Ich muss zugeben, dass ich mich einige Tage vor dieser Review gedrückt habe, obwohl das Album meinen Player in der ganzen Zeit kaum verlassen hat. Ist halt doch ein bewegendes Thema. Aber man kommt nicht drum herum. Gestern war ich auf einer Einführungsveranstaltung zu Puccinis Oper „Tosca“ im Theater Trier. Die Operndirektorin gab der Figur Tosca gleich zu Beginn den Beinamen „Diva“ und schlug den Bogen zu der letzten großen Diva der Musikwelt, die kürzlich von uns gegangen ist: David Bowie.
Wie recht sie damit hat. Dieser Mensch, der uns musikalisch so nah war und gleichzeitig immer wirkte, als käme er von einem anderen Stern. Wie Michael Jackson oder Freddie Mercury. Gesamtkunstwerke! Selbst Bowies Abschied wirkt wie eine finale Selbstinszenierung. Zum 69. Geburtstag legt er ein Album vor, das seinen Tod thematisiert und quasi voraussagt, hat vielleicht noch zwei Tage Zeit, um erste Reaktionen einzufangen, und verabschiedet sich dann von dieser Welt. So geht Größe.
„Blackstar“ ist ein typisches Bowie-Album – und damit alles andere als vorhersehbar. Keine eingängigen Popsongs, aber damit hat auch keiner gerechnet. Stattdessen viele überraschende Elemente. Jazzige Einflüsse – filigrane Bläser, vertrackte Melodiefolgen. Bowies Stimme schwebt so schwermütig, prägnant und zugleich selbstbewusst über der Musik, dass ich mehrfach schlucken muss. Stücke wie „Lazarus“ sind so eindringlich, dass man es kaum aushalten kann. „Look up here, I’m in heaven. I’ve got scars that can’t be seen.“ Und dann der Titelsong „Blackstar“: Hier fasst Bowie nochmal alles zusammen, was seine Musik ausmacht – ohne sich dabei in Kunstfiguren flüchten zu müssen. Fast zehn Minuten des puren Bowie, der nichts an Kreativität eingebüßt hat.
Der Zugang zum Album ist nicht immer einfach. Man sollte es auch nicht auseinander pflücken, sondern am Stück hören und die letzte Botschaft eines großen Künstlers genießen. Der Meister hat zum Abschied nicht gekleckert. Er hat uns ein wunderbares letztes Werk vorgelegt – voll von weltlichen Sehnsüchten und Todesahnungen. Mit 69 auf solche Weise von der Bühne abzutreten, ist phänomenal und der letzten Diva unserer Zeit mehr als würdig.