Mit ehrlichen Worten erzählt Sänger Hartmut Engler von der Schreibblockade, die er während der Corona-Pause zu bewältigen hatte. Erst die Vorfreude auf das traditionelle Schalke-Konzert im Jahr 2022 habe ihn dazu gebracht, wieder Gedanken und Empfindungen zu Papier zu bringen. Vielleicht ist gerade deshalb das Album so „Persönlich“ geworden, dass man dieses Wort sogar zum Titel auserkoren hat.
Der Opener (zugleich die erste Single) „Voll sein“ schlägt in diese Kerbe: In der Pianoballade erzählt Hartmut sehr berührend von seinen Gefühlen während der letzten Jahre, als die Bedenkenträger die Oberhand gewannen, während er sich nach Berührungen und Zärtlichkeit sehnte. Gefühle, die viele sicher nachvollziehen können, die aber kaum jemand so in Worte kleiden kann, wie der PUR-Frontmann.
Bei den letzten Alben konnte man schon das Gefühl haben, als sei PUR die Inspiration ausgegangen. Stets die gleichen eingängigen Popsongs ohne neue Ideen, wie das noch bei „Abenteuerland“ und „Seiltänzertraum“ der Fall war. Doch die Geschehnisse um Verschwörungsthoretiker und Impfgegner scheinen Hartmut neue Erkenntnisse eingepflanzt zu haben. Das eindringliche „Verschwörer“ gibt es gar in zwei Versionen (einmal „leise“, einmal „laut“) und beschäftigt sich phantasievoll mit den Mythen, die heutzutage im Internet verbreitet werden.
Natürlich gibt es die typischen Beziehungsongs, für die PUR seit jeher bekannt sind. „Ist es mein Gesicht“ (ein Duett mit Cassandra Steen) passt in diese Kategorie, „Abrakatrina“ und vor allem der Titelsong „Persönlich“. Hartmut hat sich noch nie gescheut, die Worte „Ich lieb dich“ in den Mund zu nehmen, die andere Künstler nicht so gern verwenden. Hier tut er dies wieder mit großer Leidenschaft.
Was mir nicht gefällt ist ein typischer Selbsthilfe-Song wie „Immun“, der zudem noch sehr schwermütig arrangiert ist. Aussagen wie „Du liebst dich selber nicht“ und die daraus resultierenden Ratschläge wirken dann doch sehr platt. Viel optimistischer und schwungvoller erklingt „Ein gutes Morgen“.
Insgesamt lassen PUR recht viel Nostalgie wirken. „Im Pool“ ist ein erzählender Rückblick auf die 90er, als man mit „Abenteuerland“ Riesenerfolge feierte. Und dazu gibt es Stücke wie „Komet“ und „Herzlich willkommen“, die so gut passen, als seien sie Überbleibsel aus jener Zeit. Einen traurigen Anlass liefert der Tod des Schlagzeugers Stoecki, der 2021 verstorben ist und in „Herzensgut“ besungen wird.
Sehr stark finde ich die neue Version von „Funkelperlenaugen“ gemeinsam mit Naturally 7. Die a-cappella-Experten sorgen für ein starkes rhythmisches Fundament, das dem Song ganz neue Facetten abgewinnt. Bleibt zu hoffen, dass die Jungs mit auf die kommende Tour gehen werden.
„Persönlich“ liefert eine gute Stunde Musik mit 16 Stücken (wobei der Abschluss „Wir waren und wir werden“ instrumental erklingt). Große stilistische Veränderungen gibt es nicht, aber ich habe das Gefühl, dass PUR nach dem Neustart wieder mehr so klingen wie in der Anfangszeit. Hymnisch mit schönen Popmelodien, viel Piano aber auch spannenden Arrangements. Die Geschichte der Band ist jedenfalls noch nicht zu Ende geschrieben.
PUR – „Persönlich“ Tour 2023
- 26. April 2023 Mannheim – SAP Arena
- 27. April 2023 Stuttgart – Hanns-Martin-Schleyer-Halle
- 29. April 2023 Berlin – Mercedes-Benz Arena
- 19. April 2023 München – Olympiahalle
- 21. April 2023 Oldenburg – EWE Arena
- 22. April 2023 Hannover – ZAG arena
- 23. April 2023 Köln – LANXESS arena
- 30. April 2023 Hamburg – Barclays Arena
- 03. Mai 2023 Leipzig – QUARTERBACK Immobilien ARENA
- 05. Mai 2023 Dortmund – Westfalenhalle