Roger Taylor steht ganz sicher nicht am Abgrund – auch wenn das Albumcover etwas anderes suggeriert. Nach neun Jahren Pause erscheint endlich sein sechstes lupenreines Soloalbum. Neben seiner Arbeit als Drummer für QUEEN war der Singer/Songwriter und Multi-Instrumentalist immer wieder auch solo unterwegs. Das Ergebnis sind keine hymnischen Stadionkracher, aber kleine musikalische Meisterwerke, die diesmal von der Corona-Pandemie inspiriert sind.
„Outsider“ bescherte dem Briten unlängst einen Chartplatz Nummer 3 in UK. Das ist eine Hausnummer und zeigt, dass der Hunger nach Musik aus dem QUEEN-Umfeld auch dreißig Jahre nach Freddies Tod immer noch groß ist. Taylor liefert uns hier ein vielseitiges Album, das Freunde guter Rock- und Popmusik durchaus beglücken kann.
Die zwölf Stücke zeigen vor allem eine melancholische Ausrichtung – passend zum Herbst und zur Stimmung in der Kulturwelt. Es gibt Lautmalereien von sanftem Wellengang und freiheitsliebenden Vögeln. Oft nimmt das Keyboard breiten Raum ein, aber ein Song wie „More Kicks (Long Day’s Journey Into Night… Life)“ bietet auch puren Rock’n’Roll mit starken und soliden Gitarrenriffs.
Rogers hohe Vocals passen gut zu den oft meditativen Songs, die bisweilen an die sphärischen Pink Floyd erinnern. Doch neben diesen mystischen Klängen gibt es in „Gangsters Are Running This World“ auch rockige Gesellschaftskritik, die sich an die Präsidenten Brasiliens und Russlands richtet..
Der abrupte Wechsel zwischen melancholisch-atmosphärischen Songs und vereinzelten Uptempo-Krachern lässt das Album seltsam zerstückelt erscheinen. Doch das stört nicht, wenn man sich ganz auf Taylors stilistische Vielfalt einlässt. Er ist und bleibt ein Ausnahmekünstler, der viel mehr kann, als „nur“ den Rhythmus vorgeben. Das beweist „Outsider“ mal wieder par excellence.