Es ist eine Wucht, wie Mister Deluxe „Sing meinen Song“ aufmischt. Seine Version von „Kristallnacht“ war echt groß. Wer hätte gedacht, dass er den alten Schinken so prägnant und energisch in die Gegenwart transportieren kann? Da passt es doch, dass dieser Tage Samys neues Album „Berühmte letzte Worte“ erschien. Es sind die Worte und nicht die Beats, die seine Musik ausmachen. Da spricht kein Selbstdarsteller, der Namedropping mit Feature-Größen betreibt, sondern jemand, der wirklich etwas zu sagen hat. Hut ab dafür!
Samy Deluxe ist auf einer Mission: Er hat sich aufgemacht, den deutschen Hiphop zu retten. Schließlich ist er überzeugt davon, der einzige zu sein, der noch das Feeling alter Tage rüber bringen kann. Wo doch alle anderen das Genre verraten und der Rap keine Reputation mehr hat. Klar – es gehört eine gehörige Portion Selbstbewusstsein dazu, um in diesem Metier zu bestehen. Und daran hat es Samy Deluxe noch nie gemangelt. Seit über 20 Jahren gelten seine Freestyles hierzulande als Maß aller Reimkultur.
„Berühmte letzte Worte“ taucht tief in die Geschichte ein. Das Album bringt zusammen, was zusammen gehört: den familiären Migrations-Hintergrund des Rappers. Sein Aufwachsen als Sohn einer deutschen Mutter und eines sudanesischen Vaters – ein Sujet, das er seit „Weck mich auf“ im Jahre 2001 immer wieder thematisiert hat. Und die Möglichkeiten einer multikulturellen Gesellschaft hierzulande. Samy denkt hier zu Ende, was er auf seinem 2009er Album „Dis wo ich herkomm“ bereits anschneidet: Wer bin ich? Was hat mich zu dem gemacht, der ich bin? Und wie geht Deutschland mit seinen Kindern um?
Es ist ein sehr emotionales Album, das sich mit fetten Beats und zugleich soulig verspielt durch die angeschnittenen Themen laviert. Ein „Vorwort“ ist Rückblick und Standortbestimmung zugleich, während „Haus am Mehr“ in die Zukunft schaut. Auch „Countdown“ ist voller Selbstreflexion. „Klopapier“ widmet sich mit harten Worten den gegenwärtigen rechtspopulistischen Strömungen – genau wie „Tellerrand“, das auf eine globale Weltsicht pocht.
Während zu Beginn die Gesellschaftskritik den roten Faden des Albums bildet, wird es in der zweiten Hälfte persönlicher. „Von dir Mama“ wühlt in der eigenen Familiengeschichte. „Papa weint nicht“ ist eine rührende Ansage an den Sohn, die unheimlich tief geht und entwaffnend ehrlich rüber kommt. „Mimimi“ widmet sich den Mitbürgern mit Migrationshintergrund – eine Art Glaubensbekenntnis für alle, die sich in Deutschland fremd fühlen.
Auf dem Albumcover steht Samy wie ein leidenschaftlicher Politiker oder Prediger, der seine Ideen in die Welt trägt. Es sind persönliche Botschaften, die er uns vermitteln will. Und er tut gut daran. Die Gegenwart braucht solch schnoddrige Ehrlichkeit mit philosophischem Hintergrund. Der Bogen, den Samy Deluxe im neuen Album schlägt, geht weit – über Vergangenheit und Gegenwart hin in eine ungewisse Zukunft. Die clubtauglichen Beats stammen von den beiden Produzenten Bazzazian und Farhot. Damit kann sich Samy Deluxe auf die Lyrics konzentrieren – und hier liegt seine Stärke. Immer mehr.