Vergangenen Donnerstag wurde Hannes Wader 80 Jahre alt. Und es gibt nicht etwa eine „Best of“ zu seinem runden Geburtstag oder eine weitere Liveplatte, sondern tatsächlich ein neues Studioalbum, das den Titel „Noch hier – was ich noch singen wollte“ trägt. Seit seinem Abschied vom Tourneeleben ist es ruhiger geworden um den großen Liedermacher. Umso schöner, jetzt nach sieben Jahren ein neues Studiowerk genießen zu dürfen, das brillant aufgenommen und von Günter Pauler feinfühlig arrangiert wurde.
Schon die beiden gesprochenen Hölderlin-Gedichte „Die Nacht“ und „An die Parzen“, die das Album einrahmen, sind ein starkes Statement. Es klingt sehr heimelig, die vertraute und sonore Stimme zu hören. Und dazwischen finden sich 16 Tracks, die alles zu bieten haben, was man sich von Hannes wünscht: Neu vertonte Volkslieder, französische Chansons, sowie ganz neue Lieder aus seiner Feder.
Das Volkslied „Es dunkelt schon in der Heide“ wird mit akustischen Gitarrenklängen interpretiert und „In stiller Nacht“ von Johannes Brahms kommt mit wundervollem Harfenspiel. Für das von Streichern untermalte „Les temps des cerises“ hat er sich den alten Freund und Mitstreiter Reinhard Mey mit an Bord geholt. Einzigartig, wenn die beiden zusammen singen. Das ist für mich der bewegendste Moment des Albums. Das Liebeslied „Plaisir d’amour“ entführt mit Akkordeon-Klängen ebenfalls in die Welt der Chansons.
Gerade die Eigenkompositionen sind sehr persönlich. „Es ist vorbei“ behandelt seine jüngst zerbrochene Ehe mit schonungsloser Offenheit. „Klaas der Storch“ erzählt von einem alten Vogel und man fragt sich, ob dieser nicht sinnbildlich für den 80jährigen Hannes steht. Der innere Monolog „Vorm Bahnhof“ führt von Karl Marx bis zum Smartphone und schlägt damit einen weiten Bogen, während „Schlimme Träume“ den Weg in die Tiefen des Unterbewusstseins geht. Jedenfalls hat Hannes Wader es nicht verlernt, seine Zuhörer mit philosophischen Ideen zu beglücken und mit auf den Weg zu nehmen.
Am Ende des Albums singt Hannes Wader seine Vertonung des berührenden Gedichts „Noch hier“, das ihm einst sein Freund Manfred Hausin zum Geburtstag schenkte und das hier zum Titeltrack avanciert. Darin heißt es: „Die Feinde, die Freunde / sind alle weit, / nur ich bin noch hier / und lasse mir Zeit.“ Gut so! Auch wenn Hannes nicht mehr von Bühne zu Bühne tingelt, muss seine Stimme doch lange noch nicht verstummen.