Noch vor Veröffentlichung ihres Debütalbums „Klee“ und dem damit einhergehenden Erfolg hat die 36-jährige Liedermacherin darauf bestanden, die Arbeit für das Nachfolgewerk zu beginnen. Das Ergebnis ist „rot“, auf dem Ina Regen sich auch stilistisch weiterentwickelt, ja sogar Song für Song neu erfunden hat. Die Veröffentlichung war ursprünglich für September 2020 geplant und sollte im Rahmen einer Tour vorgestellt werden. Doch dann kam durch Corona alles anders. In der Zwischenzeit sprudelte aber die Quelle der Kreativität immer weiter. „Obwohl ‚rot‘ zu diesem Zeitpunkt eigentlich so gut wie fertig war, hatte ich immer mehr das Gefühl, noch nicht alles gesagt zu haben. Vor allem aber, dass ich eine globale Veränderung wie diese nicht unkommentiert lassen wollte und konnte.“
Als Ergebnis gibt es wundervoll atmosphärische Songs wie das nachdenkliche „Fenster“ mit seinen schönen Bildern. Doch es ist nicht alles Melancholie: „Wien am Meer“ lädt zum Tanzen ein und auch das kleine, nahezu zärtliche „Was ma heut net träumen“, das durch einen geschmackvoll eingesetzten Vocoder besticht, ist ein Dokument dieser seltsamen Zeiten.
Ganz im Mittelpunkt steht Inas Stimme und es klingt wunderschön und authentisch, wie sie in österreichischer Mundart singt. Neben ihrer stimmlichen Virtuosität und ihren poetischen Texten besticht ihr Wesen vor allem durch ihre kompromisslose Ehrlichkeit und Nahbarkeit, womit sie Menschen in ihren Bann zieht. Dabei scheut sie sich auch nicht, ihre eigenen tiefsten Wunden in ihre Musik einfließen zu lassen – wie den überraschenden Freitod ihres Jugendfreundes in „Macarena“, fragile Familienbande im aufreibenden „Gleiches Bluat“ oder das Bewusstsein über ihre eigene Vergänglichkeit in „Wievü“.
Ina Regen ist eine bezaubernde Künstlerin und ihr Austropop hat nichts mit Selbstgefälligkeit und Discohymnen zu tun. Vielmehr beschert sie uns einige musikalische Kleinode – filigran und ehrlich.