Ich war nie Team SpongeBob. Im Gegenteil. Die wirre Handlung um den gelben Schwamm mit seiner schrill-nervigen Stimme war mir stets ein Graus. Ich war Team Simpsons. Definitiv. Trotzdem hat man ab und zu natürlich in die Serie reingeschaut. Man kann SpongeBob Schwammkopf im TV ohnehin nicht entkommen und die Handlung der Folgen ist in der Regel einfach konstruiert. Aber ein Musical? Ernsthaft? Ich war wirklich skeptisch zu Beginn, ging aber entsprechend begeistert aus der Vorstellung raus. Die Organisatoren von ShowSlot waren mutig und hatten gleich zwei Abende in Folge in der Europahalle Trier angesetzt. Leider war der Dienstag mit knapp 300 Leuten alles andere als gut besetzt – doch wer da war, durfte mit einem einzigartig guten Gefühl nach Hause gehen. Ein junges, frisches Ensemble, Liebe zum Detail, hervorragende Musik und ein mitreißendes Gesamtkonzept. Kein Wunder, dass es viel Jubel und Standing Ovations für die Truppe gab.
Das Grundgerüst der Story ist schnell erzählt: Bikini Bottom ist in Gefahr. Ein Vulkan droht auszubrechen und die wundervolle Unterwasserwelt zu zerstören. SpongeBob und seine Freunde, allen voran Patrick und Sandy, versuchen Bikini Bottom zu retten. Die Bühnendeko macht schon einen schönen und ansprechenden Eindruck, bevor es überhaupt los geht. Auf den Vorhang sind Wasser-Elemente projiziert. Rechts und links in der Kulisse sind die Behausungen von Bösewicht Plankton auf der einen und dem Erzähler der Geschichte auf der anderen Seite bereits erkennbar.
Zunächst tritt ein Pirat in das nostalgisch und erwartungsvoll gestimmte Publikum. Viele junge Menschen sind anwesend, Kinder mit ihren Eltern, Jugendliche in größeren Gruppen und junge Erwachsene, bevorzugt als Pärchen. Die Show ist in zwei umfangreiche Hälften aufgeteilt und beginnt pünktlich um 19.30 Uhr. Der erste Teil dauer schon 75 Minuten und enthält viel Musik. Die Darsteller treten nicht etwa in Ganzkörperkostümen auf, sondern als echte Menschen mit für die Figuren typischer Bekleidung. Den ersten großen Lacher liefert Hausschnecke Gary, die ferngesteuert über die Bühne gefahren wird.
Das große Ensemble legt viel Spielfreude an den Tag. Es sind renommierte junge Schauspieler, denen man die Spielfreude anmerkt und die viel echten Enthusiasmus an den Tag legen. Eine aktuelle Besetzungsliste liegt mir nicht vor, aber ich verweise gern auf Mariyama Ebel als Eichhörnchen Sandy Cheeks, die man zuvor unter anderem als Rose Granger-Weasley im „Harry Potter“ Theaterstück auf der Bühne bewundern durfte. Vor allem die großen Ensemble-Nummern mit bis zu 16 Beteiligten kamen gewaltig. Mimik, Bewegungen und die Gesamt-Choreo waren absolut stimmig und nahmen das begeisterte Publikum gekonnt mit.
Die eingängigen Popsongs wurden von vielen bekannten Persönlichkeiten komponiert. Namedropping gefällig: Steven Tyler und Joe Perry von Aerosmith sind mit dabei, Yolanda Adams, Sara Bareilles, Jonathan Coulton, Lady Antebellum, Alex Ebert von Edward Sharpe & The Magnetic Zeros, die Flaming Lips, John Legend, Cyndi Lauper, Panic! At the Disco, Plain White T’s, They Might Be Giants, T.I und der selige David Bowie. Kein Wunder, dass hier Power herrscht. Schließlich wurde das Musical zunächst 2016 in Chicago und dann ab 2017 am Broadway gespielt. Bei der ShowSlot-Produktion kommt die Musik zwar weitestgehend vom Band, das tut dem Spaß aber keinen Abbruch. Der Erzähler an der rechten Bühnenseite ist zugleich musikalischer Leiter. Er sorgt für die begleitenden Comic-Geräusche, die das Geschehen effektvoll begleiten, dirigiert die chorischen Passagen des Ensembles und spielt auch mal Melodien auf dem Keyboard. Ein echtes Multitalent, das in Trier zurecht mit einem Sonderapplaus bedacht wurde.
Neben bekannten Schauplätzen wie der Krossen Krabbe, Planktons Abfalleimer und SpongeBobs Ananas gibt es in der Handlung dieser Inszenierung auch sehr aktuelle Bezüge: Die Bürger von Bikini Bottom suchen den Auslöser für die Katastrophe nicht etwa im Klimawandel, sondern in den Säugetieren. Es gibt besorgte Bürger, die die See-Erwärmung leugnen und dem Eichhörnchen die Schuld an allem geben – angeheizt von Antagonist Plankton. Die Protagonisten müssen sich also zusammenraufen und den Wert von Freundschaft erkennen, um das Problem mit Hilfe der Wissenschaft zu lösen.
Im zweiten Teil des Musicals sorgt ein Auftritt der Electric Skates für Furore. Es gibt wundervolle Einzelsongs von SpongeBob und Patrick, außerdem eine starke Performance von Thaddäus mit einem Chor aus Seeanemonen und fulminantem Stepptanz. Das war große Klasse und bescherte auch diesem Darsteller einen Extraapplaus. Auch die zweite Hälfte dauerte gut über eine Stunde und beendete das komplexe und absolut kurzweilige Geschehen mit starken Effekten. Die Inszenierung faszinierte mich vor allem durch die ordentlichen Soundeffekte und die beweglichen Gerüste, die das Bühnenbild immer wieder verwandeln konnten.
Nach fast drei vergnüglichen Stunden gab es mit Recht Standing Ovations des Publikums und „SpongeBob – das Musical“ hat viele neue Fans gewonnen. Ich werde mir mit Sicherheit noch weitere Produktionen von ShowSlot ansehen, die momentan einige Highlights im Programm haben. Hier eine Übersicht:
FLASHDANCE – Das Musical ab 23.11.2022 auf Tour in 26 Städten in Deutschland, Österreich und der Schweiz — in Trier am 28. und 29. Januar 2023
FACK JU GÖHTE – Das Musical ab 14.01.2023 auf Tour in 21 Städten in Deutschland, Österreich und der Schweiz — in Ludwigshafen am 10. und 11. März 2023
GHOST – Das Musical ab 24.02.2023 auf Tour in 25 Städten in Deutschland, Österreich und der Schweiz — in Trier am 26. und 27. März 2023 — in Saarbrücken am 3. April 2023
MAGICAL SINGALONG – ab 03.03.2023 auf Tour in 31 Städten in Deutschland, Österreich und der Schweiz — in Neunkirchen am 22. März 2023 — in Trier am 23. März 2023