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The Piano Guys 20.11.2014 Saarlandhalle / Saarbrücken

Ein Piano und ein Cello – die Piano Guys eroberten die Saarlandhalle

Wenn zwei junge Männer – der eine am Flügel, der andere am Cello – ihr Publikum zu Begeisterungsstürmen hinreißen, dann muss es dazu eine Vorgeschichte geben. Und diese hat heutzutage meist mit dem Internet zu tun. Jon Schmidt und Steven Sharp Nelson sind ein YouTube-Phänomen. Ihre Geschichte beginnt in einem Klaviergeschäft namens „The Piano Guys“, das dem Videografen der Band (Paul Anderson) gehört. Um den Verkauf anzukurbeln, stellte Anderson selbst aufgenommene Videos von Jon Schmidt am Piano ins Netzt. Zunächst mit mäßigem Erfolg. Als aber Steven mit seinem Cello hinzu stieß, explodierten die Zugriffszahlen auf YouTube. 500 Millionen sind es nach jüngster Rechnung, bei über zwei Millionen festen Fans.

Nach riesigen Erfolgen in den USA wird ihr Bekanntheitsgrad auch in Europa immer größer. Am 20. November gastierte das Quartett (von dem in der Regel nur die beiden Protagonisten auf der Bühne stehen) in der Saarlandhalle Saarbrücken.  Am Anfang sah man einen Flügel und einige Celli im Scheinwerferlicht. Recht unspektakulär mit Kinoleinwand im Hintergrund. Am Ende stand die Halle Kopf und die Piano Guys wurden mit Standing Ovations gefeiert.

Aushängeschild der Band sind die spektakulären Videos. Wie bringt man so etwas aber auf die Bühne? Natürlich indem man sie im Hintergrund abspielt – das ist bei vielen Stücken der Fall. Und es sind authentische, grandiose, oft sehr berührende Momente, die dort gezeigt werden. Aber Jon und Steven bestechen auch durch ihre Virtuosität an den Instrumenten. Da nimmt ihnen keiner die Butter vom Brot. Steven sagt, er wolle anders sein, als gewöhnliche Cellisten. Diese schauen immer so ernst. Bei ihm das nicht der Fall – er hat ein sympathisches Lachen und neigt ebenso zu Clownerien wie sein kongenialer Partner.

Jons Eltern stammen aus Hamburg und er spricht ein paar Worte Deutsch. Das wird im Lauf des Abends ordentlich ausgewalzt. Zudem muss er mehr tun, um gegen Steven zu bestehen. Es reicht eben nicht, dass das Piano im Bandnamen steht. Jon spielt sein Instrument mit dem Rücken zu den Tasten, bearbeitet es mit den Zehen und tanzt auch mal enthusiastisch über die Bühne, um Aufmerksamkeit zu bekommen.

Gespielt wurde eine Mixtur aus klassischen Stücken und Pop. Die Piano Guys schreiben viele Songs selbst, arrangieren Bekanntes um und verknüpfen Musik unterschiedlicher Epochen zu großartigen Mash-Ups, wobei man die Originale oft im Melodienreigen suchen muss. Zudem haben sie sich Grenzen auferlegt. Die Bandmitglieder sind als Mormonen sehr religiös geprägt und haben bei vier Mitgliedern insgesamt 16 Kinder. Daher achten sie darauf, dass auch die Originalvideos gecoverter Künstler kinderfreundlich sind. Miley Cyrus zeigt nackte Haut, also werden ihre Songs nicht gecovert. Das nenne ich mal konsequent.

Es gab trotzdem noch genügend Auswahl für den Abend: Der Soundtrack aus den „Bourne“-Filmen wurde mit Vivaldi verknüpft und im Film mit Action-Elementen versehen. Coldplay und U2 tauchten in Schnipseln auf, die chinesische Mauer wurde mit dem eigenen Song „Kung Fu Piano“ bespielt, wobei Steven sein Cello in eine chinesische Fiedel transformierte. Auf Video gab es einen bewundernswerten Auftritt in einem Altenheim zu sehen, wobei sich mit der Zeit viele alte Menschen begeistert zur Musik bewegten. Das sind besondere Momente im filmischen Schaffen. Ein solcher kam dann später nochmal, als zu „The Story Of My Life“ ein wunderschönes Video die Geschichte eines Lebens und eines Baumes erzählte. Gänsehaut pur!

Jon und Steven bekamen jeweils einen Solopart, um die Pause einzurahmen. Dabei verband Jon am Piano das Weihnachtslied „I Saw Three Ships“ mit seinem Titel „Waterfall“. Steven hingegen vermengte Beethoven einzigartig mit One Republics „Secrets“ und spielte per Loop-Maschine gleich ein ganzes Orchester aus acht Celli ein, um die Musik von Johann Sebastian Bach zu würdigen. Weiter erklang David Guettas „Titanium“ neben einem Song von Christina Perri und dem Weihnachtsklassiker „O Come Emmanuel“.

Zum berühmt-berüchtigten Kanon von Pachelbel gab es ein Comedy-Lehrstück der beiden. Nur acht Töne Grundmelodie für den Cellisten, der seine Unzufriedenheit ausgiebig zeigte und schließlich auf der Bühne schnarchte, während Jon am Piano zum Höhenflug ansetzte und beide das Stück schließlich in „Rockelbel’s Kanon“ umwandelten.

Erst kurz vor Schluss kamen mit Paul Anderson (Videograf) und Al van der Beek (Produzent) die restlichen Teile des Kleeblatts auf die Bühne und man zog zu viert eine sensationelle Show mit dem Stück „Ants Marching / Ode To Joy“ ab. Jeder fand sich irgendwann an allen Instrumenten, man wirbelte durcheinander, es gab Percussion an Celli, Piano und mit allem, was den Einzelnen in die Finger kam. Standing Ovations für das Quartett waren der Dank. Als Zugabe wurde dann der Paradesong „What Makes You Beautiful“ angestimmt, bei dem die vier um den Flügel stehen und neben mehrhändigem Spiel die Klaviersaiten auch Zupfen und das Holz als Schlaginstrument missbrauchen. Unglaublich, was acht Hände aus einem einzigen Instrument heraus holen können.

Das Publikum in der Saarlandhalle war begeistert – und das mit Recht. Mein zehnjähriger Sohn fand den Auftritt „cool“ und man konnte an den Gesichtern der Zuschauer sehen, dass generationenübergreifend der Geschmack der Menschen getroffen wurde. Schaut euch den YouTube-Chanel der Piano Guys an. Man kann süchtig davon werden!

Alle Fotos von unserer Fotografin Sonja Saur !!!

The Piano Guys
The Piano Guys
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