Guildo Horn Weihnachtskonzert am 23.12.2023 in der Europahalle Trier
Hier unsere Fotos vom Guildo Horn Weihnachtskonzert am 23.12.2023 in der Europahalle Trier,
Fotocredit: Simon Engelbert
Hier unsere Fotos vom Guildo Horn Weihnachtskonzert am 23.12.2023 in der Europahalle Trier,
Fotocredit: Simon Engelbert
Ob Guildo Horn wohl „Driving Home For Christmas“ summt, wenn er in den Tagen vor Heiligabend aus dem Bergischen Land in seine frühere Heimat Trier fährt? Hier wurde er 1963 als Horst Köhler geboren – und hier gibt er seit Jahrzehnten traditionell am 23. Dezember das Abschlusskonzert seiner jährlichen Dezembertour unter dem Motto „Weihnachten bin ich zuhaus'“.
Doch was haben die vergangenen zwei Jahre aus lieb gewonnenen Traditionen gemacht? So viele Festivals, Konzerte, Veranstaltungen sind der Pandemie zum Opfer gefallen. Stattdessen gab es rührige Versuche, die Livestimmung per Stream in die heimischen Wohnzimmer zu beamen – mal mehr, mal weniger erfolgreich. Auch „Meister“ Guildo Horn musste im Jahr 2020 Kompromisse schließen. Er trat zwar wie gewohnt live in der Europahalle auf, doch vor einem leeren Raum. Die Show konnte man kostenlos auf YouTube anschauen und sie ist immer noch dort zu finden (siehe ganz unten).
2021 waren die Vorzeichen besser, doch im Herbst kam die berüchtigte „vierte Welle“ und ein Teil der Tour musste ausfallen. Zum Glück hatten die Trierer Veranstalter von Popp Concerts vorausschauend und vorsichtig geplant. Es wurden zwei Abende gebucht und man hatte zunächst nur 1000 Tickets pro Konzert verkauft. Sehr weise! Denn jetzt konnte man die Veranstaltungen trotz verschärfter Hygieneregeln coronakonform durchführen – mit 2G, festen Sitzplätzen und Maskenpflicht auch während des Konzerts.
Der guten Stimmung im Saal tat dies übrigens wider Erwarten keinen Abbruch. Klar, es war ruhiger und man hatte im Vorfeld nicht so sehr dem Alkohol gefrönt, wie das sonst manchmal der Fall war. Doch das Publikum ging vom ersten Song an begeistert mit. Der Abend startete pünktlich um 20 Uhr mit dem frohlockenden „Kommet ihr Hirten“ eines Kinderchores vom Band, die Orthopädischen Strümpfe (Guildos Band) betraten die Bühne und der Meister erschien in seinem ersten von vielen Outfits des Abends, noch mit kuscheliger Mütze. Musikalisch gab es eine bekannte Musicalmelodie mit weihnachtlichem Text – und es zeugte von der zu erwartenden Komplexität des Abends, als sich „Jesus Christ Superstar“ ausgerechnet mit „Sympathy For The Devil“ vermischte.
Das Programm bestand, wie seit je her von Guildo gewohnt, hauptsächlich aus gängigen Pop- und Rocksongs, die textlich in ein weihnachtliches Gewand gekleidet wurden. Aus dem Buggles-Klassiker „Video Killed The Radio Star“ entstand ein frisches „Freuet euch sehr, das Christkind ist da“. „Live And Let Die“ verwandelte sich in ein sehnsuchtsvolles „Kinder es schneit“. Und die Hymne „The Final Countdown“ schmetterte der Meister als „Ein feiner Christbaum“.
Selbst Balladen wie „Für mich soll’s weiße Weihnacht geben“ und „Mein Freund der Tannenbaum“ („The winner takes it all“) wurden rockig abgefeiert. Irgendwann stand Guildo mit nacktem Oberkörper und Engelsflügeln auf der Bühne, aber das gehört bei diesem Ereignis einfach dazu.
Skurrile Geschichten, die Guildo gern in petto hat, nahmen breiten Raum ein. Man erzählte die „Geschichte vom dicken Dieter“, einem bekannten Trierer Maronenverkäufer. Der Esel „In der Krippe“ bekam zu Elvis‘ Schmachtfetzen „In The Ghetto“ seinen großen Auftritt und „Frieda, die Weihnachtsgans“ hatte zu den Klängen von „Bridge Over Troubled Water“ das Glück, ein weiteres Jahr geschenkt zu bekommen.
Schon seit jeher bietet Guildo bei seinen Livekonzerten viel mehr Rock als Schlager. Die Bandvorstellung erfolgte zu „My Papa Was A Rolling Stone“ mit vielen knackigen Instrumentaleinlagen. Als der Keyboarder die Technoklänge von „Insomnia“ anspielte, tobte der ganze Saal. Überhaupt hielt sich das Publikum nie lange auf den Sitzen. Diszipliniert ließen alle die Maske an und blieben an ihren Plätzen, doch dort wurde dann im Stehen getanzt und gefeiert. Allüberall sah man hüpfende Weihnachtsmützen und Rentiergeweihe. Kein Wunder, dass sich Sänger, Band und Publikum mit ihrer fantastischen Stimmung gegenseitig nach oben zogen.
Guildo wirkte bisweilen sehr wehmütig, erzählte von der leeren Halle im vergangenen Jahr und freute sich über die aktuelle Möglichkeit, dieses Konzert zu spielen: „Wir brauchen das alle. Es ist ein Booster für die Seele!“ Danach folgte ein melancholisches „Ich hab den Weihnachtsmann so lieb“.
Vor der ersten Zugabe erklang um 21.40 Uhr die bekannte Eurovisions-Melodie und alle wussten, was jetzt kommen würde: „Guildo hat euch lieb“, sein Hit, mit dem der Meister 1998 beim Eurovision Song Contest Deutschland mit einem spektakulären siebten Platz beschenkte. Natürlich dargeboten mit dem berühmt-berüchtigten Kuhglocken-Solo. Danach wurde weiter gefeiert mit „Weihnachten wird grün“ (zum Smashhit „Cordula Grün“) – einer Situation, die das Trierer Publikum nur zu gut kennt. Es gab den besinnlichen Mottosong „Weihnachten bin ich zuhaus'“ und die große Hymne „Wir wünschen frohe Weihnacht“ zu „Music“ des kürzlich verstorbenen John Miles.
Um 22.15 Uhr entließ der Meister seine Fans in die Nacht. Draußen war es eiskalt, die Polizei hatte in der Fußgängerzone gerade eine unangemeldete Impfgegner-Demo aufgelöst. Gut, dass solche Konzertveranstaltungen einen Gegenpol setzen und man zeigt, wie man unter Einhaltung der neuen Regeln ausgelassen feiern und festliche Stimmung zelebrieren kann. Guildo ist und bleibt eine Institution in Trier und tut alles für sein Publikum. Im nächsten Jahr wird es weitergehen. Wann und wo? Natürlich am 23. Dezember 2022 in der Europahalle Trier. Tickets sind bereits erhältlich – beispielsweise HIER.
Man hat es gegenwärtig nicht leicht als Comedian. Schaut man auf Özcan Cosars Tourdaten, erblickt man ein Puzzle aus abgesagten, verschobenen und stattfindenden Terminen, gespickt mit den (zumindest im Moment) jeweils vor Ort gültigen Coronaregeln. Hat man sich da durchgekämpft, finden sich ca. 200 Zuschauer in der Europahalle Trier ein, die ein Vielfaches an Publikum fassen könnte. Aber so ist der Geist unserer Zeit: Unsicherheit, Bequemlichkeit und Trägheit allerorten. Dabei hätte man es doch wirklich nötig, mal wieder einen Abend lang herzhaft zu lachen. Und Özcan tat wirklich alles, damit dies gelingen konnte.
Der Schwabe, geboren in Bad Canstatt, ist Komiker, Kabarettist, Podcaster, Schauspieler und Moderator. Seine Eltern lebten vor ihrer Einwanderung in den 70er Jahren am schwarzen Meer. Ihre Eigenarten spielen mehrfach eine tragende Rolle in Cosars Stand-up-Geschichten. Und trotz der türkischen Prägung hört man im Deutsch des Comedians immer wieder den schwäbischen Akzent durchschimmern. Damit spielt der 40jährige sehr lebhaft.
Das Programm dauerte locker 2,5 Stunden mit einer 20minütigen Pause. Bis zum Ende hin hatte sich Özcan Cosar sichtlich verausgabt. Er wollte alles geben und brauchte dafür weder ein aufwändiges Bühnenbild noch technische Effekte. Humor, Schauspiel, Tanz, Bewegung, Spontanität und Kreativität reichen völlig. Dazu ein recht junges Publikum, das sich aus allerlei nationalen Hintergründen zusammensetzt und sich trotzdem in Cosars Erzählungen wiederfindet.
Zunächst geht es natürlich um den Kulturschock Deutschland vs. Türkei. Wo sind die Unterschiede, wenn Özcan eine Frage stellt? Deutsche zeigen artig auf, Türken klatschen wie wild drauf los. Ausländer aller Art bekamen ihr Fett weg. Albaner, Syrer, Rumänen – für jeden hatte der Komiker lieb gemeinte Worte der klischeehaften Einordnung. Es drehte sich um das Schauen von Horrorfilmen, um divergentes Beleidigen, um Verschwörungstheorien („Nikolaus war Türke“), um antiautoritäre Erziehung und um die Einhaltung von Sicherheitsbestimmungen („Mein Kindersitz war meine Oma“). Zum Ende der ersten Halbzeit wurde ein Merksatz von ganz am Anfang klar: Wenn das Licht ausgeht, lachen wir alle gleich!
Nach der Pause gab es eine kurze Irritation, weil der Funksender nicht funktionierte. Özcan machte eine große Show aus dem kleinen Missgeschick und hatte direkt wieder alle Lacher auf seiner Seite. Jetzt drehten sich Cosars Anekdoten um das Nachtleben und die Jagd nach Frauen. Plötzlich waren die kulturellen Unterschiede gänzlich verschwunden. In der Machtlosigkeit gegenüber Türstehern und beim hilflosen Verhalten gegenüber dem anderen Geschlecht sind wir doch alle gleich.
Corona war im Programm kaum ein Thema, aber die eigene Einstellung gegenüber Krankheiten („Ich bin Hypochonder total, meine Frau heißt Sagrotan“). Haarklein erzählte der Comedian von einer Hand-OP mit allen Irrungen und Wirrungen. In der schauspielerischen Leistung war dies der Höhepunkt des Abends. Und Türken im Erste-Hilfe-Kurs dienten als lustiges Anschauungsobjekt.
Ganz zum Schluss echauffierte Özcan Cosar sich mehr als ausgiebig über die Macht der Frauen in allen Kulturen – so wortgewandt, aggressiv und larmoyant, das man ihm kaum folgen konnte. Und plötzlich wurde es ernst und er verurteilte vehement jede Gewalt gegenüber Frauen. Ein nachdenklicher Abschluss eines großartigen Abends.
Das Publikum war aus dem Häuschen und Özcan durfte im Zugabenteil seinen Freund und Kollegen Chris Tall im Publikum begrüßen, der extra den Weg nach Trier auf sich genommen hatte, um eine der wenigen nicht gecancelten Shows zu genießen. Vermutlich brauchte auch er nach 20 langen Monaten das Gefühl einer sich steigernden Show und eines mitgehenden Publikums. Die 200 Menschen in der Europahalle waren jedenfalls der Traum jedes Stand-up-Artisten. Von Anfang an mit im Boot und mit stehendem Applaus zum Abschied.
Alte Bekannte sind die Nachfolgeband der Wise Guys. Nach Auflösung der zeitweise bekanntesten A-cappella-Gruppe Deutschlands konnte Mastermind Daniel „Dän“ Dickopf nicht still sitzen und gründete mit den Kollegen Nils Olfert und Björn Sterzenbach die neue Truppe, die man stilecht „Alte Bekannte“ nannte. Auch dort gab es inzwischen einen Besetzungswechsel: Nils wurde durch Friedemann Petter ersetzt.
In Trier hatten die Wise Guys schon große Erfolge gefeiert. Anfangs noch in der Tufa, dann in der Europahalle, später in der Arena. Für die Nachfolger muss die Europahalle ausreichen – und auch da waren die Vorzeichen denkbar schlecht. Kurzfristig musste man die Hygieneregeln auf 2G ändern, was absolut verständlich ist, aber wohl viele potentielle Zuhörer dazu veranlasste, ihre Tickets zurück zu geben. Überhaupt hört man allenthalben, dass die Vorverkäufe regionaler Konzerte nur bescheiden laufen, was mit der Verunsicherung vieler Mensch verbunden ist.
In der Europahalle hatten sich gestern nur ca. 200 Zuschauer eingefunden. Die vielen Lücken gaben zunächst ein trauriges Bild ab, doch Dän fackelte nicht lange und holte die Leute nach vorn („langsam kann ich meine Lehrer verstehen“). Im Publikum waren auffallend wenig Kinder. Auch das ist eher selten für ein Konzert der Truppe, doch die Stimmung war schon nach wenigen Songs sehr gut und trug das Quintett durch ein gelungenes Konzert. Zwei komplette Stunden plus einer 20minütigen Pause wurden geboten. Eine etwaige Enttäuschung aufgrund der Zuschauerzahl ließ man sich nicht anmerken. Allein Dän klang etwas verschnupft bei seinen Ansagen. Das kann aber auch an einer herannahenden Erkältung gelegen haben.
Das Programm konzentrierte sich auf das neue Album „Bunte Socken“, dessen Titelsong direkt als Zweites geboten wurde. Den Anfang machte aber das Erkennungslied „Wir sind alte Bekannte“, das schon begeistert mitgesungen wurde.
In der ersten Konzerthälfte stammten die meisten Ansagen von Dän. Er freute sich über viele Dinge: Dass die alten Bekannten in der ältesten Stadt Deutschlands auftreten („das passt“), dass man endlich wieder vor echten Menschen spielen darf und (wenn man pessimistisch auf aktuelle Corona-Zahlen schaute) dass man „noch“ vor echten Menschen spielen darf. Es war allerdings kein Frust über die 2G-Regel zu hören. Alle Sänger seien zweimal geimpft und täglich getestet („Hier stehen 15G“). Das Lamentieren der Ungeimpften konnte Dän nicht nachvollziehen und fand auch harte Worte dagegen. „Manchmal kommen wir uns vor, wie das Streichquartett auf der Titanic. Nur zu fünft.“
Neuling Friedemann Petter gab einen hervorragenden Einstieg. Er ist um einiges jünger als die restlichen Bandmitglieder und sorgte für frischen Wind. Sein erstes Solo „Du hast mich in dich verliebt“ wurde begeistert aufgenommen. Bariton Ingo Wolfgarten ist zur Freude des Publikums in die Eifel gezogen und hat dort ein Tonstudio gebaut. Ihre Erfahrungen damit gaben Alte Bekannte mit dem Cover „You’re In The Eifel Now“ (Original: Status Quo) zu Gehör. Danach gab es mit „Billig Jeans“ zum naheliegenden Song von Michael Jackson ein weiteres Cover.
Es muss aber nicht immer alles lustig sein. „Solang’ ich noch was fühle“ ist ein ernster und zugleich optimistischer Song. Solche Balladen haben mir schon bei den Wise Guys immer gut gefallen. Friedemann brachte mit „Watch Over You“ ein berührendes Arrangement von Alter Bridge mit ein. Und damit es zum Ende der ersten Halbzeit nicht allzu sentimental wurde, gab es noch „Powerfrau“, einen Klassiker der Wise Guys.
Für die zweite Konzerthälfte hatten sich die Sänger in Schale geworfen und erschienen im Anzug. Es gab spannende thematische Titel über den perfekten Mann (der ähnlich häufig wie ein Einhorn und der Weihnachtsmann vorkommt), das Kleinkind in der Terroristenrolle und den ewigen Kampf Ausschläfer vs. Frühaufsteher.
Friedemann bekam eine Lehrstunde in 80er-Jahre-Musik mittels eines Medleys aus Titeln wie „Sweet Dreams“, „Shout“, „Easy Lover“ und „Don’t You“. Er revanchierte sich mit dem Wise Guys-Stück „Sing mal wieder“ und einer fulminanten Gesangsstunde für das Publikum, dessen Stimmen zum Schluss gar dreistimmig ertönten.
Für den letzten regulären Song „Tattoo“ wurde spontan die kleine Leonie auf die Bühne geholt – vielleicht 5 oder 6 Jahre alt -, die im Vorfeld durch ihre Tanzkünste aufgefallen war, und wibbelte den Song perfekt mit.
Im Zugabenblock kamen die Fans der Wise Guys mit Titeln wie „Thank you for travelling with Deutsche Bahn“ und „Jetzt und hier“ auf ihre Kosten. Es war ein besonderes Konzert unter besonderen Umständen. Wollen wir hoffen, dass die Alten Bekannten und Popp Concerts im nächsten Jahr wieder ein ausverkauftes Haus vermelden können.
Tom Gaebel war am 6.12.2018 in der Europahalle Trier. Hier unsere Fotogalerie.
Musiker und Entertainer Helge Schneider ist wieder auf Tour. Mit seinem neuen Programm „Ene Mene Mopel“ reist er quer durch die Republik. Am 03.02 machte er auch in Trier Halt.
Die Europahalle ist ausverkauft und wir warten schon ungeduldig, als Helge Schneider im wahrsten Sinne des Wortes auf die Bühne gefallen kommt. Nachdem er vor lachendem Publikum erst mal die Bühne aufgeräumt hat, startet er auch schon in den Abend.
Etwa zwei Stunden gestaltet der Mann mit der wirren Frisur den Abend mit Sinnlosigkeit, gepaart mit lässigem Jazz und in seiner schnoddrigen Art vorgetragenen Anekdoten, wie die von Duke Ellington. Was eigentlich nur die Ankündigung eines Stück sein soll, artet zu einer Geschichte in epischem Ausmaß aus.
Immer wieder schweift er mit haarsträubenden Stories ab: Er springt von seiner Oma über den Hund seines Onkels bis hin zum kleinen Gehalt, dass er damals hatte, so oft hin und her, dass keiner mehr weiß, worauf er eigentlich hinaus wollte. Schneider berichtete eigentlich von seiner Begegnung mit dem amerikanischen Jazzmusiker Ellington 1974 in Berlin. Sein großes Idol sei auf einer Fahrt im Sight-Seeing-Bus zugestiegen und habe sich neben ihn gesetzt. Schneider, immer wieder auf Oma, Hund und Co. kommend, braucht eine gefühlte Ewigkeit bis er die Geschichte vom Treffen mit Ellington zur Freude aller damit beendete, dass er schlussendlich feststellte, es war gar nicht Ellington.
Schneider überrascht während seines Programms immer wieder mit schrägen Einlagen. So steigt er wortlos eine Leiter hinauf und trägt nach dem direkten Abstieg die Maske des Phantoms der Oper. Völlig Panne, aber zum Brüllen komisch. Seine beiden exzellenten Mitmusiker, Rudi Olbrich am Kontrabass und Peter Thoms am Schlagzeug, die in stoischer Ruhe ihren Part beitragen, lassen Schneider den Kaspar machen
Schneider ist ein Unikat, durchgeknallt – und er ist unfassbar schnell, reagiert im Bruchteil einer Sekunde auf Zwischenrufe. Das Publikum liebt ihn dafür. Er ist einfach nicht zu imitieren, er ist einfach Helge Schneider. The one and only. Der Größte.
Zwei Newcomer hat es vergangenen Dienstag nach Trier verschlagen. Beide gar nicht so weit weg beheimatet: Eva Croissant stammt aus Karlsruhe, Mark Forster aus dem pfälzischen Winnweiler. Die Tufa war gut gefüllt, was für den Bekanntheitsgrad der beiden Künstler spricht.
Zunächst war da Eva Croissant, eine sympathische 22jährige Sängerin und Songwriterin, die vor fünf Jahren Hals über Kopf die Schule abbrach, sich für die Musik entschied und im Jahr 2012 in Eigenregie ihr erstes Album heraus brachte. Der große Durchbruch kam dann, als sie bei der Castingshow „The Voice of Germany“ antrat und es bis in die Liveshows schaffte. Mutig trug sie dort recht unbekannte Deutschpop-Titel vor und sorgte vor allem mit dem selbst geschriebenen Song „Dein Herz trägt Felsen“ für Furore. Damit wurde sie zur „Siegerin der Herzen“ für viele Fernsehzuschauer, konnte sich aber gegenüber den üblichen Schmacht-Boys nicht durchsetzen. Immerhin wurde Mark Forster auf sie aufmerksam und nun gehen die beiden gemeinsam auf Tour.
Eva Croissant betrat die Bühne ganz allein, nur ausgestattet mit einer Gitarre und einer überaus sympathischen Erscheinung. Ihr 35minütiger Auftritt war eine Mischung aus eigenen Songs vom Debütalbum und einem Coversong. Zwischendurch erzählte sie entspannt aus ihrem Leben und gab auch Anekdoten zu den Fernsehauftritten preis. Den Song „Zehn Jahre“ widmete sie beispielsweise ihrem Mathe-Lehrer, der ihren Schulabbruch mit der Pseudo-Weisheit „In zehn Jahren wird dir das noch leid tun“ kommentierte. Und von der Zusammenarbeit mit Nena gab es viel zu berichten. So ist es (wie wir alle schon geahnt haben) gar nicht so leicht, relativ unbekannte Songs wie von Mark Forster oder Mikroboy in einer Fernsehshow unterzubringen. „Die wollen keine Leute, die selbst denken“. Aber mit Nenas Hilfe sei einiges möglich geworden. Und plötzlich standen für ihre Version von Mikroboys „Du oder ich (oder wir alle)“ fünf Parkbänke parat, von denen Eva sich da einen aussuchen durfte, um darauf den Song zu performen. Auch in der Tufa kam selbige Coverversion hervorragend an.
Ansonsten gab es eine bunte Mischung aus alten und neuen Songs, natürlich „Dein Herz trägt Felsen“, „Du bist nicht irgendwer“ und „Keine Zeit“. Eva Croissant singt sehr sauber, bemüht sich um deutliche Aussprache – sie nimmt ihre Zuhörer fest bei der Hand und führt sie bis zum Schluss mit sich. So schüchtern manchmal ihre Ansagen sind, so stark ist ihr Auftreten, wenn sie singt. Ein Auftritt, der die Tufa zu mehr als Achtungsapplaus veranlasste. Es wurde klar, dass Eva zu den ganz besonderen Songwriterinnen gehört und ich kann das Album allen wärmstens empfehlen, die auf die Musik von Philipp Poisel, Mark Forster oder auch Gregor Meyle stehen. Der Support endete mit dem gänsehauterzeugenden „Ich halt‘ deine Hand“.
Nach dem stillen, sanften Solo-Auftritt von Eva Croissant ging Mark Forster mit starker Bandbesetzung in die Vollen. Fünf instrumentale Mitstreiter, darunter eine Multi-Instrumentalistin, die von Violine über Akkordeon bis hin zur Percussion allerlei Klangvolles präsentierte, stürmten die Bühne. Direkt zu Beginn beichtete der 29jährige, dass er noch nie in Trier war, obwohl doch seine Schwester hier studiert. Da gab es also was nachzuholen.
Das Konzert bestand vor allem aus Stücken des Debütalbums „Karton“. Einen Titel davon hat wohl jeder schon gehört, denn „Auf dem Weg“ ziert momentan eine große Anzahl von Deutschrock-Samplern und 2012er Best-ofs. Und das zu Recht! Ein treibender Ohrwurm, der jeden sofort im Griff hat.
Doch das ganze Album besteht aus eingängigen, intelligenten Stücken, die aus dem Leben erzählen und die Mark Forster mit viel Energie vorträgt. Eine starke Band im Hintergrund und ein Frontmann, der ständig in Bewegung ist und die Zuschauer zum Tanzen bringt. Neben den eigenen Titeln vom Album „Karton“ gab es auch spannende Coverversionen, nämlich „Sie ist weg“ der Fanta 4 und „ANNA“ vom Freundeskreis. Eine Stärke des Pfälzers ist es, diesen Songs eine ganz persönliche Note zu verleihen. Das Zuhören und Mitgrooven hat jedenfalls großen Spaß gemacht. Eva Croissant trat nochmal in Erscheinung und sang im Duett mit Mark Forster das ergreifende „Ich und du“, das er im Original gemeinsam mit Anna Depenbusch interpretiert.
Vor dem Zugabenblock gab es das ersehnte „Auf dem Weg“ und die Tufa stand Kopf. Trotzdem kann man getrost feststellen, dass sich das Konzert nicht auf diesen Hit konzentrierte. Mark Forster verfügt über ein großes Repertoire und es gelingt ihm auch, das zu zeigen. Der Titel „Zu oft“ ist ein ganz neues Stück Musik und ein erstes Vorzeichen des zweiten Albums. Man darf gespannt sein – und vielleicht gibt es beim nächsten Gig in Trier schon die größere Europahalle. Das Zeug dazu hat der junge Songwriter allemal.