Die norwegische Sängerin Sigrid hat sich mit ihrem 2019 erschienene Debüt „Sucker Punch“ als neues junges Poptalent aus Skandinavien etabliert und seitdem eine erfolgreiche Karriere inklusive ausverkaufter Welttournee hingelegt. Für ihr drittes Studioalbum hat sie sich etwas Zeit gelassen und präsentiert sich auf „There´s Always More That I Could Say“ nun immer noch energiegeladen, aber auch geerdeter und als wachsende Songwriterin.
Auch wenn die ersten Songs ohne konkreten Plan entstanden sind, hat sich doch im Ergebnis ein thematischer Zusammenhang ergeben. So zeichnet des Albums die Phasen einer sich auflösenden Beziehung nach – von fast widerwilliger Verliebtheit im Opener „I´ll always Be Your Girl“ über den Trennungsschmerz in „Kiss The Sky“ bis zur Hoffnung auf einen Neuanfang in „Eternal Sunshine“. Durchweg zeigt sich hier Sigrids Talent, Emotionen in mitreißende musikalische Energie zu verwandeln.
Beim Songwriting wurde Sigrid wieder von ihrem langjährigen Freund und Produzenten Askjell Solstrand unterstützt und das Ergebnis ist musikalisch vielfältig, wobei schnelle Rhythmen und Popsounds dominieren. Diese sind mal rockig wie beim Opener, mal luftig verspielt wie im euphorischen „Jellyfish“, oder auch elektronisch geprägt wie im atmosphärischen „Hush Baby, Hurry Slowly“. Dabei hebt sich der Titelsong „There´s Always More That I Could Say“ als einzige Ballade deutlich ab und beeindruckt mit seiner zarten Verletzlichkeit umso mehr. Er markiert nach der ungezügelten Wut von „Fort Knox“ den emotionalen Tiefpunkt des Albums, bevor „Have You Heard This Song Before“ wieder Aufbruchsstimmung verbreitet. Dass es dabei nicht nur um neue Beziehungen, sondern auch um neue Musik geht, deutet nicht nur der Titel an, sondern auch die Liedzeile „these songs don´t write themselves“.
„There´s Always More That I Could Say“ ist ein überzeugendes Album, mit dem Sigrid konsequent ihren Weg als Sängerin und Songwriterin fortsetzt. Und während sie mit dem Titel einerseits die Grenze setzt, nicht alles von sich preiszugeben, ist er doch gleichzeitig hoffentlich ein Versprechen, dass sie noch viel mehr zu sagen und zu singen hat!
2020 stiegen die Progmetaller CONCEPTION aus Norwegen nach über zwanzig ruhigen Jahren wie Phönix aus der Asche. Der neue Longplayer “State of Deception” hielt die für CONCEPTION typische Weite progressiver Sounds perfekt fest, vom symphonischen Melodrama bis zur Rockriff-Utopie. Die Euphorie war im Nachgang des aktuellen Albums so groß, dass Noise Records jetzt auch die vier genialen Alben aus den 90er Jahren neu auflegen – als CD Digipacks, auf Vinyl, jeweils mit bisher unveröffentlichten Bonustracks. Ein Fest für jeden Fan!
CONCEPTION wurde 1989 in Norwegen vom Dag Østby (Vocals), Tore Østby (Gitarre), Werner Skogli (Drums) und Freddy Samsonstuen (Bass) gegründet. Schon nach einem Jahr stieg Sänger Dag noch vor Erscheinen des Debütalbums aus und der kongeniale Roy Khan kam mit seiner Opernstimme ins Spiel, der nach dem Ende von CONCEPTION bei den US-Metallern KAMELOT tätig wurde.
Zunächst wollte man die aufkommende Thrashmetal-Welle reiten, doch nach und nach kristallisierte sich heraus, dass es in eine ganz andere musikalische Richtung gehen sollte. Das Line-Up wurde an den sich entwickelnden Musikstil angepasst und die lokalen Talente Arve Heimdal am Schlagzeug und Ingar Amlien am Bass verliehen der Band eine solide, groovy und einzigartig klingende Rhythmus-Fraktion. Zudem hatte man mit Roy jetzt einen Vokalisten, der kraftvoll und melodisch interpretierte und Bombast sowie Pathos den Boden bereitete.
„The Last Sunset“ war das Debüt und erschien mit altertümlichem Bandfoto-Cover auf eigenem Label. Nach ersten Erfolgen wurde es von Noise Records mit alternativem Cover neu veröffentlicht. Das Album wartete noch mit einem sehr harten Sound auf, der die Wurzeln im Thrashmetal deutlich machte. Roy brachte aber schon seine persönliche, sehr melodische Note mit ein. Und gerade diese Mischung sorgte für Aufsehen und machte das Album so einzigartig.
Nach dem Intro „Prevision“ liefert „Building a Force“ den perfekten Einstieg, der ebenso machtvoll klingt wie es der Songtitel andeutet. „Bowed Down With Sorrow“ und „Fairy’s Dance“ bestechen durch ihre energische Dynamik. Es gibt aber auch akustische Gitarren und gar Flamenco-Einlagen von Tore Østby. Der Grundstein für einen ganz eigenen Sound war gelegt. Während Grunge langsam aber sicher die rockigen Charts beherrschte, gingen CONCEPTION einen ganz anderen Weg und schufen sich ein melodisches Alleinstellungsmerkmal.
Als Bonus gibt es mit der Neuauflage drei Demoversionen, die es nicht zur Songreife geschafft haben.
Das erste reguläre Album bei Noise Records war „Parallel Minds“. CONCEPTION hatten sich inzwischen zur formidablen Liveband entwickelt und gossen ihre Energie in neue Songs. Khan und Østby hatten sich endgültig als Songwriter-Duo gefunden, da der Sänger jetzt alle Lyrics lieferte.
Es ist ein druckvolles und zugleich melodisches Album in der Tradition des Powermetal. Zudem machte die instrumentale Brillanz es auch für Freunde von Progressive Rock und Progmetal gut hörbar. Die Gesangs- und Melodielinien variieren von majestätisch bis leidenschaftlich. Ein sporadischer Einsatz von Keyboards rundet den endgültigen Klangkosmos ab, mit dem sich CONCEPTION in der Szene etablieren. Vom rockigen „Roll the Fire“ bis hin zum hymnischen Titelsong ist alles möglich.
Im Bonusbereich gibt es das Demo von „Silent Crying“ und die genannten Stücke „Roll the Fire“ sowie „Parallel Minds“ in fulminanten Liveversionen.
Das dritte Album bietet wie der Vorgänger ein fantastisches Cover, das man sich am besten im LP-Format anschaut. Es ist komplexer und progressiver als die Vorgänger und orientiert sich hörbar an Bands wie Queensrÿche sowie den komplexeren Werken von Iron Maiden. Dabei ist es immer Khans Ausnahmestimme, die den Tracks einen besonderen Drive mitgibt.
“Missionary Man“ und „Some Wounds“ schaffen eine recht mystisch-geheimnisvolle Atmosphäre, während „A Million Gods“ als Achtminüter sehr komplex und mit monumentaler Stärke daherkommt. Insgesamt ist „In Your Multitude“ ein wirklich episches Album mit komplexen Songstrukturen, das man keineswegs auseinanderreißen darf und immer am Stück hören sollte.
Ergänzt wird der neue Release wieder von zwei Demoversionen, darunter der Titelsong, und vom Stück „Gravity“, das sich ursprünglich als Bonus auf der japanischen Fassung fand.
Bis zum vorläufigen Ende haben CONCEPTION konsequent den Zweijahresrhythmus eingehalten und so erschien auch „Flow“ pünktlich im Jahr 1997. Doch musikalisch war plötzlich alles ganz anders, was man schon dem futuristischen Albumcover ansehen konnte. Plötzlich mischten sich elektronische Beats in die Tracks, ohne dass dies aber dem Hörgenuss schadete.
Schon der Opener „Gethsemane“ kommt mit sphärisch sterilen Klängen und läutet damit das moderne Albumkonzept ein. Erst wenn Gitarre und Vocals einsetzen, hört man wieder den typischen CONCEPTION-Sound. Roy Khan hat dabei eine sehr erzählende Ausrichtung, die dem Album keineswegs schadet. Mit “Tell Me When I’m Gone” und “Would It Be The Same” geht es dann auch wieder in hart rockende Gefilde. Geheimnisvoll mit einer Mischung aus Synthesizerklängen und starken Riffs war das vorerst letzte Album der Band ein respektablrer Parforceritt, der das Ende der Band umso schmerzvoller machte.
Im Bonusbereich finden sich diesmal das Demo von „Cry“, der Song „Hand on Heart“ von der japanischen Pressung und „Sundance“, das ursprünglich ein Bonus auf der „In Your Multitude“ LP war.
Fotocredit: Larsen Lanhed
Zur Neuauflage kommen die genialen Macher nochmal selbst zu Wort:
Tore: “Die Band zusammenzustellen und sich gemeinsam auf diese musikalische Reise zu begeben war ein wahres Abenteuer. Mit einem gemeinsamen Drang zu entdecken und uns selbst und unsere Musik weiterzuentwickeln zeigt jedes Album ganz klar die verschiedenen Phasen, die wir von Album zu Album durchlaufen haben. Wir sind heute genauso stolz auf jedes Album wie an den Tagen, als wir die Arbeit an ihnen abgeschlossen haben.”
Roy: “Es hat über die Jahre eine wachsende Nachfrage nach unseren ersten Alben gegeben und wir sind sehr froh, sie in Kooperation mit BMG endlich verfügbar machen zu können. Außerdem freuen wir uns sehr, in diesem Paket auch einige sehr alte Demos und bisher unveröffentlichte Songs aus den absoluten Anfangszeiten von Conception zu veröffentlichen. Diese frühen Demos demonstrieren noch eindeutiger die Reise und Entwicklung der Band vom Anfang bis dahin wo wir heute stehen. Viel Spaß damit!”
Alle vier Alben aus den 90ern seien versierten Metallern ans Herz gelegt. Wer CONCEPTION bisher noch nicht entdeckt hat, sollte jetzt schleunigst zuschlagen. Skandinavische Bands waren schon immer eine Wucht und sind es bis heute.
Die dänischen Progressive Metaller von VOLA gehören zu den Aufsteigern des vergangenen Jahres. Ihr Album „Witness“, das vor gut einem Jahr erschien, war der bisherige Höhepunkt ihrer Diskographie und überzeugte mit einem gelungenen Stilmix aus Progressive Rock, modernem Elektro, Industrial und Extreme Metal. Markenzeichen sind die klaren und emotionalen Gesangslinien von Asger Mygind, die auch gerne mal aggressiv durchbrochen werden.
Der neue Release „Live from the Pool“, der als CD/Blu-ray erscheint, ist ein atmosphärisches Meisterwerk, das genau zur richtigen Zeit in den Handel kommt. Hier konnte man nämlich die Qualitäten aus drei hervorragenden Alben in einem Konzert zusammenfassen, das seinesgleichen sucht.
Im September 2021 spielten VOLA eine intime Streaming-Show in einer atemberaubenden Live-Umgebung. „Live From The Pool“ fand im Schwimmbad des verlassenen Militärlagers Auderød auf Nordseeland in der Nähe von Kopenhagen statt. Das von dem weltberühmten Architekten Henning Larsen entworfene Gebäude ist heute Teil des Auderød-Naturparks. Ein Ort, an dem die Natur auf die Geheimnisse eines ehemaligen Militärstützpunktes trifft, der darauf wartet, erkundet zu werden.
Die Show bietet unglaubliche Performances aus ihrem Backkatalog, darunter „Alien Shivers“, „Stray The Skies“, „Whaler“, „Ghosts“ sowie Songs aus ihrem aktuellen Album. Das Ambiente des verlassenen Schwimmbeckens, das zum Teil von der Natur zurückerobert wurde, verleiht der Show die Düsterheit von Lost Places. Die mystische Lightshow mit Laser- und Stroboskop-Effekten gibt eine beeindruckende Atmosphäre dazu.
Bassist Nicolai Mogensen sagt zur Show: „Die Idee zu ‚Live From The Pool‘ entstand in einer Zeit, in der es besonders schwer war, eine Band mit einer internationalen Fanbase zu sein. Da die Covid-19-Pandemie Live-Shows und Tourneen praktisch unmöglich machte, waren wir gezwungen, sorgfältig und kreativ darüber nachzudenken, wie wir unsere Zuhörer auf neue Weise erreichen können. Wir wollten etwas Spektakuläres machen, das nicht wie ein Kompromiss aussah – und mit viel Hilfe von talentierten Leuten ist es uns gelungen, ein außergewöhnliches Online-Konzerterlebnis zu schaffen. […] Wir haben das gesamte Konzert, das sowohl neues als auch altes Material enthält, in einem verlassenen Hallenbad mit fünf Kameras und einer Drohne gefilmt, wobei die Szenerie von einer wunderschönen Lichtinstallation beleuchtet wurde, die von dem dänischen audiovisuellen Künstlerkollektiv Vertigo speziell für diese Show angefertigt wurde.“
Wer diese fantastische Band bisher noch nicht auf dem Schirm hatte, sollte sich von dem Live-Release überzeugen lassen. Visuell und auditiv ist das Konzert ein Hochgenuss, der sowohl Fans der härteren Klänge von Opeth und Porcupine Tree, aber auch des Artrock von Riverside und Anathema beglücken wird. Hier werden die besten Elemente der progressiven Genres unter einen Hut gebracht. Chapeau!
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„Beech Street“ ist das zweite Album des norwegischen Singer/Songwriters Jarle Skavhellen. Dabei denkt man beim Hören gar nicht an skandinavische Weiten, sondern an Einflüsse von Country und Americana. Kein Wunder, hat Jarle das Album doch in den USA aufgenommen und konnte seine Liebe zum Folkrock voll ausleben. Wie er selbst sagt: „Dieser Vibe war nie eine bewusste Entscheidung, es passierte einfach. Ich höre sehr viel Folk und die Übergänge zu Americana sind fließend. In bin großer Fan von J.J. Cale und Ry Cooder und es scheint als hätten sich einige dieser Einflüsse aufs Album geschlichen.“
Die Geschichten, die Jarle mit seinen Songs erzählt, passen in beide Welten. Es geht um lyrische Beobachtungen voll Wärme und Melancholie, die zu Herzen gehen. Er erreicht die Hörer mit seiner charismatischen Stimme und am Ende ist es gar nicht mehr wichtig, wovon er erzählt. Endlose Autofahrten oder Nachtschichten hinter der Bar – nichts bleibt wirklich banal.
Trotz aller Ruhe liegt auch ein großes Pathos in den Stücken. Eindringlich lässt Jarle seinen Gefühlen freien Lauf. Es geht ums Älterwerden („Lion“) und um die nordische Heimat („Northern Lights“), aber ebenso um die Weiten des amerikanischen Inlands („Drive“, „Winnebago“, „Montana“). Der Sound ist sehr organisch gehalten. Die allgegenwärtige akustische Gitarre reicht aus, doch Jarle entscheidet sich bisweilen auch für filigrane rhythmische Arrangements wie im Titeltrack „Beech Street“.
Mit sanfter und markanter Stimme führt uns Jarle Skavhellen durch ein Album voller unterschiedlicher Einflüsse. Das fröhliche Lagerfeuer-Feeling von „Crash & Burn“ machen dabei ebenso viel Spaß wie die intensive Freude von „Northern Lights“ und der berührende Piano-Abschluss mit „Anyway / Anyhow“.
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Skáld ist ein Projekt des französischen Musikers und Produzenten Christophe Voisin-Boisvinet, der sich mit vier Sängern zusammengetan hat, um die altnordische Tradition der Skalden wiederzubeleben. Diese verbreiteten im frühzeitlichen Skandinavien als Poeten und Geschichtenerzähler die nordischen Götter- und Heldensagen, die uns heute noch in der Edda überliefert sind. Diese Sammlung von Erzählungen dient auch den Musikern von Skáld als Quelle für die Texte ihres Debütalbums „Vikings Chant“.
Der erste Track „Enn Átti Loki Fleiri Börn“ ist eher ein kurzes gesprochenes Intro über sphärischen Harfenklängen. Danach geht es mit „Rún“ zwar getragen, aber kraftvoll weiter. Die Stimme von Sängerin Justine Galmiche entfaltet sich hier über einem drängenden Rhythmus und den tiefen begleitenden Harmonien ihrer Sängerkollegen. Dazu kommen verschiedenste Instrumente, darunter auch heute eher unbekannte wie Lyra oder Fujara.
Stilistisch ähneln sich die Stücke und schaffen mit ihrer Kombination von rhythmischer Begleitung, vielen Wiederholungen und der sich immer wieder wie schwebend darüber erhebenden Frauenstimme eine ganz besondere Atmosphäre, die einen schnell in seinen Bann zieht. In Verbindung mit den stimmungsvollen Bildern aus dem Booklet, die die Sänger und Musiker in passender Gewandung zeigen, fühlt man sich tatsächlich in eine andere Zeit versetzt.
Ganz ohne Instrumente kommt „Ec Man Iötna“ aus, für mich einer der eindringlichsten Stücke des Albums. Einen besonderen Reiz hat aber auch „Ódinn“ mit seinem unregelmäßigen Takt und den beinahe übermenschlich schnell gesungenen Strophen. Etwas schwerfällig wirkt dagegen die sehr langsame Ballade „Ginnunga“. Der offiziell letzte Titel “Jóga“ fällt mit seinem englischen Text etwas aus dem Rahmen – ein Blick ins Booklet verrät allerdings, dass es sich hier um ein Cover eines Songs von Björk handelt. Im Booklet finden sich auch die altnordischen Lyrics zu den übrigen Stücke, leider aber keine Übersetzung. Aus Titeln wie“ Ó Vallhalla“ oder „Yggdrasi“l können in der nordischen Mythologie Bewanderte zwar Rückschlüsse auf den Inhalt ziehen, aber zumindest kurze Erläuterungen zu den einzelnen Songs wären hilfreich gewesen. Wer eine Geschichte erzählt bekommt, will diese schließlich auch gerne verstehen!
Insgesamt kann dieses Debüt aber durchaus überzeugen und wird in der entsprechenden Fanszene wohl auch hierzulande begeisterte Anhänger finden. Die deutsche Veröffentlichung von „Vikings Chant“ enthält außerdem zusätzlich fünf Bonustracks – Spaß machen hier vor allem die spannenden Coverversionen „Seven Nations Army, „Riders On The Storm“ und „High Hopes“!