Ed Sheeran bricht von Tag zu Tag neue Rekorde. Das am schnellsten verkaufte Album eines männlichen Sängers, alle Songs in den Charts, zwei Singles gleichzeitig als Neu-Einsteiger an der Chartspitze… Die Aufzählung könnte noch ewig weitergehen. Zudem ist der sympathische Engländer in gefühlt jeder zweiten Fernsehshow zu sehen und bekommt einen Leitartikel nach dem anderen.
Was ist also dran an dem 26jährigen, der seine drei bisherigen Studioalben nach Rechensymbolen betitelte? Er ist der erfolgreichste Popstar der Gegenwart, wirkt aber gleichzeitig wie der nette Nachbarsjunge auf Stippvisite. Ein schüchternes, zurückhaltendes Auftreten voller Natürlichkeit, rote Harre, blasses Gesicht. Die Songs des jungen britischen Songwriters sind einfach brillant. Vergleiche mit Jamie Cullum und James Blunt sind nicht von der Hand zu weisen. Ed Sheeran hat eine weiche, betörende Stimme und singt vor allem luftig-leicht.
Und mit dem neuen Album „Divide“ legt er noch einen drauf. Das Ergebnis ist um einiges vielseitiger geworden, als die ersten Werke. Schon der Opener „Eraser“ lässt aufhorchen, denn es ist ein rockiger Rapsong mit aggressiver Attitüde. Das hätte man Sheeran kaum zugetraut – und er ist dann auch so mutig, dieses Stück an den Anfang zu setzen. Die Versöhnung mit den Fans folgt auf dem Fuße, denn „Castle On The Hill“ ist auch nach zig Hördurchgängen noch ein wundervoller Song, der hymnisch ins Ohr geht und nicht mehr raus will.
Ebenso übrigens wie die Hitsingle „Shape Of You“ mit ihrer rhythmischen Ausgelassenheit. Neben vielen zarten Balladen erwartet den Hörer auch ein Stück Weltmusik mit „Barcelona“ und dem feierwütigen „Bibia Be Ye Ye“.
Momentan haben es mir aber zwei Ohrwürmer angetan: Das hübsche „Galway Girl“, das in einer irischen Band spielt, sich aber in einen Engländer verliebt hat. Das ist geniale irische Liedermacherkunst. Und „Nancy Mulligan“ die gegen den Willen ihres Vaters mit William Sheeran durchbrennt. Ich liebe diese Songs, die eine Geschichte erzählen und Bilder erzeugen – wie den aus Zahngold gefertigten Verlobungsring. So betört man Frauen. Und Ed Sheeran beherrscht das aus dem Effeff, vor allem, wenn er autobiographische Elemente einbaut. Und man kann sich durchaus vorstellen, dass es hier um seine Eltern geht.
Vier Songs finden sich übrigens nur auf der „Deluxe Edition“. Und „Nancy Mulligan“ gehört dazu. Ebenso wie das sentimentale Sebstfindungslied „Save Myself“. Da Ed Sheeran hier tatsächlich 16 Volltreffer gelandet hat, kann ich die erweiterte Edition nur uneingeschränkt empfehlen. Die vielen zu Herzen gehende Balladen will ich jetzt gar nicht aufzählen. Ed und seine Gitarre – mehr braucht man nicht für glückliche Stunden. Ein neues Lieblingsalbum für 2017!