Feine Sahne Fischfilet bei ROCK AM RING 2025 – Fotos vom 6. Juni 2025
Feine Sahne Fischfilet rockten freitags mit „Wir kommen in Frieden“ die Mandora Stage bei ROCK AM RING. Hier unsere Galerie vom 6.6.2025, Credit: Julia Nemesheimer
Feine Sahne Fischfilet rockten freitags mit „Wir kommen in Frieden“ die Mandora Stage bei ROCK AM RING. Hier unsere Galerie vom 6.6.2025, Credit: Julia Nemesheimer
Schon vor mehr als zwei Jahen hat Monchi (Jan Gorkow), seines Zeichens Frontmann von Feine Sahne Fischfilet, ein Buch über sein Leben geschrieben. Mit diesem ist er seitdem immer mal wieder auf Lesereise – und das mit wachsendem Erfolg. So sollte die Veranstaltung eigentlich in der Stummschen Reithalle in Neunkirchen stattfinden, was eine eher beschauliche Angelegenheit gewesen wäre. Aber aufgrund großen Andrangs wurde schon bald in die Aula des Gymnasiums am Krebsberg verlegt. Monchi fand das sehr lustig, hatte er doch seine Schullaufbahn kurz vor dem Abi abgebrochen. Und er versprach auch, seiner Mutter ein Foto der vollbesetzten Aula zu schicken, nach dem Motto: „Ich hab es doch noch zu was gebracht“. Immerhin hatten die Neunkirchener dafür gesorgt, dass die Lesung vom kleinsten Setting der aktuellen Tour zu einem der größten geworden ist.
Die Bühne war wohnlich eingerichtet. Mit Tisch und Stuhl, Sofa und Stehlampe, Kleiderständer und (ja, wirklich) einer Badewanne. Als Monchi sich plötzlich bis auf die Unterhose auszog und in der Badewanne Platz nahm, um seine Füße ins Publikum zu strecken, war das schon ein Aha-Erlebnis. Zuvor hatte er im ersten Monolog, noch bevor die eigentliche Lesung begann, einen FSF-Song a cappella vorgetragen und von seinen Schwierigkeiten mit dem Verfassungsschutz erzählt. Ja, Monchi war in jungen Jahren kein einfacher Mensch. Nicht etwa ein Mitläufer. Er war maßgeblich in der Rostocker Hooligan-Szene aktiv, hatte fünf Jahre lang deutschlandweites Stadionverbot, trat und tritt mit politischen, extrem linken, antifaschistischen Texten vielen Menschen auf die Füße. Und das meist zurecht und sehr bewusst.
Monchi macht mit dem Buchtitel „Niemals satt“ seine Fressgier ganz unumwunden zum Thema. Dabei ist das aber nur der oberflächliche Anlass für diese Autobiografie. In wirklich geht es um viel mehr: nämlich um den Hunger nach Leben, den sich die Rampensau und der Grenzgänger der Maßlosigkeit nicht nehmen lassen will. Schonungslos ehrlich und mit kumpelhafter Sprache erzählt das Buch zwei Geschichten. Im Hintergrund schwingt (natürlich) immer die Band mit und der beispiellose Aufstieg aus der Provinzstadt Jarmen vom Hansa-Rostock-Hooligan zur Galionsfigur der linken Szene. Die Band hatte er mit Schulfreunden gegründet und lange Zeit wurden sie aufgrund der expliziten Texte und der Teilnahme an gewalttätigen Demonstrationen vom Verfassungsschutz beobachtet.
Ebenso wichtig ist aber der Selbstfindungsprozess nach der schockierenden Entdeckung backstage bei einem Konzert 2019 in Bamberg, dass die Waage ohne Klamotten 182 Kilo anzeigt. Wer sich selbst zerstören will, googelt in dem Moment nach dem BMI und findet heraus, dass 49,4 fast das doppelte der gängigen Definition von Übergewicht ist. Genau von diesem Erlebnis berichtete er als erstes und las die entsprechende Passage aus dem Buch vor – wie noch viele weitere. Entweder in der Badewanne liegend oder in Omas Lieblingssessel sitzend, den er nach ihrem Tod geerbt hat.
Es ging um Adipositas-Experten, eine Diätassistentin mit sehr verqueren Vorstellungen, Einkaufen in Molli-Läden, dem Abnehmen durch Sport und Intervallfasten. Sehr anschaulich berichtete Monchi von krassen Erlebnissen, Fortschritten und Rückschritten. Man konnte ihm bei seinen kurzweiligen Erzählungen amüsiert und interessiert zuhören. Und plötzlich ein Blick aufs Handy: schon 21.30 Uhr. Ah, es geht dem Ende zu. Pustekuchen! Monchi läutete erst einmal die viertelstündige Pause ein. Die Veranstaltung sollte noch bis 22.45 Uhr gehen – und es wurde keinem der Anwesenden zu lang.

Wir hören auch im zweiten Teil von seiner Essstörung, von der Zuckersucht, von der Scham, wenn man Freunden die Süßigkeiten weg frisst, von den Schwierigkeiten, sich den Arsch abzuwischen. Auf der einen Seite stehen die Maßlosigkeit, das exzessive Leben, die Gier nach immer mehr und nach Leben. Auf der anderen Seite der Wunsch, etwas daran zu ändern, eine Waage zu finden, die mehr als 160 Kilo anzeigt, mit den Nichten aufs Trampolin zu gehen.
Und dann geht es um Selbstdisziplin, um den Wunsch, etwas zu ändern. Fitnessstudio, Ernährungsberatung, Sport, Kalorienzählen, das ganze drum und dran. So wird die Biografie über zwei erstaunliche Lebensjahre und die entsprechenden Hintergründe zu einer Art Selbsthilfebuch. Aber ohne esoterisches Gelaber – allein schon die Wortwahl zwischen Arschloch und Fotze sprechen entschieden dagegen. Die Gefühle auf der Reise zwischen Erfolgen und Rückschlägen werden schonungslos offen gelegt.
Auch die Familie – vor allem die Eltern – spielen eine Rolle und machen diese seltsame Reise sehr emotional. Natürlich hat er Fragen gestellt. Auch, warum ihn niemand gewarnt, vor der Fettleibigkeit gerettet, ihn entsprechend erzogen habe. Der Antwortbrief der Mutter wird von ihr selbst per Video vorgelesen und ist sehr emotional, reflektiert und ehrlich. Das erzeugte zunächst bei Monchi Wut, wie er selbst sagt, aber es zeigte sich dann auch, was er nicht wahrhaben wollte: Dass er mit 14 Jahren keineswegs dick war (das Foto im Konfirmationsanzug findet sich im Buch) und die Probleme erst zu einer Zeit auftauchten, als er ohnehin als pubertierender Jugendlicher schwer zu fassen war.
Aber weiter im Takt: Monchi beschreibt mit schonungsloser Ehrlichkeit und Selbstkritik, wie er es in nur einem Jahr geschafft hat, 65 Kilo abzunehmen, und wie ihn der Kampf gegen die Maßlosigkeit seitdem täglich beschäftigt; mit vielen kleinen Erfolgen, aber genauso vielen Rückschlägen – denn die Herausforderung hat gerade erst begonnen. Auf diesem steinigen Weg ist ein besonderes Buch entstanden, das voller faszinierender Gedanken und Geschichten steckt. Monchi trägt sein großes Herz auf der Zunge – und so schreibt er auch!
Zum Ende hin folgen Kapitel, die erst vor kurzem entstanden sind. Kleine Tagebucheinträge vom Urlaub in Thailand (April 2024) und dem berüchtigten Jo-Jo-Effekt (Dezember 24). Schließlich sind die 150 kg inzwischen wieder erreicht. Es geht um das für ihn unverständliche Jammern der Body-positivity-Blase, die ihn als Verräter beschimpften, über gute und schlechte Nachrichten aus der Szene. Ganz offen, ganz authentisch. Auch sein immer wiederkehrendes Scheitern spielt eine Rolle, und die Drohungen, die er als Vorzeige-Linker erfahren muss. Aber er steht sympathisch, kraftvoll, erzählfreudig und energisch auf der Bühne. Man wird ihn so schnell nicht kleinkriegen. Das ist eine Essenz dieses Abends, der mit stehenden Ovationen und einem sichtlich gerührten Monchi endete – und mit vielen Autogrammen und Selfies, die er zu geben bereit war.
Vielen ist Monchi alias Jan Gorkow vermutlich als Sänger der Punkband Feine Sahne Fischfilet bekannt. Wer einmal ein Konzert dieser politischen Rockband aus Mecklenburg-Vorpommern gesehen hat, dem wird vor allem der charismatische und kraftvolle, übergewichtige Frontmann in Erinnerung geblieben sein. Zu Spitzenzeiten brachte er nach eigenen Angaben 182 Kilo auf die Waage. Heute sagt er: „Ich wiege 120 Kilo und fühle mich wie ein Schmetterling“.
Vermutlich ist es nicht politisch korrekt – und fällt vermutlich unter den Tatvorwurf „Bodyshaming“ – sich über Monchis Gewicht auszulassen. Doch Feine Sahne Fischfilet haben auch nicht gerade die politische Korrektheit neu erfunden. Man erinnere sich an die Textpassage „Niemand muss Bulle sein“ aus dem Song „Wut“. Und Monchi macht mit dem Titel „Niemals satt“ seine Fressgier ganz unumwunden zum Thema. Dabei ist das aber nur der oberflächliche Anlass für diese Autobiografie. In wirklich geht es um viel mehr: nämlich um den Hunger nach Leben, den sich die Rampensau und der Grenzgänger der Maßlosigkeit nicht nehmen lassen will.
Schonungslos ehrlich und mit kumpelhafter Sprache erzählt das Buch zwei Geschichten. Im Hintergrund schwingt (natürlich) immer die Band mit und der beispiellose Aufstieg aus der Provinzstadt Jarmen vom Hansa-Rostock-Hooligan zur Galionsfigur der linken Szene. Die Band hatte er mit Schulfreunden gegründet und lange Zeit wurden sie aufgrund der expliziten Texte und der Teilnahme an gewalttätigen Demonstrationen vom Verfassungsschutz beobachtet.
Ebenso wichtig ist aber der Selbstfindungsprozess nach der schockierenden Entdeckung backstage bei einem Konzert 2019 in Bamberg, dass die Waage ohne Klamotten 182 Kilo anzeigt. Wer sich selbst zerstören will, googelt in dem Moment nach dem BMI und findet heraus, dass 49,4 fast das doppelte der gängigen Definition von Übergewicht ist.
Vielleicht war es Karma, dass diese Entdeckung mit dem Beginn der Corona-Pandemie einherging. Dem Jahr 2020, in dem sich Feine Sahne Fischfilet ohnehin eine mindestens einjährige Bandpause verordnet hatten. Wo will man denn auch noch hin, wenn man als deutschsprachige Band bei Rock am Ring die Hauptbühne zur besten Sendezeit geknackt hat, als Punkband auf Platz 3 der deutschen Charts gelandet ist und Charly Hübner eine Dokumentation („Wildes Herz“) zu Band und Frontmann gedreht hat?

Wir hören von seiner Essstörung, von der Zuckersucht, von der Scham, wenn man Freunden die Süßigkeiten weg frisst, von den Schwierigkeiten, sich den Arsch abzuwischen. Auf der einen Seite stehen die Maßlosigkeit, das exzessive Leben, die Gier nach immer mehr und nach Leben. Auf der anderen Seite der Wunsch, etwas daran zu ändern, eine Waage zu finden, die mehr als 160 Kilo anzeigt, mit den Kumpels beim Paragliding mitzumachen.
Und plötzlich geht es um Selbstdisziplin, um den Wunsch, etwas zu ändern. Fitnessstudio, Ernährungsberatung, Sport, Kalorienzählen, das ganze drum und dran. So wird die Biografie über zwei erstaunliche Lebensjahre und die entsprechenden Hintergründe zu einer Art Selbsthilfebuch. Aber ohne esoterisches Gelaber – allein schon die Wortwahl zwischen Arschloch und Fotze sprechen entschieden dagegen. Die Gefühle auf der Reise zwischen Erfolgen und Rückschlägen werden schonungslos offen gelegt. Und Monchi wird mir als Leser sympathischer, als er es als prolliger Frontmann je gewesen ist. Auch die Familie – vor allem die Eltern – spielen eine Rolle und machen diese seltsame Reise sehr emotional.
Monchi beschreibt mit schonungsloser Ehrlichkeit und Selbstkritik, wie er es in nur einem Jahr geschafft hat, 65 Kilo abzunehmen, und wie ihn der Kampf gegen die Maßlosigkeit seitdem täglich beschäftigt; mit vielen kleinen Erfolgen, aber genauso vielen Rückschlägen – denn die Herausforderung hat gerade erst begonnen. Auf diesem steinigen Weg ist ein besonderes Buch entstanden, das voller faszinierender Gedanken und Geschichten steckt. Monchi trägt sein großes Herz auf der Zunge – und so schreibt er auch!
Mit Recht bemängeln viele Fans, dass das nicht mehr „ihr“ Sido ist. Dieser im Mainstream verhaftete Superstar, der von Fernsehsendung zu Fernsehsendung tingelt und neuerdings als Coach bei The Voice of Germany von sich reden macht. Mag sein, dass Paul Hartmut Würdig in der Gesellschaft angekommen ist. Statt Maske nun also öffentliche Statements, die vom breiten Publikum gehört werden. Aber ist das nicht schon länger so? Vielleicht seit er Aggro Berlin verlassen hat, aber spätestens seit er die Maske abgelegt hat und veritable Massenhits wie „Der Himmel soll warten“ (2010), „Bilder im Kopf“ (2012) und „Astronaut“ (2015) schreibt. Das Flirten mit dem Deutschpop gibt es also schon lange – und das neue Album „Ich & keine Maske“ ist die konsequente Weiterentwicklung.
Es ist das achte Soloalbum und sehr persönlich ausgerichtet. „Wie Papa“ richtet sich selbstbeweihräuchernd sowohl an den Nachwuchs als auch an die Mitbewerber in der Rapwelt. Diesbezüglich ist alles beim Alten. „Junge von der Straße“ klingt berührend autobiographisch und beschreibt (vielleicht) den kleinen Paul in seiner Herkunftswelt. In die gleiche Kerbe schlägt „2002“, das einen Blick auf die Zeit vor der Solokarriere wirft.
„Leben vor dem Tod“ und „Beste Zeit“ zeigen die Aufbruchsstimmung der jungen Jahre und „Papu“ ist eine Hommage an den einflussreichen Großvater, der anscheinend eine große Bedeutung für Sido hatte. Nicht rührselig, sondern konsequent ehrlich. Im Hier und Jetzt angekommen dürfen wir auf „Jedes Geheimnis“ die an Sido gerichteten Kinderfragen erleben und ihn als guten Papa bewundern.
Natürlich gibt es massenweise Features: Beka, Monchi, Apache, Samra, Kool Savas, Nico Santos und Casper – um nur einige zu nennen. Der obligatorische Popsong „Pyramiden“, diesmal mit Johannes Oerding an der Melodie, folgt ganz zum Schluss.
Ein starker Beat und perfekter Flow in den Texten machen dieses Album ebenso aus wie die Vorgänger. Hier macht keiner Sido was vor. Er ist allerdings auf einer neuen Stufe angekommen. Schadet ja nichts, wenn die Lyrics neuerdings mehr Sinn haben.
Der Samstag bot eine enorme Überraschung gleich zu Beginn: FEVER 333 lieferten auf der „Crater Stage“ eine dynamische Show ganz im Stil von Rage against the Machine und Public Enemy. Dafür sollten sie später am Abend noch von Slayers Tom Araya schwer gelobt und damit geadelt werden. Die Band aus Los Angeles hat mit Jason Butler einen fantastischen Frontmann, der mit viel Enthusiasmus politische Botschaften verbreitete und ständig in Bewegung war. Er erklomm kurzerhand das Dach des Mischpults, um Deutschland als Land zu loben, in dem einer sich um den anderen kümmert und kein Schwarzer sich ob seiner Hautfarbe vor Gewalt fürchten muss. Damit sprach er vielen Teilnehmern auf diesem friedlichen Festival aus der Seele.
Auf andere Art spannend wurde es mit SEILER UND SPEER auf der Hauptbühne. Die in ihrer Heimat sehr beliebte Band aus dem Komiker und Schauspieler Christopher Seiler sowie dem Filmemacher Bernhard Speer lieferte deftigen Rock aus Österreich. Dazu gab es solide Gitarren und österreichische Vocals. Musikalisch nicht ganz mein Fall – aber bei Rock am Ring wird ja kaum eine Band verhalten aufgenommen. Auch dieses Duo aus dem Nachbarland wurde gefeiert. Und es hatte die Lacher auf seiner Seite, als der Abgang zu den Klängen von „Going to Ibiza“ erfolgte.
Dann folgte die einstündige Wahnsinnsshow von FEINE SAHNE FISCHFILET. Sänger Monchi (Jan Gorkow) freute sich wie ein kleines Kind, als er von der jubelnden und tanzenden Menge empfangen wurde. Natürlich hatten zahlreiche Bengalos den Weg auf das Festivalgelände gefunden und die Menge wurde in rote und blaue Rauchschwaden gehüllt, wie Rock am Ring sie bisher noch nicht erlebt hatte. Das Publikum feierte den totalen Abriss. Gefühlt waren ALLE vor der „Volcano Stage“ (und das um 17.30 Uhr!) und keiner, der die großen Circle Pits und das kongeniale Abtanzen mitgemacht hatte, wird ohne blaue Flecken nach Hause gegangen sein. Es gab – wie erwartet – politische Botschaften en masse, beispielsweise ein offizielles „Fick dich“ an alle AFD Wähler und die Forderung nach Straffreiheit für Seenotrettung. Ja, solche Botschaften gehören an diesen Ort, auch wenn manche fordern, die Politik außen vor zu lassen. DIE ÄRZTE sollten es Monchi später am Abend gleichtun. Monchi forderte Menschlichkeit, nicht nur gegenüber Flüchtlingen. Er vergaß auch nicht den Dank an Feuerwehr und freiwillige Helfer bei Rock am Ring – und das Heimatgefühl für Dörfer, dem er mit „Geschichten aus Jarmen“ ein musikalisches Denkmal gesetzt hatte.
Im Anschluss waren die DROPKICK MURPHYS gute Kandidaten, um mit Akkordeon, Dudelsack und viel Spielfreude die gute Stimmung in den Abend mitzunehmen. Bei ihrem Celtic Punk aus Quincy in den USA, der so irisch klang, wie man sich das nur vorstellen kann, konnten auch ergiebige Regenschauer den Spaß nicht verderben.
Danach gab es auf der „Crater Stage“ die ARCHITECTS mit feinstem Metalcore. Was für eine Energie: Growls, Hysterie und formidable Circle Pits sorgten für Stimmung. Ein bedrohlich bewölkter Himmel schaffte die perfekte düstere Atmosphäre und Shouter Samuel David Carter zeigte sich beeindruckt, dass Leute bei diesem Festival sich vom Regen nicht die Stimmung verderben ließen. Er betonte, sich in Deutschland sehr daheim zu fühlen und man bekräftigte dies mit einer enormen Portion Pyrotechnik.
BRING ME THE HORIZON, die zum Teil sicher das gleiche Publikum ansprachen, spielten leider parallel mit einer ebenso starken Powershow. Diese war mit ansprechenden Videos versehen und es gab gar Tänzerinnen auf der Bühne. Als Cheerleader feuerten sie die Menge an. Wer schafft den größten Moshpit? Hier waren vermutlich Bring me the Horizon die Sieger – zumindest am Samstag. Obwohl es zwischendurch auch durchaus poppige Klänge zu hören gab, widmete Oliver Sykes die Show Slayer als den Heavy-Metal-Urvätern.
Ein orchestrales Intro und Choräle vom Band kündigten SABATON und ihre Bombastshow an. Songs wie „Ghost Division“ wurden mit einer gewaltigen Knalleffekt-Pyro versehen. Dazu lieferten die Schweden heroischen Gesang und einen ordentlichen Klangteppich. So wurden epische und gewaltige Schlachten auf der Bühne geschlagen.
Währenddessen konnten einem die Protagonisten auf der „Alterna Stage“ fast leid tun. Vor recht überschaubarem Publikum durfte man die feinen und doch sehr stimmgewaltigen Töne von KOVACS genießen. Solch verkopfte Popmusik scheint bei RAR keine Rolle mehr zu spielen. Schade eigentlich, konnte man hier doch vor einer Dekade noch umtriebige Sängerinnen wie Kate Nash und Ellie Goulding abfeiern. Sharon Kovacs betörte die Anwesenden mit verspielt poppigen Melodien und zwei Backgroundsängerinnen.
Auf der Hauptbühne kam endlich der große Moment, auf den 85.000 Fans gewartet hatten. Die Bühne war schwarz verhangen für DIE ÄRZTE. Es gab ein „Drei ???“-Intro und der Vorhang fiel. Fuck – noch ein Vorhang! „Country Roads“ erklang und die Menge sang den „take me home“-Part, der augenscheinlich dem Nürburgring gewidmet war, begeistert mit. Farin, Bela und Rod starteten dann mit „Unrockbar“ durch und gaben recht bald das Motto des Abends vor: Du bist immer dann am besten, wenn’s dir eigentlich egal ist („Lied vom Scheitern“). Besonders umjubelt wurden Klassiker wie „2000 Mädchen“ und moderne Klassiker wie „Lasse redn“. Es gab eine zünftige La Ola gegen die Kälte und man drückte sein Bedauern darüber aus, dass man parallel zu Slayer spielt – doch die Welt kann nicht „Perfekt“ sein.
Für mich dann aber der willkommene Anlass, mit einem lachenden und einem weinenden Auge die Bühne zu wechseln. Es war einfach Ehrensache, auch die fulminante Abschiedsshow von SLAYER zu genießen. Mit Flammenwerfern auf der Bühne präsentierten die Veteranen eine heiße Show. Von Müdigkeit war absolut nichts zu spüren. Fast ohne Ansagen folgte Klassiker auf Klassiker und es war ein Traum, diese gigantische Show zu sehen.
Da Slayer nur 70 Minuten spielten, war ich pünktlich zum „Schrei nach Liebe“ zurück bei der ärztlichen Versorgung an der „Volcano Stage“. BelaFarinRod hatten ja auf eigenen Wunsch 150 Minuten zur Verfügung und vertrödelten diese nicht nur mit ihren Hits, sondern auch mit einer dialoglastigen Comedyshow und diversen Späßen. Wenn es wirklich die letzte Tour der Ärzte sein sollte (was natürlich keiner glaubt und hoffentlich nur aus Marketingzwecken befeuert wird), haben sie hier am Ring eines der besten Konzerte ihrer Karriere geboten. Es gab „Westerland“ als Karaoke Version vom Publikum, „Zu spät“ im Handy Lichtermeer und „Du willst mich küssen“ wurde zumindest angespielt. Wie schon erwähnt war auch Zeit für politische Botschaften. Und man warnte vor den neuen Nazis, die keine Skinheads mehr sind, sondern Dackel-Krawatten tragen.
Das Feiern wollte kaum ein Ende nehmen. Alles fror in der Eifelnacht, doch keiner wollte das spüren. „Junge“ konnte man im Zugabenblock entspannt eröffnen – dann wurde wieder zünftig Party gemacht. Doch irgendwann fielen auch die letzten Partybiester in ihre Zelte.