Seit über zwei Jahrzehnten kennen wir Tom Gaebel als Crooner mit Coversongs und Eigenkompositionen in englischer Sprache. Markenzeichen sind seine smarte Stimme, das sympathische Auftreten und die immerwährende Spielfreude. Dr. Swing (wie ihn seine Fans nennen) hat inzwischen unzählige Alben veröffentlicht und zählt zu den Besten seines Faches – als Entertainer, Big-Band-Leader und Sänger.
Doch zu seinem 50. Geburtstag gibt es ein Album, mit dem wohl niemand gerechnet hätte: Tom Gaebel beschreibt seine musikalische Karriere mit Songs in deutscher Sprache, die er zum großen Teil selbst geschrieben hat. „Wenn man einen runden Geburtstag feiert, tendiert man bekanntlich dazu, eine Art persönliche Inventur zu machen“, erklärt er dazu. Dieses Album ist seine musikalische und persönliche Rückschau, eine Reise durch bedeutende Momente im Lebenslauf.
Die erste Single aus dem Album ist der Opener und trägt den Titel „Und alle hab‘n geklatscht“. Das Stück basiert auf dem Radio-Hit „Everytime We Touch“ von Maggie Reilly und wurde am 16.05. veröffentlicht. Der Song erzählt die Geschichte von Toms allererstem Auftritt vor Publikum – ein entscheidender Moment, der den Grundstein für seine musikalische Laufbahn legte.
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So bekommen wir eine Geschichte voller Herz, Erinnerungen und Inspiration. Tom erzählt auf seine ganz eigene Art von nostalgischen Begebenheiten. Im Video zu „So wie du“ sehen wir sehr berührende Aufnahmen aus Toms Familiengeschichte. Die Melancholie von „Vorbei ist unsere Zeit“ und „Wo du jetzt wohnst“ ist magisch. Ehrlich und charmant führt er uns durch die Jahrzehnte und endet voller Wehmut mit „Wenn der letzte Vorhang fällt“. So ist auch das Albumcover ungemein passend, das den erwachsenen Sänger auf einem Kinderbett zeigt.
Mit Bläsern und Streichern sind die Stücke ganz sanft arrangiert. Zum Teil zwar im Bigband-Sound, aber ohne dabei überfrachtet zu wirken. Tom schafft es, seine Fans mitzunehmen und mit dem ersten Swing-Konzeptalbum zu beglücken, das ich kenne. Sehr schön in seiner musikalischen Ausgestaltung und ganz ausgewogen mit einer Mischung aus bekannten und neuen Melodien.
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Tom Gaebel ist wahrscheinlich der letzte große Gentleman unter den Sängern dieser Republik. Er macht eine Musik, die an Zeiten erinnert, als Männer noch richtige Männer waren und mit Anzug plus Krawatte vor dem Mikro standen. Frank Sinatra, der nicht ganz zufällig auch Tom Gaebels großes Vorbild ist, war so ein Typ. Oder Dean Martin. In der einen Hand den Whiskey, in der anderen die Zigarette.
Eigentlich wollte er Posaune und Schlagzeug studieren – doch abgeschlossen hat er schließlich im Jazzgesang. Seit Anfang des Jahrtausends konnte er sich Zug um Zug einen Spitzenplatz in der deutschen Musikszene erarbeiten. 2007 änderte er seinen Namen von Tom Gäbel in Tom Gaebel, um auch international zu punkten. „Dr. Swing“ (wie ihn seine Fans nennen) hat inzwischen unzählige Alben veröffentlicht und zählt zu den Besten seines Faches – als Entertainer, Big-Band-Leader und Crooner. Am vergangenen Montag gastierte er mit seiner Weihnachtsshow in der nahezu ausverkauften Gebläsehalle Neunkirchen.
Seit dem überragenden Erfolg der ersten „Swinging Christmas Show“ im Jahre 2010 zählen die jährlichen Weihnachts-Specials zu Gaebels persönlichen Highlights in seinem Konzertkalender. Und diesmal hatte er sogar ein brandneues Album mit weiteren festlichen Titeln mitgebracht.
Den Beginn der Show markierte aber Eberhard Schilling, scheidender Unterhaltungschef von SR3. Der Radiosender präsentierte das Konzert, das an Weihnachten im Radioprogramm gesendet wird – und Schilling stimmte als Weihnachtsmann verkleidet auf die Show ein, was zum Running Gag der Veranstaltung wurde. Die Bühne war festlich geschmückt und mit einer großen LCD-Leinwand versehen.
Tom Gaebel und seine formidable Liveband starteten mit „Santa Claus Is Comin‘ to Town“ und „Rudolph the Red Nosed Reindeer“. Zwei Klassiker zum Start, doch es gab auch stimmungsvolle Eigengewächse des Songwriters wie „A Christmas to Remember“ und „Komm wir geh’n zusammen“. Der Entertainer ging hervorragend auf sein Publikum ein und betätigte sich mehrfach als Wunscherfüller. Alle Anwesenden hatten die Möglichkeit, Wünsche auf Karten zu schreiben und in Toms Kiste zu werfen. Das war mehr als nur ein Gag, denn er griff regelmäßig zu den Karten und erfüllte zufällig ausgewählte Wünsche.
So kam es zu einigen Kuriositäten: Ein Tanz mit Erika wurde gewährt. Vier Damen durften es sich an der Bar gemütlich machen, die am Bühnenrand aufgebaut war. „My Way“ wurde als Wunschsong interpretiert, später am Abend auch „Goldfinger“ und sogar Leonard Cohens „Hallelujah“, allerdings mit einem sehr launischen deutschen Quatsch-Text. Egal. Alle hatten ihren Spaß. Es kam zu Selfies mit einem Geburtstagskind und Tom konnte sich köstlich amüsieren, wenn die Bühnengäste schurstracks und grußlos an ihm vorbei zur Bar marschierten. Seine Reaktion darauf war bisweilen comedyreif. Manchmal bewegten sich die Ansagen an der Grenze zum Klamauk, doch der Entertainer bewahrte Haltung und trug letztendlich stets zu einer lockeren Bühnenatmosphäre bei.
Songs wie „Feliz Navidad“ und ein swingendes „Last Christmas“ waren natürlich unvermeidlich, doch es gab auch Überraschungen wie eine Countryversion von „Merry Christmas Everyone“ (Shakin Stevens), ein Rock’n’Roll-Medley um „Jingle Bell Rock“ und „Silver Bells“ mit Scat-Einlage. Zum Dschungelbuch-Schlager „Ich wär so gern wie du“ bewiesen alle Instrumentalisten ihre chorischen Qualitäten. Das war äußerst grandios.
Sehr stimmungsvoll fand ich Toms neue Version von „Driving Home for Christmas“ und die beiden Zugaben „All I Want for Christmas is You“ sowie das als Pianoballade dargebotene „Have Yourself a Merry Little Christmas“. Gaebel ist einfach ein grandioser Crooner und ganz in seinem Element, wenn er stimmlich glänzen kann. Hinzu kamen seine Showmaster-Qualitäten, welche die mehr als zweistündige Show zum kurzweiligen Vergnügen machte. Er kündigte an, auf jeden Fall wieder nach Neunkirchen zu kommen – und wurde mit lautem Jubel und Standing Ovations entlassen,
Eigentlich wollte er Posaune und Schlagzeug studieren – doch abgeschlossen hat er schließlich im Jazzgesang. Seit Anfang des Jahrtausends hat er sich Zug um Zug einen Spitzenplatz in der deutschen Musikszene erarbeitet. 2007 änderte er seinen Namen von Tom Gäbel in Tom Gaebel, um auch international zu punkten. Dr. Swing (wie ihn seine Fans nennen) hat inzwischen unzählige Alben veröffentlicht und zählt zu den Besten seines Faches – als Entertainer, Big-Band-Leader und Crooner.
2020 feierte Tom Gaebel sein 15jähriges Jubiläum mit der Veröffentlichung des Albums „The Best Of Tom Gaebel“. Eine große Jubiläumstournee sollte 2021 folgen, doch die wurde wie so viele andere auch Corona-bedingt bereits zweimal verschoben. Die Kick Off-Show fand aber am 06. September 2021 im Savoy Theater in Düsseldorf statt und wurde standesgemäß aufgezeichnet. Der berauschende Abend, der Tom Gaebel und sein Orchester in wunderbarer Spiellaune zeigt, beinhaltet einen sehr gelungenen Querschnitt mit den beliebtesten Live-Songs, für die seine Fans in Vorfeld abgestimmt hatten. Dieser Tage erscheint „Live At The Savoy“, das erste Live-Album in seiner Karriere.
Die Song-Auswahl rückt Gaebels Vorlieben für Las Vegas, Frank Sinatra, James-Bond-Themen sowie Swing- und Pop-Klassiker ins rechte Licht – und durch ein Fan-Voting kam, wie der Sänger anmerkt, noch „die ein oder andere Überraschung hinzu“. Die Dramaturgie dieses lässigen Abends ist makellos, vom rasanten Up-Tempo-Opening mit Gaebels eigenem „The Cat“ über den Tom Jones-Brüller „Help Yourself“ bis hin zum Finale furioso mit Sinatras Rausschmeißer „My Way“.
Mir liegt zur Review die 1CD-Version vor. Der Sound ist fantastisch und das Livefeeling kommt sehr gut rüber. Einziges Manko: Die Titel werden aus- und wieder eingeblendet. Außerdem sind die Ansagen zwar vorhanden, aber vermutlich gekürzt. Ob das auf dem wertigen 2CD-Hardcover-Earbook auch der Fall ist, kann ich leider nicht sagen. Auf jeden Fall enthält es fünf zusätzliche Tracks auf CD2, einige Specials auf DVD und eine 10inch EP mit zwei weiteren Songs.
Die ersten Jubiläums-Nachholkonzerte sind für den Herbst geplant. Bis dahin hat man dank dieses mitreißenden Live-Albums einen perfekten Vorgeschmack auf das, was man erwarten darf.
Jubiläumstour 2022
Do 06.10.2022 Lübeck, Musik- und Kongresshalle (verlegt vom 1.4.)
Fr 07.10.2022 Rostock, Stadthalle
Sa 15.10.2022 Leipzig, Haus Auensee (verlegt vom 4.4.)
Mi 19.10.2022 Frankfurt, Alte Oper
Do 20.10.2022 Düsseldorf, TonHalle
So 23.10.2022 Dresden, Kulturpalast (verlegt vom 5.4.)
Do 27.10.2022 Stade, Stadeum (verlegt vom 2.4.)
Sa 29.10.2022 Hamburg, Laeiszhalle
Do 10.11.2022 Bremen, Metropol Theater
Fr 11.11.2022 Osnabrück, Osnabrück Halle
Sa 12.11.2022 Hannover, Theater am Aegi
So 13.11.2022 Stuttgart, Liederhalle, Hegel-Saal
Di 15.11.2022 Dortmund, Konzerthaus
Do 17.11.2022 Köln, Theater am Tanzbrunnen
Fr 18.11.2022 Berlin, Admiralspalast
Sa 19.11.2022 Germering, Stadthalle
So 20.11.2022 Mannheim, Rosengarten
Die heute 52jährige Ulita Knaus wurde in Salzgitter geboren und gehört zu den bedeutendsten Interpret*innen und Komponist*innen im Bereich Modern Jazz. Nach dem Abschluss des Jazzgesang-Studiums mit zwei Diplomen spielte sie in diversen Bands, Orchestern und Formationen. 2003 arbeitete sie mit Udo Lindenberg an seiner Revue „Atlantic affairs“, die sie gemeinsam national und international aufführten. 2009 folgte eine Kooperation mit Bobby McFerrin („Bobble“). Derzeit lebt sie in Hamburg und prägt die dortige Jazz-Szene nachhaltig. Ulita Knaus betreibt eine eigene Gesangsschule und ist Dozentin an der Musikhochschule.
Am 15. April veröffentlichte Knaus ihr neues Album „Old Love And New“ auf ihrem eigenen, jüngst gegründeten Label Knaus Records. Das Album enthält 14 Songs, die allesamt auf Gedichten ihrer Lienlingsdichterinnen basieren. So gab die Sängerin und Komponisten Werken von unter anderem Carolyn Wells, Ella Wheeler Wilcox, Sara Teasdale sowie Amy Lowell eine verjazzte und verswingte Grundlage.
Mit der Bassistin Lisa Wulff, dem Trompeter Benny Brown und dem Schlagzeuger Tupac Mantilla spielt Ulita Knaus schon seit Längerem zusammen. Martin Terens am Piano und der Saxophonist und Flötist Max Rademacher kamen auf deren Empfehlung dazu, ebenso wie Matti Klein, der auf auf „Is it done?“ einen Gastauftritt am Fender Rhodes hat. „Sie alle spielen gerne straight ahead und Swing Jazz, das war mir wichtig“, betont Ulita Knaus.
Die Texte sind stets emotional, manchmal auch politisch. „Die Gedichte sind so wundervoll geschrieben, dass man beim Lesen schon Musik hört. Der Rhythmus ergibt sich aus den Reimen. Die Melodien flossen nur so aus mir heraus und die Harmonien darunter haben sich dadurch ergeben“, sagt Ulita.
In „Kitten-Fly“ gibt es verspielte vokale Lautmalereien, bei denen Knaus ihre Stimme als zusätzliches Instrument einsetzt. „The Year“ funktioniert im melancholischen Zusammenspiel mit Terens‘ Piano und Rademachers Saxofon. „Daisy Time“ ist ein beschwingt-fröhlicher Frühlingssong voller Agilität.
Getragene Songs wie „Old Love And New“ oder „Blue Scarf“ wecken Erinnerungen an Cole Porter sowie George und Ira Gershwin. Und dann gibt es wieder Überraschungen wie das feurige „Fireworks“ und die tanzlastige Hymne „Bicycle Built For Two“.
„Aunt Chloe’s Politics“ vermittelt eine sehr melancholische Weltsicht zu sanften Bläserklängen und „What Lips My Lips Have Kissed“ erzählt mit verklärten Worten von einer großen Liebe. Schade, dass man die Original-Gedichte leider nicht in einem Booklet nachlesen kann. Das glänzt nämlich mit Abwesenheit.
Nach den ruhigen Passagen nimmt „On The Ferry“ nochmal Tempo auf, bevor „The Road Is Ending“ ein sehr bewegendes und berührendes Album verträumt enden lässt. Ulita Knaus hat sich von der geschriebenen Poesie inspirieren lassen und legt ein Album vor, das auch mit musikalischer Poesie aufwartet. Als Konzept absolut gelungen und in der Umsetzung sehr virtuos.
Der Tod von Roger Cicero kam völlig unerwartet. Einen Tag nach seinem letzten Live-Auftritt im Bayerischen Fernsehen traten plötzlich akute neurologische Symptome infolge eines Hirninfarktes auf. Im Krankenhaus verschlechterte sich sein Zustand rapide. Der 45jährige verstarb am Abend des 24. März 2016 im Kreise seiner Lieben ohne das Bewusstsein wieder erlangt zu haben. Sehr plötzlich hat er die Musikbühne verlassen.
Schnell taten sich Parallelen zu seinem Vater Eugen Cicero auf, der im Alter von 57 Jahren ebenfalls sehr früh verstarb. Eugen war ein bekannter rumänischer Pianist, der während einer Konzerttournee 1960 mittels eines Visums von Ost-Berlin nach West-Berlin wechselte und nicht mehr zurückkehrte. Während viele seiner Kollegen nach Nordamerika gingen, blieb Eugen Cicero in Westdeutschland und spielte fünf Jahre später die Platte „Rokoko-Jazz“ ein, die sich weltweit über eine Million mal verkaufte. Er spielte beim RIAS Tanzorchester und bei der SFB Big Band.
1970 wurde Roger geboren. Der Vater erlebte noch mit, dass sein Sohn ebenfalls zum Jazz ging und von 1991 bis 1996 Gesang studierte, doch die erfolgreiche Karriere des Sohnes, der sich zu einem der beliebtesten deutschsprachigen Pop- und Jazzsänger der Gegenwart entwickelte, erlebte er nicht mehr mit.
Im berührenden Dokumentarfilm „Cicero – zwei Leben, eine Bühne“, der am 24.3.22 in den Kinos startete, offenbaren Kai Wessel, Katharina Rinderle und Tina Freitag die einzigartige Vater-Sohn-Beziehung zweier Ausnahmetalente. Engste Wegbegleiter und namhafte Zeitzeugen beleuchten zwei Genies, die es immer wieder auf die Bühne zurücktrieb. Außergewöhnliche Konzertmomente lassen die schmerzliche Lücke, die ihr früher Tod hinterließ, umso deutlicher werden. Der Film ist eine emotionale Hommage an zwei strahlende Persönlichkeiten voller Widersprüche, Humor und Inspiration – so frei und überraschend wie ihre Musik.
Während Eugen in den 60er Jahren als Klaviervirtuose Berühmtheit erlangte und mit Starsängerinnen wie Ella Fitzgerald oder Shirley Bassey auftrat, füllte Roger Jahre später als einer der begnadetsten Sänger Deutschlands riesige Konzerthallen. Ihre Lebensgeschichten sind untrennbar miteinander verwoben und weisen faszinierende Parallelen auf – Genialität gepaart mit einer beispiellosen Leidenschaft, das Überwinden von Grenzen, der Balanceakt zwischen kommerziellem Erfolg und künstlerischer Integrität und schlussendlich der tragische Ausgang, der die Musikwelt bis heute erschüttert.
Leider habe ich den Film noch nicht gesehen, aber der Soundtrack ist bereits ein hervorragender Einstieg. Erstmals sind Werke beider Künstler auf einem Album vereint und man mag sich vorstellen, wie beide zusammen gewirkt hätten. Die Zusammenstellung der Songs wirkt wie eine musikalische Einheit, die es so leider nie gegeben hat.
Roger ist mit einigen ungewöhnlichen Interpretationen bekannter Popklassiker im Swing-Format vertreten. „Kiss“ (Prince), „No Moon At All“ (Redd Evans) und „I Cannot See“ (Julia Hülsmann Trio) zeigen eindrucksvoll die stimmlichen Fähigkeiten des Sängers. Liveversionen von „Have A Talk With God“, „From The Morning“ und dem wundervollen „Just The Way You Are“ beweisen Rogers Talent, jedes Stück mit verjazzten Improvisationen zu seinem eigenen zu machen.
Und dieses Talent hatte auch der Vater. Wie wundervoll vermischt Eugen die Pianoversion von „Easy“ mit Mozarts „Alla Turca“ sowie weiteren klassischen Versatzstücken von Claude Debussy und anderen Komponisten. Allein dieses Klavierstück zeigt ein enormes Talent, frei zu improvisieren und doch immer wieder in gespielter Leichtigkeit zum Ausgangspunkt zurückzukehren. Das Publikum dankt es mit enthusiastischem Zwischen- und Endapplaus. Weitere Tracks liefern verswingte Versionen von Frederic Chopins „Prelude E-Minor“ und Johann Sebastian Bachs „Badinerie“. Wenn man das hört, wird klar, woher Roger sein Talent hatte. Mit solchen musikalischen Wundern aufzuwachsen, muss einfach prägend sein.
Auch Rogers deutschsprachige, eigen Stücke werden nicht vergessen. Der Hit „Zieh die Schuh aus“ erinnert ebenso an die beliebten Pop- und Swing-Alben wie der Livesong „Ich hätt‘ so gern noch Tschüss gesagt“, dessen berührende Worte man sowohl als Abschied Rogers an seine Fans als auch an den verstorbenen Vater verstehen kann.
Rogers Musikschaffen ist nahezu die Fortsetzung des Weges, den sein Vater beschritten hat. Es scheint, als wäre er gerade in der Zeit vor seinem Tod dort angekommen, wo er immer hinwollte. Von dort wollte er weitermachen, vieles hatte er noch vor sich. In seinem letzten Interview sagte er, „dass für ihn alle Türen offen stehen und er sich nur entscheiden müsse, durch welche er geht.“ Diese Worte lassen das Ausmaß der Tragik erkennen, denn genau dazu sollte es nicht mehr kommen. Diese beiden Lebenswege – ihre Wirkung, ihre Intensität, ihr Nachhallen und musikalische Einmaligkeit – konnten nur gemeinsam für die Leinwand erzählt werden. Und der Soundtrack bringt zusammen, was zusammen gehört.
Marina & The Kats kommen aus Wien und leben den Swing. Damit ist die Essenz des Albums „Different“ schon in groben Zügen beschrieben. Und sie tun einiges dafür, die goldenen Zwanziger in die Gegenwart zu bringen.
Die Band Marina & The Kats findet ihren Ursprung 2015 in Graz – in einer kleinen Spelunke, in der man gerne bis 6 Uhr in der Früh, wie man in Österreich so schön sagt, „picken bleibt“. Gesagt, getan. Getanzt und gefeiert wird zum Sound der goldenen Swing-Ära. Sehr bald verschlägt es die Musiker*innen in die Hauptstadt und in Wien wird aus der Idee eine Band. Eine Band, die die Stimmungen der Großstadt mit den liebgewonnenen Beats des Swing verbindet. Persönlich Erlebtes wird in elegante Songs verpackt, aus einer spontanen Idee heraus teilen sich die Bandmitglieder die Drums untereinander auf und voilà – ein völlig eigenständiger Sound, nämlich Indie-Swing, ist geboren.
Die Band feierte ein fulminantes Debut mit „Small“ (2015). Für die beiden Songs „Small“ und „Dirty“ erhielt sie 2016 den Songwriter Award des ÖKB (Österreichischen Komponisten Bund). Bereits 2016 folgt das Doppelalbum „Wild“ und die darauffolgende Touren haben es mit ungefähr 90 Shows jährlich wirklich in sich. Diesem Umstand ist es wahrscheinlich geschuldet, dass das 2019 erschienene Album „Swingsalabim“ merklich rauer ausfällt.
In ihrer Wahlheimat Wien glänzt die Band meist mit Abwesenheit, denn ihre Shows führen sie durch die ganze Welt. Die allgemeine Zwangspause 2020 nützten Marina & The Kats zu etwas, was sie selbst Grundlagenforschung nennen und was im vierten Album gipfelte. Das erweist sich als genau richtig und wichtig, denn 2021 preschen sie mit ihrem neuen Indie-Swing-Album „Different“ aus der Stille heraus, festigen ihren eigenständigen Bandsound und stellen erneut ihre Ausnahmestellung in der österreichischen Musikszene unter Beweis. Es ist ein Album zum Durchhören, wie die Alben früher auch. Aber zugleich ist es aktuell wie nie und mutiger denn je.
Was Marine & The Kats liefern sind kreative Melodien und grandiose Arrangements. So altmodisch die Idee auch klingt, so modern ist die Umsetzung. Leichtfüßig wird man zum Tanzen angeregt und die Ohrwürmer nehmen kein Ende. Der Kopf der Band, gleichzeitig die Namensgeberin, Marina begeistert mit ihrer expressionistisch-kräftigen Stimme. Klar steht Marina Zettls Stimme deutlich im Mittelpunkt, doch es wird besonders grandios, wenn auch die Männer wie in „Sorry“ und „3’s A Crowd“ ihr vokales Scherflein beitragen. Die starke Rhythmus-Fraktion zeigt sich in Knallern wie „Speak Softly“ und ganz ausgeprägt in den unter 1minütigen Snippets, die die Songfolge aufbrechen.
Bei Marina & The Kats geben sich die Vergangenheit und die Gegenwart die Hand. Schon mal ein dreigeteiltes Schlagzeug gehört? Das ist das Markenzeichen einer Band, die ohne Zweifel nicht nur live für Furore sorgt. Marina & The Kats beten nicht das Vergangene an, sondern nutzen die Vergangenheit, um mit gnadenloser Intensität in der Gegenwart zu landen. Hier werden nostalgische Klänge mit frischem, mutigem Sound und textlicher Brisanz kombiniert. Marina & The Kats schöpfen aus Quellen des Swings und spielen dabei mit der Gegenwart. Die Wiener Band emanzipiert sich vom bloßen Retrosound und macht mutig und fokussiert ihr eigenes Ding: Indie Swing!
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