AnnenMayKantereit habe ich zum ersten Mal beim „Fest 2015“ in Karlsruhe gesehen. Der startende Hype war damals bereits erkennbar. Eine relativ unbekannte Band als Headliner nach Fish und Joris bei diesem Festival? Die Auflösung kam, als das Quartett um Henning May auf der Bühne stand und er mit seiner charismatischen Reibeisen-Stimme loslegte. Können aus diesem schmächtigen Kerl solche Töne kommen? Oh ja – AMK haben durchaus ihren Reiz und die Band ist vor allem in Studentenkreis ungeheuer beliebt. Das sollte sich auch im Folgenden zeigen – mit ausverkaufter Tour in durchaus großen Clubs, ohne dass überhaupt ein echtes Album auf dem Markt war.
Für die Produktion desselben hat man sich lange Zeit gelassen. Jetzt ist es da und trägt den Titel „Alles nix Konkretes“. Der erste Höreindruck gibt das wieder, was ich nach den Liveeindrücken und der 2015 erschienenen EP erwartet habe, aber es tritt auch etwas Ernüchterung ein. Das Album wurde ziemlich glatt produziert – vermutlich um Hennings Stimme radiotauglich zu machen. Die verlebten Elemente und das Raue, Bodenständige sind weiterhin vorhanden, geben allerdings nicht das Livefeeling wieder, das die Band sonst allerorten verbreitet.
Was bleibt sind einige wunderschöne Songs, die nostalgische Erinnerungen an Studentenzeiten hochkommen lassen. Damals hätte ich das Album vermutlich unbegrenzt gefeiert. „Oft gefragt“ ist und bleibt ein starker Song, „Pocahontas“ gefällt mir von Idee und Umsetzung sehr gut und „Barfuß am Klavier“ lässt die Erinnerung an das Livekonzert in Karlsruhe glückselig nach oben schwappen. Darüber hinaus gibt es viele Titel, die man bereits von den YouTube-Veröffentlichungen kennt und die ihren Platz im Repertoire der Band haben müssen. Es werden schöne Geschichten erzählt – und das Genre Straßenmusik findet zumindest unterschwellig Verwendung.
Die Band stammt aus Köln. Henning May ist seit Jugendtagen mit Christopher Annen und Severin Kantereit befreundet, teilweise lebt man noch heute gemeinsam in einer Jungs-WG. Inzwischen sind sie gemeinsam mit dem 2014 dazu gestoßenen Malte Huck als Quartett unterwegs. Der Hype, den es in den letzten zwei Jahren um AMK gab, könnte sich nun etwas relativieren. Ja – die Vocals sind ein Alleinstellungsmerkmal und kommen trotz der polierten Produktzion immer noch geil rüber. Ich mag viele der Songs, doch auf Dauer wird das Album auch eintönig. Das hat mit der 2015er EP besser funktioniert. „Alles nix Konkretes“ ist homogen produziert, wirkt aber eher als Zusammenstellung von Songs und nicht als in sich geschlossenes Album. Fans, die sich damit abfinden können, bekommen endlich das Debüt, auf das sie so lange gewartet haben.