Seit 45 Jahren sind die Haudegen um den genialen Frontmann Justin Sullivan als Band unterwegs. Gegründet im britischen Bradford stand man von Beginn an für eine linke, alternative Weltanschauung und politische Tiefe. Namensgeber war die historische New Model Army aus dem englischen Bürgerkrieg, die für Rebellion und Unabhängigkeit stand. Nach vielen Besetzungswechseln ist Justin die einzige Konstante im Line-up, doch auch die jetzige Zusammensetzung ist schon seit 13 Jahren konstant. Davon können andere Bands nur träumen.

Bevor es aber mit Army los ging, war die Trierer Band vandermeer für einen 45minütigen Support am Start. Laut und rockig begleitete die Band Namensgeberin Harmke van der Meer bei ihrem Gesang, der zwischen anmutigen und aggressiven Klängen schwankte. Seit 2016 spielt man eine Mischung aus Shoegaze und Indierock. Das aktuelle Album „Grand Bruit“ erschien Ende 2022.
In Neunkirchen schuf die Band eine kräftige Soundkulisse, die beim Publikum sehr gut ankam und ordentlich gefeiert wurde. Bisweilen gingen Harmkes Vocals ein wenig im großen Klangteppich unter. Es war halt etwas Konzentration erforderlich, um dem Geschehen zu folgen, was dem Publikum aber nicht schwer fiel.
Stark fand ich vor allem die langsamen, sphärischen Shoegaze-Stücke, die viel Melancholie atmeten und zeitweise sehr im modernen Progressive Rock verhaftet schienen. Insgesamt ein starker Auftritt, der der Band sicherlich einige neue Fans eingebracht hat.

Um 21.15 Uhr war es endlich an der Zeit für NEW MODEL ARMY, die ihr Set mit „White Light“ vom 93er Album „The Love of Hopeless Causes“ begannen. Mit diesem Album begann – recht spät – meine Liebe zur Band und so konnte es nur ein cooler Abend werden. Wer jetzt allerdings einen Partyset erwartet hatte, wurde zunächst enttäuscht. NMA haben es (immer noch nicht) nötig, sich auf ihren Klassikern auszuruhen. In mehr oder weniger großen Abständen erscheinen neue Alben wie das Werk „Unbroken“ aus 2024, dessen Titel sicher auch für die standhafte Haltung der Band in wirren Zeiten steht.
So folgten gleich fünf Songs, die von Alben der letzten elf Jahre stammen. Gefeiert wurde im Publikum trotzdem, was für die Treue der Fans spricht. Vor allem der Tribal Sound im Duett mit den Drums wurde ordentlich bejubelt. Und dann sorgte „Here Comes the War“ schließlich für größere Strahlkraft im Set. Justin war diesmal nicht besonders gesprächig, aber man spürte seine Mischung aus Wut und Verzweiflung, wenn er den „Gaza genozid“ anprangerte und mit der aktuellen Politik haderte.

„Do You Really Want to Go There“ erzählt von den falschen Versprechungen der sozialen Medien, „Notice Me“ stammt als ältester Song des Abends vom 1984er Album „Vengeance“. So schloss sich der Kreis durch die Jahrzehnte und es gab mit dem umjubelten „Vagabonds“, „See You in Hell“, „Stormclouds“ und „“225“ ein glänzendes Finale im Hauptset, der knapp 90 Minuten gedauert hatte.
Der Zugabenblock sah dann drei Klassiker in 20 ausgedehnten Minuten. „Nor Rest“ wurde gar um einen Schnipsel von Black Sabbaths „War Pig“ als Hommage an den gerade verstorbenen Ozzy Osbourne erweitert. Es folgten „Purity“ und die abschließende Hymne „Wonderful Way to Go“. Fazit: Rundum zufriedene Gesichter.
Der Altersschnitt im Publikum war recht hoch, doch wer sich daran störte, sollte besser nicht in den Spiegel schauen. Fans und Band werden gemeinsam älter – doch der Spirit und die Attitüde bleiben. Wie sagte Justin als Einstieg zu „Purity“ und als Antwort auf die rechten „Fuckers“ in der Welt? Jedes Blatt am Baum ist verschieden, und doch sind wir alle eins!

(Credit für alle Fotos: Atelier3Bären)