Auf den ersten Blick empfangen den Ottonormalbesucher auf dem AKF ein Wald aus Regenschirmen, durchnässten Socken, Merkel-Lächeln in vielen Gesichtern sowie Wellenbrechern. Doch bricht das Festival trotz aller widrigen Umstände des Wetters nicht mit dem typischen Afrika-Karibik-Flavour, der es in der Rhein-Main-Region und in ganz Deutschland zu einem der bedeutendsten und größten Reggae-Festivals gemacht hat. Schon seit Jahren zieht das AKF immer wieder Headliner aus ganz Deutschland wie Materia, Cro, Beginner, Sammy Deluxe oder Gentleman an. Doch auch international vertretene Stars, deren Namen auch außerhalb der Reggaeszene bekannt sind wie bspw. Sean Paul, waren dort schon zu bestaunen.
Seinen letzten Besuch hatte Sean Paul in Aschaffenburg an Ort und Stelle vor sechs Jahren, im Sommer 2011. Damals diente das Konzert jedoch lediglich als Beispiel für Stars, deren Karrierehoch schon den Zenit überschritten hatte. Unter Einfluss von festivalüblichen Substanzen versuchte dieser sein eigenes Playback zu überspielen und hatte zudem starke Schwierigkeiten mit der eigenen Beinarbeit. Da halfen auch keine ästhetisch sehenswerten Tänzerinnen mehr.
Mit diesem Beigeschmack gewappnet und vorige Festivals schon in den Knochen bleibt es nun zum Jubiläum zu überprüfen, was vom alten Geist des AKF noch übrig geblieben ist oder was die motivierte Reggaegemeinde in der heutigen Zeit von den Veranstaltern kredenzt bekommt.
Das Line-up klingt dieses Jahr mehr als solide: Keine Auswüchse an Größenwahn wie bei Sean Paul und das restliche Programm ist mit „Residents“ wie Gentleman, Ohrbooten, Sammy Deluxe oder Martin Jondo gut abgedeckt. Für den Fame und den Namen sorgen Kollegah, RAF Camora oder AKF-Neuling Felix Jaehn. Auf Recherche ergibt sich, dass mir das Lied „Bonfire“ als Ohrwurm sogar geläufig war.
Die Festivalpreise liegen zwischen 7- 94,50 Euro welche sich auf die verschiedenen Bereiche sowie unterschiedliche Tages- und Zeitspannen richten. Verpflegung kann für Preise zwischen 5 und 15 Euro erworben werden. Das Festival an sich besteht aus zwei Bereichen: der ursprünglichen Area mit alternativem Zeltmarkt und der Beachbühne.
Die Mainstage ist durch eine Einlasskontrolle getrennt und direkt daneben platziert mit Platz für 25.000 bis 30.000 Besuchern. Trotz Einlassschranken, Pfandmarken und wunderschönen AKF-Bechern scheinen die afrikanisch angehauchten Verkaufsstände seit Jahren nichts von ihrem Charme eingebüßt zu haben. So befinden sich die ausgeflippten Rastafaris noch immer qualmend, redend oder tanzend an ihren Ständen. Auch wenn die Beachstage tagsüber mit drei bis vier Regenschirmsoldaten davor relativ traurig wirkt, hat das auf Afrika, Sommer, Sonne und Strand eingerichtete Festival immer noch eine bezaubernde Wirkung.
Begleitet von Pater Regen wird die Rapgemeinde am Donnerstag von ihren Internetidolen Kollegah sowie RAF Camora & Bonez MC mit einer soliden Taktfolge an Reimergüssen vergnügt. Wer die beiden schon kennt, hat eine ordentliche Show abbekommen, und wer die beiden nicht kennt, dem sind sie gelinde gesagt auch egal.
Der Freitag ist erneut von Dauerregen geplagt, jedoch ist die Stimmung noch immer relativ gut: Einige tanzen im Regen, andere kauern sich unter ihrem Schirm. Auf der Mainstage beweist Sammy Deluxe als bekanntes Rapgenie mal wieder, dass er trotz aller Kritik oder Lebenswandel noch immer der Freestyle- und Rapgott ist sowie Elemente des Reggaes in seinen Musikstil optimal mit einbauen kann. Denn trotz schlechten Wetters fängt auch ohne den anschließend gespielten Song „Bis die Sonne rauskommt“ bei den Festivalbesuchern das Sommer, Sonne Gute Laune Feeling wieder an.
Felix Jaehn liefert ebenfalls eine solide Show ab und begeistert seine Fans bei seinem Auftritt mit chilligen Beats und konkreter Ausrichtung auf Electronic-Dance-Musik.
Samstag kommt dann die große Überraschung… kein Regen! Vorsichtig herantastend bleibt der Tag erstaunlich regenfrei, bis dann am Abend ein leicht angenehmer Nieselregen einsetzt. Am Hauptabend präsentieren die altbekannten Ohrbooten auf der Beachstage zunächst ihr musikalisches Können. Zu Beginn werden die Klassiker wie „Autobahn“ oder „An alle Ladys“ gespielt, was Lust auf mehr macht. Dies wird dann jedoch durch abflachende Texte und einen eintönigen Musikstil etwas unterminiert. An und für sich jedoch eine gute Show, passend zum Flavour des Festivals. Hauptact am Abend sind der weiße Jamaikaner Gentleman und Ky-Mani Marley, mal wieder einer der zahlreichen Söhne Bob Marleys, der auch im Musikgeschäft tätig ist.
Hier geht es auf der komplett gefüllten Mainstage direkt los mit gutem Reggae, guter Stimmung und dem ganz eigenen entspannten lebensfrohen AKF-Gefühl. Martin Jondo darf vor seinem Auftritt auf der Beachstage auch kurz Mainstageluft schnuppern im Duett mit Gentleman. Eben jener in Kombination mit Ky-Mani Marley zeigt einmal mehr, weshalb sie zur Primetime die Mainstage des AKF bespielen dürfen, In einfachen Worten ausgedrückt kann man das AKF in Musikform nicht besser widerspiegeln.
Ausklingen kann das Festival anschließend sonntags bei entspannten Künstlern wie Rea Garvey oder Ryan Sheridan. Trotz Kommerzialisierungstendenzen und den auch für die Veranstalter bitteren Wetterverhältnisse hat das AKF in seiner Gänze noch lange nicht seinen alternativen Charme verloren und ist für jeden Reggae-Fan Deutschlands ein absolutes Muss. Zudem wird noch relativ viel andere Musik geboten und das Festival sollte als Gesamtpaket an Vielfalt und Möglichkeiten wahrgenommen werden. Hierbei kommt jeder auf seinen Geschmack bei dem unterfränkischem Karneval der Kulturen.