Das verflixte zweite Album bei weitem nicht so erfolgreich wie sein weltweit gefeiertes Debüt, doch davon ließ Alex Clare sich nicht unterkriegen. Bereits im November 2016 erschien seine dritte Studio-CD „Tail Of Lions“, die wieder mit alten Qualitäten zu überzeugen weiß. Was auffällt sind die gewaltigen, dominanten Basslinien, die fast eine ganze Albumlänge hindurch die Boxen zum Vibrieren bringen. Die Mischung aus Soulstimme und dröhnenden Beats lässt aufhorchen und gibt dem Album den Geist mit, der es aus der Masse heraus hebt.
Alex Clare stammt aus London und lebt in Jerusalem. Im Sommer 2015 zog er sich gemeinsam mit seinem Freund, dem Bassisten Chris Hargreaves (Gründungsmitglied von Submotion Orchestra) auf ein enges Hausboot zurück, wo die beiden begannen, an neuen Songs zu arbeiten. Das Ergebnis dieser Sessions ist das Album „Tail of Lions“. Wurden die Songs in nur wenigen Wochen geschrieben und aufgenommen, investierten die beiden Musiker Monate in den perfekten Mix für diese neue Sammlung, die einen Ort darstellt, an dem Soul, Rock und Funk messerscharfe Elektronika und kühle Drum’n’Bass Elemente treffen. Dieser Hang zur Perfektion ist dem Werk durchaus anzumerken.
Inhaltlich unterscheidet sich „Tail of Lions“ stark von seinen beiden Vorgängern. Clares Perspektive änderte sich in den letzten Jahren grundlegend in Bezug auf Dinge wie Liebe, das Leben und Familie. Er hat zwei Kinder, denen er seine meiste Aufmerksamkeit widmet. So haben sich die Realitäten in seinem Leben verändert: „Ich musste persönlich einen großen Schritt machen. Es passieren derzeit so viele schwerwiegende Dinge in Europa, den USA und natürlich auch direkt hinter unserer Grenze in Syrien.“
Die erste Single „Tell Me What You Need“ behandelt die positiven und negativen Aspekte von Beziehungen. All die schönen, aber auch verwirrenden, frustrierenden und manchmal schweren Situationen. Clare selbst kommt aus einer Familie, in der man laut schreit, um seinem Standpunkt Nachdruck zu verleihen, seine Frau dagegen ist deutlich reservierter. „Man muss lernen, wie man miteinander umgeht. Ich spreche mit den Händen, werde laut und lege alle meine Karten auf den Tisch, während meine Frau dazu neigt erstmal dicht zu machen, bis der Sturm vorbeigezogen ist.“
Der Gesang ist poppig, Alex‘ Stimme packend. Er liefert stets eine mitreißende Melodielinie mit Ohrwurm-Charakter, die dann aber von Dubstep-Elementen überlagert und gegen den Strich gebürstet wird. Die elektronischen Parts sind dabei gar nicht so dominant – vielmehr werden sie gezielt eingesetzt und in ein vielfältiges Rhythmusgerüst eingeflochten. Das funktioniert mit Kopfhörer auf den Ohren, im Auto oder aus dicken Boxen – weniger aber als Hintergrundunterhaltung. Das Album ist von Anfang bis Ende sehr ansprechend – kaum Ausfälle, viel Innovation. Ein solides Werk, das die besten Elemente aus organischer Musik und elektronischer Unterstützung miteinander verbindet.