Eigentlich sollten New Model Army schon zu Jahresbeginn in der Garage Saarbrücken auftreten, als man den zweiten Teil der „Between Dog And Wolf“ Tour zelebrierte. Dann kam aber eine Erkrankung von Schlagzeuger Michael Dean dazwischen und der Arzt riet ihm zu einer Pause. Was tun? Die Tour wurde verschoben und Justin Sullivan nutzte die Zeit, um mit seiner Band sechs neue Songs zu schreiben und selbige unter dem Titel „Between Wine And Blood“ zu veröffentlichen. Als Companion zu diesem Mini-Album gibt es eine zweite CD mit Livesongs vom ersten Teil der Tour. Und jetzt sind sie in voller Stärke zurück, um die Tour fortzusetzen.
New Model Army sind immer gut, um die Garage zu füllen. Als Support fanden sich die saarländischen Heavy Rocker Johnboy ein, deren Auftritt ich fast ausschließlich aus dem Vorraum verfolgte. Army schließlich betraten gegen 21.15 Uhr zu Akkordeon-Klängen vom Band die Bühne, die den größten Hit „Vagabonds“ intonierten. Leider nur als Intro. Es ging gleich los mit dem neuen Titel „Guessing“. Wer sich aber Sorgen gemacht hatte, zuerst eine ganze Latte neuer Songs zu hören, wurde gleich von „No Rest For The Wicked“ aufgeweckt. Die alten Hits sind es immer wert, in die Setlist eingestreut zu werden.
Was mir bei den letzten Army-Konzerten besonders auffällt, sind die dominanten Drums. Manchen mag das nicht gefallen, ich aber finde, dass es vor allem den aktuelleren Stücken eine schöne Dynamik verleiht und das Publikum mitreißt. „March In September“ war der erste Track aus „Between Dog And Wolf“, dem 2013er Album, das charttechnisch gesehen gar als Armys erfolgreichstes Album gelten darf. Man will es kaum glauben – nach über 30 Jahren Indierock.
Ein Konzert von New Model Army hat immer etwas von Zeitlosigkeit. Justin Sullivan steht in vertraut verlottertem Outfit mit Langhaarfrisur und Bartstoppeln auf der Bühne und lebt sein gewohnt gesellschaftskritisches Pathos voll aus. So wollen die Fans das – so bekommen sie es auch. „White Coats“ passt gut in dieses emotionale Schema. Und die leidenschaftliche Performance „Today Is A Good Day“, mit dem er die Bankenkrise bejubelt.
Auffällig war mal wieder die Gruppenperformance oberkörperfreier Fans, die auch selbstsicher den Platz vor der Bühnenmitte für sich beanspruchten. Justin und seine Follower – das ist schon ein ganz besonderes Verhältnis. Auf der Bühne war jedenfalls Vielfalt Trumpf. Es gab das erzählende „Knievel“, das energische „Stormclouds“ und eine mit Heavy-Gitarren vorgetragene Performance von „Angry Planet“. Viel neues Material, ziemlich wenig Klassiker. Die Menge ging trotzdem gut mit.
„Get Me Out“ schließlich lud zur wilden Party in der Garage ein, die Justin ob ihres Zuschnitts im Deckenbereich als „Circus Tent“ bezeichnete. Es folgten schließlich Publikumslieblinge wie „Wonderful Way To Go“ und „Green And Grey“ im Zugabenblock. Nach gut 90 Minuten endete mal wieder ein gelungenes Konzert im schönsten Club des Saarlands. Sicher habe ich schon bessere Army-Setlists gesehen, doch die neuen Alben haben es durchaus verdient, ausgiebig vorgestellt zu werden.
Setlist Garage Saarbrücken – 08/10/2014
Guessing
No Rest
March in September
Devil’s Bargain
States Radio
White Coats
No Mirror, No Shadow
Today Is a Good Day
Knievel
Summer Moors
Stormclouds
Angry Planet
Between Dog and Wolf
Purity
Family
Get Me Out
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Headlights
Christian Militia
Wonderful Way to Go
—
Green And Grey