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von Brücken 26.11.2015 Kulturkirche / Köln

Wenn Musik die Seele berührt oder von Brücken in der Kulturkirche Köln

Hinter dem Namen von Brücken verbergen sich Ex-Jupiter Jones Sänger-Nicholas Müller und sein Kumpel Tobias Schmitz. Gemeinsam haben sie Ende Oktober ihr Debütalbum „Weit weg von fertig“ veröffentlicht (unser Review Von Brücken „Weit weg von fertig“ findet ihr hier). Über den Ausstieg von Nicholas Müller bei Jupiter Jones und die erfolgreiche Behandlung seiner Angststörung ist bereits hinlänglich berichtet worden. Den Weg zurück auf die Bühne hat er schon vor gut einem Monat auf dem Hamburger Reeperbahn Festival gefunden. Das heutige Konzert in Köln ist die erste und einzige Headliner Show in diesem Jahr, bevor es dann 2016 auf ausgedehnte Deutschlandtour geht. Und weil alleine das schon etwas besonderes ist, lässt es sich der WDR im Rahmen seiner „Rockpalast“-Reihe nicht nehmen, die von Brücken Premierenshow via Livestream auf seiner Internetseite zu übertragen. Das wunderschöne Ambiente der Kulturkirche in Köln-Nippes bietet dazu den mehr als würdigen Rahmen zwischen Heiligenfiguren und Kölschtheke. Und sie ist natürlich ausverkauft.

Bevor es losgeht, werden die Fans vom wohl lässigsten Pfarrer in ganz Köln begrüsst. Thomas Diederichs hatte vor fast zwölf Jahren die Idee, die Lutherkirche in der Siebachstraße für Veranstaltungen zu nutzen. Optisch ähnelt er ein wenig Jeff Bridges in seiner Rolle als „der Dude“, dem White Russian trinkenden Alt-Hippie aus „The Big Lebowski“. Danach dauert es noch ein paar Minuten (vermutlich damit der Livestream auch pünktlich startet), bis Nicholas Müller und Tobias Schmitz in Begleitung ihrer siebenköpfigen Band den zur Bühne umfunktionierten Altarraum betreten und mit „Das Türen-Paradoxon“ in ihr Set starten. Spätestens als die unverwechselbare Reibeisenstimme von Nicholas Müller den Raum erfüllt wird allen Anwesenden (und denen auf dem heimischen Sofa) klar, was sie ein Jahr lang vermisst haben. Und auch Nicholas Müller ist nach „Gold gegen Blei“ und „Die Sache mit dem toten Clown“ angesichts der Begeisterung vor ihm sichtlich gerührt. Man möchte fast auf die Bühne klettern und den sympathischen Tanzbären mit den vielen Tätowierungen mal so richtig feste knuddeln.

So entsteht nach und nach eine Stimmung in der Fans und Band quasi miteinander verschmelzen. Der überstrapazierte Begriff von der „intimen Wohnzimmeratmosphäre“ bekommt eine neue Daseinsberechtigung. Man fühlt sich wie bei einem Familientreffen. Die Umstehenden, die man noch nie zuvor gesehen hat, erscheinen wie alte Bekannte. Alle miteinander sind sie durch ein unsichtbares Band verbunden und dieses Band ist die Musik von Nicholas Müller und Tobias Schmitz. Irgendjemand hat eine Flasche „Pustefix“ mitgebracht und lässt bunte Seifenblasen durch die Kulturkirche schweben. Wenn Müller „Dann sammle ich Steine“ für seine „zwei Damen zuhause“ singt oder vor „Blendgranaten“ gegen die deutschen Besorgtbürger wettert, dann ist es mucksmäuschenstill. In „Lady Angst“ verarbeitet er seine eigene Geschichte und in „Immerhin“ feiert er die Liebe. Aber egal, ob er große Gefühle in eine leise Sprache gießt (wie bei „Die Parade“) oder ihnen ausgelassen freien Lauf lässt (wie in „Der Tanz“), er schafft es jedesmal tief in den Seelen seiner Zuhörer nach Leben zu schürfen. Und es zu finden.

Zwischendurch darf auch Jan Löchel (seines Zeichens eigentlich Produzent aus Münster) nochmal mitmachen, der unter dem Pseudonym Jylland durchaus überzeugend das Vorprogramm bestritten hat. In „Elephanten“ übernimmt er den Part von Rocky Votolato. Irgendwann sind dann alle vierzehn Songs des Albums gespielt. „Yukon“, das vor Optimismus nur so strotzt, ist bereits die erste Zugabe. Aber die Kölner haben noch nicht genug. Und so muss das Damien Rice-Cover „Trusty And True“ als letzter Song herhalten, an dessen Ende sich die gesamte Band völlig überwältigt mit einer ganzen Reihe tiefer Verbeugungen von den Fans in der Kulturkirche verabschiedet.

Es gibt Konzerte, da geht man in der Hoffnung hin, dass es ein ganz besonderer Abend wird. Diese Hoffnung kann mit der Location zusammenhängen oder mit dem Künstler. Oder mit beiden zusammen. Manchmal wird die Hoffnung enttäuscht und manchmal erfüllt. In den allerseltensten Fällen aber wird sie übertroffen. Als ich an diesem kalten Donnerstagabend Ende November gegen 23 Uhr die Kölner Kulturkirche verlasse, weiß ich, dass einer dieser seltenen Fälle Wirklichkeit geworden ist. Die Welt, die nach den Anschlägen von Paris aus dem Gleichgewicht geraten scheint, ist wieder ein Stück wärmer geworden. Da wo die Schockwellen des Terrors noch immer nachwirken keimt Zuversicht und Trotz auf. Nein, wir lassen uns nicht unterkriegen! Das Leben ist schön! So schön wie es auf einem von Brücken-Konzert an einem kalten Donnerstagabend Ende November nur sein kann.

Setlist von Brücken Kulturkirche Köln 2015

  • Das Türen-Paradoxon
  • Gold gegen Blei
  • Die Sache mit dem toten Clown
  • Dann sammle ich Steine (L.K.M.)
  • Lady Angst
  • Der Tanz
  • Elephanten
  • Mein furchtbar besoffenes Herz
  • Blendgranaten
  • Die Parade
  • Irgendwie Alles
  • Ist gut, Mensch
  • Immerhin (Für die Trauer)
  • Yukon
  • Trusty And True (Damien Rice-Cover)
Weit weg von fertig
Weit weg von fertig
  • Weit weg von fertig
  • Audio-CD – Hörbuch
  • Sony Music (Sony Music) (Herausgeber)

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