Die Verleihung von Musikpreisen taumelt leider oft am Rande der Peinlichkeits- und Fremdschämgrenze umher. Das Brimborium der Zeremonie verkommt zu einer einzigen selbstgefälligen Lachnummer oder die Auswahl der Preisträger lässt den Zuschauer an der geistigen Zurechnungsfähigkeit der Jurymitglieder zweifeln. Der traditionell in zwei Kategorien vergebene popNRW-Preis ist da eine wohltuende Ausnahme und zählt nebenbei zu den höchstdotierten Auszeichnungen für Popmusiker in Deutschland. Die Verleihung findet erneut im Rahmen des c/o pop Festivals in Köln statt, erstmals im wunderschönen Gloria Theater. Und das – man darf es vorweg nehmen – ohne jegliche Peinlichkeiten oder Anfälle von Selbstbeweihräucherung.
Vor Beginn entsteht an der Theke im Foyer des Gloria ein bunter Mix aus geladenen Gästen und Musikern. Bei jeder Menge Freikölsch wird hier die ein oder andere Anekdote ausgetauscht. Schließlich holt ein dreifacher Gongschlag als Startzeichen die gutgelaunte Menge aus ihrer Fachsimpelei hinein in den Saal, wo Radio- und TV-Moderatorin Anja Backhaus souverän durch den weiteren Abend führt. Ihr launiges Interview mit NRW-Wirtschaftsminister Prof. Dr. Andreas Pinkwart ist ein erster Höhepunkt. Dann wird es ernst. Wie man es von Preisverleihungen dieser Art gewohnt ist, werden alle Nominierten mit einem kurzen Videoclip vorgestellt und mal mehr, mal weniger beklatscht, bevor Anja Backhaus grosse Umschläge aus ihrem gewagten Tigerkostüm zaubert, sie umständlich öffnet und mit bedeutungsschwangerer Stimme die Gewinner verkündet.
Über den Preis als „Outstanding Artist“ darf sich in diesem Jahr Goldroger freuen. Der Rapper aus Dortmund kann leider nicht persönlich anwesend sein, um den Preis in Empfang zu nehmen, da er gleichzeitig bei einem Festival auftritt. Er hat aber stellvertretend einen Freund geschickt und bedankt sich mit einer sympathischen Videobotschaft für die 10.000 Euro Preisgeld, die er unter anderem seiner Mutter widmet. Neufundland-Sänger Fabian Mohn hält die Laudatio.
Als bester „Newcomer“ werden International Music aus Essen ausgezeichnet, was mir zwar einige Rätsel aufgibt, aber ich saß ja auch nicht in der Jury. Dieser Preis ist mit 2.500 Euro dotiert. Das Trio hat im April sein Debütalbum „Die Besten Jahre“ bei Staatsakt veröffentlicht. Die Laudatio auf International Music wird von Radiolegende Klaus Fiehe gehalten und zum Ende der Verleihung darf die Band noch drei Songs lang im Gloria auftreten. Es sei ihnen gegönnt.
Den zweiten Platz in der Kategorie „Outstanding Artist“ belegen die Grandbrothers. Der zweite Platz in der Kategorie „Newcomer“ geht an das Duo OTEO. Beide Zweitplatzierten erhalten eine Medienkampagne der Ströer Media GmbH im Wert von jeweils 1.500 Euro und 500 Euro. Damit endet nach etwas mehr zwei Stunden ein schöner und stimmungsvoller Abend, in dessen Anschluss Gäste und Preisträger noch bis tief in die Nacht weiterfeiern. So habe ich es mir jedenfalls hinterher erzählen lassen, denn wir gehen zeitig nach Hause, um für das Abschlußwochenende der c/o pop fit zu sein.
Die 15. Ausgabe des c/o pop Festivals und der c/o pop Convention endet schließlich am Festivalsonntag mit einem gefeierten Konzert der Hamburger Rapperin Haiyti im Stadtgarten Saal. In diesem Jubiläumsjahr werden insgesamt unglaubliche 170 Acts auf 30 Bühnen präsentiert. Das Programm, das weit über die Hälfte aus deutschen Acts besteht, wird wie bereits 2017 durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien gefördert. Neben dem Eröffnungskonzert im Tanzbrunnen mit Afrob, Samy Deluxe und den Beginnern am Festivalmittwoch und zwei ausverkauften beeindruckenden Konzertabenden in der Kölner Philharmonie mit William Fitzsimmons am Donnerstag und The Notwist am Freitag, steht vor allem der „Super-Samstag“ besonders im Fokus des Festivals: Programmatischer Mittelpunkt im Herzen Kölns sind hier 55 deutsche Nachwuchsbands in 22 Locations. Die auftretenden Künstler sind begeistert vom Zuspruch und der Möglichkeit, dank der großen Frequenz innerhalb des Belgischen Viertels und rund um die Festivalzentrale Stadtgarten, auch neues Publikum für sich zu gewinnen. Und das ist ja nun mal der eigentliche Sinn der c/o pop.
Man darf sich schon jetzt auf die nächste Ausgabe freuen. Das c/o pop Festival und die c/o pop Convention 2019 werden zwischen dem 1. und dem 5. Mai stattfinden. Dann gibt es auch wieder einen neuen popNRW-Preis.