Konstantin Wecker ist 73 Jahre alt aber voll von jugendlichem Elan. Egal in welchem Format er unterwegs ist, lässt er seine 50jährige Bühnenkarriere eindrucksvoll an sich und den Zuschauern vorbei ziehen. Dabei ist es egal, ob er ein großes Orchester mit sich bringt, wie Ende 2019, oder allein am Klavier sitzt und „nur“ zwei Schauspieler dabei hat, die seine Gedichte lesen.
Der vorliegende Konzertmitschnitt stammt vom 4. September 2020 aus dem Wiener Theater im Park. Eines dieser Ereignisse also, die trotz der Hygienemaßnahmen des vergangenen Sommers mit Publikum stattfinden konnten. In weit über zwei Stunden Konzertlänge glänzt Konstantin Wecker gewohnt lässig als Sänger, Pianist und Moderator. Seine Anekdoten und Erzählungen zwischen den Musikstücken sind legendär.
Doch diesmal wird mehr geredet und gelesen. Seine lyrischen Texte werden von Dörte Lyssewski (Wiener Burgtheater) und Michael Dangl (Theater in der Josefstadt) vorgetragen. Zu den Gedichten improvisiert Konstantin Wecker teilweise am Klavier. So gibt es kurze Texte aus allen Epochen seines literarischen Schaffens, beginnend mit den Sadopoetischen Gesängen, die der Meister des gesungenen und gesprochenen Wortes gewohnt selbstironisch ansagt.
„Die Huren werden müde“, „Deutscher Herbst“, „Keine Zeit zum Denken“, „Schon immer hab‘ ich auf das Schreckliche gewartet“ – man kann aus den Titeln schließen, was einen erwartet. Weckers besondere Form von Romantik, seine an Rilke erinnernde Poesie, aber auch Satirisches und Politisches. Zudem erzählt er von seinen Eltern – in sehr bewegenden Reden und Liedern. Ja, genau: Gesungen wird natürlich auch! Im zweiten Teil mehr als im ersten, und mit „Schlaflied“, „An meine Kinder“, „Wut und Zärtlichkeit“, „Ich habe einen Traum“ und „Den Parolen keine Chance“ sind wundervolle Perlen dabei. Politisch und eindringlich wie eh und je.
Das neue Livealbum reißt nicht so sehr mit wie die letzten Livekonzerte, die es auf CD und DVD gab – sei es orchestral, mit Band oder allein am Klavier. Konstantin Wecker teilt seine Konzertmomente gern mit den Fans. Und im Corona-Jahr war es halt etwas beschaulicher. Ich habe die CD mit Genuss gehört, doch eine Zusammenstellung von Gedichten wird man sich nicht so oft am Stück anhören. Man braucht eigentlich das geschriebene Wort, denn die Lesung lässt kaum Zeit zum Nachdenken über einzelne Passagen.
Mit dieser literarischen und musikalischen Gesamtschau fächert sich die künstlerische Persönlichkeit Konstantin Weckers in all ihren Facetten zwischen „Genug ist nicht genug“ und „Stirb ma ned weg“ auf – und dabei offenbart sich einmal mehr: „Jeder Augenblick ist ewig!“