Noch eine Partyband für den kölschen Karneval? Braucht man das wirklich? Wenn man die ersten beiden Songs des Debütalbums hört, könnte man tatsächlich diese Gedanken haben. „En kölsches Leed“ und „Alles för die Liebe“ liefern rockigen Karnevalsound mit „DatDaDaDat“-Zeile zum Mitgrölen und sehr eingängigen Refrains. Also genau passend für die kommende Session. Doch das ist nicht alles, was StadtRand zu bieten haben.
Der Sänger ist ein alter Bekannter, was man im ersten Moment gar nicht merkt: Roman Lob. Der Sänger stammt Düsseldorf und hat vor über zehn Jahren Deutschland beim Eurovision Song Contest in Baku vertreten. Damals war er gerade 21, hatte die von Stefan Raab konzipierte Show „Unser Star für Baku“ gewonnen und belegte beim ESC immerhin einen respektablen achten Platz (ja – wir waren nicht immer die Letzten im Wettbewerb). Er lebt immer noch am Rhein, hat aber den Weg von der „verbotenen Stadt“ nach Köln gefunden. Den entsprechenden kölschen Slang hat er jedenfalls voll drauf.
Keyboarder Marco Lehnertz, der zudem in den Backings singt, ist ein alter Bekannter aus der Region Trier – schließlich hat „Lehni“ schon bei Jupiter Jones sowie den Coverbands „Dynamite Funk“ und „We Rock Queen“ die Tasten bedient. Nun also führt StadtRand den Eifeler und den Düsseldorfer nach Köln – und die sechsköpfige Truppe ist viel mehr als eine weitere Partyband.
Vor allem die Balladen können mich absolut überzeugen. „Ahle Kess“ ist eine nostalgische Erinnerung an schöne Karnevalstage mit allen Kostümen, in die man sich bereits gekleidet hat. Eine wundervolle Hommage an die „tollen Tage“ und eine Hymne fürs Feiern. Auch „Unser Leed“ ist ein nostalgischer Song voller biographischer Erinnerungen.
„Janz Ejal“ führt wieder zurück in die Tanzbarkeit und „Immer do“ erklingt als die obligatorische Hymne an Köln, die auf einem solchen Album einfach nicht fehlen darf. Und sie klingt großartig. Könnte zum Karnevalsklassiker werden, wenn StadtRand ihre Ochsentour durch die Karnevalshochburgen machen.
Danach wieder weg vom Karneval. „Kneipenfründe“ erzählt von einer Begebenheit, die viele kennen werden: wie ein Fremder in einer durchzechten Nacht zum Freund werden kann. Dazu passt thematisch auch „Orjenal“, denn diese Originale, die man am besten in der Kneipe kennen lernt, hat vermutlich jeder schon getroffen.
Wieder zwei Balladen: „Wunder“ erzählt von den kleinen Begebenheiten im Leben und „Uns jeiht et joot“ ist ein Song zum Umarmen und Mitschunkeln. Das rockige „Kölsche Ballerina“ führt erneut zum Fastelovend, dessen Ablauf mit „Halver Aach“ eindrucksvoll geschildert wird. Zum Abschluss gibt es mit „Wenn do laachs“ und „Hin un widder“ wieder zwei Balladen, mit denen Roman Lob seine vokalen Fähigkeiten voll ausleben kann. Ein sehr schönes Finale!
Das „Kapitel Eins“ von StadtRand gehört für mich zu den besten kölschen Veröffentlichungen der letzten Jahre. Es folgt nicht den üblichen Klischees und ist ein Album, das man das ganze Jahr über hören kann. Ein perfekter Einstieg – und weitere Kapitel werden hoffentlich folgen.