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Musicheadquarter.de – Internet Musikmagazin

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Urheber/Fotograf: Christoph Köstlin

Neues Interview: Max Giesinger

Wenn du Dinge in deinem Leben verändern willst, dann jetzt

Am 1. Februar 2023 durften wir Max Giesinger über Zoom einige Fragen stellen. Wir trafen auf einen gut gelaunten und sympathischen Sänger mitten in den Vorbereitungen zu seiner anstehenden Hallentournee. Das Interview führte Andreas Weist.

MHQ: Du spielst am 28. März in Saarbrücken in der Saarlandhalle. Eigentlich sollte das Konzert ja schon vor drei Jahren stattfinden. Wie hast du dir in der Zwischenzeit die Zeit vertrieben?

Ich komme gerade aus dem Urlaubsmodus und bin noch auf einer anderen Frequenz unterwegs. Aber ich hab versucht, die Zeit relativ sinnvoll zu nutzen. In der ersten Phase hab ich Kochen gelernt, weil ich nicht mehr rausgehen konnte, aber dann hab ich plötzlich gecheckt, dass man ja auch Essen bestellen kann. Aber die ersten zwei Monate hab ich tatsächlich für mich selber gekocht. Dann hab ich mit Yoga angefangen, im zweiten Corona-Jahr mit Tennis, Surfen – und dann, als es wieder ging, die Welt bereist. Ich habe versucht, ein paar gesündere Lebenseinstellungen einfließen zu lassen und mich nicht mehr kaputt zu arbeiten. Vorher war ich ständig unterwegs, jetzt habe ich ein ziemlich gutes Privatleben wiederhergestellt.

Fotocredit: Christoph Köstlin

MHQ: Immerhin habe ich dich danach zweimal open air gesehen. Letztes Jahr in Echternach (Luxemburg) und vor zwei Jahren beim Strandkorb-Konzert am Bostalsee. Was war das für ein Gefühl, vor Strandkörben zu spielen?

Die Strandkorb-Konzerte waren schon was besonderes. Die Distanz zum Publikum war etwas schwierig. Daran musste ich mich erst gewöhnen. Der erste Strandkorb ist so in 25 Meter Entfernung. Du guckst von einer Riesenbühne runter und hast keine Masse vor dir, die miteinander agiert. Es war schwierig, dass der Funke übergesprungen ist, weil wir einfach so weit entfernt waren. Die Konzerte haben zwar Spaß gemacht, aber sie haben sich immer wie eine Probe angefühlt.

MHQ: Ich finde, die Stimmung war sehr gut. Besser als erwartet. Du hast dazu beigetragen, indem du trotz aller Einschränkungen dein „Bad in der Menge“, also zwischen den Strandkörben, genommen und auch die Zugaben von einem Podest aus dem Publikum gespielt hast. Gab es keinen Ärger deswegen?

Nein. Das war zu der Zeit auch schon wieder erlaubt. Ich bin ja nicht in die Strandkörbe rein gekrochen. Es war einfach eine absurde Zeit. Die Strandkorb-Shows waren gebucht, aber manche Clubs hatten auch schon wieder geöffnet. Trotzdem wollten wir die Konzerte spielen. Die Leute hatten ja Tickets dafür gekauft. Und wir versuchten, nach besten Möglichkeiten ein wenig Intimität zu schaffen. Das geht am besten, wenn du ins Publikum gehst. Und ich glaub für die Leute war das ganz cool, gemütlich zu sitzen. Aber meine Musiker mussten viel Energie in die Shows stecken. Das waren ja riesige Flächen wie Fußballfelder.

MHQ: Was dürfen wir den jetzt für die Saarlandhalle erwarten? Wird es neue Songs geben?

Es wird auf jeden Fall eine Kracher-Show. Wir proben jetzt erstmal eine Woche. Im Sommer haben wir viele Festivals gespielt und wieder ein Gefühl fürs Touren bekommen. Es wird ein „Best of“ aus allen großen Hits und Fan-Lieblingen. Es wird rockige aber auch akustische Momente geben. Es ist mir wichtig, dem Publikum nah zu sein und in den Dialog zu kommen. Es ist immer ein Highlight, auf unsre Konzerte zu kommen. Wir stecken sehr viel Liebe rein und sind auch bekannt dafür, dass es live echt Spaß macht. Ich kann alle nur herzlich einladen: Gönnt euch das!

MHQ: Deine Alben gefallen mir vor allem deshalb so gut, weil sie meist ein Konzept verfolgen und in vielen Songs deine Geschichte erzählen. Manchmal hat man das Gefühl, dass eine Story noch nicht zu Ende erzählt ist und die Alben einen „Director’s Cut“ brauchen. So hast du damals „Die Reise“ akustisch neu aufgenommen und in der Tracklist verändert. Und du hast „Vier“ um einige Songs erweitert und als „Viereinhalb“ neu veröffentlicht. Was ist deine Motivation dahinter?

Wenn man schöne Songs geschrieben hat, finde ich es immer ganz gut, wenn man die auch nochmal anders aufleben lässt. Bei der „Reise“-Platte haben die Songs auch so viel hergegeben. Man konnte sie super akustisch umarrangieren. Und bei „Vier“ hatte ich einfach extrem viele Songs geschrieben und es war total schwierig, die Stücke für die Platte auszuwählen. Also machten wir eine Art „add on“ und nannten das „Viereinhalb“, weil quasi nochmal eine halbe Platte mehr drauf war. So bediene ich mich an den Optionen, die möglich sind. Man kann Deluxe- oder Akustik-Platten machen. Und ich finde, ein guter Song ist nicht so schnell auserzählt.

MHQ: In „Pulverfass“ hältst du eine Ansprache an dein zukünftiges Kind, die ziemlich pessimistisch rüber kommt. Gleichzeitig gibt „Stell dir vor es wird gut“ eine positive Zukunftsperspektive. Wie ist deine Einstellung? Ist das Glas halb leer oder halb voll?

Das hängt von meiner Tagesform ab. Ich kann schon ein Pessimist sein und versuche dann, meine Erwartungen runter zu schrauben, damit ich nicht enttäuscht werde, wenn es doch nix wird. Damit bin ich schon öfter gut gefahren. Aber meist würde ich mich als kleinen Sonnenschein beschreiben, dass ich versuche, gut gelaunt durch du Welt zu gehen und das Beste draus zu machen. Es kann mich ziemlich abfucken, wenn es nicht gut läuft, aber ich bin auch sehr begeisterungsfähig, wenn es dann mal gut läuft.

MHQ: Als Motto für die Tour hast du den Song „Irgendwann ist jetzt“ ausgewählt. Eine Hymne für Eigenverantwortung und ein Aufruf, nicht alles aufzuschieben, was man erreichen will. Ist das die Botschaft, die du deinen Fans vermitteln willst? Geht nicht irgendwann mal wieder zum Konzert – sondern jetzt!

Stimmt. So kann man das auch sehen. Wer weiß, wie lange wir noch auf Tour gehen. Vielleicht hab ich ja in drei Jahren Bock, ein Café in Brasilien aufzumachen. Wenn du ein Konzert besuchen willst, dann mach es jetzt. Und wenn du Dinge in deinem Leben verändern willst, dann auch jetzt und nicht erst in ein paar Monaten. Diese Aufschieberei tut keinem gut. Natürlich ist es leichter, Instagram durchzuscrollen als deine wirklichen Probleme anzugehen. Ich hab letztes Jahr viel aufgeräumt und auch Dinge verändert, die mir auf den Keks gegangen sind. Das tut manchmal weh, aber es ist wie beim Fitness-Studio: Erst hat man keinen Bock drauf, aber hinterher ist es dann doch ein super Gefühl.

MHQ: In den ersten Albentiteln waren immer Bewegungselemente wie Laufen, Rennen und Reisen vertreten. Das Album „Vier“ fand ich dann schon überraschend. Heißt das, dass du inzwischen sesshaft geworden bist?

Das kann man noch nicht so genau sagen, aber ich bin jetzt näher dran am Sesshaft-werden. Mit 34 will man auch nicht mehr auf jeder Party rumtanzen. Man hat schon viel gesehen, weiß wie manche Dinge laufen und wird dadurch etwas entspannter. Da ist schon eine Grundentspannung und ich merke, dass ich weder mir noch irgendjemand anderem etwas beweisen muss. Ich hatte ein paar sehr erfolgreiche Alben und gute Songs im Radio. Da bin ich unfassbar dankbar für. Man kommt schon ein Stück bei sich an, aber es ist kein finales Ankommen. Das würde ich mit einem Stillstand verbinden. Wenn ich ein Ziel erreicht habe, will ich ein nächstes Ziel erreichen.

MHQ: Am Bostalsee hast du „Über den Wolken“ von Reinhard Mey gespielt. Kannst du dir vorstellen, mit 80 Jahren noch zweistündige Konzerte zu geben?

Auf jeden Fall hab ich da großen Respekt vor. Nach zwei Stunden oder oft auch zweieinhalb Stunden komm ich von der Bühne, bin fertig und könnte auch direkt schlafen gehen. Ich würde mir schon wünschen, dass ich das noch lange so machen kann. Aber mit 80? Das ist schon krass. Vielleicht sag ich auch mit 50: Okay, das war ne coole Zeit, aber jetzt kümmere ich mich um Kind und Garten und später um Enkel. Auf jeden Fall liebe ich das Musikmachen so sehr, dass ich mir im Moment nicht vorstellen kann, je ohne Publikum auszukommen. Aber sechs Wochen Tour mit 40 Konzerten wird es in zwanzig Jahren vermutlich nicht mehr geben. Dann macht man einfach etwas weniger.

MHQ: Hast du noch viel Kontakt zu Waldbronn und Karlsruhe? Eigentlich ist Saarbrücken ja fast ein Heimspiel für dich. Hat das eine besondere Bedeutung, dort zu spielen?

Ich mag es immer noch sehr, im Süden zu sein. Auch ans Saarland habe ich nur gute Erinnerungen. Das ist ein Bundesland, in dem wir immer tolle Konzerte gespielt haben. Das passt gut, ich hab Bock drauf und bin dankbar, dass mir die Leute dort schon seit Jahren so treu sind.

MHQ: Wann wird es denn ein fünftes Album geben? Hast du schon Pläne?

Gefühlt ist das noch ne Ecke weg. Ich hab langsam angefangen, ein paar Songs zu schreiben, aber ich will mir auch keinen Druck machen. Ich finde, du kannst nicht alle anderthalb Jahre eine neue Platte rausbringen. Du musst erstmal etwas erleben. Für eine gute Platte braucht man Stoff von 2-3 Jahren. Also: Es ist noch nichts in Aussicht, aber Ewigkeiten wird es auch nicht dauern.

MHQ: Der Song mit Michael Schulte ist aber kein Zeichen, dass du es mal auf Englisch probieren willst?

Also solomäßig fühle ich nicht, dass es ein englisches Album geben wird. Im Duo-Kontext könnte ich mir das schon vorstellen. Es ist nichts geplant, aber ich will das auch nicht komplett verneinen. Es wäre vorstellbar. Als Künstler will man auch mal was anderes machen. Nach links und rechts gucken, was da so geht, finde ich ganz spannend.

MHQ: Ich danke dir sehr für das Gespräch. Danke für deine Zeit!

Ein besonderer Dank geht an Heiko Renno von Saarevent für die Vermittlung, an die Tourpromoterin Anika Grillis für die Organisation und natürlich an Peter Goebel, der uns stets mit News zu Max Giesinger auf dem Laufenden hält.

Michael Schule und Max Giesinger / Fotocredit: Christoph Köstlin

TOURDATEN 2023

  • 05.03.2023 CH-Zürich, X-Tra
  • 06.03.2023 CH-Basel, Rhypark
  • 07.03.2023 AT-Salzburg, Rockhouse
  • 08.03.2023 AT-Wien, SiMM City
  • 10.03.2023 Neu-Ulm, Ratiopharm Arena
  • 11.03.2023 Karlsruhe, DM-Arena
  • 12.03.2023 München, Zenith
  • 14.03.2023 Stuttgart, Porsche Arena
  • 15.03.2023 Chemnitz, Stadthalle
  • 17.03.2023 Erfurt, Thüringenhalle
  • 18.03.2023 Lübeck, Musik+Kongreßhalle
  • 19.03.2023 Bielefeld, Lokschuppen
  • 21.03.2023 Flensburg, Deutsches Haus
  • 22.03.2023 Hamburg, Barclays Arena
  • 24.03.2023 Hannover, Swiss Life Hall
  • 25.03.2023 Bremen, Pier 2
  • 26.03.2023 Osnabrück, OsnabrückHalle
  • 28.03.2023 Saarbrücken, Saarlandhalle
  • 30.03.2023 Aurich, Sparkassen-Arena
  • 31.03.2023 Magdeburg, GETEC Arena
Vier Einhalb
84 Bewertungen
Vier Einhalb
  • Audio-CD – Hörbuch
  • 20.05.2022 (Veröffentlichungsdatum) – Bmg Rights Management (Warner) (Herausgeber)

Letzte Aktualisierung am 27.06.2024 um 21:05 Uhr / Affiliate Links / Bilder von der Amazon Product Advertising API / Bezahlte ANZEIGE