kollegen J.D. Cronise zieht er die Blicke auf sich. Wohltuend ist, dass sich keines der Bandmitglieder mit Metal-typischen Gesten inszeniert. Bewährte Kracher wie „Tres Brujas” und „Freya” kommen ohne solche Klischees aus und bringen die Fans in Fahrt. Crowdsurfing wird immer wieder praktiziert und ist angesichts der Lücken im nicht ganz ausverkauften Underground ein gefährliches Unterfangen.
Da in meinen Ohren das aktuelle Album „Apocryphon” das mit Abstand beste der Band ist, genieße ich den Mittelteil des Mainsets mit Songs wie „Arcane Montane” und „Dying Eath” besonders. Der Rest des Publikums geht dagegen bei den bewährten Stücken von Alben wie „Warp Ryder” so richtig ab. Einen großen Anteil an dem homogenen Sound des Quartetts hat der neue Drummer Jimmy Vela. Nachdem Trivett Wingo die Band 2010 verlassen hatte und Kevin Fender vorübergehend an den Drums Platz nahm, scheinen The Sword mit Vela den richtigen Mann gefunden zu haben.
Die Texaner haben zwar einen ganz eigenen Sound entwickelt, aber die Vorbilder sind schnell ausgemacht. Black Sabbath sind bei Songs wie „Cloak Of Feathers” als Haupteinfluss nicht zu leugnen. Während der letzte Song des neuen Albums das Set eröffnete, darf sein erster das Mainset beschließen und „The Veil Of Isis” verrichtet diese Aufgabe bestens. Die Zugabenpause wird mit ohrenbetäubenden Feedbacks überbrückt. Nicht nur hier verrichten meine Ohrenstöpsel ihren Dienst und stellen sich als wichtigstes Utensil an diesem Abend heraus. Nach knapp eineinhalb Stunden und einem würdigen Abschluss mit „Winter´s Wolves” lassen die vier Musiker ein verausgabtes und zufriedenes Publikum zurück. The Sword können nicht nur laut, sie haben ein tolles Songwriting und große Live-Qualitäten. Ein Mix, der beim nächsten Abstecher der Band einen weiteren Besuch zur Pflicht macht.