„Wonach sieht’s denn aus ?!?“ heißt das aktuelle Programm von Kay Ray, dem Kabarettisten und Entertainer. Ein Paradiesvogel ist er schon lange nicht mehr. Im Vergleich zu früheren Outfits, ist die aktuelle Wuschelfrisur fast schon normal. Aber sein Programm schlägt alle Register. Wäre es politisch korrekt, würde ihm vermutlich nach zehn Minuten der Stoff ausgehen. Doch es ist so herrlich unkorrekt und lässt keine Klischees und keine umstrittenen Gegenwartsthemen aus.
Dass Kays Show mindestens drei Stunden dauert, damit müssen Zuschauer rechnen. Und wehe jemand wagt es, früher gehen zu wollen. In der Tufa Trier musste man sich gestern allerdings keine Sorgen machen. Aufgrund der Zeitumstellung war es ohnehin gefühlt eine Stunde früher und dann war der Beginn auch noch auf 19 Uhr gelegt. Es war also fast noch hell, als die durch Sprech- und Gesangstiraden erledigten Gäste um 22.30 Uhr den Heimweg antraten.
Kay singt und lamentiert. Seine Stücke werden per Playback begleitet – und auch die Videoleinwand im Hintergrund spielt bisweilen eine tragende Rolle. Er startete mit dem Song „Ich bin hier“, der in wenigen aussagekräftigen Sätzen die 30jährige Karriere des Wahl-Hamburgers Revue passieren ließ. Das reichte dann aber auch an Nostalgie. Sogleich wandte Kay sich einer Reihe hübscher Männer in der ersten Reihe zu, guckte sich den jungen Marian aus und bedachte ihn fortan mit ziemlich eindeutigen Avancen. Zur Belohnung wurde er den ganzen Abend über mit Freibier gefügig gemacht – also auch für Marian hat sich diese Zurschaustellung offensichtlich gelohnt.
Einen roten Faden konnte man vergebens suchen. Kay tat zwar so, als existiere ein solcher, indem er verloren geglaubte Themen immer wieder neu aufnahm, doch dazwischen gab es den vollendeten Rundumschlag durch die gesellschaftliche Wirklichkeit. Und jeder bekam sein Fett weg. AKK („alles könnte klappen“) ebenso wie Kays Lieblingsopfer Claudia Roth. AFD, Redefreiheit und der Lieblingssport der politisch korrekten Bürger: Nazikeule schwingen.
Zwischendurch sang der Comedian mit durchaus kräftiger Stimme und nur wenig falschen Tönen Songs wie „Shape Of You“ und „If You Believe“. Die neue Jugend-Ikone Greta Thunberg wurde als „Klima-Tiffy“ belächelt und die Bundeswehr mit einem Song von Kate Bush nebst weichgezeichnetem Video gewürdigt.
Es gibt grundsätzlich keine Themen, vor denen Kay haltmacht. Sexuelle Frivolitäten sind durchgehend an der Tagesordnung. Er sinniert über die 60 neuen Geschlechter, für die man nun eigene Toiletten braucht, und vermeldet, dass Ökosexuelle vermutlich Astlöcher ficken. Er macht Witze über Wolfgang Schäuble („er würde ja gehen…“) und Behindertenwerkstätten („nein, da werden keine Behinderten repariert“). Die Begründung dazu, liefert er gleich mit – und ist damit auf der selben Wellenlänge wie der Kollege Chris Tall: wenn wir keine Witze über Behinderte machen, werden sie ja schon wieder diskriminiert.
Nach 65 Minuten ist Pause – und die haben sich alle verdient. Im komplett neuen (und dann doch sehr schrillen) Outfit nimmt Kay Anlauf für die zweite Halbzeit und lässt das nächste Bier für Marian bringen („Im Alkohol ist Terpentin. Das macht den Pinsel weich.“).
Kurz macht sich der Künstler Gedanken, ob die Veranstaltung nicht ausverkauft oder bloß überbestuhlt ist. Dann geht es weiter zu bekannten medienwirksamen Hashtags wie #wirsindmehr. Und die Überlegung „1933 waren wir auch mehr“ ist nicht von der Hand zu weisen. Rechte und linke Ecken sind für den Satiriker keine geeigneten Schubladen. Und aus welcher Ecke nun der Applaus kommt, spielt für ihn auch keine Rolle.
Als Parabel für die Zustände in der Groko muss der Untergang der Titanic herhalten. Die wäre nie untergegangen, da sie vermutlich immer noch im Trockendock läge. Weder die 60 Geschlechtertoiletten noch die Transgender-Rettungsboote seien fertig. Und die Beschwichtigungsversuche aus den Mündern unterschiedlicher Minister hören sich sehr real an.
Um kurz nach 22 Uhr verließ Kay die Bühne, um mit stehenden Ovationen zurückgeholt zu werden. Der Abend endete mit den gewohnten Frivolitäten und einigen Netzfunden per Leinwand-Videos. Wie immer hat Kay Ray perfekt unterhalten und kein brisantes Thema gescheut. Seine wirren Ideen zwischen Poesie und Wahn sind es immer wert, dem Monolog einen Abend lang zu folgen.
Am 14.4.2019 steigt die nächste Show in der Region: in der Stummschen Reithalle Neunkirchen.