Der genaue Geburtstermin ist nicht bekannt, aber am 17. Dezember jährt sich der Tauftermin des guten alten Ludwig van Beethoven zum 250. Mal. Was sollte das für ein großes Jubiläumsjahr werden! Nicht nur im Großen, mit den geplanten Konzertreihen rund um die Welt und in der Geburtsstadt Bonn, auch in vielen kleinen Theatern und Konzerthäusern. Einiges davon hat stattgefunden, aber ganz und gar nicht so, wie es sich die Planer vorgestellt haben. Corona gegen Beethoven. Da siegt das Winzigkleine über den großen Meister. Hoffentlich aber nur kurzfristig.
In meiner Heimatregion spielte Ludwig auch eine Rolle. Die Philharmonie in Luxemburg ließ übers Jahr verteilt alle Sinfonien aufführen. Doch um hier zu Corona-Zeiten eine Karte zu ergattern, musste man zum einen langjähriger Abonnent sein und am besten „noch jemanden kennen der jemanden kennt“. Auch auf das Familienkonzert im Theater Trier hatte ich mich gefreut. Die Kleinen sollten mit Beethoven eine Geburtstagsparty feiern und mein Lieblingsschauspieler Klaus Michael Nix den personifizierten Ludwig geben. Fehlanzeige.
Bleibt also nur, sich den Sinfonien auf der heimischen Couch zu widmen (ganz aktuell erscheint ein CD-Set des niederländischen Concertgebouworkest – unveröffentlichte Aufnahmen mit den bekanntesten Dirigenten aller Zeiten, von Leonard Bernstein über Nikolaus Harnoncourt bis zu Mariss Jansons).
Man kann sich auch über Leben und Werk bilden. Eine tolle Quelle ist Malte Arkona. Auf “Eine Party mit Beethoven” erklärt er viel Wissenswertes zu dem großen Komponisten und in „Orchester-Detektive: Beethoven auf der Spur!“ widmet er sich feinsinnig der fünften Sinfonie.
Beethoven ist also auch 2020 noch in. Und es gibt einen Markt für dicke Bücher zum Thema. Man hat ja Zeit zum Lesen, wenn die Konzerte ausfallen. In „Beethoven: Der einsame Revolutionär“ widmet sich Musikwissenschaftler Jan Caeyers auf lässigen 833 Seiten dem legendären Komponisten. Die Biographie stammt ursprünglich aus dem Jahr 2012, wurde aber nun zum Jubiläum unter Mitwirkung des Bonner Beethoven-Hauses komplett neu überarbeitet.
Das Ergebnis ist immer noch sowohl Standardwerk als auch spannende Erzählung. Wer trockene und schwierige Lektüre erwartet, sollte es gern riskieren, in das Buch reinzulesen. Er wird überrascht sein. Das Buch ist auf verschiedenen Ebenen gut lesbar: Es erzählt die Lebensgeschichte in beeindruckenden Bildern und schönen Anekdoten. Es beschäftigt sich aber auch intensiv mit der Musik, den kunstvollen Kompositionen, dem Zeitgeist der damaligen Epoche und mit allerlei historischen Ereignissen. Das wird bisweilen langatmig, aber niemals langweilig.
Der (ich will mal sagen) „wissenschaftliche“ Teil liefert Musiktheorie und Analyse. Es gibt unendlich viele Anmerkungen und ein Literaturverzeichnis, um den Studiencharakter des Werks zu betonen. Außerdem ein detailliertes Werk- und Personenregister. So kann man beim nächsten Konzertbesuch nochmal an der richtigen Stelle nachschlagen, um bei der Begleitung mit einem gerüttelt Maß an Fachwissen zu glänzen.
Viel schöner sind aber die vielen Seiten, auf denen der Musiker lebendig wird. Auf dem wir Privates erfahren, Geschichten und Anekdoten. Der Popstar des 18. und 19. Jahrhunderts erhält hier die Würdigung, die ihm gebührt. Seine Popularität ist ohnehin ungebrochen – ob im Jubiläumsjahr oder darüber hinaus. Ein lesenswertes Buch für lange Winterabende am Kamin mit der passenden Musik im Hintergrund.