Prominente Frauen haben es im Licht der Öffentlichkeit selten leicht, vor allem, wenn sie mit ihrem Verhalten nicht den gesellschaftlichen Erwartungen entsprechen. Namen wie Marie-Antoinette, Yoko Ono, Monika Lewinsky oder Britney Spears rufen bei den meisten von uns ein wenig positives Bild hervor, wohingegen ihren männlichen Pendants Fehlverhalten viel eher verziehen wird. Warum das so ist, durchleuchten Beate Haubichler und Noura Maan in ihrem Buch „Geradegerückt. Vorverurteilt, skandalisiert, verleumdet: Wie Biografien prominenter Frauen verzerrt werden“.
Gemeinsam mit 14 weiteren Autorinnen haben sich die Herausgeberinnen Biografien von insgesamt 27 prominenten Frauen und einer Frauenband vorgenommen und rücken die Perspektive auf sie gerade, indem sie Vorurteile entkräften und Hintergründe erklären. Mariah Careys angeblich divenhaftem Gehabe ist bei genauer Betrachtung ein angemessenes Verhalten einer erfolgreichen Künstlerin, Gina-Lisa Lohfink ist eigentlich eine ganz normale hübsche Frau, die sich aber nicht genug anpassen wollte und deshalb in die Rolle der prolligen Schlampe gedrängt wurde, und die Rapperinnen von Tic Tac Toe hatten mindestens so viel Street Credibility wie ihre männlichen Kollegen, man erinnert sich aber hauptsächlich an ihre öffentliche Trennung.
Für viele dieser falschen und klischeehaften Darstellungen sind in einem großen Maße die Boulevard-Medien verantwortlich. Allerdings bedienen diese ja auch die Erwartungen der Gesellschaft, und es spielen auch immer zeitlichen Umstände von vermeintlichen Skandalen eine Rolle. In der jetzigen Post-MeToo-Ära hätten Paris Hilton oder Pamela Anderson wohl mehr Verständnis erfahren als noch in den 90ern. Aber auch heut noch sind wir alle nur zu gerne bereit, Frauen zu verurteilen oder in Schubladen zu stecken, wie aktuelle Beispiele von Meghan Markle oder Serena Williams zeigen. Neben Rollenzuweisungen wie Hochstaplerin, Diva oder Schlampe gibt es auch vermeintlich positive Bilder wie das der „Vermittlerin zwischen den Kulturen“ bei Pocahontas oder das der „ewigen Kaiserin der Herzen“ bei Romy Schneider. Auch solche Biografien werden hier geradegerückt, denn auch sie werden den realen Frauen nicht gerecht.
Beim Lesen des Buches ertappe ich mich immer wieder dabei, dass sich auch in mir das durch die allgemeine Berichterstattung geprägte Bild vieler Prominenter festgesetzt hat. Bei Frauen, die mich persönlich interessieren oder begeistern, habe ich diese Bild zwar oft bereits hinterfragt und mir eine eigene Meinung gebildet. Aber tatsächlich nehmen wir alle vieles immer noch unreflektiert hin und sind von wahrer Geleichberechtigung oft weit entfernt. Insgesamt bewegt sich die Menschheit jedoch hoffentlich weiter in die richtige Richtung – und dabei sind Bücher wie „Geradegerückt“ unglaublich wichtige Wegweiser!