Das Open Air vor der Porta Nigra – in der ältesten Stadt Deutschlands – konnte auch 2019 mit einer Zusammenstellung aufwarten, die viele Generationen ansprach: Rock, Pop, Folk und Rap. Da haben die Macher von Popp Concerts mal wieder ein gutes Händchen bewiesen.
Den Anfang machten am 19.6.2019 Wolf Maahn und Midnight Oil.
Midnight Oil? Da musste man doch mal verwundert die Augenbraue heben, als der erste Headliner des Open Airs angekündigt wurde, das diesmal aufgrund des Feiertags (Fronleichnam) gleich vier Tage umfasste. Kaum zu glauben, dass es diese Band noch gibt, die in den 80er Jahren weltweite Erfolge feierte. In der Folgezeit wurden die musikalischen Aktivitäten mehrfach für längere Phasen auf Eis gelegt, da Sänger Peter Garrett sich in hohem Maße politisch und gesellschaftspolitisch engagierte. Zweimal war er für jeweils vier Jahre Präsident der Umweltschutzgruppe „Australian Conservation Foundation“, engagierte sich bei Greenpeace und schaffte schließlich den Sprung ins Repräsentantenhaus, wo er zwei Legislaturperioden lang als Minister fungierte.
Die größte Pause der Band währte somit ganze 15 Jahre (2002 bis 2017), doch fulminant kehrten sie zurück, nachdem Garrett kein Regierungsmitglied mehr war. An seinen Überzeugungen hat sich zumindest nichts geändert, das bewies das Bühnenbild mit einem Statement der „2017 National Constitutional Convention“, welches sich mit den Ursprüngen Australiens und den Rechten der Aborigines beschäftigt.
Bevor allerdings Midnight Oil die Herzen Triers eroberten, war es an Altrocker Wolf Maahn, das Publikum in den Abend einzustimmen. Er kam mit seinem Soloprogramm, hatte jedoch einen Multi-Instrumentalisten (unter anderem Steel Guitar und Keyboard) mitgebracht, der ihn kongenial unterstützte. Wie erklärt man Wolf Maahn? Ein Name, den die meisten schon mal gehört haben, der aber keinen Hit in petto hat, der ein Aha-Erlebnis auslösen könnte. Der inzwischen 64jährige gehörte zu der Riege von Rockern, die in den 80er Jahren die Fahne deutschsprachiger Rockmusik in die Höhe hielten. Er hatte große Momente wie in der Sendung „Rockpalast“, erreichte aber bei weitem nicht den Bekanntheitsgrad von BAP, Lindenberg, Grönemeyer oder Westernhagen.
Sein 45minütiger Set startete mit „Flucht nach vorn“. Wolf spielte im Sitzen mit akustischer Gitarre, hatte aber einige energische Songs mitgebracht. Einer seiner bekanntesten Titel „Irgendwo in Deutschland“ kam gleich an zweiter Stelle – angekündigt als „altes deutsches Volkslied“. Mit „Konkurrenztanz“ und „Monopoli“ (das Wolf Maahn ursprünglich für Klaus Lage geschrieben hatte) widmete er sich dem Thema Ausbeutung. Das Konzert war äußerst kurzweilig und Wolf scheute sich auch nicht, ruhige Stücke wie „Keine Angst“ in den Abend zu schicken. „Kind der Sterne“ gab es mit einem schönen sphärischen Keyboardklang – und in diesem Moment wurde vielen bewusst, wie perfekt das Klangerlebnis an diesem Abend vor der Porta war. Das wünscht man sich bei anderen Open-Air-Veranstaltungen ebenso. Maahns größter Hit „Rosen im Asphalt“ schloss den Support ab.
Pünktlich um 21 Uhr enterten Midnight Oil zu den mitreißenden Klängen von „The Dead Heart“ die Bühne – und schon war das Eis gebrochen. Keine Spur von Abtasten und Zurückhaltung. Die Band und das Publikum gingen gleich in die Vollen. Peter Garrett ist und bleibt ein charismatischer Frontmann mit starker Stimme. Seine etwas linkischen Tanzbewegungen sind seit Jahrzehnten ein Markenzeichen. Auf den starken Opener folgte das psychedelisch verzerrte „Redneck Wonderland“, gefolgt von starken Titeln wie „Read About It“, dem melodisch tanzbaren „In The Valley“ und „Sell My Soul“. Sänger und Instrumentalisten zeigten eine Performance vom Feinsten. Und da steckte vor allem eine enorme Power drin – angefeuert durch den bereits erwähnten hervorragenden Sound.
Garrett zeigte sich auch überwältigt von der Kulisse. „Was haben die Römer je für uns getan?“, zitierte er einen Kalauer aus Monty Pythons „Das Leben des Brian“, um bewundernd zu ergänzen: „Was haben die Römer für den Rock’n’Roll getan!“ So hatte er in einem Satz die Stimmung des Abends eingefangen. Die eigentlich angekündigte Regenfront machte einen großen Bogen um Trier und das Fest vor der Porta konnte bis 23 Uhr einen positiven Verlauf nehmen. Garrett durfte man bisweilen mit Mundharmonika und einer gehörigen Portion Bluesrock erleben. Es gab aber auch leise Passagen: Zur Hälfte des Sets folgte mit „My Country“ eine ruhige Nummer, die mit melancholischen Pianoläufen startete, dann zu akustischer Begleitung ausgebaut und schließlich mehrstimmig vorgetragen wurde. Es schloss sich ein kleiner akustischer Set an.
Mit „Blue Sky Mine“ aber erfolgte der Weckruf und der Klassiker ebnete den Weg in die Zielgerade. „Now Or Never Land“ avancierte zum Dancing Song, „Power And The Passion“ wartete mit Soli für die Bandmitglieder auf und „Beds Are Burning“ wurde schließlich als politischer Song zum Aborigines-Dokument angekündigt. Hier war dann sogleich die Smartphone-Armada am Start, um den größten Hit der australischen Band aus allen Winkeln zu filmen. Davon ließ man sich aber nicht aus dem Flow bringen und lieferte mit „One Country“ und „King Of The Mountain“ ein solides Finale. Viele gingen in dieser Nacht mit breitem Grinsen nach Hause. Wann hat man schon die Gelegenheit, seine Helden der 80er in einer solchen Topform zu erleben?