Heinz Rudolf Kunze mit Schlagertiteln? Damit muss man sich erst einmal abfinden. Nicht, dass er noch nie in diesem Metier gewildert hätte, aber Titel wie „Dein ist mein ganzes Herz“ waren doch mit einer gehörigen Portion Ironie versehen. Jetzt aber meint der deutsche Rocksänger, der in Kürze die magische 60 überschreiten wird, es tatsächlich ernst. Quasi zum runden Geburtstag hat er sich ein Jubelalbum gegönnt, das den Titel „Meisterwerke : Verbeugungen“ trägt.
Ich gebe zu, man muss sich daran gewöhnen, dass der Meister des Sarkasmus und der lauten Töne hier ernsthaft Titel von Roy Black, Heino und der Münchner Freiheit vorträgt. Doch warum auch nicht? Es soll eine Art Konzeptalbum sein, das die Geschichte deutschsprachiger Musik beleuchtet. Das ist dem Sänger und Liedermacher definitiv gelungen.
So reicht die Auswahl von Freddy Quinn und Roy Black, über DAF und Ideal, die Knef und Udo Jürgens, die Ärzte und die Toten Hosen bis hin zu Casper und den Einstürzenden Neubauten – größer kann der Spagat nicht sein. Was alle Titel nun vereint, ist HRKs prägnante Stimme. Es gelingt ihm, den Hörer bei jedem Song mitzunehmen. Allerdings kann er sich nicht alle zu Eigen machen. Ich zumindest hatte bei vielen Titeln das Original im Ohr und konnte die Neuinterpretation allenfalls gutheißen.
Je unbekannter die Coverversionen allerdings sind, desto eher gehen sie als Kunzes ureigene Hommage an die deutsche Sprache durch. „Hinterland“ gefällt mir sehr gut und gewinnt in Kunzes Interpretation noch an Aussagekraft. Ebenso der Hosen-Hit „Alles aus Liebe“ und das wundervolle „Wenn ein Mensch lebt“, Titelsong des DDR-Kultfilms „Die Legende von Paul und Paula“.
Die Zusammenstellung ist in ihrer Bandbreite vielleicht einzigartig und Kunze wird bei den zukünftigen Konzerten wohl in jeder Generation seiner Zuhörer begeisterte Menschen gewinnen, die einzelne Titel von vorne bis hinten mitsingen können. Das Titelbild zeigt den Sänger in einer Galerie – mit einzelnen Kunstwerken im Hintergrund. So muss man wohl auch dieses Album betrachten. Als Verbeugung an große Poeten, die in der öffentlichen Wahrnehmung nicht immer das Renommee haben, das ihnen zustünde.