Der Ritterschlag für jeden Künstler ist ein MTV unplugged. Cro hat diesen Status schon sehr früh erreicht. Sein Debütalbum „Raop“ ist schließlich erst im Jahr 2012 erschienen. Und es hat von Beginn an polarisiert. Für echte Rapper war dieser Mix aus Pop und Rap nichts Halbes und nichts Ganzes. Und so ließen Teile der Szene ihren Unmut laut heraus. Doch Cro hat es verstanden, seiner Linie treu zu bleiben und die Masse zu begeistern. Das konnte man auch beim diesjährigen Open Air im Strandbad Losheim am See sehen. 11000 Zuschauer waren dem Ruf des Stuttgarters mit der Pandamaske gefolgt. Und es wurde ein rauschendes Fest bis in die Nacht.
Dabei sahen die Vorzeichen gar nicht so gut aus. Seit zwei Tagen Dauerregen. Ein nasses und vermatschtes Festivalgelände. Erhöhte Sicherheitsvorkehrungen nach den Attentaten der letzten Wochen. Die Veranstalter hatten gut vorgesorgt und den Zeitrahmen vom Öffnen der Tageskasse bis hin zum Beginn der Vorgruppe weit entzerrt. So hatte bis 19.30 Uhr jeder seinen Platz gefunden. Die Sicherheitskontrolle ging schnell vonstatten und das Gelände war – oh Wunder – viel trockener und zugänglicher als man erwartet hatte.
Die letzten Nieseltropfen gab es dann auch weit vor dem Start des Supports Vona. Der Abendhimmel war zwar noch stark bewölkt, doch Vona schaute optimistisch nach oben und meinte: „Wir schaffen es noch, die Sonne raus zu singen“. Eine Hoffnung, die sich zwar nicht mehr erfüllte. Doch es blieb zumindest trocken bis zum Schluss des Konzerts.
Vona stammt aus Tübingen und ist wie Cro bei Chimperator unter Vertrag. Seine Musik bietet eine luftige Mischung aus Rap, Reggae und RnB. In Losheim gab es ein Bündel optimistischer Songs, mit viel Leidenschaft dargeboten. „Solange wir jung sind“ – es gelang ihm, den Nerv der Anwesenden zu treffen und ein stimmungsvolles Feld für Cro zu bereiten. Leider war nach gut 30 Minuten Schluss, doch man wird sicher noch mehr von dem Tübinger hören.
Cro betrat mit leichter Verspätung um 20.40 Uhr die Bühne. Und der Bühnenaufbau hatte es in sich. Schließlich muss ein MTV unplugged auf der darauf folgenden Tour auch ordentlich gewürdigt werden. So gab es einen Bühnenaufbau über mehrere Ebenen mit regulärer Band ganz unten, Keyboarder und DJ eine Stufe höher, Bläsern, Streichern, Backgroundsängern – die Produktion war schon gewaltig.
Cro selbst hielt sich meist am vorderen Bühnenrand auf. Logischerweise mit Maske, über die er sich zwar bisweilen aufregte („Ich kann die Bühnenkante nicht sehen“), sie aber selbstironisch akzeptierte („Hab ich ja selbst so gewollt“). Die Fans nahmen dieses Alleinstellungsmerkmal gern auf. Mit Panda-Kappen, Wollmützen und selbst gebastelten Masken. Überhaupt war es eine bunte Truppe, die sich da eingefunden hatte. Cro erreicht die Kleinsten mit Mami und Papi ebenso wie die feiernde Jugend und den gestandenen Rapper.
Musikalisch gab es den Rundumschlag vom unplugged-Album. Ein „Hallo“ an die Zuschauer. Die HipHop-Choreo wurde eingeübt und es konnte losgehen. Gerne auch mal Richtung Swing mit Sinatras „New York“. Doch wichtig waren Hits wie „Wir waren hier“, „Einmal um die Welt“ und „Never Cro Up“. Er flirtete mit den Mädels, ließ eine Fuhre Milch für alle kommen und fragte, wo die Waffeln bleiben.
Doch es gab auch herausragend neue Parts im Set. Gemeinsam mit der Background-Truppe ließ er vom Bühnenrand die Füße baumeln und stimmte Motown-Klänge („Celebrate“) an. Später fand man den weiß gekleideten Panda am Klavier, während die Band orchestral aufspielte. Wichtig war aber, dass im Anschluss wieder alle sprangen und den HipHop zelebrierten. Es gab deutliche Oldschool-Parts. „Meine Gang“ und „Bad Chick“ ließen das Strandbad ausrasten.
Der Zugabenblock war etwas seltsam. Stille im Publikum, weil Cro nach dem letzten Song zu unvermittelt die Bühne verlassen hatte. Vereinzelte Zugaberufe. Als es dann eine recht verjazzte und langatmige Vorstellung der Musiker gab, ließen die ersten Besucher das Festivalgelände hinter sich. Doch es war klar, dass kein Konzert ohne den Überhit „Easy“ enden kann. Endlich war es soweit und nach zwei Stunden und fünfzehn Minuten ordentlicher Konzertlänge entließ der Rapper seine Fans in die saarländische Nacht. Ein feines Konzerterlebnis zwischen Entspannung und Ausrasten.