Mit seinem Epos „Das Lied von Eis und Feuer“ hat George Martin eine faszinierende Welt erschaffen, die nicht nur viele Leser, sondern in der Verfilmung als Fernsehserie „Game of Thrones“ auch unzählige Zuschauer in ihren Bann zog. Die Geschichte des Herrschergeschlechts der Targaryens, das die Geschicke des Kontinentes Westeros bis zur Machtübernahme von Robert Baratheon über Jahrhunderte prägte, wurde in den bisherigen Büchern immer wieder bruchstückhaft angedeutet. Nun erzählt George Martin in Feuer und Blut erstmals die komplette Vorgeschichte zu „Das Lied von Eis und Feuer“ – beginnend mit der Unterwerfung der sieben Königslande durch Aegon den Eroberer.
Das Buch ist nicht als klassischer Roman angelegt, sondern als „Chronik der Targyaryen-Könige von Westeros – verfasst von Erzmaester Gyldayn (in der Niederschrift von George R.R. Martin)“. Aber natürlich beschränkt sich der Autor nicht auf die bloße Aufzählung von Daten und Fakten, sondern schmückt die Geschichte mit allerlei Hintergrundinformationen aus und spart auch nicht mit blutigen oder anrüchigen Details. Und auch wenn Martin in Westeros eine sehr patriarchalisch geprägt Gesellschaft erschaffen hat, so stellt er den Königen und Kämpfern doch immer wieder sehr starke Frauenfiguren zur Seite oder gar in den Mittelpunkt – auch wenn es leider keine dieser Frauen jemals auf den Eisernen Thron schafft.
Das Erste Buch von „Feuer und Blut“ deckt eine Zeitspanne von etwa 140 Jahren ab, und schon hier verliert man als Leser auf den fast 900 Seiten leicht den Überblick über die vielen Personen, Kriege und Intrigen. Da ist es verständlich, dass sich die aktuelle HBO-Verfilmung „House of the Dragon“ auf eine überschaubarere, aber durchaus ereignisreiche Zeitspanne konzentriert, die etwa 100 Jahre nach Aegon dem Eroberer mit der Regierungszeit von König Viserys I. beginnt und in einen blutigen Krieg um den Eisernen Thron mündet. Und auch hier steht wieder eine starke Frau im Zentrum der Ereignisse – Viserys erstgeborenen Tochter Rhaenyra, die von ihm als Erbin eingesetzt wird, ihren Anspruch aber gegen ihren jüngeren Halbbruder Aegon II. durchsetzen muss. Als Leser hat man hier natürlich einen Wissensvorsprung gegenüber den Zuschauern der Serie, kann sich aber auch auf einige Überraschungen gefasst machen, da das Drehbuch aus dramaturgischen Gründen öfter von der Vorlage abweicht.
Dem durchschnittlichen Game of Thrones- Fan wird wahrscheinlich mit der HBO-Serie genügend Action und Information geboten. Wer sich jedoch für die genaueren Zusammenhänge und die umfassenden geschichtlichen Hintergründe der Ereignisse in Westeros interessiert, liegt mit „Feuer und Blut“ genau richtig – und wird nach der Lektüre wohl gespannt das zweite Buch erwarten!
Am 14. Dezember 2022 erscheint übrigens eine Neuauflage des Wälzers als prachtvoller Bildband mit 200 farbigen Illustrationen!