In den Credits zu seinem aktuellen Album dankt Andreas Kümmert neben Familie, Freunden und Plattenfirma auch dem Medikament Ratiopharm Doxepin, einem Mittel gegen Depressionen, Angst- und Schlafstörungen. Wie Nichoals Müller ist auch Kümmert niemand, der seine persönlichen Schwierigkeiten verschweigt oder negiert. Im Gegenteil: Er geht ganz offensiv damit um. Sein Ausstieg beim ESC war vermutlich die Notbremse, die seine musikalische Karriere gebraucht hatte. Inzwischen ist er ein renommierter Solokünstler mit eher kleinen, aber um so feineren Gigs. Und das dritte Solowerk strotzt mal wieder vor Genialitäten, egal ob er wie bei „Guide Me“ ein ganzes Orchester im Hintergrund hat, oder ob er sich mit einer Rockband verstärkt.
Er zählt zu den außergewöhnlichsten Sängern mit einer der stärksten Stimmen im Land. Das zeigt auch das dieses Album. Allerdings gibt es im Jahr 2018 weniger Blues und Soul. Stattdessen dominieren bodenständige, rockige Klänge, wie es der Kollege Rag’n’Bone Man vormacht. Das bedeutet aber keineswegs weniger Vielfalt! Es wird bisweilen funky – oder verspielt mit gefühlvollen Gospel-Einflüssen.
„Ich habe hart an mir gearbeitet und mich bis zum Maximum unter Druck gesetzt. Mit dem Song ‚Keep My Heart Beating‘ ist schließlich irgendwann der Knoten geplatzt. Ich habe erkannt, dass die Musik die treibende Kraft in meinem Leben ist. Sie lässt mein Herz schlagen”, so Andreas selbst über den Song und sein neues Album, auf dem er sich stilistisch öffnet.
Der Stilwechsel mag zunächst verwundern, aber schon vor seiner The Voice-Karriere war der Sänger mit der Band Q.Age sehr laut und gewaltig unterwegs. Es ist also – wenn man so will – auch eine Rückkehr zu den Wurzeln. Und diese ist sehr gut gelungen. Musik und Lyrics stammen in allen Fällen aus seiner Feder – und allein das ist eine beachtliche Leistung.