Im November vergangenen Jahres schockierten die Ereignisse in Paris die Welt. Vieles geriet aus den Fugen. Bandmitglieder der Deftones, die das Unfassbare im Bataclan miterleben mussten, sahen sich, völlig nachvollziehbar, nicht mehr in der Lage ihre Tour fortzusetzen. So wurde auch der Auftritt in Köln verschoben. Ein halbes Jahr später feiert die Band nun gemeinsam mit ihren Fans eine ausgelassene Party im rappelvollen Palladium.
Ein abgegrenzter VIP-Bereich auf der Empore erweist sich als bester Platz während des Vorprogramms, denn plötzlich steht Chino Moreno neben mir und klärt mich über den Support Act auf. Die Three Trapped Tigers werden mit ihrem energetischen Mathrock sehr wohlwollend empfangen. Die bei ihren Ansagen sehr schüchtern wirkenden Bandmitglieder machen deutlich, dass dies nicht immer zu erwarten sei und würdigen den ihnen gebührenden Beifall sehr. Eine Dreiviertelstunde lang können die Londoner ihr Können demonstrieren. Auf Gesang verzichten sie, ihre Stimmen setzen sie aber stark verhallt als Melodieinstrumente ein. Ein tolles Trio, das man im Blick behalten sollte. Das ist auch die Meinung von Chino Moreno, der sich wieder in den Backstage-Bereich begibt, um sich auf seinen Part vorzubereiten.
Dieser beginnt nach einer halbstündigen Umbauphase gewohnt intensiv mit “Rocket Skates”. Für manche Besucher im vorderen Bereich ist die Dynamik eine echte Herausforderung. Aber man hält Stand, was angesichts nicht nachlassender Intensität während Stücken wie “My Own Summer” und “Be Quiet And Drive” beachtlich ist. Während Moreno zum ersten Mal heute die Gitarre zur Hand nimmt und in “Swerve City” einsteigen will, muss bei Stephen Carpenter mal eben das komplette Effektboard ersetzt werden. Das geschieht in Rekordzeit und kurz darauf springt die Masse im Takt. Etwas Erholung bietet “Rosemary” vom vorletzten Album “Koi No Yokan”. Mit “Prayers/Triangles” und “Hearts/Wires” ist das neue Werk “Gore” vor allem im Mittelteil präsent. Die aktuellen Songs sind getragener und komplexer als die Werke aus der Frühphase der Band. Gut dass hierzu auch der Sound deutlich besser, sprich differenzierbarer wird.
“Digital Bath” weiß besonders zu gefallen. Während der ruhigeren Phasen des Songs wird der Kreis zu den Moshpits aufgemacht und einige Mutige legen sich auf den Boden, um möglichst kurz vor dem Sturm wieder auf den Beinen zu sein. Chino Moreno sucht nun im Graben immer häufiger die Nähe zum Publikum. Unzählige Hände strecken sich nach ihm aus und er genießt diesen Kontakt sichtlich. “Rubicon”, das letzte Stück vom aktuellen Album, funktioniert auch als Abschluss des Mainsets hervorragend. Sergio Vega legt seinen Bass hierzu beiseite und nimmt die Gitarre zur Hand. Während seine Band schon die Bühne verlassen hat, spielt er noch einen Loop ein, der die Zugabenpause überbrückt. Der letzte Teil des Abends kommt einer Hommage an das erste Deftones-Album gleich, denn alle drei Songs stammen von “Adrenaline”. Relativ überraschend startet die Zugabe mit “Bored”, das in “Root” übergeht. Noch einmal kommt das Publikum im vorderen Bereich in höchste Bewegung. “Engine No. 9” beschließt den schweißtreibenden Abend. Gute Entscheidung, den Rest der Tour im November abzusagen und jetzt mit neuer Energie und vielleicht neuem Selbstverständnis ein klasse Konzert abzuliefern.