Jedes neue Album von Steven Wilson wird mit Spannung erwartet. Über die Jahre hat er es geschafft, zum Mastermind des Progressive Rock aufzusteigen. Mit Porcupine Tree war er schon an der Spitze des Genres – und auch seine Solowerke strotzen vor Energie und grandiosen Ideen. Zudem greift man gerne auf sein Talent beim Remastern von Klassikern zurück, was fast schon inflationären Charakter hat. Komplettsammler seiner Werke müssen manchmal schier verzweifeln.
Das achte Studioalbum „The Overview“ ist sein bisher wagemutigstes. Das 42-minütige Album besteht aus nur zwei Titeln: „Objects Outlive Us“ und „The Overview“, die beide vom Overview-Effekt inspiriert sind, den Astronauten erleben, wenn sie vom Weltraum aus auf die Erde zurückblicken. Das erste Stück dauert gut 23 Minuten und ist in acht Abschnitte unterteilt, das zweite Stück kommt auf 18 Minuten und sechs Abschnitte. Diese komplexe Form eines Konzeptalbums erinnert an die genialen 70er- und 80er-Werke von Pink Floyd, Genesis oder Marillion.
So kehrt Steven Wilson zur expansiven, progressiven Musik zurück, einem Genre, das er sowohl mit seinen Solo- als auch mit seinen Porcupine-Tree-Veröffentlichungen neu definiert und wieder populär gemacht hat. Die beiden äußerst ambitionierten Titel bestehen jeweils aus unverwechselbaren musikalischen Abschnitten, die ineinander übergehen und sich als einzigartige und fortlaufende Stücke erweisen. Wilsons progressive Musik des 21. Jahrhunderts aktualisiert die klassische „Prog“-Musikpalette, um alles von glitzernder Elektronik bis hin zu Post-Rock und darüber hinaus zu integrieren, was das Genre direkt in das schlagende Herz der aktuellen Musiklandschaft bringt.
Der Start des Albums ist einfach göttlich schön. Mit einem Höhenflug in den Vocals und polyphonen Klänge, die in sphärische Elegien übergehen. Es wird floydesk und rhythmisch vertrackt. Steven kann in den Vocals wieder jederzeit überzeugen und die Arrangements funktionieren wie moderne sinfonische Kunstwerke. Das mag bisweilen etwas nervig wirken, wenn die Synthesizer überhand nehmen, doch er fängt sich immer wieder und überzeugt mit harmonischen Passagen wie vom anderen Stern. Und wenn dann die verschwurbelten Gitarrenriffs einsetzen, wird man schnell aus sanften Träumen geweckt.
Zu „The Overview“ sagt Wilson: „Es ist eine 42-minütige Reise, die auf dem berichteten ‚Overview-Effekt‘ basiert, bei dem Astronauten, die die Erde vom Weltraum aus sehen, eine transformierende kognitive Veränderung erfahren, wobei sie meistens eine überwältigende Wertschätzung und Wahrnehmung von Schönheit sowie ein verstärktes Gefühl der Verbundenheit mit anderen Menschen und der Erde als Ganzes erleben. Allerdings sind nicht alle Erfahrungen positiv; manche sehen die Erde wirklich als das, was sie ist, unbedeutend und verloren in der Weite des Weltraums, und die Menschheit als problematische Spezies. Als Spiegelbild davon präsentiert das Album Bilder und Geschichten des Lebens auf der Erde, sowohl gute als auch schlechte.“
Obwohl es ursprünglich eine Soloaufnahme war, enthält die fertige Version von „The Overview“ Studiohilfe von den regelmäßigen Kollaborateuren Craig Blundell (Schlagzeug), Adam Holzman (Keyboards) und Randy McStine (Gitarre) sowie eine Reihe von Texten von Andy Partridge von XTC, die dazu beitragen, die Geschichte zu formen, die „Objects Outlive Us“ antreibt.
Das daraus resultierende Album hat einen entschieden einzigartigen Klang und eine einzigartige Vision, die Stücke aus verschiedenen Perioden von Wilsons über dreißigjähriger Karriere enthält. Es gibt Anspielungen auf klassische Porcupine-Tree-Platten sowie auf die weltbildende Erzählweise von „The Raven That Refused To Sing“ und die zukunftsweisende Elektronik von The Future Bites und die räumliche Audiovision, die sich durch The Harmony Codex von 2023 zieht. Im Einklang mit Wilsons Ruf als moderner Produzent par excellence ist das Album auch ein echtes audiophiles Erlebnis, und zu diesem Zweck werden räumliche/Atmos-Audioversionen von „The Overview“ physisch und digital erhältlich sein, und Vinylversionen von „The Overview“ wurden speziell von Miles Showell bei Abbey Road mit halber Geschwindigkeit gemastert.
Wir dürfen gespannt sein, wie Wilson dieses Konzept live umsetzen wird. Die Tourdaten findet ihr hier:
06.05.25 Düsseldorf, Mitsubishi Electric Hall
30.05.25 Stuttgart, Porsche Arena
31.05.25 München, Zenith
02.06.25 Berlin, Friedrichspalast
03.06.25 Hamburg, Sporthalle
