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Wingenfelder "Sendeschlusstestbild"

Unsere Wertung: 8 von 9 Punkten.

Wingenfelder: Das Brüderpaar schickt uns ein „Sendeschluss Testbild“

Wann haben wir eigentlich zum letzten Mal ein „Sendeschlusstestbild“ gesehen? Früher hartnäckiger Begleiter durchgemachter Nächte, wenn man während des letzten Fernsehfilms eingeschlafen und zum nervigen Piepsen des TV-Geräts wieder aufgewacht ist. Kai und Thorsten Wingenfelder haben ihr fünftes Studioalbum nach diesem kultigen Design benannt und auch das Cover entsprechend gestaltet.

Fünf Duo-Alben schon? Kaum zu glauben, zumal die beiden nach dem Ende von Fury in the Slaughterhouse ja auch noch solo unterwegs waren. Und dann stand in den letzten Jahren eine umfangreiche Fury-Reunion ins Haus. Langweilig konnte es den beiden auch zu Corona-Zeiten sicher nicht werden. Während die Stammband nur auf englisch interpretierte, können die Köpfe der Band als Brüderpaar ihren Hang zur Deutschsprachigkeit inzwischen voll ausleben und liefern dabei bildgewaltige, aussagekräftige Texte in einem hymnischen Soundgewand, das immer wieder an Fury erinnert.

Ein Stück, das mich am meisten beeindruckt, stammt aber gar nicht von den beiden sondern vom Kollegen Ingo Pohlmann und dessen Album „Nix ohne Grund“: „Train Yourself To Let Go Of Everything You Fear To Lose“ heißt es im Refrain des Songs „Starwars“. Die Lebensweisheit von Meister Yoda, dem „kleinen Mann“, sorgt auch in der Version von Wingenfelder für Gänsehaut. Zumal in einer Zeit, in der viele Musiker und Konzertbesucher auf viel Liebgewonnenes verzichten müssen.

Schon im Opener und Titeltrack werden Wingenfelder politisch und prangern anhand von Politiker-Zitaten den Hang zur Selbstdarstellung und zur Verharmlosung faschistischer Tendenzen an. Sie sind politisch und poetisch. Mal wird draufgehauen, um dann wieder den Augenblick zu genießen, gewohnt unaufgeregt, natürlich und nahbar – eben diese geniale Lässigkeit, die aus jeder Zeile, jedem Ton klingt und auch im zehnten Jahr mit neuen Ideen und Gedanken überrascht. „Ich finde es schön, gerade in der heutigen Zeit kein rein negatives Album zu machen“, erklärt Kai, was für ihn besonders im Vordergrund stand. „Es ist uns wichtig, Flagge zu zeigen, aber es ist auch ein Album, das positiv endet und Momente zum Luftholen lässt.“

Auch sonst findet man auf dem Album keine Kompromisse. Dafür sehr persönliche Einblicke, denn jede Geschichte entstand aus selbst Erlebtem und Gefühltem. So gibt es sehr abwechslungsreiche, ruhigere und laute Stücke, gelassenes Singer/Songwriter-Feeling und den Stadion Rock, den wir bei Fury so lieben.

CD 2 enthält zehn Livetracks zur Feier des zehnjährigen Bestehens der Duo-Band. Publikumslieblinge wie „Mensch Paul“ und „Mein Hafen“ zeigen, wie gut diese Musik live funktioniert. Hoffentlich kann die schon längst angekündigte Tour im Februar 2021 endlich starten.

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